
Renten (1975)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985
Jeder Sozialversicherte der DDR hat Anspruch auf R. im Alter und bei Invalidität, für die Folgen von Arbeitsunfällen oder von anerkannten Berufskrankheiten. Anspruch auf R. haben außerdem Hinterbliebene eines Sozialversicherten. Ein höherer R.-Anspruch kann durch eine freiwillige ➝Zusatzrentenversicherung bei der Sozialversicherung (SV) erworben werden. In besonderen Fällen besteht zusätzlich ein Anspruch auf Pflegegeld (Sozialversicherungs- und Versorgungswesen).
Das bis in die zweite Hälfte der 60er Jahre hinein geltende neue R.-Recht gestattete den Rentnern in der DDR nur eine bescheidene Lebensführung. Ende 1967 lag die durchschnittliche Alters- und Invaliden-R. bei nur ca. 165 Mark monatlich. Zum 1. 7. 1968 wurde ein neues R.-Recht mit neuen Berechnungsgrundlagen eingeführt, das allen nach dem 1. 7. 1968 zugehenden Neurentnern eine mehr als ein Drittel höhere R. festsetzte. Der große Bestand der Altrentner mußte sich bis August 1972 mit einigen geringfügigen Erhöhungen begnügen. Aufgrund der sozialpolitischen Beschlüsse vom 28. 4. 1972 wurden am 10. 5. 1972 zahlreiche neue Bestimmungen erlassen, u. a. die VO über die Umrechnung und Erhöhung der vor dem 1. 7. 1968 festgesetzten R. der Sozialversicherung (GBl. II, 1972, S. 301). Seit dem 1. 9. 1972 ist die unterschiedliche Höhe von Alt- und Neu-R. grundsätzlich beseitigt. Weitere Änderungen traten zum 1. 7. 1973 in Kraft (u. a. im Bereich der Hinterbliebenen-R.). Als Folge aller Maßnahmen ist deshalb das R.-Recht mit Wirkung vom 1. 7. 1974 neu gefaßt worden: Seitdem gilt die VO über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung — Rentenverordnung — vom 4. 4. 1974 mit ihrer 1. Durchführungsbestimmung (GBl. I, 1974, S. 201 bis 223).
Danach werden Altersrenten grundsätzlich nach 15jähriger versicherungspflichtiger Tätigkeit (einschließlich der Zeiten einer freiw. R.-Versicherung bei der SV) und Erreichen der Altersgrenze (Männer 65, Frauen 60 Jahre) gewährt. Allerdings erhalten Frauen, a) die mehr als 2 Kinder geboren oder erzogen haben, für das 3. und jedes weitere Kind, und jene, b) die wegen Betreuung eines ständig pflegebedürftigen Angehörigen nicht arbeiten konnten, für je 4 Pflegejahre jeweils 1 Jahr auf die geforderte Vorversicherungszeit angerechnet; für Frauen, die 5 und mehr Kinder geboren haben, besteht seit dem 1. 7. 1973 Anspruch auf Alters- (oder Invaliden-) R. von 200 Mark, wenn die geforderte Vorversicherungszeit nicht erreicht wird.
Eine ähnliche Regelung, die auf Ausgleich der durch Mutterschaft und Kindererziehung bedingten Nachteile gerichtet ist, findet sich bei der Ermittlung der für die R.-Berechnung wichtigen Versicherungszeiten: Frauen erhalten für jedes vor R.-Beginn geborene oder vor Vollendung des 8. Lebensjahres a) an Kindes Statt angenommene Kind, b) aufgenommene Stiefkind und jedes Enkelkind (nach dem Tod der Mutter) und jedes c) aufgenommene Pflegekind, wenn später die Annahme an Kindes Statt erfolgte, eine Zurechnungszeit von einem Jahr. Frauen werden als weitere Zurechnungszeiten angerechnet nach einer versicherungspflichtigen Tätigkeit von mindestens 20 Jahren 1 Jahr, 25 Jahren 2 Jahre, 30 Jahren 3 Jahre, 35 Jahren 4 Jahre und 40 und mehr Jahren 5 Jahre.
Einschließlich der Zurechnungszeiten, zu denen auch Jahre der Arbeitslosigkeit vor 1946 und sieben Zehntel der Bezugszeit der wegen Invalidität oder eines Körperschadens von wenigstens zwei Dritteln gewährten R. zählen, darf die anrechenbare Versicherungszeit 50 Jahre nicht übersteigen.
Die monatliche Alters-R. errechnet sich aus 1. einem Festbetrag von 110 Mark, 2. einem Steigerungsbetrag in Höhe von 0,7 v. H. des Durchschnittsverdienstes für die Jahre vor 1946 und für jedes Jahr der Zurechnungszeit, von 1 v. H. für versicherungspflichtige Zeiten seit 1946 und 0,85 v. H. der insgesamt zur freiwilligen R.-Versicherung der SV gezahlten Beiträge.
Als Durchschnittsverdienst gilt grundsätzlich der in den letzten 20 Kalenderjahren vor Beendigung der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit — frühestens ab 1946 — erzielte beitragspflichtige monatliche Durchschnittsverdienst (mindestens 150 Mark).
Die Alters-R. werden nach unten durch Mindestrenten begrenzt. Sie betragen für Anspruchsberechtigte mit weniger als 15 Arbeitsjahren (versicherungspflichtige Zeiten und Zurechnungszeiten) 200 Mark, mit wenigstens 15 Arbeitsjahren 210 Mark, 25 Arbeitsjahren 220 Mark, 35 Arbeitsjahren 230 Mark und 45 und mehr Arbeitsjahren 240 Mark monatlich.
Invalidenrenten werden bei Invalidität gewährt. Sie liegt vor, wenn durch Krankheit, Unfall oder sonstige geistige oder körperliche Schädigung das Leistungsvermögen und der Verdienst um mindestens zwei Drittel gemindert sind und die Minderung des Leistungsvermögens in absehbarer Zeit nicht durch Heilbehandlung behoben werden kann. Empfänger eines Blinden- oder Sonderpflegegeldes gelten als invalide. R.-Anspruch besteht grundsätzlich nur dann, wenn die Invalidität während einer — mindestens 5jährigen ununterbrochenen — versicherungspflichtigen Tätigkeit oder sich ihr anschließenden 2jährigen Schutzfrist eintritt und in der vorher bis zum 16. Lebensjahr zurückreichenden Zeit mindestens zur Hälfte Versicherungspflicht bestand sowie auch die für die Alters-R. geforderten Vorversicherungszeiten erfüllt sind; die (Hoch-)Schulausbildung muß beendet sein. Seit dem 1. 7. 1973 erhalten auch solche DDR-Bürger, die wegen Invalidität keine Berufstätigkeit aufnehmen und sich keinen R.-Anspruch erwerben konnten, vom vollendeten 18. Lebensjahr an für die Dauer der Invalidität eine R. von 200 Mark.
Die Invaliden-R. werden grundsätzlich wie Alters-R. [S. 724]berechnet. Dies gilt auch für die wegen Arbeitslosigkeit. Mutterschaft und Invaliditäts-, Unfall- und Kriegsbeschädigtenrentenbezuges gewährten Zurechnungszeiten, wobei die Obergrenze von dem zwischen der Vollendung des 16. Lebensjahres und dem Eintritt der Invalidität liegenden Zeitraum gesetzt wird. Darüber hinaus werden 70 v. H. der zwischen dem R.-Beginn und der Vollendung des 65. Lebensjahres als Zurechnungszeit berücksichtigt. Seit September 1972 können Invalidenrentner einen Arbeitsverdienst mindestens bis zur Höhe des jeweiligen Mindestbruttolohnes (z. Z. 350 Mark) erzielen, ohne daß ihnen die Invaliden-R. entzogen wird.
Für einen auf Kriegsbeschädigung beruhenden Körperschaden von mindestens zwei Dritteln wird eine Kriegsbeschädigtenrente von monatlich 240 Mark gezahlt (Kriegsopferversorgung).
Zu den Alters-, Invaliden- und Kriegsbeschädigten-R. wird ggf. ein Ehegattenzuschlag von 75 Mark und ein Kinderzuschlag von 45 Mark gezahlt (Kinderbeihilfen).
Anspruch auf Ehegattenzuschlag besteht grundsätzlich für Ehegatten ohne eigene R., die älter als 60 bzw. 65 oder invalide sind oder als Ehefrauen ein Kind unter 3 oder 2 Kinder unter 8 Jahren haben.
Anspruch auf Kinderzuschlag besteht für leibliche oder an Kindes Statt angenommene Kinder sowie grundsätzlich für alle unterhaltenen Stief-, Enkel- und Pflegekinder mindestens bis zum vollendeten 16. Lebensjahr; bei weiterführender (Fach-)Hochschulausbildung oder bei Ausbildungsunfähigkeit wird Kinderzuschlag bis zum 18. Lebensjahr und bis zur Beendigung der Lehrausbildung dann gezahlt, wenn das Lehrverhältnis unmittelbar im Anschluß an die Schulentlassung oder vor Vollendung des 18. Lebensjahres beginnt.
Anspruch auf Unfall-Rente besteht für den Versicherten, der durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit einen Körperschaden von mindestens 20 v. H. erlitten hat. Die Unfall-R. erreicht bei einem Körperschaden von 100 v. H. zwei Drittel des letzten beitragspflichtigen Verdienstes (mindestens von 250 Mark), bei geringerem Invaliditätsgrad werden entsprechende Teil-R. gezahlt. Hinzu treten monatliche Festbeträge von 80 Mark sowie ggf. Ehegattenzuschlag (s. Alters-R.) bei einem Körperschaden von zwei Dritteln und mehr (Mindest-R.: 240 Mark) und von 20 Mark bei einem Körperschaden zwischen 50 und 66⅔ v. H.; ggf. wird Kinderzuschlag in Höhe von 10 v. H. der Unfall-R. (ohne Festbeträge) — mindestens 45 Mark — bei einem Körperschaden von wenigstens 50 v. H. gewährt; er erhöht sich um einen weiteren Festbetrag von 20 Mark bei einem Körperschaden von zwei Dritteln und mehr.
Hinterbliebenenrenten werden gezahlt, wenn der Verstorbene die finanziellen Aufwendungen für die Familie überwiegend erbracht und zum Zeitpunkt seines Todes die Voraussetzungen zum Bezug einer Alters-, Invaliden- oder Kriegsbeschädigten-R. erfüllt hatte bzw. der Versicherte an den Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist. Anspruch auf Witwen- (Witwer-)R. entsteht grundsätzlich jedoch erst bei Erreichen der Altersgrenze, bei Invalidität der Witwe oder dann, wenn sie 1 Kind unter 3 Jahren oder 2 Kinder unter 8 Jahren hat. Seit Juli 1973 erhalten auch Witwen bzw. Witwer, die noch nicht 60 bzw. 65 Jahre alt, Invalide oder Mütter kleiner Kinder sind, eine monatliche R. von 200 Mark für die Dauer von 2 Jahren S („Übergangsrente“); Unfallwitwen-(witwer-)Rentner im Erwerbsalter erhalten mindestens 20 v. H. des beitragspflichtigen monatlichen Durchschnittsverdienstes des Verstorbenen.
Die Witwen-R. wird von den Ansprüchen des Versicherten abgeleitet und beträgt grundsätzlich für Witwen 60 v. H. der R. des Verstorbenen (ohne Zuschläge), 9 mindestens aber 200 Mark monatlich. Die R. für Halbwaisen (leibliche oder an Kindes Statt angenommene Kinder) liegen bei 30 v. H. (mindestens 100 Mark) und für Vollwaisen bei 40 v. H. (mindestens 150 Mark) der R. des Verstorbenen (ohne Zuschläge); die Bezugsdauer entspricht der für Kinderzuschläge. Insgesamt wird Hinterbliebenen-R. allenfalls in Höhe der Verstorbenen-R. gezahlt.
Abweichend hiervon betragen die R. an die Hinterbliebenen eines durch Unfall Verstorbenen bei Witwen 40 1 v. H. des Durchschnittsverdienstes des Verstorbenen, zuzüglich eines monatlichen Zuschlages von 70 Mark, mindestens 200 Mark, bei Halbwaisen 20 v. H. des Durchschnittsverdienstes zuzüglich 25 Mark, bei Vollwaisen 30 v. H. zuzüglich 35 Mark, mindestens 100 bzw. 150 Mark monatlich.
Eine „Unterhaltsrente“ erhalten unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatten beim Tode des zur Unterhaltszahlung verurteilten geschiedenen Ehegatten in Höhe des gerichtlich festgesetzten Unterhaltsbetrages (höchstens 200 Mark), wenn sie die für den Witwenrentenbezug grundsätzlich erforderlichen Voraussetzungen erfüllen und keine eigene R. beziehen.
Neue Regelungen gehen auf den gemeinsamen Beschluß des Politbüros der SED, der Regierung und des Vorstandes des FDGB vom 25. 9. 1973 (vgl. Neues Deutschland vom 27. 9. 1973) zur besseren gesundheitlichen Versorgung zurück. Danach erhalten Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens, die ununterbrochen mindestens 10 Jahre in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt haben, (für jedes Jahr ihrer dortigen Tätigkeit) einen Steigerungsbetrag bei der Berechnung der Alters- bzw. Invaliden-R. von 1,5 v. H. (statt 1 v. H.).
Weitere Sonderregelungen gelten für die Alters- und Invaliden-R. der Bergleute. Außer einer Bergmannsalters-R. und einer Bergmannsinvaliden-R., die mit einem höheren Prozentsatz des Durchschnittsverdienstes als Steigerungsbetrag berechnet wird, gibt es eine Bergmanns-Voll-R. für Bergleute, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, mindestens 25 Jahre bergbaulich versichert und während dieser Zeit mindestens 15 Jahre unter Tage tätig waren, sowie eine Bergmanns-R. für Bergleute, die mindestens 5 Jahre bergbaulich versichert waren, und ihre bisherige bergmännische Tätigkeit wegen der Berufsunfähigkeit nicht mehr ausüben können [S. 725](Bergmanns-R.). Eine besondere Versorgung im Rahmen der SV gibt es für Eisenbahner und Beschäftigte der Deutschen Post, die sich nach der Beschäftigungszeit richtet. Grundlage ist der Monatsgrundlohn der letzten 5 Jahre vor Eintritt des Versorgungsfalles (Altersversorgung).
Anerkannte „Kämpfer gegen den Faschismus“ bzw. „Verfolgte des Faschismus“ erhalten vom Erreichen der jeweils um 5 Jahre vorgezogenen Altersgrenze oder bei Invalidität eine Alters- oder Invaliden-R. von 350 Mark bzw. von 240 Mark, wenn noch Altersversorgung der Intelligenz gezahlt wird. Diese SV-Renten werden neben den Ehrenpensionen gewährt (Wiedergutmachung).
Schließlich werden „Zusatz-R.“ der Altersversorgung der Intelligenz an Führungskräfte und, in geringem Umfang, an Arbeitnehmer in Schwerpunktbetrieben (in Höhe von 5 v. H. des monatlichen Nettoverdienstes der letzten 5 Jahre, wenigstens 10 Mark) gezahlt. Eine eigene, überwiegend aus Beiträgen finanzierte Zusatzversorgung besteht außerdem für freipraktizierende Ärzte und Zahnärzte.
Die Höhe der R.-Einkommen in der DDR ist deshalb vergleichsweise niedrig (öffentliche Sozialleistungen), weil die Möglichkeit des Bezuges mehrerer SV-R. sehr begrenzt ist. So erhält eine Witwe mit eigenem R.-Anspruch nur die höhere R. voll, die andere lediglich zu 25 v. H. (ohne Zuschläge). Bei gleichzeitigem Anspruch auf Alters-R., Invaliden-R. und Kriegsbeschädigten-R. wird nur die höhere, bei Zusammentreffen mit einer Unfall-R. die niedrigere nur zu 50 v. H., gezahlt. Die niedrige SV-R. beträgt mindestens 40 Mark. Dies gilt nicht für Unfall-R. bei einem Körperschaden von weniger als zwei Dritteln, Bergmanns-R. und Unfallwitwen-R. in Höhe von 20 v. H. des beitragspflichtigen Durchschnittsverdienstes des Verstorbenen.
Zuschläge für Kinder und den Ehegatten werden nur einmal gezahlt.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 723–725