DDR von A-Z, Band 1975

 

Soziologie und Empirische Sozialforschung (1975)

 

 

Siehe auch die Jahre 1969 1979 1985

 

I. Begriff und Funktionen

 

 

Mit erheblicher Verspätung gegenüber der UdSSR und anderen Ländern des Ostblocks ist die S. in der DDR erstmals auf dem VI. Parteitag der SED im Januar 1963 parteioffiziell positiv erwähnt und im Programm der SED als „Lehre von der Leitung und Entwicklung der Gesellschaft“ bestimmt worden. Damit setzte die SED auch die Institutionalisierung der S. in Gang. Während in der UdSSR seit 1958 eine Gesellschaft für S. besteht und in Polen seit 1956 empirisch-soziologische Forschungen durchgeführt werden, waren in der DDR größere ideologische und politische Schwierigkeiten zu überwinden, ehe sich S. und ES. neben dem historischen und dialektischen Materialismus etablieren konnten — war doch in der DDR die S. jahrelang besonders heftig als Werkzeug des „staatsmonopolistischen Kapitalismus und Imperialismus“ angegriffen worden. Jedoch auch nach ihrer Institutionalisierung als marxistisch-leninistische S. blieb die S. unter scharfer Kontrolle der Kulturfunktionäre der SED. Sie hat in erster Linie Informationen über die differenzierte Entwicklung der DDR-Gesellschaft für die SED-Führung bereitzustellen.

 

Diese Entwicklung wurde auf dem VI. Parteitag eingeleitet. Damals hatte Kurt Hager, Mitglied des Politbüros und Leiter der Ideologischen Kommission beim Politbüro, darauf hingewiesen, daß „durch soziologische Massenforschungen zu grundlegenden und umfassenden Problemen unserer gesellschaftlichen Entwicklung … ein wichtiger Beitrag zur politischen Führungs- und Leitungstätigkeit der Partei und des Staates geleistet“ wird. Und Horst Taubert, gegenwärtig Sekretär des Wissenschaftlichen Rates für Soziologische Forschung am Institut für Gesellschaftswissenschaften (IfG) beim ZK der SED, formulierte im Jahre 1967 deutlich: „Die Aufgaben- und Zielstellung jeglicher soziologischer Forschung besteht darin, durch die komplexe Analyse komplexe soziale Erscheinungen, Prozesse und Bereiche, Triebkräfte und Gesetzmäßigkeiten des gesellschaftlichen Handelns und Verhaltens bestimmter sozialer Gruppen, Klassen und Schichten aufzudecken und die hierbei gewonnenen Erkenntnisse für die wissenschaftliche Führungstätigkeit nutzbar zu machen.“ Auch die offiziellen Thesen zu „Charakter und Aufgaben der marxistisch-leninistischen Soziologie in der DDR“ von 1970 bestätigen diese Grundausrichtung der S. in der DDR.

 

Bis in die Gegenwart hinein ist umstritten, ob S. und historischer Materialismus identisch sind bzw. wie die marxistisch-leninistische S. vom historischen und dialektischen Materialismus abzugrenzen ist. Die vorherrschende Auffassung nicht nur in der DDR, sondern auch in der UdSSR, ist, daß der historische Materialismus eine „allgemein-soziologische Theorie“ sei, neben der freilich eine Reihe von Spezialsoziologien und empirischen Forschungsmethoden und -techniken besteht. Der historische Materialismus wird nach wie vor als „Wissenschaft von den allgemeinen Gesetzen der Gesellschaft“ begriffen. Als solche ist er sowohl Gesellschaftsphilosophie wie S. Durch diese identifizierende Einbettung in den historischen Materialismus wird die marxistisch-leninistische S. zu einer Art Universalwissenschaft. Als solche fußt sie auf der im historischen Materialismus enthaltenen theoretischen „Reproduktion des Gan[S. 795]zen der Gesellschaft“. Dabei spielt der in Anlehnung an das Marxsche Begriffsgerüst gewonnene Begriff der „sozioökonomischen Formation“ eine zentrale Rolle. Von ihm werden auch die marxistischen Kategorien der „Produktivkräfte“, „Produktionsverhältnisse“ usw. abgeleitet. Andererseits hat die marxistisch-leninistische S. in den letzten Jahren zahlreiche Begriffe aus der westlichen S. (u. a. die Begriffe „Gruppe“, „Rolle“, „Sozialstruktur“, „soziale Schicht“, „Mobilität“, „soziales Handeln“, „Interaktion“, „System“, „Subsystem“ usw.) übernommen. Daraus resultieren zahlreiche, bis heute nicht gelöste methodologische Probleme.

 

In der Reflexion dieser grundsätzlichen Problematik haben sich in der DDR genuine Ansätze einer allgemeinen soziologischen Theorie, verstanden als philosophische Theorie der Gesellschaft, herausgebildet. In dieser marxistischen S. tritt die erkenntnistheoretische Dimension stärker hervor als in jener Spielart, die sich mehr oder minder mit dem historischen Materialismus identifiziert. Den Grundgedanken jeder materialistischen Erkenntnistheorie kennzeichnet etwa Erich Hahn, der führende soziologische Theoretiker in der DDR, zunächst durch seine Voraussetzungsgebundenheit und durch die spezifischen Verbindungen zwischen Subjekt und Objekt der Erkenntnis. Das Subjekt der Erkenntnis gehört stets auch der Gesellschaft, die es erkennen will, an. Das Subjekt der soziologischen Erkenntnis ist damit stets soziales Subjekt und für Hahn — eindeutig festgelegt — die „Arbeiterklasse“. Das Objekt der Erkenntnis ist, in allgemein gehaltener Formulierung, die „materielle Außenwelt“, genauer: die je geschichtlich gewordene Gesellschaft. Eine derart konzipierte Gesellschaft ist in ihrer Materialität der „übergreifende Bestimmungsgrund“ soziologischer Erkenntnis.

 

Diese Grundannahmen implizieren die von Lenin im Rückgriff auf Marx behauptete Abbildfunktion der Erkenntnis. Die objektive Realität wird im erkennenden Bewußtsein abgebildet. Die Abbildtheorie ist von zentraler Bedeutung für die marxistisch-leninistische S., kennzeichnet sie doch die spezifische Verbindung von Subjekt und Objekt. Das Subjekt ist — gerade durch die bewußte Abbildung der in der objektiven Realität, d. h. unabhängig von ihm, sich abpielenden Prozesse — in diese Realität und dadurch in den sozialen Gesamtzusammenhang, in die „Praxis“ eingebunden.

 

Allerdings bestehen zwischen Subjekt und Objekt, dem komplexen Charakter der gesellschaftlichen Wirklichkeit gemäß, noch weitere Beziehungen. Hier ist u. a. die Stellung des Menschen im Produktionsprozeß zu erwähnen, die nach marxistischer Auffassung vor allem durch die Produktionsweise oder, etwas weiter gefaßt, die „materiellen gesellschaftlichen Verhältnisse“ bestimmt wird. Die Produktionsweise ist, schon bei Marx, charakterisiert durch die menschliche Arbeit. Der Mensch ist in der und durch die Arbeit gleichermaßen Subjekt und Objekt in der Gesellschaft. Das Bewußtsein seiner Arbeit gibt ihm als homo creator immer stärker die Möglichkeit, den Objektcharakter seiner Existenz zu überwinden. Die erkenntnistheoretische Beziehung zwischen Subjekt und Objekt weist damit auf ontologische, philosophisch-weltanschauliche, soziologische, historische und psychologische Fragestellungen zurück. Diese umfassende Konzeption impliziert die Ablehnung jeder Trennung von Subjekt und Objekt.

 

Objektive Realität erscheint für den marxistischen Soziologen vor allem als „gesellschaftliche Praxis“. Sie schließt durchaus die Gewinnung von Erfahrung mit Hilfe von Beobachtung und Experiment in sich ein. Soziologische Erkenntnis und Forschung müssen jedoch stets als „Glied und Mittel der sozialen Erfahrung der Gesellschaft insgesamt“ begriffen werden. Sie können sich nicht auf eine partikulare Erfahrung, die von dem historisch-gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang abstrahiert, berufen.

 

Für diese marxistisch-leninistische S. ergeben sich die soziologischen Kategorien sowohl aus ihrer Genesis, ihrem historischen Entwicklungszusammenhang, wie aus der geschichtsphilosophisch eindeutig einzuordnenden Wirklichkeit der DDR-Gesellschaft und aus Verallgemeinerungen von Ergebnissen der ES. in dieser Gesellschaft. Hahn verweist hinsichtlich der ES. einerseits auf Begriffe wie etwa „Sozialprestige“ und „soziale Kontrolle“, deren Anwendung in der DDR kaum möglich sei, da die gesellschaftlichen Grundlagen dafür weitgehend fehlen. Andererseits habe die ES. Begriffe wie „sozialistische Gemeinschaftsarbeit“, die in der sozioökonomischen Wirklichkeit aufgrund bestimmter realer Prozesse und Erfahrungen in der DDR nachweisbar sind, auf den historischen Materialismus beziehen und damit — auch unter Verwendung von Erkenntnissen aus den westlichen Sozialwissenschaften — konkretisieren können.

 

Die Grundfunktionen der marxistisch-leninistischen S. im theoretischen Bereich können wie folgt zusammengefaßt werden: 1. hat die marxistisch-leninistische S., indem sie sich auf die Grundaxiome des historischen und dialektischen Materialismus stützt, ein eigenes Kategoriensystem (in das durchaus Begriffe der westlichen S. eingehen können) zu entwickeln; 2. hat sie das „Wesen“ des sozialen Ganzen zu erfassen. Die Gesellschaft soll als System wechselseitig aufeinander wirkender Elemente begriffen werden; 3. hat die marxistisch-leninistische S. alle Spezialsoziologien in einem einheitlichen Wissenschaftssystem zu integrieren; 4. hat sie die methodologischen Grundlagen für empirisch-soziologische Untersuchungen bereitzustellen.

 

Diesen theoretischen Funktionen entsprechen bestimmte praktische Aufgaben. Allgemein können [S. 796]diese Aufgaben dahingehend definiert werden, daß die S. zusammen mit anderen Gesellschaftswissenschaften die wissenschaftlichen Grundlagen für die Planung und Leitung der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung der DDR zu schaffen hat. Im einzelnen soll sich die marxistisch-leninistische S. gegenwärtig wie auch schon in den späten 60er Jahren dementsprechend folgenden Untersuchungsgebieten zuwenden: den „sozialen und ideologischen Bedingungen und Triebkräften der Qualifizierung der Werktätigen in der wissenschaftlich-technischen Revolution“; den „sozialen Problemen der Entwicklung und Leitung der sozialistischen Gemeinschaftsarbeit in der wissenschaftlich-technischen Revolution“; der „Entwicklung der Einstellung der Werktätigen zur Arbeit“; der „Entwicklung des Verhältnisses von geistiger und körperlicher Arbeit in der wissenschaftlich-technischen Revolution“; der „Veränderung der Sozialstruktur der DDR als Ergebnis des umfassenden Aufbaus des Sozialismus“. Die Begriffsbestimmung der marxistisch-leninistischen S. sowie die Festlegung ihrer Funktionen und Aufgabenbereiche zeigen deutlich, daß auch die SED sich bestimmter neuer sozialwissenschaftlicher Denkformen und Methoden bedienen muß, um das komplizierter gewordene Gesellschaftssystem, vor allem die zahlreichen durch die hohe soziale Mobilität verursachten Konflikte, noch überschauen und analysieren zu können. Politisch-soziale Planung und Kontrolle, Informationen über Einzelbereiche der Gesellschaft, Rationalisierung und Integration der auseinanderfallenden Teile des ideologischen Dogmas des Marxismus-Leninismus: alle diese Probleme sollen mit Hilfe der S. und ES. effektiver gelöst werden.

 

II. Entwicklungsgeschichte

 

 

Obwohl die marxistisch-leninistische S. als eigenständige Disziplin noch jung ist, sind bereits vor dem Jahr 1963 soziologische, sozialpsychologische und sozialgeschichtliche Arbeiten in Gang gesetzt worden. Etwa seit 1954 sind Überlegungen zu einer eigenständigen marxistisch-leninistischen S., die sich vom historischen Materialismus zu unterscheiden hat, angestellt worden. Die zunächst besonders von Jürgen Kuczynski vertretene Konzeption spezieller soziologisch-historischer „Gesetze“, die von den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des historischen Materialismus abzuheben sind, ist nach 1963 Allgemeingut der marxistisch-leninistischen S. in der DDR geworden. Seit 1958 sind zahlreiche empirische sozialpsychologische und sozialpädagogische Arbeiten auf dem Gebiet der Jugendforschung durchgeführt worden. Seit 1961 wurde die Kritik an der westlichen („bürgerlichen“) S. erheblich intensiviert. Sie erfüllt im Prozeß der Herausbildung einer marxistisch-leninistischen S. in der DDR verschiedene Aufgaben: Einmal wird die westliche S. als „Apologetik des Kapitalismus“ abgewertet. Im Zuge dieser abwertenden Kritik werden jedoch wesentliche Begriffe, Fragestellungen und Methoden der westlichen S. übernommen. Die Kritik hat also nicht nur Abwehr-, sondern auch Orientierungs- und Selbstverständigungsfunktion für die Soziologen in der DDR. Schließlich soll die Kritik an der westlichen S. dazu dienen, das ideologische Dogma des Marxismus-Leninismus vor „revisionistischen“ Interpretationen zu schützen (Machtsicherungsfunktion). Seit 1963/64, dem eigentlichen Beginn soziologischer Forschungen in der DDR, hat sich die S. auf zahlreichen Gebieten schnell entwickelt. Studien zu Grundproblemen der marxistisch-leninistischen S. wurden ebenso vorangetrieben wie der Ausbau einiger Spezialsoziologien: der S. der sozialen Gruppen und Schichtung, der Industrie- und Betriebs-S., der Organisations-S., der Medizin-S., der Jugend-S., der Religions-S., sowie der S. der Kultur, Kunst und Literatur. Ferner haben sich die Soziologen in der DDR im Bereich der ES. methodologischen und methodischen Problemen zugewandt.

 

III. Zur Organisation

 

 

Seit den Jahren 1963/64 sind z. T. mehrere Lehrstühle bzw. Lektorate für S. an den Universitäten und Technischen Hochschulen der DDR geschaffen worden. So wurden z. B. am Institut für Philosophie wie am Institut für Politische Ökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin (Ost) Lehrstühle eingerichtet bzw. Lehraufträge für S. erteilt. Jedoch auch an den direkt von der SED kontrollierten Institutionen (dem Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED, der Parteihochschule „Karl Marx“ beim ZK der SED, dem Zentralinstitut für Sozialistische Wirtschaftsführung beim ZK der SED, der Hochschule für Ökonomie und der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR) ist die S. in dieser oder jener Form vertreten. Dasselbe gilt u. a. für die Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW). Neben diesen Formen der Institutionalisierung sind „soziologische Labors“ in einigen Großbetrieben eingerichtet worden. Hier arbeiten Wissenschaftler, Wirtschaftsfunktionäre und „Arbeiterforscher“ z. T. in Kooperation mit soziologischen Instituten in nahegelegenen wissenschaftlichen Einrichtungen an industrie- und betriebssoziologischen Fragestellungen.

 

Im Jahre 1961 wurde unter Vorsitz von Prof. Dr. H. Scheler eine „Sektion Soziologie bei der Vereinigung Philosophischer Institutionen der DDR“ gegründet. Der 1965 geschaffene „Wissenschaftliche Rat und Nationalkomitee für Soziologische Forschung am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED“ (Vorsitzender seit 1971: Prof. Dr. R. Weidig) nimmt vor allem folgende Aufgaben wahr: Förderung und Ausbau des S.-Studiums an Universitäten, Hochschulen, Fachhoch- und Fach[S. 797]schulen; Ausarbeitung eines Programms zur Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses; Abstimmung der Forschungsprogramme der einzelnen Institutionen; Organisation und Vorbereitung von Konferenzen; Organisierung der internationalen Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustausches mit Soziologen in Ost und West. Die Sektion S. wurde im Jahre 1963 als „nationale Vertretung der Soziologen in der DDR“ in die International Sociological Association (ISA) aufgenommen. Schon am IV. ISA-Weltkongreß in Mailand und Stresa (1959) nahmen Soziologen aus der DDR teil, seit dem VI. Weltkongreß (Evian, 1967) besuchten sie diese ISA-Großveranstaltung regelmäßig. Die ca. 20 Beiträge, die anläßlich des VI. Weltkongresses in dem Sammelband „Soziologie und Wirklichkeit“ veröffentlicht wurden, spiegeln die Vielfalt der soziologischen Diskussion in der DDR wider. Neben dem Verhältnis von Sozialismus und S. sowie von Philosophie bzw. Ökonomie und S. werden die sozialen Konsequenzen des technischen Fortschritts und der „wissenschaftlich-technischen Revolution“ thematisiert; neben rechts- und militär-soziologischen Studien stehen jugend- und familien-soziologische, schul-, arbeits- und betriebssoziologische Untersuchungen. Einige recht interessante medizin-soziologische Analysen runden das Bild ab. Noch stärker traten Soziologen aus der DDR auf dem VII. Weltkongreß für S. in Varna (Bulgarien, 1970) hervor. Auch diesmal beeindruckte die Breite der in der DDR geführten Diskussion und der dort in Angriff genommenen Forschungen. An dem VIII. ISA-Weltkongreß (Toronto, 1974) nahm eine zwölfköpfige Soziologendelegation aus der DDR teil.

 

Eine eigene soziologische Fachzeitschrift existiert in der DDR bisher nicht. Soziologische Abhandlungen erscheinen vor allem in der „Einheit“, der „Deutschen Zeitschrift für Philosophie“ und der „Wirtschaftswissenschaft“. Seit Mitte der 60er Jahre gibt es eine Schriftenreihe „Soziologie“, die vom Wissenschaftlichen Rat für Soziologische Forschung am IfG betreut wird. Bis Mitte 1974 sind in dieser Schriftenreihe ca. 15 Bände, überwiegend zu Fragen der Arbeits-, Industrie- und Betriebssoziologie, erschienen. Gelegentlich sind soziologische Studien in der Taschenbuchreihe „Unser Weltbild“ sowie u. a. in der „Wissenschaftlichen Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin“ (Ost) zu finden.

 

IV. Spezialsoziologien

 

 

A. Soziologie der Gruppen und der sozialen Schichtung

 

 

In enger Verbindung mit der Sozialpsychologie sowie der Arbeits- und Berufspsychologie versucht die Gruppen-S., Gesetzmäßigkeiten des Zusammenhanges zwischen der sozialökonomischen Klassen- und Schichtstruktur der Gesellschaft sowie der Beschäftigten-, Berufs- und Bildungsstruktur herauszuarbeiten. Die soziale Gruppe wird dabei als Grundelement der einzelnen Strukturen und Organisationen angesehen. Auch die marxistisch-leninistischen Soziologen gehen davon aus, daß Gruppen durch bestimmte Verhaltensweisen zu charakterisieren sind. Im einzelnen werden formelle und informelle Gruppen unterschieden (vgl. unten Industrie- und Betriebs-S.). Die marxistisch-leninistische Gruppen — in Verbindung mit der Schichtungsanalyse betrachtet allerdings soziale Gruppen unter dem Gesichtspunkt ihrer gesamtgesellschaftlichen Wirksamkeit, nicht so sehr als Einheiten in Einzelbereichen von Wirtschaft und Gesellschaft.

 

Besonders zwei Spezialaspekte stehen im Vordergrund des Interesses: einmal das Gesamtsystem der Leitbilder und Normen von Gruppen in der Gesellschaft; zum anderen die Fluktuation von Arbeitskräften. Letztere wird nicht nur unter dem Aspekt eines Industriebetriebes oder -zweiges gesehen, sondern vor allem hinsichtlich der durch sie bedingten Probleme der sozialen Mobilität. Diese Probleme betreffen die Gesellschaft als Ganzes und weisen weit über Einzelprobleme der „industriezweigbestimmten“ Produktion hinaus.

 

B. Industrie- und Betriebssoziologie (IBS)

 

 

In enger Verbindung mit der S. der Gruppe und der sozialen Schichtung steht die IBS. Ihr Arbeitsfeld sind die einzelnen Industriebetriebe, Produktionszweige sowie die Gesamtindustrie als Teilsystem der Gesellschaft. Wie alle Spezialsoziologien in der DDR ist auch die IBS von bestimmten Axiomen des historischen Materialismus abhängig. Vor allem ist ihr „Praxis“-Bezug, ihre „produktive Funktion“, hervorzuheben. Auch die IBS arbeitet mit dem Konzept der formellen und informellen Gruppen im Betrieb. Formelle Gruppen sind, nach K. Braunreuther, einem lange Jahre führenden Industrie- und Betriebssoziologen, Gruppen, „die dem Betriebszweck dienen“, und zwar als „rechtlich oder traditionell legitimierte und dann gesellschaftlich anerkannte Einheiten“. Als Beispiele werden Neuerergruppen, jedoch auch Gruppen der SED, des FDGB, der FDJ sowie anderer Massenorganisationen im Betrieb herangezogen. Von den formellen werden informelle Gruppen unterschieden, deren Einfluß auf das Produktionsziel des Betriebes positiv, negativ oder ambivalent sein kann und von der IBS zu erfassen gesucht wird.

 

Die marxistisch-leninistische IBS wendet den Gruppen im Betrieb besonders deshalb Aufmerksamkeit zu, weil sie die Grundeinheiten des Kommunikationsnetzes eines Betriebes darstellen, und weil sich in ihnen Entscheidungen vollziehen. Die IBS untersucht ferner: soziale Verhaltensweisen sowie soziale Rollen und Positionen einzelner und von Gruppen; das Betriebsklima; die Fluktuation und Disponibili[S. 798]tät von Arbeitskräften; das Verhältnis zwischen älteren und jüngeren Arbeitern und Funktionären; die Autoritätsstruktur im Betrieb; die Motive menschlichen Handelns; die „Arbeitsfreude“; Rationalisierungsprobleme. Der Aufgabenbereich der IBS geht allerdings über diese Forschungsbereiche noch hinaus: Die Auswirkungen der sozialen Verhältnisse und der Beziehungen der Menschen im Betrieb auf das Zusammenleben in den Wohngebieten, auf die Freizeitgestaltung usw., werden z. T. mitberücksichtigt.

 

Es ist nicht zu übersehen, daß die IBS zur wichtigsten Einzeldisziplin unter den Spezialsoziologien geworden ist. Dies gilt um so mehr, als arbeitspsychologische und soziologische Fragestellungen in die IBS eingegangen sind und als ein legitimer Bestandteil dieses Forschungszweiges angesehen werden. Der arbeitspsychologische und sozialpolitische Einschlag ist besonders deutlich an folgenden Themen, die im Rahmen empirischer Untersuchungen auf dem Gebiet der IBS gegenwärtig eine große Rolle spielen, zu erkennen: Arbeitsplatzmerkmale, Erleichterung der Arbeit, Arbeitszufriedenheit, Arbeitsfreude, Arbeitszeitprobleme, Bedingungen des Arbeitsschutzes u. a. m. (Industrie).

 

C. Organisationssoziologie

 

 

In den letzten Jahren hat sich neben der Gruppen-S. und der IBS und von beiden stark beeinflußt eine neue spezielle S. herausgebildet, der von Soziologen, Ökonomen, Rechtswissenschaftlern und Psychologen starke Beachtung gezollt wird: die „soziologische Organisationsanalyse“. Die Organisations-S. steht in enger Verbindung mit der kybernetischen Systemtheorie und der Organisationswissenschaft, wie sie im Westen bereits wesentlich früher entwickelt worden sind. Darauf weisen bereits die Begriffe „System“, „Entscheidung“, „Information“, „Kommunikation“ usw. hin, die in der marxistisch-leninistischen Organisations-S. eine immer größere Rolle spielen.

 

Obwohl der Begriff „Organisation“ bisher nicht klar definiert worden ist, wird er doch in theoretischen und empirischen Untersuchungen vielfach verwendet. Besonders in Industriebetrieben sind Organisationsformen der verschiedensten Art untersucht worden: Arbeitsgruppen, Werkabteilungen, ganze Betriebe. Die Organisations-S. beschäftigt sich im einzelnen vor allem mit folgenden Fragen: wie sich die Ziele der Organisation in den Vorstellungen der Mitglieder einer formellen oder informellen Gruppe darstellen; wie Information und Kommunikation in Organisationen tatsächlich funktionieren; wie sich die offizielle Leitungspyramide in einem Organisationssystem von der „Autoritätspyramide“ unterscheidet; wie schließlich die sozialen Positionen der einzelnen Mitglieder einer Gruppe bestimmt werden.

 

D. Jugendsoziologie

 

 

Die Jugend-S. (auch pädagogisch-psychologische Jugendforschung oder marxistische Jugendforschung genannt) soll in erster Linie der heranwachsenden Generation helfen, „in dem Ringen zwischen der neuen und der alten Welt die Fronten zu erkennen“. Auch in der Jugend-S. ist damit der praktisch-politische Bezug stark ausgeprägt. Sie soll — nach Aussage der führenden Jugendpsychologen Walter Friedrich und Adolf Kossakowski — Wege aufzeigen, die zur Veränderung der Lebenslage und des Bewußtseins der Jugendlichen im Sinne der gesellschaftspolitischen Ziele der SED beitragen.

 

Die marxistisch-leninistische Jugend-S. geht von drei Voraussetzungen aus: Sie betrachtet einmal den Jugendlichen als „Produkt seiner Wechselwirkung mit der Umwelt“; sie bezieht sich auf „jugendspezifische Verhaltensweisen“, wie sie sich aus der „Zwischenlage“ der Jugendlichen ergeben; sie analysiert die komplexen Umweltbedingungen, denen der Jugendliche ausgesetzt ist.

 

Entsprechend dieser Aufgabenstellung und diesen Voraussetzungen sind die zahlreichen empirischen jugendsoziologischen und -psychologischen Untersuchungen ausgerichtet. Im einzelnen werden vor allem folgende Themen behandelt: Jugend und Elternhaus (Einflüsse des Elternhauses, Verhältnis der Jugendlichen zu ihren Eltern, Sexualerziehung, Verhältnis zum anderen Geschlecht); Jugend und (Berufs-)Schule/Universität (Lernhaltung, Lernmotivation, Leistungsverhalten, Leistungsversagen, die Lehrerpersönlichkeit in der Sicht des Schülers, Einstellung der Schüler zum Unterrichtstag in der Produktion [UTP], Einflüsse des UTP, sozialistische Arbeitsmoral, Kollektiverziehung); Jugend und Beruf (Probleme der Berufswahl, Einstellung zu verschiedenen Berufen, Berufswünsche, Qualifizierungsprobleme); gesellschaftliche (ideologische) Orientierung der Jugendlichen (Interessen, Zukunftspläne, Vorbilder, Perspektiv- und Idealerleben, Lebensideologie); Jugend und Freizeit (Freizeitgestaltung, Freizeitwünsche, Jugend und FDJ/Pioniere, Kollektiverziehung im Rahmen der Jugendorganisation) (Jugend).

 

E. Religionssoziologie

 

 

Die marxistisch-leninistische Religions-S. hat sich zusammen mit den Versuchen, eine allgemeine marxistische Kultur-S. zu begründen, entwickelt. Sie hat nicht nur den sozialen Ursachen der Religion in sozialistischen Gesellschaftssystemen nachzugehen, sondern auch speziellere Fragen zu analysieren: Kann die Religion als isolierte Erscheinung oder muß sie im Zusammenhang mit dem politischen Denken und Handeln im allgemeinen, mit anderen Bewußtseinsformen im besonderen, begriffen werden? Auch die „religiöse Intensität“ verschiedener sozialer Gruppen und Schichten (der Jugend, der In[S. 799]telligenz, der Bauern, der Invaliden und Rentner) soll von der Religions-S. empirisch analysiert werden. Schließlich ist die These, daß die Religion ein Produkt der „Entfremdung“ des Menschen ist und sich erst in der Reflexion der sozialen Differenzierung bei Verschwinden der Urgemeinschaft aus der Mythologie gebildet hat, ein häufig diskutiertes Thema: „Dadurch, daß sie die Zusammenhänge von Religion und Gesellschaft in ihrer Totalität, auch in ihren allgemeinsten und wesentlichsten Aspekten, erfaßt, wird Religionssoziologie in der vollen Bedeutung des Wortes möglich. Sie studiert die religiösen Phänomene im gesetzmäßigen, materiellen Bedingungen entspringenden Prozeß ihres Entstehens, Wandels und Vergehens. Die allgemeinste Bedingung dieses Prozesses ist die unter bestimmten geschichtlichen Bedingungen auftretende Entfremdung des Menschen gegenüber den Gesetzmäßigkeiten und Resultaten seines Tuns. Die religiöse Verhaltens- und Bewußtseinsform reproduziert ideell und institutionalisiert die wirkliche Entfremdung, der sie entspringt. Sie stützt dadurch in der Klassengesellschaft die Macht der Herrschenden; ihre Verankerung in den Volksmassen schließt jedoch auch die Möglichkeit ein, religiöse Ideale im Sinne progressiver Veränderungen zu aktualisieren. Dieser Doppelaspekt religiöser Ideologie verlangt die exakte Analyse der sozialen Motive religiöser Ideen, Bewegungen und Auseinandersetzungen, die Berücksichtigung ihrer Verquickung mit der Sozial-, politischen und Geistesgeschichte.“ Neben den so skizzierten Aufgaben obliegt es der marxistisch-leninistischen Religions-S., vor allem die „theologisierenden Tendenzen der bürgerlichen Religionssoziologie“ zurückzuweisen und ihre Funktion im System des staatsmonopolistischen Kapitalismus zu enthüllen.

 

F. Kultur-, Literatur- und Kunstsoziologie

 

 

Nach bedeutenden frühen Ansätzen besonders der marxistischen Literatur-S. (Georg Lukács) ist eine intensive Diskussion um Gegenstand, Fragestellungen, Begriffe und Methoden einer marxistisch-leninistischen Kultur-, Literatur- und Kunst-S. in der DDR erst in den Jahren 1966/67 in Gang gekommen. Die Auseinandersetzungen sind noch dadurch erschwert worden, daß zum Gegenstand einer marxistischen Kultur-S. stets auch Kulturgeschichte und Ästhetik gezählt werden. Die „kritische Aneignung des kulturgeschichtlich bedeutsamen Erbes“, die Diskussionen um den Begriff des Realismus, der abstrakte, konzeptionslose Universalismus der marxistisch-leninistischen Kulturdeutung haben die Herausbildung einer eigenen Kultur-S. eher belastet als befruchtet.

 

Die Kultur-S. in der DDR geht davon aus, daß sich mit der fortschreitenden sozialen Integration der Künste in die Gesellschaft die Position des Künstlers ebenso verändert hat wie die Stellung von Kultur und Kunst. Kultur und Kunst sind heute einer Masse von Konsumenten ausgeliefert. Sie werden deshalb als allgemeine ideologie- und persönlichkeitsbildende Faktoren angesehen. Eine nur immanente Analyse des Kunstwerkes wird aus diesem Grund als esoterisch abgelehnt. Es wird vielmehr davon ausgegangen, daß die Massen im Kunstwerk unbefangen den Ausdruck ihrer eigenen Lebenssituation suchen. Allerdings soll damit die ästhetische Wertung der Kunst nicht aufgehoben werden. Auch in der DDR müssen Kunstwerke als „schön“, „häßlich“, „tragisch“ usw. bezeichnet werden können. Die soziologische Analyse im engeren Sinne soll die Ursachen für das Abweichen des Urteils bestimmter sozialer Gruppen von der ästhetischen Norm herausarbeiten. Die ästhetische Analyse des Kunstwerks soll deshalb mit der soziologischen Zusammengehen. Unter der Voraussetzung, daß die ästhetischen Grundprobleme aus der „Dialektik der materiellen Arbeitsprozesse“ zu erklären sind, und daß deshalb die Produktionsweise einer Gesellschaft als übergreifender Bezugspunkt für kultur- und kunstsoziologische Untersuchungen zu gelten hat, werden folgende soziologische Komponenten am Kunstwerk untersucht: Kunstwerke fördern ein bestimmtes National-, Klassen- und Gruppenbewußtsein ebenso wie sie die Anschauungen und Interessen sozialer Gruppen und Schichten widerspiegeln. Sie formen Leitbilder, die die Verhaltensstruktur des einzelnen und von Gruppen beeinflussen. Sie fördern schöpferische Antriebe. Sie sind Mittel der Sozialisation, d. h. sie vermitteln die Möglichkeit, neue „Rollenerfahrungen“ zu übernehmen. Schließlich werden Kultur, Kunst und Literatur als „Freizeitfaktoren“ untersucht.

 

Neben der kultur- und kunstsoziologischen Analyse steht, besonders im literarischen Bereich, die soziologische „Wirkungsforschung“. Sie hat folgende Komponenten der „literarischen Wirkung“ zum Gegenstand: die konkrete Situation, in der ein sprachliches Kunstwerk zur Wirkung gelangt; die Gruppen, die ein Buch vorzugsweise lesen, und jene Gruppen, die es eindeutig ablehnen; die Reaktionen der öffentlichen Literaturkritik; Motive, Gestalten, Bilder, Symbole u. a. dieses Werkes, die häufig zitiert und verwendet werden; den Einfluß, den das Buch auf die zeitgenössische Literatur hat, erkennbare Nachahmungen und Nachfolgen; das soziale Ansehen und den Ruf, den das Buch erlangt, differenziert nach verschiedenen Lesergruppen; die Rückwirkungen, die die Publikation eines Werkes auf das literarische Prestige seines Autors hat (Ästhetik; Kulturpolitik; Literatur und Literaturpolitik).

 

V. Methoden und Techniken der Empirischen Sozialforschung

 

 

Das Methodenverständnis der marxistisch-leninistischen ES. in der DDR ist durch zwei Tendenzen zu [S. 800]charakterisieren. Einmal wird die Aufgabe der ES. dahingehend verstanden, die „Einheit von qualitativer und quantitativer Analyse“ herzustellen. Zum anderen werden, trotz der nach wie vor scharfen Kritik am „bloßen Empirismus der bürgerlichen Soziologie“, in zunehmendem Maße Methoden und Techniken der ES., wie sie im Westen üblich sind, verwendet.

 

Grundlegend ist die Auffassung, daß die ES. — im Gegensatz zur theoretischen S., die das „Wesen“, die innere Struktur der Gesellschaft, abbildet — von den „Erscheinungen“ ausgeht: Sie „erfaßt, ordnet und systematisiert die Fakten, indem sie die einzelnen Elemente einer Erscheinung voneinander isoliert und einer stufenweisen Analyse unterwirft. Diese Analyse dient der Entflechtung der mannigfachen Verbindungen und Beziehungen der einzelnen Elemente. Das Ergebnis empirischer Forschung sind Aussagen über allgemeine Eigenschaften und Merkmale, die einer Klasse von Elementen oder allen untersuchten Elementen gemeinsam sind. In dieser Phase der Forschung wird das empirisch Allgemeine fixiert.“ Dieses Zitat aus dem Artikel „Empirische Sozialforschung“ im „Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie“ (Berlin [Ost] 1969) verdeutlicht, daß sich theoretische und empirische Analyse nach marxistischer Auffassung vor allem darin unterscheiden, daß die ES. nicht in das „Wesen“ der Gesellschaft eindringen, dieses nicht erklären kann, sondern die Vielfalt der Erscheinungsformen der Wirklichkeit beschreibt. Die ES. ist deshalb als eine Art Hilfswissenschaft anzusehen. Bei der Hypothesenbildung, der Auswahl des Untersuchungsfeldes und der Interpretation der Daten wird auf die Grundannahmen der soziologischen Theorie zurückgegriffen, genauer: Bei der Prüfung von Hypothesen spielt die „Dialektik“ eine wesentliche Rolle. In diesem Sinne ist auch die Rolle des empirischen Forschers festgelegt. Er soll nicht „bloßer Registrator“ sozialer Erscheinungen sein. Seine Erkenntnisse hat der Soziologe vielmehr stets auch durch „aktive Teilnahme an der revolutionären gesellschaftlichen Praxis“ zu gewinnen. Dieses Postulat weist unverkennbar den Einfluß des marxistischen Theorie-Praxis-Axioms auf.

 

Die programmatisch-normativen Forderungen nach engagierter Teilnahme des Forschers am gesellschaftlichen Prozeß wie nach Berücksichtigung des umfassenden Zusammenhangs sozialer Erscheinungen in jeder Einzelstudie, die dieser Konzeption von ES. zugrunde liegen, stehen der Ausarbeitung empirischer Methoden im Wege. Trotzdem sind, besonders im Rahmen der Industrie- und Betriebs-S. und der Jugendforschung, in der DDR empirische Methoden und Techniken gebräuchlich. Dies gilt für Beobachtung, Inhaltsanalyse, Experiment, primär- und sekundärstatistische Analysen, die verschiedenen Formen des Interviews, die Faktorenanalyse, die Korrelations- und Skalierungsverfahren. Auch bewährte qualitative Methoden, so z. B. die Dokumentenanalyse, werden benutzt. Bestimmte Methoden jedoch, die vor allem im Rahmen der betriebssoziologischen Mikroanalyse im Westen verwendet werden (soziometrische Tests, Rollen- und Interaktionsanalysen), sind nach wie vor nur vereinzelt anzutreffen. Sozialstruktur.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 794–800


 

Sozialversicherungs- und Versorgungswesen A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z SP

 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.