DDR von A-Z, Band 1975

Lizenzen (1975)

 

 

Siehe auch die Jahre 1966 1969 1979 1985


 

Als L. wird eine vertraglich vereinbarte Erlaubnis zur Nutzung patentierter oder auch nicht geschützter Erfindungen und anderer wissenschaftlich-technischer Ergebnisse gegen Bezahlung oder Sachleistung angesehen.

 

Für die Übergabe bzw. Übernahme von L. im Außenwirtschaftsbereich ist der 1960 gegründete staatliche AHB LIMEX verantwortlich. Vorübergehend war im Zuge der Reformen des ÖSS die Verantwortung für L.-Geschäfte mit dem Ausland im Sinne einer größeren Eigenverantwortlichkeit der Betriebe verstärkt den VEB bzw. VVB übertragen worden. Die Beschneidung der Funktionen der Produktionsbetriebe zugunsten der AHB (vgl. Lizenz-VO, GBl. II, 1969, Nr. 17) äußert sich darin, daß die Schwerpunkte der L.-Tätigkeit Bestandteil des Perspektivplanes seien und die VEB auf dieser Basis eng mit den AHB zusammenarbeiten müssen. Außerdem besteht für die Betriebe die Verpflichtung, die Beratung des 1968 als Organ des Ministerrates gegründeten Zentralbüros für den internationalen L.-Handel in Anspruch zu nehmen.

 

Der Handel mit L. war — vor allen Dingen aus ideologischen und juristischen Gründen — in der DDR lange Zeit unterentwickelt und bis Ende der 60er Jahre nur mit Nicht-RGW-Ländern möglich, da mit den RGW-Mitgliedern seit der II. RGW-Tagung im August 1949 in Sofia das Prinzip der „gegenseitigen sozialistischen Hilfe“ galt, das einen kostenlosen Austausch wissenschaftlicher, technischer und technologischer Dokumentationen zwischen den RGW-Partnern vorsah. Diese Regelung stieß jedoch gerade in der DDR als dem Land mit dem am höchsten entwickelten wissenschaftlich-technischen Niveau im RGW auf Kritik. Auf der 30. Tagung des Exekutiv-Komitees (EKO) des RGW im Juli 1967 wurde dann den RGW-Mitgliedern der entgeltliche Austausch von wissenschaftlich-technischen Ergebnissen, der auf bilateralem Wege vorgenommen werden sollte, vorgeschlagen. Die DDR schloß aufgrund dieser Empfehlung eine entsprechende Vereinbarung zuerst mit der UdSSR, dann mit den anderen RGW-Ländern ab. Jedoch ist in dem seit 1971 geltenden Komplexprogramm und in dem auf der 60. EKO-Tagung (1972) beschlossenen Dokument über „organisatorische, methodische, ökonomische und rechtliche Grundlagen der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit der Mitgliedsländer des RGW und der Tätigkeit der RGW-Organe auf diesem Gebiet“ neben der entgeltlichen Übergabe ausdrücklich auch die unentgeltliche Übergabe vorgesehen.

 

Der L.-Handel mit den Nicht-RGW-Ländern basiert ebenfalls auf der seit 1969 geltenden VO über L.-Nahme und L.-Vergabe, die die eigens für Nicht-RGW-Länder geschaffene VO von 1965 ablöste, da in deren Rahmen kein Aufschwung der L.-Geschäfte gegenüber dem vorherigen Stand stattgefunden haben soll. Zahlenangaben über den West-Lizenz-Handel sind für diesen [S. 536]Zeitraum nicht verfügbar, in der Zeit von 1960 bis 1966 sollen jedoch 300 L.-Verträge mit dem Westen — Wertangaben wurden nicht gemacht — abgeschlossen worden sein.

 

Auch über den L.-Handel mit den RGW-Ländern ist kein geschlossener statistischer Überblick zu gewinnen. Im Zeitraum 1969–1971 soll sich der RGW-Handel der DDR mit L. — allerdings von niedrigem Niveau ausgehend — verzwölffacht haben. Aus der UdSSR sollen sich die DDR-Lizenzen ahmen 1971 gegenüber 1970 auf 450 v. H., die Vergaben in die UdSSR auf 550 v. H. erhöht haben. Sowjetischen Angaben zufolge nahm die DDR 1971 zwölf L. im Werte von 9 Mill. Rubel und vergab 16 im Werte von 5 Mill. Rubel. Nach wie vor der wichtigste L.-Partner der DDR dürfte die Bundesrepublik Deutschland sein.

 

 

Ein 1968 gegründeter Arbeitskreis für L.-Ökonomie an der TU Dresden kam 1973 zu dem Ergebnis, daß der L.-Handel immer noch Hemmnissen unterliege. Von 123 untersuchten L.-Geschäften seien nur bei 23 Geschäften Daten über den eingetretenen bzw. geplanten Nutzeffekt ermittelt worden. Bei nur 5 Geschäften seien Gegenrechnungen zur Eigenentwicklung aufgestellt worden. Als Ursachen führte der Arbeitskreis an, daß die L. in der DDR immer noch nicht zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit genutzt und nur selten als unmittelbarer Bestandteil von Entwicklungsaufgaben angesehen werden.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 535–536


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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