Binnenhandel (1975)
I. Grundlagen
Der B. ist derjenige Teil des Handels, der als Hauptträger der Warenzirkulation Produktion und Konsumtion miteinander verbindet und aktiv auf beide einwirkt. In der DDR wird das Hotel- und Gaststättengewerbe auch zum B. gerechnet. Neben dem B ist der zweite wesentliche Bestandteil des Handels der Außenhandel. Die ungenügende ideologische Fundierung des B., dem im Sozialismus nur eine zeitliche Bedeutung zukommt, bis der Kommunismus und damit die Verteilung nach den Bedürfnissen erreicht ist, führte dazu, daß der B. als Instrument der Verteilung der Güter der Abteilung II lange Zeit [S. 170]„Stiefkind des wirtschaftlichen Aufschwungs“ war. Zwar wurden bereits 1953 zur Zeit des Neuen Kurses nach Stalins Tod unter dem damaligen sowjetischen Handelsminister Mikojan, der die bisherige Unterbewertung und Vernachlässigung der Rolle des B. kritisierte, zögernde Anläufe auch in der DDR gemacht; aber die entscheidende Erkenntnis, daß der Konsumgütermarkt und die Konsumgüterverteilung volkswirtschaftliche Wachstumfaktoren sind, setzte sich erst während des NÖS vor allem nach dem VII. Parteitag 1967 durch.
Im Gesetz über den Fünfjahrplan 1971–1975 wird schließlich die Forderung aufgestellt: „Auf dem Gebiet des Konsumgüterbinnenhandels sind alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren, daß in den Verkaufsstellen, Kaufhallen und Warenhäusern sowie Gaststätten sichtbare Veränderungen bei der Versorgung der Bevölkerung erreicht werden.“
Seit 1945 wurde der B. wie die übrigen Wirtschaftsbereiche in die systemgerechten Umgestaltungen einbezogen. Der private Einzelhandel konnte ohne Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung nicht kurzfristig beseitigt werden. Die Verstaatlichung des Großhandels als eine der „Kommandohöhen der Volkswirtschaft“ war dagegen 1955 bereits weitgehend abgeschlossen.
Seit Mitte der 60er Jahre konzentrierten sich die Bemühungen dann neben Veränderungen der Leitungsstruktur vor allem auf den Aufbau eines leistungsfähigen Handelsnetzes durch erhöhte Investitionen, Rationalisierung, Konzentration und Kooperation und den Aufbau des völlig vernachlässigten Informationssystems durch Markt- und Bedarfsforschung.
Der B. umfaßt den Produktionsmittelhandel und den Konsumgüterhandel, der sich in Groß- und Einzelhandel gliedert.
II. Der Produktionsmittelhandel
Der Produktionsmittelhandel umfaßt denjenigen Teil der Produktionsmittelzirkulation, der nicht im Direktverkehr (Direktbezug), d. h. ohne Zwischenlagerung vom Produzenten zum Bedarfsträger geht. Er ist das Bindeglied zwischen Produktion und produktiver Konsumtion. Sein Anteil an der gesamten Produktionsmittelzirkulation beträgt nur etwa 20 v. H. Die Stellung des Produktionsmittelhandels war aufgrund der sowjetkommunistischen Theorie längere Zeit umstritten. Noch 1955 galt die sowjetische Auffassung auch in der DDR, daß Produktionsmittel keinen Warencharakter hätten. Unmittelbar nach dem Kriege bildete er jedoch auf Grund des beschränkten Konsumgüterumsatzes den Schwerpunkt im Großhandel.
1958–1966 waren für den Produktionsmittelhandel die Absatzabteilungen der Produktionsministerien und die von der Deutschen Handelszentrale (DHZ) gebildeten Staatlichen Kontore zuständig. Diese wurden 1966 den neugegründeten Industrieministerien und dem Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie unterstellt. Die 14 Staatlichen Kontore sind zentrale Leitungsorgane, die branchenmäßig (z. B. staatliches Holzkontor, staatliches Kohlenkontor) gegliedert sind. Den Staatlichen Kontoren sind Versorgungskontore nachgeordnet, die als Sortimentsgroßhandelsbetriebe für die planmäßige Versorgung ihrer Abnehmer verantwortlich sind.
Neben dem industriellen Produktionsmittelhandel entstanden der Versorgungs- und Erfassungsgroßhandel der Landwirtschaft und der Vermittlungsgroßhandel; hier ist von besonderer Bedeutung das Staatliche Vermittlungskontor für Maschinen und Materialreserven. Es hat Lenkungsfunktionen bei der Erfassung und Verteilung wertgeminderter Maschinen, von Produktionsmaterial und nichtmetallischer Altstoffe; dazu gehörte bis Ende 1974 auch der Gebrauchtwagenhandel.
III. Der Konsumgüterhandel
A. Der Großhandel gilt als verselbständigte Handelsstufe und umfaßt heute in erster Linie den Konsumgütergroßhandel, der die Funktion eines Bindegliedes von Produktion und Konsumtion hat. Auf „Vorschlag“ von Ulbricht auf der 1. Parteikonferenz im März 1946 wurden Ende 1946 Handelskontore geschaffen, an denen zu 51 v. H. staatliches und zu 49 v. H. privates Kapital beteiligt war (in diese mußten sich Konsumgenossenschaften und Großhandel teilen). Ihnen oblag die Fertigwarenbewegung, den gleichzeitig entstandenen Industriekontoren die Rohstoffbewegung.
1948 wurde als Dachorganisation für den Großhandel die Deutsche Handelsgesellschaft (DHG-Berlin) geschaffen, die nach ihrem Versagen 1949 in die Deutsche Handelszentrale (DHZ) übergeleitet wurde. Sie unterstand zunächst der Deutschen Wirtschaftskommission und später den Fachministerien; neben reinen Verteilungsfunktionen hatte sie auch echte Handelsfunktionen. Die noch im erheblichen Umfange bestehenden privaten Firmen mußten ihre Produktionsmittel über die eigens dafür gegründeten Vertragskontore beziehen. Ihre Handelsspannen waren extrem niedrig (6–15 v. H.) und mußten teilweise mit dem staatlichen Großhandel geteilt werden. Der private landwirtschaftliche Großhandel wurde zunächst auf die Bäuerlichen Handelsgenossenschaften (BGH) verlagert.
1953 wurden die Großhandelskontore gebildet und direkt dem Ministerium für Handel und Versorgung unterstellt. 1966 erfolgte der Zusammenschluß der Großhandelskontore mit den Großhandelsbetrieben der Konsumgenossenschaften zu volkseigenen Großhandelsgesellschaften (GHG) (GBl. I, 1960, Nr. 20). Nach Branchengruppen gegliedert wurden die GHG bis 1968 den Räten der Bezirke bzw. der Kreise unterstellt. Gleichzeitig wurden als wirt[S. 171]schaftsleitende Organe 6 zentrale Warenkontore (ZWK) für die Warenversorgung mit Industriewaren und Nahrungsmitteln gegründet. Die ZWK Schuhe/Lederwaren, Haushaltswaren, Technik, Möbel/Kulturwaren, Großhandel Waren täglichen Bedarfs (WtB) und Textil und Kurzwaren (letzteres wurde 1965 aufgelöst und dafür eine Großhandelsdirektion mit der gleichen Funktion und dem gleichen Rechtsstatus wie die ZWK errichtet) arbeiten nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung und sind mit eigenen Fonds ausgestattet. Seit 1968 obliegt ihnen und nicht mehr den Räten der Bezirke die Gründung von Großhandelsgesellschaften.
B. Der Einzelhandel ist seit 1972 der einzige Wirtschaftsbereich, in dem noch vier verschiedene Eigentumsformen nebeneinander existieren. Hauptträger sind die HO und die KG mit einem Anteil von ca. 85 v. H. am Umsatz im Jahre 1973. Der Rest entfällt zu gleichen Teilen auf den Kommissionshandel und den privaten Einzelhandel.
1. Die KG spielten bei der sozialistischen Umgestaltung des B. eine wichtige Rolle. Mit SMAD-Befehl Nr. 176 vom 18. 12. 1945 erhielten die, während der Nazizeit aufgelösten und unmittelbar nach Kriegsende wiedererrichteten, KG ihre Rechtsgrundlage. Zu ihrer früheren alleinigen Funktion als reine Verbraucherorganisation trat ihre Rolle als politisches Instrument. „Sie verkörpern die Einheit von gesellschaftlicher Massenorganisation und sozialistischem Handelsorgan.“ (Wörterbuch der Ökonomie - Sozialismus, Berlin [Ost] 1973, S. 484.) Mit 4,1 Mill. Mitgliedern entwickelten sie sich zur zweitgrößten Massenorganisation nach dem FDGB. Seit 1953 mußten die KG zugunsten der staatlichen Einzelhandelsorgane ihren traditionellen Schwerpunkt aus den Städten auf das flache Land verlegen, wo mit den Bäuerlichen Handelsgenossenschaften (BHG) eine Arbeitsteilung herbeigeführt wurde, indem die KG alle Waren außer den bäuerlichen Bedarfsartikeln führen. Ihnen fiel die wichtige Rolle zu, die Kollektivierung der Landwirtschaft vorzubereiten.
Die KG sind in dem 1949 gegründeten und nach den Prinzipien des demokratischen Zentralismus aufgebauten Verband Deutscher KG (VDK) organisiert. 1970–1972 wurden die bis dahin bestehenden über 900 KG zu knapp 200 KG auf der Kreisebene zusammengeschlossen. Die KG erzielen etwa ein Drittel des gesamten Einzelhandelsverkaufsumsatzes. Der Hauptanteil von 64 v. H entfällt dabei auf Nahrungs- und Genußmittel.
Daneben besitzen die KG 250 Produktionsbetriebe, in denen 1971 Konsumgüter im Werte von 4,5 Mill. Mark produziert wurden.
2. Die HO wurde auf Beschluß Nr. 257 der Deutschen Wirtschaftskommission vom 20. 10. 1948 als zweiter sozialistischer, heute wichtigster Träger des Einzelhandels gegründet. Die HO-Verkaufsstellen hatten zunächst allein die Genehmigung, rationierte Lebensmittel und Gebrauchsgüter frei zu verkaufen. Ihnen fiel die Aufgabe zu, durch stark überhöhte Preise die Kaufkraft offiziell abzuschöpfen und die abgeschöpften Beträge an den Staatshaushalt abzuführen (Preissystem und Preispolitik). 1950 hatte die HO bereits einen Umsatzanteil von über 30 v. H. erreicht, ihr Anteil blieb aber aufgrund des gespaltenen Preisniveaus bis zur Aufhebung der Rationierung 1958 preislich verzerrt. 1972 betrug ihr Anteil am Einzelhandelsumsatz knapp 50 v. H. Zur Versorgung der Beschäftigten der deutsch-sowjetischen Wismut AG besteht als besonderer Zweig die HO-Wismut. Für die Versorgung der Angehörigen der NVA und der sowjetischen Armeeangehörigen ist der HO-Spezialhandel zuständig, der den Einzel-, Großhandel und bestimmte Produktionsbetriebe für den Armeebedarf umfaßt.
Seit 1962 wurden Exquisit-Verkaufsstellen eingerichtet, in denen Spitzenerzeugnisse der Bekleidungs-, Leder- und Rauchwarenherstellung — vornehmlich westlicher Herkunft — zu stark überhöhten Preisen verkauft werden. Seit 1968 sind sie in volkseigene Modesalons umgewandelt und in einer Einkaufs- und Leistungsgemeinschaft zusammengeschlossen.
3. Der Kommissionshandel bildet die dritte Eigentumsform im Einzelhandel. Er besteht seit 1956 (GBl. I, Nr. 6) als besondere Form der Einbeziehung der privaten Einzelhändler in den Sozialismus in Anlehnung an die Betriebe mit staatlicher Beteiligung in der Industrie. Der Kommissionshändler führt seine Geschäfte nicht mehr auf eigene Rechnung, für die Waren hat er eine Kaution von 33⅓ v. H. des Warenwertes zu stellen. Er unterliegt einer den Sätzen der Lohnsteuer ähnlichen Belastung und ist von Umsatz- und Gewerbesteuer befreit. Die Kommissionsverträge werden seit 1959 nur noch mit der HO und KG abgeschlossen. Die gesetzliche Grundlage für den Kommissionshandel wurde erst 1966 mit der „Kommissionshandelsverordnung“ geschaffen (Gbl. II, Nr. 68). 1971 wurden für den Kommissionshandel Steuererhöhungen eingeführt, (GBl. II, 1970, Nr. 97), die Beschäftigtenzahl wurde bis auf Ausnahmefälle auf 3 begrenzt.
4. Der private Einzelhandel büßte aufgrund der massiven Förderung der KG und der Errichtung der HO seit 1950 immer stärker seine Bedeutung ein. Ungünstige Steuerregelungen, extrem niedrige Handelsspannen, die Benachteiligung der Warenzuteilung und die Propagierung des Kommissionshandels bewirkten, daß sein Anteil am Gesamtumsatz 1973 nur noch knapp 8 v. H. betrug. Davon betrug bis 1966 der Anteil des Handwerks mit Einzelhandel fast 50 v. H., seitdem fehlt ein getrennter statistischer Ausweis. Ebenso wie die Kommissionshändler [S. 172]gehören sie den Industrie- und Handelskammern (IHK) an.
IV. Beschäftigte, Verkaufsstellen und Umsatz
1973 gab es 838.000 Beschäftigte im B., 96.000 im Großhandel, 415.000 im sozialistischen Einzelhandel, darunter 164.000 in KG, 56.000 Kommissionshändler und knapp 20.000 private Einzelhändler. 1971 entfielen von den 97.269 Verkaufsstellen des Einzelhandels mit Verkaufsraumfläche 24.527 auf die HO mit 1,71 Mill. m², 33.037 auf die KG mit 1,83 Mill. m², 11727 auf den Kommissionshandel mit 0,46 Mill. m² und den privaten Einzelhandel einschließlich Handwerk mit Einzelhandel 27.978 mit 0,71 Mill. m².
Der größte Verkaufsstellentyp ist das Warenhaus mit einem Mindestverkaufsraum von 2.500 m² und einem universellen Sortiment. In der DDR gab es 1973 31 Warenhäuser, zur Hälfte HO-Warenhäuser „CENTRUM“ und KG-Warenhäuser „konsument“. Daneben bestehen die Kaufhäuser der HO, z. B. „Magnet“, und der KG, z. B. „kontakt“. Ihre Mindestverkaufsraumfläche muß 1000 m² betragen, Schwerpunkt sind Textil- und Bekleidungserzeugnisse.
Als wichtigste Vertriebsform für Waren des täglichen Bedarfs sind in den letzten Jahren ca. 600 Kaufhallen (über ⅔ davon HO) entstanden. Daneben spielen die ländlichen Einkaufszentren der KG eine wachsende Rolle.
Als weitere Vertriebsform ist der Versandhandel zu nennen. Er wurde durch Ministerratsbeschluß vom 5. 8. 1954 eingeführt. 1956 wurde das Versandhaus der HO in Leipzig gegründet. Ende der 60er Jahre richteten die KG in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) ein Versandhaus speziell für den Landbedarf ein. Die Bedeutung des Versandhandels ist mit einem Anteil von unter 1 v. H. am Einzelhandelsumsatz erheblich geringer als in der Bundesrepublik Deutschland.
V. Reorganisation, Kooperation, Leitungsstruktur und Planung
A. Reorganisation
Im Zusammenhang mit der Kritik an der unbefriedigenden Versorgung der Bevölkerung wurde auf dem VII. Parteitag von Ulbricht die Reorganisation des gesamten B.-Systems konzipiert. Neben der Bildung von Großbetrieben gehörte zum Kernstück des Konzeptes die Bildung von zentral (durch Zusammenschluß der Warenhäuser) und territorial (durch Zusammenschluß der Kaufhallen) organisierten Handelssystemen und die Bildung einheitlicher Vertriebssysteme mittels Kooperationsbeziehungen. Die Investitionsmittel wurden bis 1971 beträchtlich erhöht; dies führte zum Neubau einer Reihe von CENTRUM-Warenhäusern und Kaufhallen. Obwohl die Investitionen nicht ausreichten, das jahrelang vernachlässigte Handelsnetz zu modernisieren, wurde in der laufenden Fünfjahrplanperiode die Devise ausgegeben, ohne Erhöhung der Investitionsmittel zu rationalisieren. Schrittmacher auf dem Gebiet der Rationalisierung des Verkaufsstellennetzes ist die Stadt Bergen auf Rügen. Das „Bergener Modell“ wird hinsichtlich seiner Umorganisation und Zusammenfassung von bestehenden Verkaufsstellen unterschiedlicher Eigentumsformen nach Sortimentskomplexen propagiert.
B. Kooperation
Ein wichtiges Instrument zur effizienteren Gestaltung des Handelsnetzes war in den letzten Jahren der Aufbau von horizontalen und vertikalen Kooperationsbeziehungen. Horizontal kooperieren Einzelhandelseinrichtungen untereinander im Territorium. Groß- und Einzelhandel und Dienstleistungsbetriebe arbeiten zum Zwecke der besseren Arbeitsteilung zusammen: im Rahmen des Technikhandels ist so das „Kontaktringsystem“ entstanden. Großhandelseinrichtungen kooperieren untereinander, um die kontinuierlichere Versorgung des Einzelhandels zu erreichen und die Konsumgüterindustrie zur bedarfsgerechten Produktion zu beeinflussen. Dazu gehört die Vorbereitung von Binnenhandelsmessen.
Vertikale Kooperation findet zwischen B. und Konsumgüterindustrie statt; zwischen beiden Bereichen [S. 173]bestand bis Ende der 60er Jahre überhaupt keine Zusammenarbeit. Das bekannteste Beispiel ist bisher der Wirtschaftsverband Bekleidung, in dem auf der Grundlage gemeinsamer Sortimentskonzeptionen zwischen Konsumgüterindustrie und Handel die Zusammenarbeit vertraglich geregelt wird.
C. Leitungsstruktur
Die in der Vergangenheit ständig umorganisierte Leitungsstruktur des B. ist immer noch so schwerfällig, daß in ihr ein Teil der Schwierigkeiten im B. gesehen werden muß.
1. Zentrales staatliches Leitungsorgan für den Handel ist das Ministerium für Handel und Versorgung. örtliche Leitungsorgane sind die Räte der Bezirke. Nach dem VII. Parteitag wuchs zunächst die Selbständigkeit der Handelsbetriebe, seit der Rezentralisierung Ende 1970 (GBl. II, Nr. 100) ist dagegen die Befugnis der Räte der Bezirke wieder erweitert worden. Ihre Rechte sind im Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen (GBl. I, 1973, Nr. 32) niedergelegt. Danach sind sie für die Grundlinie der Entwicklung des gesamten Handelsnetzes in ihren Territorien verantwortlich.
2. Zentrale wirtschaftsleitende Organe des Ministeriums für Handel und Versorgung sind im Großhandel die 5 ZWK, die Großhandelsdirektion Textil und Kurzwaren und die zentrale Wirtschaftsvereinigung Obst, Gemüse, Speisekartoffeln (OGS), die bis 31. 12. 1973 dem VDK unterstand.
[S. 174]Beim Großhandel WtB und der zentralen Wirtschaftsvereinigung OGS gibt es auf Bezirksebene örtliche wirtschaftsleitende Organe.
3. Zentrale wirtschaftsleitende Organe im Einzelhandel sind die HO Hauptdirektion und die 1965 gebildete Vereinigung Volkseigener Warenhäuser CENTRUM, die 1968 mit dem „Volkseigenen Versandhaus Leipzig“ zur Volkseigenen Versand- und Warenhausvereinigung VVW CENTRUM zusammengelegt wurden. Weitere zentrale wirtschaftsleitende Organe sind die Hauptdirektion Wismut-Handel, die Hauptdirektion Spezialhandel und die Generaldirektion Interhotel. Im Bereich des VDK ist wirtschaftsleitendes Organ das Zentrale Konsum-, Handels- und Produktionsunternehmen „konsument“, das im Gegensatz zu der VVW CENTRUM nach dem Kombinatsprinzip aufgebaut ist.
4. örtliche wirtschaftsleitende Organe der HO sind die Bezirksdirektionen und die seit 1968, soweit territorial erforderlich, entstehenden Kaufhallen- und Kaufhausverbände.
D. Planung
Die Planung im B. ist derjenige Faktor, der vor den Mängeln in der Distributionssphäre und der Leitungsstruktur Hauptursache für Versorgungsschwierigkeiten ist. Sowohl modischen als auch saisonalen Schwankungen wurde das starre Planungssystem bisher nicht gerecht. Der Handel erhält als letzter seine Planauflagen, obwohl seine Planung die Basis der Konsumgüterproduktion bildet. Seit 1973 erhebt sich daher verstärkt seitens des Großhandels die Forderung nach flexibler Planung mit Toleranzen, die über die gegenwärtigen geringfügigen Toleranzen hinausgehen.
Dabei sollen nur etwa 80 v. H. des geplanten Warenfonds vertraglich gebunden sein und für die restlichen 20 v. H. Optionen erworben werden. Im Rahmen der betrieblichen Planung hat sich in der Vergangenheit die Hauptkennziffer Warenumsatz zu Einzelhandelspreisen als Hindernis für die bedarfsgerechte Versorgung erwiesen, da sie ausschließlich den Verkauf teuerer Waren stimuliert. Auch die 1968 eingeführte Kennziffer Handelsfondsabgabe hatte negative Auswirkungen auf die Versorgung, weil der Einzelhandel seine Lagerhaltung auf das plangebundene Minimum reduzierte, um die Abgabe so gering wie möglich zu halten. Daneben bestehen staatliche Plankennziffern wie: Warenfonds, Bilanzteile für zentral bilanzierte Konsumgüter, Lohnfonds, Nettogewinn und Nettogewinnabführung.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 169–174