DDR von A-Z, Band 1969

Weltfriedensrat (1969)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1975 1979 1985


 

Ständiger Ausschuß der Weltfriedensbewegung, hieß zunächst Weltfriedenskomitee. Wurde im Nov. 1950 in W. umbenannt. Sitz des W. und seines ständigen Exekutivbüros: Prag. Die überparteiliche Zusammensetzung und die teils allgemein humanitäre, teils christliche Tonart des W. kann nicht verbergen, daß er sowjetisch gesteuert wird und als Tarnorganisation dient.

 

Seit 1957, seitdem die NATO sich um ein atomares Gegengewicht gegen die Rüstung und Atombewaffnung der SU bemühen muß, sucht der W. die Diskussion über diese Fragen zugunsten der SU auszulegen. — Seit 1961 bemüht sich der W., die [S. 706]Christliche Friedenskonferenz u.ä. Organisationen für seine sowjet. Agitation heranzuziehen. Mit allgemein pazifist. Formeln hielt der W. vom 9. bis 14. 7. 1962 in Moskau den „Weltkongreß für Abrüstung und Frieden“ ab. Der W. ist, wie der WGB, eine getarnte Ersatzorganisation für die Komintern bzw. das Kominform.

 

Seit Jahren regt sich im W. eine linke Gruppe, die im Chinesisch-Sowjetischen Konflikt für die KP Chinas eintritt. Doch stand der „Weltkongreß für Frieden, nationale Unabhängigkeit und allgemeine Abrüstung“ in Helsinki (10.–15. 7. 1965) überwiegend unter sowjet. Einfluß. Er bezichtigte die USA, imperialistische Kriege zu führen (Südvietnam und Kongo), und warf der BRD Kriegsvorbereitung vor (Revanchismus). Auf diesem Kongreß, der auch von Delegierten kleiner Pazifistengruppen der BRD und einer Abordnung des Deutschen Friedensrates beschickt war, wurde die heftige Opposition der um Peking gescharten Minderheit lahmgelegt. Dennoch findet Peking bei vielen Linken, vor allem in Südamerika, Afrika und Südostasien, Anhänger.

 

Über die Tagung des W. in Genf (13.–16. 6. 1966), die sich vor allem mit Südostasien und dem angeblichen Militarismus der BRD beschäftigte, schrieb der liberale Historiker Walther Hofer in der „Neuen Zürcher Zeitung“ v. 8. 9. 1966 (Fernausg., Bl. 14) u. a.: „Alle Resolutionen und anderen offiziellen Verlautbarungen sowie die weitaus meisten Reden vertreten Auffassungen, die sich von denjenigen des Sowjetkommunismus nicht einmal in Nuancen unterscheiden. Zwar gab es durchaus auch einige Redner, die nicht Kommunisten, sondern ehrliche Pazifisten sein mögen; doch findet sich von ihren nichtkonformen Ansichten in den Resolutionen der Tagung keine Spur.“

 

Präsident des W. war bis 15. 7. 1965 der britische Physiker Prof. John Bernal. Er trat krankheitshalber zurück, blieb aber für 4 Monate im Amt, da die Wahl eines Nachfolgers mißlang. Vor allem wegen der chines. Opposition im W. wurde auch weiterhin die Neuwahl eines Präsidenten vermieden. Statt dessen leitet ein mehrköpfiges Präsidialkomitee, das vom 32köpfigen Präsidium des W. gewählt wird, zusammen mit dem Sekretariat den W. — Die „koordinierende Präsidentin“ ist seit 1966 Isabelle Blume (KP Belgiens); Generalsekretär ist Romesh Chandra (KP Indiens).


 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 705–706


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.