Arzneimittelversorgung (1975)
Siehe auch:
- Arzneiversorgung: 1953
Die A. ist erst spät auf einen Stand gebracht worden, der eine ausreichende medizinische Versorgung der Bevölkerung einigermaßen garantiert. Grund war einerseits, daß im Gebiet der damaligen SBZ zwar eine leistungsfähige chemische Grundstoffindustrie, aber kein ins Gewicht fallender Bestand an pharmazeutischen Herstellungsbetrieben vorhanden war und daher Fachpersonal für die Arzneimittel-(Am.) Fertigung fehlte. Andererseits fehlte der sowjetischen Besatzungsmacht das Verständnis für den hohen Am.-Bedarf der Bevölkerung. Die inzwischen aufgebaute Am.-Industrie vermag jetzt den Bedarf weitgehend zu decken.
Im Vergleich zum Stand von 1960 hat sich die Am.-Produktion verdreifacht. Das Sortiment umfaßt einschließlich Import ca. 3.000 Präparate, das ist kaum mehr als ein Zehntel des Sortiments in der Bundesrepublik Deutschland. Bestimmte Am. sind zu einem devisenbringenden Exportprodukt geworden (Antibiotika, Insulin). Die Ausfuhr ist dem Wert nach fast doppelt so groß wie die Einfuhr. In der Exportwerbung werden die Produkte aller Hersteller unter dem Warenzeichen „Germed“ („German Medicaments“) angeboten. Für Ein- und Ausfuhr ist die „Deutsche Pharmazie Export- und Import-Gesellschaft“ zuständig.
Im großen und ganzen reicht die A. jetzt aus. Viele Am. sind auch heute noch ständig knapp oder zeitweilig nicht verfügbar. Das geht vorwiegend auf ungleichmäßige Einfuhren von Rohstoffen und Fertigprodukten zurück. Soweit Herstellung oder Belieferung auf Import angewiesen sind, hängen sie von den jeweiligen Möglichkeiten des bilateralen Außenhandels ab. Weil größere Lagerbestände nicht gehalten werden, schlägt jeder Produktionsausfall schnell auf die Apothekenbelieferung durch. Größere Elastizität im Vergleich zu den VEB hat kleine Privatunternehmen bis 1971 am Leben gehalten (als halbstaatliche Betriebe). Ähnlich vermögen die Apotheken viele Mängel durch eigene Initiative auszugleichen.
Das geltende Arzneimittelgesetz (vom 5. 5. 1964 - anstelle des länderweise ergangenen Gesetzes von 1948), geht vom Prinzip der Zulassung („Registrierung“) aus. Gefordert wird der Nachweis von Wirksamkeit, Unschädlichkeit und „Bedürfnis“ sowie die Einhaltung von Gütevorschriften. Über die Zulassung entscheidet der Zentrale Gutachterausschuß für Arzneimittelverkehr. Die Am.-Prüfung obliegt dem Institut für Arzneimittelwesen in Ost-Berlin (seit 1964). Für die Herstellung außerhalb der Industrie ist das Deutsche Arzneibuch maßgebend, das seit 1965 (DAB 7. Ausgabe) erheblich von dem der Bundesrepublik Deutschland abweicht.
Auf dem Gebiet der medizintechnischen Geräte war die Ausgangslage günstiger, weil hier industrielle Erfahrungen und daher Fachkräfte vorhanden waren. Hinderlich hat sich hier dagegen der Exportzwang ausgewirkt. Gegenwärtig ist die Ausrüstung der Einrichtungen des Gesundheitswesens befriedigend, in Hochschulkliniken und Krankenhäusern der Zentralversorgung gut oder sehr gut. Wie überall wirkt sich Ersatzteilmangel störend aus.
Die Großhandelsfunktion für Am. und medizintechnische Geräte wird vom Staatlichen Versorgungskontor für Pharmazie und Medizintechnik in Ost-Berlin wahrgenommen. Es unterhält regionale Zweigstellen in den Bezirken, einige davon (Berlin, Frankfurt [Oder], Leipzig) mit guter technischer Ausrüstung sowie Datenverarbeitungsanlage, und in den meisten Kreisen einen „Versorgungsbetrieb für Pharmazie und Medizintechnik“. Mängel in den Bedarfsanalysen und Schwerfälligkeit des Verteilungsapparates spielen für die Versorgungslücken eine wesentliche Rolle.
Die zentrale Steuerung der Verteilung von Am. und medizintechnischen Geräten liegt beim Ministerium für [S. 57]Gesundheitswesen, das dafür eine eigene Hauptabteilung führt, die Steuerung der Am.-Produktion liegt bei den für die entsprechenden Industriebereiche zuständigen Ministerien.
Die Abgabe von Am. ist den Apotheken und den ihnen nachgeordneten Am.-Abgabestellen vorbehalten. Die Letzteren befinden sich jedoch in ländlichen Gebieten, z. T. in den Räumen der Konsumgenossenschaften.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 56–57