DDR von A-Z, Band 1975

Kammer der Technik (KdT) (1975)

 

 

Siehe auch:


 

Gesellschaftliche Organisation der Ingenieure, Techniker und Ökonomen in der DDR, mit deren Hilfe diese Gruppen der Intelligenz in die durch die SED bestimmte politische, soziale und ökonomische Entwicklung einbezogen werden.

 

Unter bewußtem Bruch mit der Tradition des Vereins Deutsche Ingenieure und anderer traditioneller wissenschaftlich-technischer Vereinigungen wurde die KdT im Juli 1946 im Rahmen des FDGB gegründet. Sie ist seitdem aus dieser organisatorischen Verbindung heraus zu einer eigenständigen Massenorganisation der technischen und teilweise auch der ökonomischen Intelligenz geworden. Aufgabenstellung und Organisationsstruktur verbinden die KdT fest mit den anderen Massenorganisationen sowie den staatlichen, wissenschaftlichen und ökonomischen Institutionen und betten ihre Tätigkeit in die jeweiligen gesellschaftspolitischen Zielsetzungen ein.

 

Die KdT ist sowohl nach dem Produktions- als auch nach dem Territorialprinzip gegliedert. Die zentralen Leitungsorgane sind der alle vier Jahre tagende Kongreß, der von diesem gewählte Hauptausschuß, das Präsidium und das Sekretariat. Die größten fachgebundenen Organisationseinheiten bilden 14 Fachverbände (Bauwesen, Chemische Technik, Maschinenbau usw.), die sich ihrerseits in Anlehnung an die VVB-Struktur wieder in Industriezweigleitungen teilen. Bei dem Hauptausschuß bestehen mit Querschnittsaufgaben 14 zentrale Arbeitsgemeinschaften und Kommissionen (z. B. AG [Z] Organisation und Rechentechnik, AG [Z] Marktforschung). Dem entspricht bei den Fachverbänden und den Industriezweigleitungen ein stark ausdifferenziertes, flexibles und der Konzeption nach aufeinander bezogenes, hierarchisiertes System von Arbeitsgruppen, Fachausschüssen, Fachunterausschüssen, Kommissionen und Arbeitsausschüssen. Diese Unterteilung soll einmal die Möglichkeit bieten, Sonderprobleme von zahlenmäßig kleinen Gruppen und Spezialisten behandeln zu lassen und andererseits doch ein kontrolliertes Organisationsgeflecht aufrecht zu erhalten. Der KdT gehören weiter vier wissenschaftlich-technische Gesellschaften (WTG) an: Gesellschaft für Meßtechnik und Automatisierung, Montanwissenschaftliche Gesellschaft, Gesellschaft für Photogrammetrie, Gesellschaft für Standardisierung. Unterste Organisationseinheiten sind in den Betrieben, Verwaltungen, Instituten und an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen die Sektionen der KdT. Die Bezirksverbände, als mittlere Leitungsebene, befassen sich einmal mit den Problemen der örtlich, insbesondere bezirksgeleiteten Industrie und sind zum anderen für die Weiterbildung der technischen Intelligenz in ihrem Organisationsbereich verantwortlich. Der demokratische Zentralismus gilt als grundsätzliches Organisationsprinzip auch für die KdT. Präsident der KdT ist seit dem 6. Kongreß der KdT 1974 Prof. Dr.-Ing. Manfred Schubert; Prof. Dr. Horst Peschel, sein Vorgänger, wurde zum Ehrenpräsidenten gewählt. Neben einer größeren Zahl von Fachzeitschriften erscheint für die Mitglieder der KdT monatlich die „Technische Gemeinschaft“.

 

Die KdT ist (teilweise mittelbar durch einzelne AG [Z] und WTG) Mitglied internationaler wissenschaftlicher Organisationen. Zunehmend kommt es zwischen den Wissenschaftlich-Technischen Organisationen (WTO) der RGW-Staaten zur Kooperation und Arbeitsteilung; so liegt z. B. die Federführung für Grundprobleme der Aus- und Weiterbildung technischer Fachkräfte bei der KdT.

 

Neben der gesellschaftspolitischen Integration der technischen Intelligenz ist eine weitere Hauptaufgabe der KdT die Förderung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts: beschleunigte Überleitung von Forschungsergebnissen in die Produktion; Entwicklung und Unterstützung von Rationalisierungsvorhaben; Mitarbeit in der Neuererbewegung, insbesondere in den sozialistischen Arbeitsgemeinschaften; Entwicklung und Einführung neuer Methoden der Betriebs- und Arbeitsorganisation; Ausarbeitung technischer Standards; Beratung der staatlichen Institutionen in wissenschaftlich-technischen Fragen.

 

Ein dritter wichtiger Aufgabenbereich der KdT, dessen Bedeutung ständig zunimmt, besteht im Aufbau eines umfassenden Weiterbildungssystems für die technische Intelligenz. Drei Aufgabenstellungen sollen dabei mit unterschiedlichen Methoden gelöst werden: 1. Weiterbildung mit vorwiegend praxisorientiertem, informativem Charakter (Vorträge, Vortragsreihen, Erfahrungsaustausch, Seminare usw.); 2. wissenschaftliche Veranstaltungen über Grundsatzprobleme (Kongresse, Fachtagungen, Symposien usw.); 3. Weiterbildungsmaßnahmen mit dem Charakter eines kurzfristigen Spezialstudiums (Lehrgänge, Fernkurse, standardisiertes Selbststudium mit Konsultationen). Die Mitglieder der KdT sind darüber hinaus mit Unterstützung ihrer Organisation zu einem nicht unerheblichen Teil an den Qualifizierungsvorhaben der Betriebe in den Betriebsakademien usw. beteiligt.

 

1973 zählte die KdT rund 210.000 Mitglieder, davon 30.000 Funktionäre. Davon waren 1973 70.000 in den etwa 3.000 Betriebssektionen erfaßt. Der Organisationsgrad wurde mit 55 v. H. der in der Industrie tätigen Hoch- und Fachschulkader angegeben. Die bis 1971 subventionierte KdT soll sich seitdem selbst finanzieren. [S. 456]1973 beteiligten sich 33.262 KdT-Mitglieder an wissenschaftl. Veranstaltungen der Fachverbände bzw. WTG und 38.710 an solchen der Bezirksverbände; Lehrgänge bzw. Fernkurse besuchten 50.308. Bei Vorträgen, Weiterbildungsveranstaltungen der Betriebssektionen, Exkursionen usw. wurden darüber hinaus 589.497 Teilnehmer gezählt.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 455–456


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.