DDR von A-Z, Band 1969

Wettbewerb, Sozialistischer (1969)

 

 

Siehe auch:


 

Nach § 16 des Gesetzbuches der Arbeit ist der SW. die umfassendste Form der Masseninitiative und der Teilnahme der Werktätigen an Planung und Leitung. Der SW. ist sowjetischen Ursprungs, er entstand in Form der sowjetischen Subbotniks, deren erster am 10. 5. 1919 an der Eisenbahnlinie Moskau–Kasan stattfand. Mit dem Aufruf der KPdSU vom 29. 4. 1929 zum Ersten Fünfjahrplan gewann er seine heutige Bedeutung. Im anderen Teil Deutschlands wurden 1950 nach Erlaß des Gesetzes der ➝Arbeit die ersten SW. durchgeführt.

 

Der SW. findet statt von Mann zu Mann, von Brigade zu Brigade, von Betriebsabteilung zu Betriebsabteilung. Voraussetzung hierfür ist die Aufschlüsselung des Betriebsplanes. Es finden auch SW. zwischen den Betrieben statt, die zu Leistungsvergleichen ausgestaltet werden. Die Träger des SW. sind die Aktivisten, Neuerer, Schrittmacher. Daraus ergibt sich ein enger Zusammenhang mit der Aktivistenbewegung. Am SW. sollen sich alle Betriebsangehörigen beteiligen. Die Teilnahme ist „Ehrensache jedes Werktätigen“. Dazu werden Selbstverpflichtungen abgegeben.

 

Die Bedingungen des SW. werden durch die Industrieministerien gemeinsam mit den Zentralvorständen der Gewerkschaften (FDGB) festgelegt. Die Ziele des SW. in den Betrieben sind vom Betriebsleiter (Betriebsverfassung) auszuarbeiten. Die betrieblichen ➝Gewerkschaftsleitungen haben den SW. zu organisieren.

 

Eine wichtige Methode des SW. ist die Führung des Haushaltsbuches, durch die eine „richtige Verbindung von Plan und Leistung mit Lohn und Prämie materiell stimuliert“ wird. Das Haushaltsbuch ist eine Methode der wirtschaftlichen Rechnungsführung bis in die kleinste Produktionseinheit, bei der alle Leistungskennziffern vorgegeben und abgerechnet werden, die von den Werktätigen eines Produktionsbereiches beeinflußbar sind. Die Initiative zur Einführung des Haushaltsbuches ging 1963 vom VEB Kraftfahrzeugwerk „Ernst Grube“, Werdau, aus. Ziel war damals, Verlustquellen im Produktionsvorgang aufzudecken und zu beseitigen. Durch die Vorgabe bestimmter Leistungskennziffern, besonders der Kosten, haben die Werktätigen Verlustquellen aufzudecken. So sollen die Betriebs- und Abteilungsleiter zu ökonomischen Leistungsmethoden und zur „Arbeit mit dem Menschen“ gezwungen werden.

 

Der komplexe Wettbewerb ist eine Form der Organisation und Führung des SW. innerhalb der Betriebe und zwischen den Betrieben einer oder mehrerer VVB, die dem Inhalt des Neuen ökonomischen Systems und den Bedingungen der technischen Revolution am besten entsprechen soll. Er soll die kooperativen Beziehungen und die arbeitsteiligen Arbeitsprozesse der sozialistischen Großproduktion maximal berücksichtigen. Er ist auf höchste Effektivität der Arbeit bei der Erfüllung der Gesamtaufgaben eines Betriebes oder einer VVB gerichtet. Im Mittelpunkt steht die Rationalisierung. Wettbewerbsziel ist der Welthöchststand beim jeweiligen Erzeugnis, an dem die eigene Leistung gemessen und beurteilt werden soll. So sollen die Aufgaben zur Durchführung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, die Erfüllung der Hauptkennziffern des Planes, die Einhaltung der Lieferfristen und des Sortiments komplex gelöst werden. Das rationelle Zusammenwirken der verschiedenen Abteilungen eines Betriebes von der Entwicklung bis zum Absatz bzw. der Zulieferbetriebe und der Finalproduzenten eines oder verschiedener Industriezweige sollen unabhängig von den Eigentumsformen durch den Komplexwettbewerb gefördert werden.

 

Für die Sieger im SW. sind Prämien und Auszeichnungen ausgesetzt. (Arbeitspolitik)

 

Literaturangaben

  • *: Die Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft in der Sowjetzone. Materielle, ideologische und disziplinarische Mittel zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und ihre sowjetischen Vorbilder. 2., überarb. Aufl. (BB) 1953. 106 S. mit 6 Anlagen.
  • Bosch, Werner: Marktwirtschaft — Befehlswirtschaft: Vergleich der Wirtschaftsordnungen in West- und Mitteldeutschland. (Veröff. d. Forschungsinst. für Wirtschaftspol. a. d. Univ. Mainz.) Heidelberg 1960, Quelle und Meyer. 289 S.
  • Haas, Gerhard, und Alfred Leutwein: Die rechtliche und soziale Lage der Arbeitnehmer in der sowjetischen Besatzungszone. 5., erw. Aufl. (BB) 1959. Teil I (Text) 264 S., Teil II (Anlagen) 162 S.
  • Mampel, Siegfried: Sozialpolitik in Mitteldeutschland (Sozialpolitik in Deutschland, H. 48, hrsg. v. Bundesmin. f. Arbeit …). Stuttgart usw. 1961, Kohlhammer. 87 S.
  • Mampel, Siegfried: Das Gesetzbuch der Arbeit der Sowjetzone und das Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland — ein Vergleich. 5. Aufl. (hrsg. v. Bundesmin. für Arbeit …). Bonn 1962. 64 S.
  • Mampel, Siegfried: Beiträge zum Arbeitsrecht der sowjetischen Besatzungszone (BMG) 1963. 135 S.

 

Fundstelle: A bis Z. Elfte, überarbeitete und erweiterte Auflage, Bonn 1969: S. 709


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.