Bezirk (1975)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985
Gebietseinheit im staatlichen Aufbau der DDR, die 1952 im Zuge der Neugliederung der staatlichen Verwaltung durch das Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR geschaffen wurde. Mit der Bildung von B. nach politischen, staatsorganisatorischen und wirtschaftlichen Maßstäben wurden die Länder aufgehoben und ein zentralistischer Staatsaufbau geschaffen.
Ein B. untergliedert sich in Kreise (Stadt- und Landkreise) und trägt seinen Namen nach der jeweiligen Hauptstadt des B. In der DDR gibt es 14 B.: Cottbus, Dresden, Erfurt, Frankfurt/Oder, Gera, Halle, Karl-Marx-Stadt, Leipzig, Magdeburg, Neubrandenburg, [S. 161]Potsdam, Rostock, Schwerin und Suhl. Berlin (Ost) besitzt den Status eines B. und wird gelegentlich auch als 15. B. der DDR bezeichnet.
Im B. ist der Bezirkstag das oberste staatliche Machtorgan. Er umfaßt je nach der Einwohnerzahl des B. 120 bis 160 Abgeordnete. Er tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen und wählt zu Beginn der Wahlperiode als seine Organe den Rat des Bezirkes und die ständigen Kommissionen des Bezirkstages.
Aufgaben, Rechte und Pflichten des Bezirkstages und seiner Organe wurden 1973 im Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe in der DDR (GBl. I, S. 313) neu bestimmt.
Danach leiten der Bezirkstag und der Rat die Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens im B. Der Bezirkstag beschließt auf Vorschlag des Rates den Fünfjahrplan, den Jahresplan und den Haushaltsplan des Bezirkes, die auf der Grundlage zentraler staatlicher Plankennziffern und anderer Festlegungen des Ministerrates erarbeitet werden und nach Beschluß des Bezirkstages die Grundlage der Tätigkeit des Staatsapparates auf der Bezirksebene bilden.
Bezirkstag und Rat entscheiden über eine Reihe von Aufgaben, soweit dies nicht ausschließlich — wie z. B. in Fragen der Arbeitskräfteplanung und -Lenkung und der Lohn- und Sozialpolitik — nur vom Rat durchzuführende bzw. zu koordinierende zentrale Festlegungen betrifft. Bezirkstag und Rat werden tätig auf den Gebieten: Haushalts- und Finanzwirtschaft im B.; Preisbildung und Preiskontrolle; Örtlich geleitete Industrie; Handel, Versorgung und Dienstleistungen; Bauwesen, Städtebau und Wohnungspolitik; Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft; Verkehr, Energie, Geologie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft; Bildungswesen; Jugendfragen; Kultur; Körperkultur, Sport, Erholungswesen und Fremdenverkehr; Hygiene, medizinische und soziale Betreuung; Sicherheit und Ordnung sowie Zivilverteidigung.
Als ständig arbeitendem Gremium kommt dem Rat des Bezirkes, und hier dem Vorsitzenden, die größte Bedeutung für die Durchführung der Aufgaben zu. Die Mitglieder des Rates sind in der Regel Abgeordnete. Als ein kollektiv arbeitendes Organ ist der Rat sowohl dem Bezirkstag als auch dem Ministerrat verantwortlich; beide Institutionen können seine Entscheidungen aufheben. Im Mai 1974 erließ der Ministerrat einen Beschluß zur Zusammensetzung der örtlichen Räte. Danach setzt sich der Rat eines Bezirkes aus folgenden Mitgliedern zusammen:
1. Vorsitzender des Rates des Bezirkes,
2. Erster Stellv. d. Vors. d. R. d. B.,
3. Stellv. d. Vors. d. R. u. Vors. d. Bezirksplankommission,
4. Stellv. d. Vors. d. R. für bezirksgeleitete Industrie, Lebensmittelindustrie u. örtliche Versorgungswirtschaft (Vorsitzender des Bezirkswirtschaftsrates),
5. Stellv. d. Vors. d. R. für Inneres,
6. Stellv. d. Vors. d. R. für Handel u. Versorgung,
7. Stellv. d. Vors. d. R. u. Produktionsleiter für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft,
8. Sekretär des Rates.
Weitere Mitglieder:
9. für Finanzen und Preise,
10. für Wohnungspolitik,
11. für Arbeit und Löhne,
12. für Verkehrs- und Nachrichtenwesen,
13. für Umweltschutz und Wasserwirtschaft,
14. für Kultur,
15. für Jugendfragen, Körperkultur und Sport sowie
16. der Bezirksarzt,
17. der Bezirksbaudirektor und
18. der Bezirksschulrat vervollständigen den Rat d. B. In bestimmten, durch örtliche Bedingungen veranlaßten Fällen kann der Rat d. B. seine Zusammensetzung im Rahmen des Stellenplanes verändern, d. h. auch Abweichungen von der Zahl beschließen. Weitere Stellvertreter dürfen allerdings nur mit Zustimmung des Vorsitzenden des Ministerrates berufen werden; deren Zahl ist durch den Beschluß von bisher 3 auf 5 vergrößert worden. Neu im Rat sind die Mitglieder für Arbeit und Löhne und für Umweltschutz und Wasserwirtschaft, während die Aufgaben des ehemaligen Mitglieds für örtliche Versorgungswirtschaft von einem der Stellvertreter des Vors. wahrgenommen werden.
Der Rat des B. hat das Recht, über alle Angelegenheiten des B. und der Bürger zu entscheiden, soweit dies auf der Grundlage der Rechtsvorschriften und der Beschlüsse des Bezirkstages erfolgt und nicht dessen ausschließliche Kompetenz berührt. Die Anleitung und Kontrolle der Tätigkeit des Rates des B. ist Sache des Ministerrates, der den Rat sowohl in die Vorbereitung den B. betreffender Entscheidungen auf bestimmten Gebieten einbeziehen als auch die Übereinstimmung der zweiglichen und territorialen Entwicklung durch eine Zusammenarbeit zwischen Rat und zentralen Staatsorganen sichern soll. Die Beratungen über Planfragen werden von der Staatlichen Plankommission vorbereitet und als „Komplexberatungen“ unter Leitung eines Mitglieds des Präsidiums des Ministerrates geführt. Entsprechend dem Leitungsprinzip der doppelten Unterstellung im Staatsapparat erteilt der Vorsitzende des Ministerrates dem Vorsitzenden des Rates des B. Weisungen; dieser besitzt das gleiche Recht gegenüber den Vorsitzenden der nachgeordneten Räte der Kreise. Die früher vom Minister für Anleitung und Kontrolle der Bezirks- und Kreisräte wahrgenommenen Aufgaben zur Unterstützung der Anleitung und Kontrolle der örtlichen Räte durch den Ministerrat sind nach der Abschaffung dieser Institution im November 1971, soweit erkennbar, auf die Instrukteurabteilung beim 1. Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates übergegangen.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 160–161
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