
Energiewirtschaft (1975)
Siehe auch:
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I. Die Energie- und Brennstoffindustrie
E. ist der Zweig der Industrie, der sich mit der Förderung, Erzeugung bzw. Umwandlung, Fortleitung und Verteilung von Energieträgern befaßt. Diese Aufgaben obliegen in der DDR der Energie- und Brennstoffindustrie. In ihr sind die bis 1967 dem Bergbau zugeordneten Zweige Braun- und Steinkohlenindustrie sowie der Zweig Energiebetriebe zusammengeschlossen. 1973 arbeiteten in der Energie- und Brennstoffindustrie 6,3 v. H. (191.000) aller Industriebeschäftigten, der Anteil an der industriellen Nettoproduktion lag bei knapp 9 v. H. (1973). Die Energiewirtschaft gehört zu den kapitalintensiven Wirtschaftsbereichen. Der Grundmittelbestand je Arbeiter und Angestellten betrug 1973 in diesem Industriebereich 248.000 Mark, im Industriedurchschnitt hingegen nur 68.000 Mark. Allein 27 v. H. aller für die Industrie bereitgestellten Investitionsmittel wurden im Zeitraum 1960–1973 der E. zugewiesen. Trotzdem bildet sie das Schlußlicht in der Wachstumsrangfolge aller Industriebereiche. Während die industrielle Bruttoproduktion zwischen 1960 und 1973 im Jahresdurchschnitt um 6,1 v. H. zunahm, verzeichnete die Energie- und Brennstoffindustrie lediglich einen Zuwachs von 3,4 v. H. (davon Energiebetriebe 5,3 v. H.). Damit konnte die bestehende Energielücke — sie führte vor allem in den 60er Jahren zu zeitweiligen Strom- und Gasabschaltungen sowohl im privaten als auch im industriellen Bereich — nicht geschlossen werden.
II. Primärenergieaufkommen
Bezeichnung für das erstmalige Aufkommen eines Landes an Energieträgern. Hierzu zählen Gewinnung und Förderung von natürlichen Energierohstoffen, der Nettoimport (Import minus Export) von Energieträgern jeder Art, also auch von solchen, die bereits einer Verarbeitung bzw. Umwandlung unterworfen wurden (Sekundärenergieträger) sowie die Bestandsveränderungen.
A. Entwicklung und Struktur
1973 betrug das aus dem Inland stammende Primärenergieaufkommen 76 Mill. t Steinkohleneinheiten (SKE) -1960 waren es 68 Mill. t SKE. Viel schneller als die Inlandsproduktion (+11 v. H.) haben im selben Zeitraum die Nettoimporte zugenommen (+ 282 v. H.). Betrugen sie 1960 erst 8,3 Mill. SKE, so waren es 1973 bereits 31,7 Mill. t SKE. Damit hat die Auslandsabhängigkeit der Energieversorgung der DDR zwar zugenommen: 1960 wurden 11 v. H. des Inlandsverbrauchs importiert (netto), 1973 waren es hingegen 29 v. H. Gemessen an der Bundesrepublik Deutschland, die immerhin 55 v. H. ihres Primärenergiebedarfs aus dem Ausland deckt, ist das Ausmaß der Abhängigkeit jedoch gering. Die Gründe für diese unterschiedliche Importabhängigkeit sind strukturbedingt. Während die Bundesrepublik ebenso wie die übrigen westlichen Industrieländer über 50 v. H. ihres Energiebedarfs durch Erdöl (-importe) deckt, nutzt die DDR stärker ihre inländischen Rohstoffe.
Das Primärenergieaufkommen wies in den Jahren 1960 und 1973 folgende Struktur auf (Angaben in v. H.):
Die intensive Nutzung der inländischen Energieträger führt zwar zu einer geringen Importabhängigkeit und vermindert den Devisenbedarf. Diese Vorteile dürften aber mit Einsatzkosten verbunden sein, die in einigen Bereichen sicher niedriger wären, wenn man stärker auf andere Energieträger zurückgegriffen hätte. Nicht zuletzt diese Tatsache hat die Wirtschaftsführung der DDR zu der Entscheidung veranlaßt, den Braunkohlenanteil weiter zu senken und den Verbrauchszuwachs an Primärenergie vor allem durch Erdöl und Erdgas zu decken. Damit wird aber auch die Importabhängigkeit der Energiewirtschaft der DDR weiter zunehmen.
B. Braunkohle
Der mit Abstand bedeutendste Energieträger wird aber noch für lange Zeit die Braunkohle bleiben. Die erkundeten Vorräte werden mit 19 Mrd. t angegeben (Bergbau). Obwohl dies noch nicht einmal 2 v. H. der Weltvorräte sind, ist die DDR mit einem Anteil von 33 v. H. das bedeutendste Braunkohlenförderland der Welt. 1973 wurden 246 Mill. t gefördert (1960: 226 Mill. t). Da die Braunkohle im Tagebau gewonnen werden kann, sind die Förderkosten relativ niedrig (günstige Mechanisierungsmöglichkeiten). Künftig soll die Ausbringung nicht mehr nennenswert gesteigert werden. Ungünstiger werdende Abbaubedingungen und Qualitätsverschlechterungen begründen diese Beschränkungen. Gegenwärtig beträgt der Heizwert der DDR-Braunkohle etwa 2.000 Kcal/kg, das sind 0,286 SKE. Aufgrund des relativ niedrigen Heizwertes ist es nicht wirtschaftlich, Braunkohle über große Entfernungen zu transportieren. Daher sind vier Fünftel der Bruttoproduktion der Energie- und Brennstoffindustrie auf die Bezirke Cottbus (37 v. H.), Halle (20 v. H.), Leipzig (14 v. H.) und Dresden (11 v. H.) konzentriert (1972).
[S. 257]Seit 1960 hat die DDR die Braunkohlenexporte beträchtlich eingeschränkt (1960: 6,3 Mill. t — 1973: 2,3 Mill. t). Betroffen war davon vor allem der Innerdeutsche Handel. Gehörte nämlich die Braunkohle 1960 mit einem Lieferanteil von ca. 25 v. H. noch zu einem bedeutenden „Devisenbringer“, so ist ihr Anteilswert bis zum Jahre 1973 auf einen „Erinnerungsposten“ von knapp 3 v. H. zurückgegangen (ca. 1 Mill. t).
C. Steinkohle
Die Steinkohle spielt für die Energieversorgung der DDR nur eine relativ geringe Rolle. Die Inlandsförderung reicht zur Bedarfsdeckung nicht aus, sie mußte mangels abbauwürdiger Vorkommen ständig zurückgenommen werden. 1973 wurden etwa 0,7 Mill. t gefördert, das sind 2 Mill. t weniger als 1960. Um die Versorgung der Industriebetriebe zu sichern, die nicht oder nur teilweise auf Braunkohle ausweichen können (z. B. Eisen- und Stahlwerke, Werke der Baustoff- und chemischen Industrie sowie Gaswerke), wurden 1973 8,3 Mill. t Steinkohle und 3,2 Mill. t Steinkohlenkoks importiert. Lieferländer sind die Sowjetunion, Polen und die ČSSR.
D. Erdöl
Erdöl gehört zu den expandierenden Energieträgern. Da die DDR über keine nennenswerten Vorkommen verfügt, ist sie auf diesem Sektor fast zu 100 v. H. importabhängig. Das mit Abstand wichtigste Lieferland ist die Sowjetunion:
Rund vier Fünftel der sowjetischen Lieferungen werden durch die 1964 fertiggestellte Pipeline „Freundschaft“ nach Schwedt transportiert. 1973 wurde der zweite Strang dieser Leitung in Betrieb genommen. Durch das 5.330 km lange Rohrleitungssystem ist die DDR direkt mit den westsibirischen Erdölfeldern verbunden. Daneben gelangt Erdöl über Rostock in die DDR. Von dort besteht eine Pipelineverbindung zum Stammbetrieb des „VEB Petrochemisches Kombinat“, dem Erdölverarbeitungswerk in Schwedt. In den letzten Jahren ist der Anteil der aus der Sowjetunion stammenden Importe zurückgegangen. Einfuhren aus arabischen Ländern (u. a. Ägypten, Irak, Syrien) traten an ihre Stelle. Aber auch über die Bundesrepublik wurde Erdöl zur Verarbeitung in die DDR geliefert. 1972 standen sich Rohöllieferungen der Bundesrepublik im Umfang von 1,2 Mill. t und Bezüge an Mineralölprodukten im gleichen Umfang gegenüber.
E. Erdgas
Ebenso wie das Erdöl gehört das Erdgas zu den an Bedeutung gewinnenden Energieträgern. Infolge des 1967 mit Hilfe sowjetischer Spezialisten erfolgten Aufschlusses der Erdgaslagerstätte Salzwedel-Peckensen (Altmark) verfügt die DDR über eine nennenswerte Erdgasquelle. Die Vorräte dürften sich in der Größenordnung von 100 Mrd. Nm³ bewegen. 1969 wurden 0,2 Mrd. Nm³ gefördert, für 1974 wurden 8,2 Mrd. Nm³ geplant. Das ursprüngliche Ziel für 1975 (11,5 bis 14 Mrd. Nm³) mußte jedoch bereits zurückgenommen werden. Das in der Altmark geförderte Erdgas ist von minderer Qualität. Mit einem Heizwert von nur 3.000 Kcal/Nm³ liegt es weit unter der nordwesteuropäischen Norm (Hu = 7.600 Kcal/Nm³). Sogar noch über dieser Norm liegt das seit April 1973 importierte Erdgas aus der Sowjetunion. Dieses Gas bezieht die DDR über die durch die ČSSR führende Pipeline, durch die auch die Bundesrepublik Deutschland beliefert wird. Für 1975 ist ein Erdgasaufkommen von 13 Mrd. Nm³ vorgesehen, wovon 4 Mrd. Nm³ aus der UdSSR stammen sollen. Das hochwertige Importgas wird vor allem in der chemischen Industrie, Metallurgie, der Glas- und keramischen Industrie, der Leichtindustrie und in der Energiewirtschaft eingesetzt.
F. Sonstige
Die Bedeutung der ebenfalls zum Primärenergieaufkommen zählende Kernenergie und Wasserkraft ist gering, ihr Anteil am Energieverbrauch lag 1973 erst bei etwa 1 v. H.; Wasserkraft wird vor allem in Form von Pumpspeicherwerken genutzt. Sie sind hinsichtlich des Ausgleichs von Belastungsspitzen von Bedeutung.
III. Sekundärenergie
A. Elektroenergie
1973 waren in der DDR ca. 15.000 MW installiert. Damit wurde die Kapazität innerhalb von 13 Jahren etwa verdoppelt (1960: 7.840 MW). Allerdings konnten in den vergangenen Jahren die geplanten und für die Befriedigung des steigenden Strombedarfs unbedingt erforderlichen Kapazitätszugänge nicht realisiert werden. Auch im gegenwärtigen Fünfjahrplan muß mit erheblichen Rückständen gerechnet werden: Im Zeitraum 1971–1975 soll die installierte Kraftwerksleistung um ca. 6.150 MW gesteigert werden; bis 1973 wurde jedoch nur ein Zugang von 2.500 MW erreicht, für 1974 sind weitere 1050 MW geplant. Somit wird aufgrund unzureichender Infrastrukturinvestitionen die Elektroenergieerzeugung vor allem in den Wintermonaten noch für längere Zeit unterhalb der potentiellen Bedarfsgrenze liegen und eine Bedrohung für ein stetiges Wirtschaftswachstum darstellen. Dies umsomehr, als die Stromerzeugung zu 84 v. H. (1973) auf dem Einsatz von Braunkohle basiert. Um Lagerkosten zu [S. 258]sparen, werden die in Tagebaunähe befindlichen Kraftwerke direkt bekohlt — d. h. die Speicherkapazitäten reichen nur bis zur Höhe eines 1-Tage-Bedarfs. Damit ist aber eine gewisse Anfälligkeit der Energiewirtschaft gegeben, denn bei starkem Frost kann die Braunkohle wegen ihres hohen Wassergehalts gefrieren. Trotzdem werden auch künftig noch überwiegend Braunkohlenkraftwerke gebaut.
Kernkraft wird erst in geringem Umfang zur Stromerzeugung eingesetzt. Zusätzlich zum Kernkraftwerk Rheinsberg (75 MW) wurde Ende 1973 der erste 440-MW-Reaktor des Kernkraftwerks Nord in [S. 259]der Nähe von Lubmin (Bezirk Rostock) mit seinen zwei 220-MW-Turbosätzen in Betrieb genommen. Sollte 1975 der zweite Reaktor planmäßig fertiggestellt werden, dann würden ca. 5 v. H. der installierten Kraftwerksleistung von Kernkraftwerken gestellt. Ein weiteres Kernkraftwerk mit vier Reaktoren und einer Endkapazität von 3.520 MW soll im Raum Magdeburg errichtet werden. Bis 1980 sollen etwa 15 v. H. der elektrischen Leistung auf der Basis der Kernenergie produziert werden.
Während in westlichen Ländern mit einer Verdoppelung des Stromverbrauchs innerhalb von zehn Jahren — das entspricht einem jahresdurchschnittlichen Wachstum von 7 v. H. — gerechnet wird, konnte er in der DDR zwischen 1960 und 1973 nur mit einer Rate von knapp 5 v. H. steigen; 1973 wurden im Inland 78,2 Mrd. kWh verbraucht (1960: 39,9 Mrd. kWh). Das Stromaufkommen verteilte sich auf die wichtigsten Abnehmergruppen 1973 (1960) wie folgt: Industrie (einschl. Energieindustrie und Netzverluste): 77,8 v. H. (79,8 v. H.), Haushalte und Kleinverbraucher 20,3 v. H. (18,3 v. H.) Verkehr 1,9 v. H. (1,9 v. H.). Damit die Nachfrage dem teilweise noch unzureichenden Angebot angepaßt werden kann, soll der spezifische Elektroenergieverbrauch im Jahresdurchschnitt um 2,75 v. H gesenkt werden. Um dieses Ziel durchsetzen zu können, werden in den Jahren 1972–1975 die Strompreise für gewerbliche Abnehmer erhöht. Ferner werden für energieintensive Prozesse Verbrauchsnormative festgesetzt, die „dem wissenschaftlich-technischen Höchststand“ ensprechen sollen. Außerdem darf Elektroenergie in den nächsten Jahren nur in Ausnahmefällen als Raumheizung genutzt werden.
Die DDR ist Mitglied der „Vereinigten Energiesysteme der Mitgliedsländer des RGW“ (Populäre Kurzform: Verbundsystem „Frieden“ bzw. „Mir“). Sitz der zentralen Dispatcherverwaltung ist seit 1963 Prag. Ziel der Organisation: Ausgleich der Spitzenbelastungszeiten, Hilfe im Katastrophenfall, Ausnutzung zeitweilig freier Kapazitäten. In diesem System waren Anfang 1972 Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 59.000 MW zusammengeschlossen. 1971 wurden über die zur Verfügung stehenden 25 Leitungen — davon fünf 400-kV-Leitungen — 15,7 Mrd. kWh ausgetauscht. Geplant ist der Bau einer 750-kV-Leitung zwischen dem westukrainischen Energiesystem der UdSSR und Ungarn.
B. Mineralölverarbeitung
Die DDR deckt ihren Bedarf an Mineralölerzeugnissen ausschließlich aus eigenen Raffinerien. Anfang 1974 dürfte die Verarbeitungskapazität ca. 15 Mill. t betragen haben; sie soll bis 1975 auf 18 bis 19 Mill. t gesteigert werden. Etwa 70 v. H. der Erdölverarbeitungskapazität war 1972 im VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt konzentriert. Es umfaßt neben dem Stammbetrieb Schwedt mit dem Betriebsteil Erkner noch den VEB „Otto Grotewohl“ Böhlen (Betriebsteile: Espenhain und Rositz), den VEB Hydrierwerk Zeitz (Betriebsteile: Lützkendorf, Mieste, Völpke, Webau und Klaffenbach) sowie den VEB Mineralölverbundleitung Heinersdorf. Die Erdölverarbeitung im Stammbetrieb Schwedt wurde von 0,8 Mill. t (1964) auf 7,6 Mill. t im Jahre 1972 gesteigert. 1975 sollen 8,4 Mill. t Erdöl verarbeitet werden, ohne daß neue Kapazitäten in Betrieb genommen werden. Daneben wird Erdöl vor allem noch in Leuna verarbeitet. Neben der Benzin- und Dieselproduktion (Kraftstoffversorgung) fallen vor allem Heizöle an (1973: 6,7 Mill. t; 1960 waren es erst 0,4 Mill. t). Heizöl wird für Hochtemperaturprozesse in der Metallurgie, in der Glas- und Zementindustrie sowie in Heiz- und Heizkraftwerken eingesetzt. Ohne Bedeutung ist der private Verbrauch. Die Hydrierung von Rohbraunkohle wird noch betrieben. In diesem Jahrzehnt soll aber eine ständige Substitution von carbochemischen Rohstoffen durch Erdöl erfolgen.
Für die chemische Weiterverarbeitung (Petrochemie) wird ein relativ geringer Teil des Erdölaufkommens eingesetzt (1972 etwa 3 v. H.). Bis 1975 sollen etwa 7 v. H. (Bundesrepublik: 12 v. H.) des Rohöldurchsatzes für die nichtenergetische Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt werden, das sind etwa 1,3 Mill. t. Die Produktion von Kunststoffen (Plaste) und synthetischen Harzen ist von 115.000 t (1960) auf 489.000 t (1973) gestiegen; bei chemischen Faserstoffen war ein Anstieg von 156.000 t auf 258.000 t zu verzeichnen. Der Schwerpunkt der Petrochemie lag bisher in Leuna. Hier wird das Rohbenzin zu den wichtigen Ausgangsstoffen Äthylen und Propylen verarbeitet. Mit der geplanten Fertigstellung eines Olefinkomplexes in Böhlen im Jahre 1974 (Kapazität 300.000 t Äthylen) wird die Rohstoffbasis der Petrochemie beträchtlich erweitert. Da die Weiterverarbeitungskapazitäten in Böhlen vorläufig nicht ausreichen, werden über eine nationale Äthylenleitung (50 km) der VEB Leuna-Werke und über eine internationale Pipeline (130 km) das chemische Werk Zaluzi in der ČSSR mit diesem Rohstoff versorgt. Die DDR erhält dafür Polyäthylen und Polypropylen. Nach Errichtung eines entsprechenden Olefinkomplexes in der ČSSR wird eine Kooperation in umgekehrter Richtung erfolgen.
Neben den bereits genannten Leitungen umfaßt das Verbundsystem der DDR noch folgende Trassen (z. T. noch im Bau): Rostock-Schwedt (202 km), Schwedt-Leuna (340 km), Leuna-Böhlen-Zeitz (50 km) sowie die Kraftstoffleitung Schwedt-Seefeld (72 km) und die Rohbenzinpipeline Zeitz-Böhlen.
Im Vergleich zu westlichen Industrieländern ist der Verbrauch an Mineralölerzeugnissen noch relativ gering. Einem Pro-Kopf-Verbrauch von 0,8 t in der [S. 260]DDR steht ein entsprechender Wert für die neun EG-Staaten von 2,2 t im Jahre 1972 gegenüber.
C. Koks und Brikett
Mit Ausnahme der Produktion von Braunkohlenhochtemperaturkoks (BHT-Koks) hat sich die Kohlenveredelung in den letzten Jahren rückläufig entwickelt. Zur Verminderung der Steinkohlenabhängigkeit wurden in Lauchhammer und im Kombinat Schwarze Pumpe Großkokereien errichtet, in denen BHT-Koks produziert wird. Sein Heizwert liegt zwischen 6.300 und 7.200 Kcal/kg. Dieser Hartkoks ist jedoch nur als Beimischung zu Steinkohlenkoks verwendbar. Während die Produktion von BHT-Koks von 1 Mill. t (1960) auf 1,9 Mill. t (1973) gesteigert wurde, ist mit der Stillegung veralteter und unwirtschaftlich arbeitender Anlagen die Kokserzeugung aus Steinkohle von 3,2 Mill. t auf 1,9 Mill. t (1973) zurückgegangen. Die Erzeugung von Braunkohlentieftemperaturkoks verminderte sich von 6,7 Mill. t auf 3,9 Mill. t (1973). Ebenfalls zurückgenommen wurde die Briketterzeugung. Mit 50 Mill. t wurden 1973 6 Mill. t weniger Briketts produziert als im Jahre 1960.
D. Stadtgas
Das Stadtgasaufkommen betrug 1973 ebenso wie 1972 4,8 Mrd. Nm³. Die Tageskapazität aller Werke wird mit 18 Mill. Nm³ angegeben. Sie reicht nicht aus, um den Spitzenbedarf (20 Mill. Nm³) zu decken, so daß zeitweise auf die seit 1965 errichteten unterirdischen Speicherkapazitäten zurückgegriffen werden muß. Trotzdem soll die Stadtgasproduktion in den nächsten Jahren nicht wesentlich gesteigert werden. Der durch die Stillegungen veralteter und unwirtschaftlicher Kokereien und Gaswerke entstehende Produktionsausfall soll durch Erdgaszumischung und -Spaltung ausgeglichen werden. Der Bedarfszuwachs im Haushaltssektor soll durch den rückläufigen Einsatz im Industriebereich (zunehmender Erdöl- und Erdgaseinsatz) abgedeckt werden.
Stadtgas wird in der DDR nach einer Reihe von Verfahren hergestellt: Etwa ein Drittel der Produktion stammt aus Sauerstoffdruckvergasungsanlagen für Braunkohle. Dieses Verfahren wird künftig nur noch im Gaskombinat Schwarze Pumpe angewandt. Ein weiteres Drittel entfällt auf Stein- und Braunkohlenkokereien. Die thermische Spaltung von Heizöl und Flüssiggas liefert einen Anteil von 10 v. H. Die nach diesem Verfahren arbeitenden Kapazitäten sollen ausgebaut werden und 1985 etwa ein Viertel des Winterbedarfs decken. Ebenfalls etwa 10 v. H. des Gasaufkommens wurden 1972/73 durch die Zumischung von Erdgas, Flüssiggas und Stickstoff zu den im Kombinat Schwarze Pumpe erzeugten Gasen gewonnen. Auch dieses Produktionsverfahren soll künftig an Bedeutung gewinnen. Die Möglichkeit, inländisches Erdgas im größeren Umfange zur Stadtgaserzeugung verwenden zu können, hat zu einer Verbesserung der Versorgung geführt, denn 1972/73 konnte die Industrie erstmals ausreichend mit Stadtgas versorgt werden.
Die Stadtgasversorgung erfolgt über ein zentralgesteuertes Ferngasnetz, durch das alle Bezirke der DDR miteinander verbunden sind. Damit ist es möglich, die Produktion zu konzentrieren. So deckt allein das Werk Schwarze Pumpe etwa die Hälfte des Stadtgasbedarfs der DDR. 1973 verbrauchte die Industrie 41 v. H. des Stadtgasaufkommens, in die übrigen Bereiche wurden 48 v. H. geleitet. Die Netzverluste werden mit 11 v. H. angegeben.
E. Fernwärme
Die Versorgung mit Fernwärme erfolgt vor allem in Großstädten. Der Versorgungsradius ist wegen der hohen Leitungsverluste gering. Er beträgt bei Heizwasser 15–20 km, bei Dampf 5–8 km. Vor allem neue Wohngebiete sollen mit Fernwärme versorgt werden. Gas- und Elektrospeicherheizungen sind vordringlich für zu modernisierende Wohnungen und für kleine Wohngebiete vorgesehen. Die Erzeugung soll auf große, leistungsfähige Heizwerke und Heizkraftwerke konzentriert werden. Schrittweise stillgelegt werden sollen sog. kleine Heizhäuser — davon existieren ca. 25.000 —, die vor allem kommunale Einrichtungen versorgen. Um die Versorgungssicherheit zu erhöhen, sollen in Berlin (Ost), Halle, Leipzig, Dresden, Karl-Marx-Stadt und Rostock Verbundsysteme geschaffen werden.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 256–260