
Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit (WTZ) (1975)
Siehe auch die Jahre 1969 1979 1985
Bezeichnung fürden kostenlosen oder entgeltlichen Austausch von wissenschaftlich-technischen Informationen, von Produktions-know-how und von Naturwissenschaftlern und Technikern zwischen Mitgliedsländern des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe. Im einzelnen beinhaltet WTZ: 1. die Überlassung wissenschaftlich-technischer Dokumentation über bestimmte Produktionsanlagen und Fertigungsverfahren, 2. die Überlassung von Unterlagen über erfolgreich abgeschlossene Forschungs- und Entwicklungsaufgaben, 3. die Übernahme der Ausbildung von technischen Fachkräften des Partnerstaates in den eigenen Industriebetrieben und wissenschaftlichen Einrichtungen, 4. die Entsendung von Fachkräften zur technischen Hilfeleistung beim wirtschaftlichen, vor allem industriellen Aufbau in das Land des Vertragspartners und 5. die Zusammenarbeit in den industriellen Forschungs- und Entwicklungszentren. Unter wissenschaftlich-techni[S. 953]schen Dokumentationen werden Zeichnungen, Spezifikationen, Wartungs-, Bedienungs- und Montageanleitungen, Ersatzteilkataloge und Reparaturvorschriften verstanden.
Der Austausch erfolgt auf der Grundlage bilateraler Abkommen. Das 1. Abkommen über WTZ wurde 1951 mit der Sowjetunion geschlossen. Zur Beschleunigung des gegenseitigen Entscheidungsprozesses bei Austauschgesuchen sowie zur allgemeinen Förderung der WTZ bildete die DDR in den 60er Jahren eine Reihe zweiseitiger Institutionen:
1. Paritätische Kommission für ökonomische und WTZ der DDR und der UdSSR;
2. Gemeinsamer deutsch-tschechoslowakischer Ausschuß für wirtschaftliche und WTZ;
3. Deutsch-polnischer Ausschuß für wirtschaftliche und WTZ;
4. Deutsch-ungarischer Ausschuß für wirtschaftliche und WTZ;
5. Gemeinsame Regierungskommission für wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der DDR und der Sozialistischen Republik Rumänien;
6. Deutsch-bulgarischer Ausschuß für WTZ;
7. Deutsch-jugoslawisches Komitee für wirtschaftliche und WTZ;
8. Ständige Kommission für WTZ zwischen der DDR und der Volksrepublik China;
9. Ständige Kommission für WTZ zwischen der DDR und der Demokratischen Republik Vietnam.
Im RGW wurde eine „Ständige Kommission für die Koordinierung der wissenschaftlichen und technischen Forschung“ mit Sitz in Moskau geschaffen. Diese versucht, die einzelnen Forschungsvorhaben abzustimmen, wobei sowohl Gesichtspunkte wirtschaftlicher Rationalität als auch politische Erwägungen — vor allem der sowjetischen Blockpolitik — bestimmend sind.
Die zunächst bestehende Regelung, daß der wissenschaftlich-technische Austausch grundsätzlich kostenlos erfolgen sollte, führte tendenziell zur Benachteiligung der weiter entwickelten Industriestaaten DDR und ČSSR, deren wissenschaftlich-technisches Potential von den übrigen RGW-Mitgliedsländern weitgehend genutzt werden konnte. Sie erleichterte auch den Mißbrauch ausgetauschter Informationen. Aufgrund der überlassenen Dokumentationen wurden in den Partnerländern gleichartige Produktionsstätten aufgebaut, die zudem eine Konkurrenz für den Ursprungsbetrieb auf den Außenmärkten bedeuteten. Im Hinblick auf das Innovationstempo war bedeutsam, daß ausschließlich bereits bestehende Erfindungen, Verfahren und Erfahrungen („altes Wissen“) ausgetauscht wurden. Die danach 1966 einsetzende Wendung brachte die Kommerzialisierung der WTZ. Zusätzlich wurde nun auch die Abstimmung laufender Forschungs- und Entwicklungsarbeiten vertraglich mit erfaßt. Mit der Übertragung des bisher lediglich innerstaatlich angewandten geschäftsförmigen Vertrages auf die zwischenstaatlichen Beziehungen im Jahr 1970 wurde die WTZ über den reinen Austausch hinaus auf die Koordinierung, Kooperation und gemeinsame Durchführung von Forschungsarbeiten ausgeweitet. Für die Verrechnung der Aufwendungen werden verschiedene Vertragstypen benutzt. Wichtigster WTZ-Partner der DDR ist die UdSSR. Quantitativ überwog ihre Austauschleistung: sie lieferte zwischen 1951 und 1971 technische Dokumentationen zu ca. 5.000 Themen und erhielt solche zu ca. 3.000 Themen. Im gleichen Zeitraum entsandte die DDR 12.000 Wissenschaftler und Techniker und empfing 8.000 sowjetische Fachkräfte. Inzwischen verstärken sich Austausch und Zusammenarbeit weiter. Im Jahr 1974 bestanden über 60 Abkommen und Vereinbarungen mit der Sowjetunion. 1974 sollen 2.600 naturwissenschaftlich-technische Aufgaben kooperativ bearbeitet worden sein, woran auf Seiten der DDR über 15.000 Wissenschaftler und Ingenieure mitgewirkt haben sollen. RGW; Forschung.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 952–953
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