
Laienkunst (1975)
Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985
[S. 497]Die L. wird in der DDR als Künstlerisches Volksschaffen bezeichnet und als wesentlicher Bestandteil der „sozialistischen Nationalkultur“ betrachtet. Von den staatlichen Organen, Betrieben und gesellschaftlichen Organisationen gefördert, bestehen zahlreiche Kollektive auf den Gebieten Literatur, Laientheater, Puppentheater, Kabarett, Amateurfilm, Bühnen- und Gesellschaftstanz, bildnerisches Volksschaffen (Malerei, Grafik, Plastik, Keramik, Holz-, Metall- und Textilgestaltung), Fotografie, Musik (Chor- und Sologesang, Orchestermusik), Artistik und Magie. Die als Autorenkonferenz des Mitteldeutschen Verlages Halle am 24. 4. 1959 im Kulturpalast des Elektrochemischen Kombinats Bitterfeld veranstaltete 1. Bitterfelder Konferenz rief unter der Losung „Greif zur Feder, Kumpel, die sozialistische deutsche Nationalkultur braucht dich!“ die „Bewegung schreibender Arbeiter“ ins Leben und stimulierte u. a. die Bildung von Arbeiter-Theatern.
1972 bestanden 90 Arbeiter- und Bauerntheater (Höchststand 1963: 135) mit 3.125 Ensemblemitgliedern, die insgesamt 2.430 Vorstellungen gaben. Die L. wird durch Berufskünstler unterstützt, wozu u. a. Patenschaftsverträge zwischen künstlerischen Institutionen und Einzelkünstlern und L.-Kollektiven bestehen. Individuelle künstlerische Betätigung von Laien kann auch in Klubs und Kulturhäusern erfolgen, wo ausgebildete Leiter entsprechende Beratung und Anleitung geben. Die Ausbildung von Zirkel- und Gruppenleitern für L. erfolgt in einem 3jährigen Fernstudium, an dessen Ende ein staatlicher Befähigungsnachweis steht, durch Kreis- und Bezirkskabinette für Kulturarbeit sowie das Zentralhaus für Kulturarbeit in enger Verbindung mit den künstlerischen Lehranstalten. Diese staatlichen Einrichtungen geben auch Material für die L. heraus, organisieren den Erfahrungsaustausch und führen Leistungsvergleiche durch. Seit 1956 werden die besten Kollektive und Einzelleistungen der L. durch einen Preis für Künstlerisches Volksschaffen ausgezeichnet. Seit 1965 besteht beim Ministerium für Kultur ein wissenschaftlich-künstlerischer Beirat für Volkskunst, dem die Vorsitzenden der Zentralen Arbeitsgemeinschaften des Künstlerischen Volksschaffens, Vertreter von FDGB, FDJ, Kulturbund, DFD und DSF sowie Wissenschaftler, Berufs- und Volkskünstler angehören. Er berät grundsätzliche Entwicklungsprobleme der L., fördert die Zusammenarbeit zwischen Berufs- und L. und fungiert als Auftraggeber für neue Kunstwerke. Für die unmittelbare Anleitung der L. sind die verschiedenen gesellschaftlichen und Massenorganisationen verantwortlich, insbesondere bildet die Förderung der L. einen wichtigen Teil der Kulturarbeit des FDGB. Zur Förderung der L. unter der Jugend dienen besondere Jugend-Literatur-Wettbewerbe, die Bewegung zur Förderung „Junger Talente“ und die Einrichtung von Singeklubs der FDJ, deren Mitglieder neue Lieder vielfach selbst dichten und komponieren. Die Singeklubs entstanden seit Mitte der 60er Jahre im Rahmen der Singebewegung, die mit jugendgemäßen Liedern ein „sozialistisches Lebensgefühl“ und eine positive Einstellung zu Staat und Gesellschaft fördern soll. Seit 1967 werden alljährlich Werkstattwochen der Singeklubs, seit 1971 unter internationaler Beteiligung Festivals des politischen Liedes in Berlin durchgeführt. Wesentlich beteiligt ist die L. auch an den seit 1959 jährlich in einem anderen Bezirk veranstalteten Arbeiterfestspielen.
1968 bestanden ungefähr folgende L.-Kollektive: 2.000 Laientheater, 600 Kabarettgruppen, 250 Zirkel schreibender Arbeiter, 230 Zirkel schreibender Schüler, 3.000 Zirkel der bildenden und angewandten Kunst, 5.000 Amateurtanzorchester, 1400 Blasorchester, 80 Sinfonieorchester, 150 Kammerorchester und Gruppen, 100 Orchester mit gemischter Besetzung, 5.000 Chöre, 500 Singeklubs der FDJ, 50 Ensembles Junger Talente und Arbeitervarietés, 350 Filmzirkel und -Studios (dazu 150.000 Einzelamateure), 75 gemischte Volkskunstensembles, 1200 Bühnentanzgruppen, 100 Gesellschaftstanzkreise für jährlich 90.000 Teilnehmer, 500 Fotozirkel (ohne Betriebszirkel), 300 Puppenspielbühnen, 25 magische Zirkel, 9 Pantomimengruppen. Bei der Anleitung der L. wird besonderer Wert darauf gelegt, daß sie der sozialistischen Bewußtseinsbildung dient.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 497