Produktionsprozeß (1975)
Siehe auch die Jahre 1979 1985
Prozeß der Herstellung materieller Güter und Leistungen innerhalb historisch bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse (Produktionsverhältnisse). Der P. bilde die Grundlage des Lebens jeder Gesellschaft; seine Produkte gingen entweder als Konsumtionsmittel in den individuellen bzw. gesellschaftlichen Verbrauch ein oder fänden als Produktionsmittel in einem neuerlichen P. Verwendung. Jeder P. habe zwei eng miteinander verbundene Seiten: eine materiell-technische (Entwicklungsstand der Produktivkräfte, Naturbedingungen) und eine gesellschaftliche Seite (Produktionsverhältnisse), d. h., der P. sei seinem Wesen nach Aneignung der Natur durch den Menschen, Veränderung der Natur für seine Zwecke, zugleich aber auch Herstellung seiner Lebensverhältnisse.
[S. 681]Durch das Zusammenwirken von Arbeitskraft und Produktionsmitteln im P. entstehe das Produkt, das, wenn es (wie im Kapitalismus und Sozialismus) für den Austausch (Kauf und Verkauf) bestimmt ist, Warenform habe. Da unter den Bedingungen der Warenproduktion nicht nur Gebrauchswerte, sondern auch Werte produziert würden, müsse sich der P. gliedern lassen in den konkret-nützliche Arbeit, gebrauchswertschaffenden Arbeitsprozeß und in den abstrakte Arbeit verausgabenden, wertschaffenden Wertbildungsprozeß. Der P. sei damit eine Einheit von Arbeitsprozeß und Wertbildungsprozeß (Wert- und Mehrwerttheorie).
Im Arbeitsprozeß würden durch zweckbestimmte, konkrete Arbeit Gebrauchswerte hergestellt. Er ist als Prozeß zwischen Mensch und Natur in seiner technologisch-naturwissenschaftlichen Struktur zunächst unabhängig von jeder bestimmten gesellschaftlichen Form. Entscheidend für die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen er durchgeführt wird, sei, in wessen Eigentum sich die Elemente (Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstände, Arbeitskraft) befänden und wem seine Resultate gehörten. Im Kapitalismus seien die Elemente und das hergestellte Produkt Eigentum des Kapitaleigners und nicht der unmittelbaren Produzenten. Deshalb, so wird erwartet, seien sie auch nicht unmittelbar daran interessiert, den Arbeitsprozeß zu vervollkommnen und die Arbeitsproduktivität zu erhöhen. Diese vollziehe sich nur entsprechend den Verwertungsmöglichkeiten des Kapitals, denen damit auch der Arbeitsprozeß unterworfen sei.
Im Sozialismus seien die Elemente und die Resultate des Arbeitsprozesses gesellschaftliches Eigentum und sollen die Bedürfnisse der Produzenten allseitig befriedigen. Dadurch werde größtes Interesse an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, an der Steigerung der Produktivität und an der Entfaltung der schöpferischen Tätigkeit eines jeden geweckt.
Nach der marxistischen Politischen Ökonomie wird im Wertbildungsprozeß der in den Produktionsmitteln vergegenständlichte Wert übertragen und neuer Wert geschaffen. Im Wertbildungsprozeß trete die Arbeit einmal als vergegenständlichte in Form von Produktionsmitteln und als lebendige Arbeit der Produzenten in Erscheinung. Die lebendige konkrete Arbeit verarbeite die Produktionsmittel zu neuen Produkten, indem die in ihnen vergegenständlichte Arbeit auf das neue Produkt übertragen wird und somit zu einem Bestandteil des Wertes der neuen Waren würde. Zugleich setze die lebendige abstrakte Arbeit dem Produkt neuen Wert zu. Der Wert der neuen Ware komme also zustande, indem die lebendige Arbeit einerseits als konkrete den Wert der verbrauchten Produktionsmittel übertrage, andererseits zugleich als abstrakte Arbeit neuen Wert bilde. Als Wert der Ware zähle jedoch nur die zur Produktion gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, sowohl lebendige als auch bereits vergegenständlichte. Der Neuwert einer Ware bestehe in der sozialistischen Warenproduktion aus der bezahlten lebendigen Arbeit und dem Wert des Mehrprodukts (Teil des Gesamtprodukts, der die notwendige Eigenkonsumtion der Produzenten und den Ersatzbedarf der verbrauchten Produktionsmittel übersteigt).
Unter kapitalistischen Bedingungen gilt der P. als Einheit von Arbeits- und Verwertungsprozeß, wobei der Verwertungsprozeß die Eigentümlichkeit der kapitalistischen Wertbildung ausdrücke, nämlich einerseits die Produktion von Mehrwert samt privater Aneignung und seine Rückverwandlung in Kapital zu sein, andererseits zugleich das gesellschaftliche Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital hervorzubringen und ständig neu zu reproduzieren.
Unter sozialistischen Bedingungen gilt der P. als Einheit von Arbeits- und Wertbildungsprozeß, wobei das Mehrprodukt nicht die verwandelte Form des Mehrwerts annehme — also statt privater gesellschaftlicher Aneignung —, sondern als notwendige Voraussetzung und materielle Bedingung zur planmäßigen Befriedigung gesamtgesellschaftlicher Bedürfnisse und zur planmäßig erweiterten Reproduktion verwendet werde. Um die ständige planmäßige Erweiterung des P. zu sichern, erscheine es notwendig, den Nutzeffekt der Investitionen und die Effektivität der gesellschaftlichen Arbeit kontinuierlich und maximal zu steigern. Damit wachse der Wirtschaftspolitik die Aufgabe zu, im Rahmen der WTR unter Nutzung von Forschung, Entwicklung und Technologie durch Rationalisierung und Automatisierung des P. höchste Arbeitsproduktivität zu erreichen und mit Hilfe wissenschaftlicher Leitungs- und Organisationsmethoden die proportionale Entwicklung der Volkswirtschaft zu sichern.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 680–681
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