DDR von A-Z, Band 1975

FDJ (Freie Deutsche Jugend) (1975)

 

 

Siehe auch:

 

Als einzige zugelassene Jugendorganisation nimmt die FDJ einen wichtigen Platz im System der Massenorganisationen ein. In ihrem Statut bekennt sie sich zur führenden Rolle der SED und zum wissenschaftlichen Sozialismus, sieht in den jeweiligen Partei- und Regierungsbeschlüssen die Grundlage [S. 286]ihrer Arbeit und bezeichnet sich selbst als „sozialistische“ Massenorganisation. Der ganzen Jugend gegenüber, auch soweit diese nicht in ihren Reihen organisiert ist, reklamiert sie einen Erziehungs- und Führungsanspruch. Die Kinderorganisation Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ wird von ihr verantwortlich geleitet.

 

Die FDJ ist ein wesentliches Erziehungsinstrument zur Heranbildung einer das Gesellschafts- und Herrschaftssystem bejahenden jungen Generation. Sie hat 1. den Nachwuchs für die Partei heranzubilden (Kaderreserve der Partei), 2. in ihren eigenen Reihen den Marxismus-Leninismus zu verbreiten, um auf dieser Grundlage zu einem staatsbürgerlichen Bewußtsein zu erziehen, das die Bereitschaft zur Verteidigung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung in der DDR einschließt, 3. die Aneignung fachlicher Kenntnisse in der Schule, im Beruf und im Studium zu unterstützen, 4. für erwünschte Formen der Freizeitgestaltung (Freizeit) zu werben und selbst eine entsprechende kulturpolitische Arbeit zu leisten, 5. in ihrer Organisation bestimmte soziale Verhaltensweisen einzuüben, wie sie dem Leitbild des sozialistischen Menschen entsprechend, 6. über die eigenen Reihen hinaus alle Jugendlichen in diesen Erziehungsprozeß einzubeziehen, 7. auf die anderen Erziehungseinrichtungen und auf die Familien einzuwirken, damit diese gleichen Zielen folgen, 8. im Rahmen dieser Aufgabenstellungen die Interessen der Jugend in der Partei und gegenüber den Staats-, Wirtschafts- und Erziehungsinstitutionen zu vertreten.

 

Obwohl die FDJ ihren überwiegenden Rückhalt unter der Schuljugend und den Studenten hat, sieht sie in der Arbeiterjugend den „Kern“ ihres Verbandes. Sie will damit an die Traditionen der revolutionären Arbeiterjugendbewegung, insbesondere des kommunistischen Jugendverbandes (KJVD), anknüpfen, um den emotionalen Impuls kämpferischer Auseinandersetzung für die Mobilisierung und Integration der Jugend zu nutzen. Der Begriff der Revolution wird in diesem Zusammenhang mit neuem Inhalt gefüllt, die Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft gilt nun als „höchste Stufe revolutionärer Tätigkeit in der gesamten bisherigen Geschichte der Menschheit“.

 

Kennzeichnend für das revolutionäre Denken und Handeln der Jugend im Sozialismus sei die Aneignung des Marxismus-Leninismus, die Steigerung der Arbeitsproduktivität, der Kampf gegen den Imperialismus und die Verteidigung der Heimat sowie der aktive Beitrag zur Festigung der sozialistischen Völkerfamilie.

 

I. Geschichte

 

 

Auf der 1. Funktionärskonferenz der KPD am 25. 6. 1945 stellte W. Ulbricht fest, daß es eine kommunistische Jugendorganisation nicht geben werde, sondern eine „einheitliche, freie Jugendbewegung“. Zu deren Vorbereitung bildeten sich bei den kommunalen Verwaltungen antifaschistische Jugendausschüsse, die von der SMAD im Juli 1945 sanktioniert wurden. Sie standen von Anbeginn unter starkem Einfluß der KPD. Am 7. 3. 1946 wurde die FDJ unter Vorsitz von Erich Honecker gegründet.

 

Das I. Parlament der FDJ (8.–10. 6. 1946) in Brandenburg/Havel schloß den Gründungsvorgang mit der Verabschiedung der Verfassung, den Grundsätzen und Zielen der FDJ und der Proklamation der Grundrechte der jungen Generation ab. Dabei wurde jede Bezugnahme auf die SED und den Sozialismus vermieden; im Vordergrund standen vielmehr allgemeine demokratische Forderungen nach einer stärkeren Berücksichtigung der Jugend im politischen Leben, der Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre, der Verbesserung des Arbeitsschutzes, nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit, dem Recht auf Bildung für alle usw.

 

Das II. Parlament der FDJ (23.–26. 5. 1947) in Meißen verstärkte die politische Akzentuierung des Verbandes und beschloß die Uniformierung (Blauhemd, blaue Fahne mit der aufgehenden Sonne). Die Organisationsstruktur wurde gestrafft, deren Schwergewicht von den Wohngebieten in die Betriebe und Schulen verlagert.

 

Das III. Parlament (27.–30. 5. 1949) in Leipzig verabschiedete eine neue Verfassung, in der sich die FDJ die Ziele der SED zu eigen machte, die geheimen Verbandswahlen abschaffte und die Voraussetzung für ein straffes Schulungssystem schuf.

 

Die auf dem IV. Parlament (27.–30. 5. 1952) in Leipzig verabschiedete Verfassung anerkennt die führende Rolle der SED, enthält das Bekenntnis zu den Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin und übernimmt das Organisationsprinzip des demokratischen Zentralismus. Bereits am 6. 7. 1950 war die FDJ in den Demokratischen Block aufgenommen worden. Damit war die Umformung der FDJ zur Massenorganisation abgeschlossen.

 

Nach dem V. Parlament (25.–27. 5. 1955; Erich Honecker wird von Karl Namokel als 1. Sekretär abgelöst) in Erfurt setzte noch einmal eine Diskussion über die Aufgaben des Verbandes ein, die mit der 16. ZR-Tagung am 25. 4. 1957 abgeschlossen wurde. Die FDJ erklärte sich zur „sozialistischen“ Jugendorganisation mit Avantgarde-Charakter. So konnte sie am ehesten ihren Auftrag, „Reserve und zuverlässiger Helfer der SED“ zu sein, erfüllen. Das VI. Parlament (12.–15. 5. 1959. Karl Namokel wird durch Horst Schumann als 1. Sekretär abgelöst) nahm diese Beschlüsse in die Satzung auf, die in ihren Grundzügen auf dem VII. Parlament (28. 5–1. 6. 1963) in Berlin (Ost) und auf dem VIII. Parlament (10.–13. 5. 1967; Horst Schumann wird durch Günther Jahn als 1. Sekretär abgelöst) in Leipzig bestätigt wurde.

 

[S. 287]Das IX. Parlament (25.–29. 5. 1971) in Berlin (Ost) bringt keine grundsätzlichen Veränderungen, doch wurden die Aufgaben des Verbandes in den folgenden Monaten mit den politischen und ökonomischen Zielsetzungen des VIII. Parteitages der SED abgestimmt. Diese Entwicklung ist mit der Verabschiedung des 3. Jugendgesetzes der DDR am 28. 1. 1974, in dem der FDJ eine zentrale Stellung in der gesamten Jugendpolitik eingeräumt wird und diese wiederum in die politische und ökonomische Gesamtzielsetzung eingebettet ist, abgeschlossen. Auf der 10. Tagung des ZR am 9. 1. 1974 wurde Günther Jahn durch Egon Krenz als 1. Sekretär abgelöst.

 

II. Organisation

 

 

Grundlage des Verbandsaufbaus sind die Grundorganisationen (GO), die nach dem Statut in allen Erziehungsstätten, Betrieben, Genossenschaften, Wohngebieten usw. gebildet werden, wenn mindestens drei Mitglieder vorhanden sind. Allerdings bestanden 1971 in den Wohngebieten der Städte keine (Neue Justiz, 25. Jg. 1971, Nr. 17, S. 505), 1973 auf den Dörfern nur 3.585 GO. Die GO untergliedern sich je nach Größe in FDJ-Gruppen. In Betrieben mit mehr als 100 FDJ-Mitgliedern werden als mittlere Leitungsebene der GO FDJ-Organisationen (FDJ-Org.) gebildet. An den Schulen bestehen grundsätzlich in allen Klassen (von der 8. an) FDJ-Org. mit je nach Mitgliederzahl umfangreichen Leitungen (3–15 Mitglieder). Die FDJ verfolgt damit das in den Statuten festgelegte Ziel, möglichst viele Mitglieder aktiv in die Verbandsarbeit einzubeziehen.

 

In Leitungen mit 15 Mitgliedern werden folgende Funktionen besetzt: Sekretär, Stellvertretender Sekretär, Funktionär für Agitation, Funktionär für Propaganda, Literaturobmann, Wandzeitungsredakteur, Funktionär für Kulturarbeit und Tätigkeit im Wohngebiet, Funktionär für Sport und Touristik, Funktionär für sozialistische Wehrerziehung, Funktionär für Pionierarbeit, Funktionär für sozialistischen Wettbewerb und sozialistische Gemeinschaftsarbeit (an Schulen, Universitäten, Hoch- und Fachschulen: für Zusammenarbeit mit sozialistischen Betrieben), Leiter des Kontrollpostenstabes (in Schulen: Funktionär für die Führung des Schülerwettstreites), Kassierer, Funktionär für wissenschaftliche Arbeit (nur an Universitäten, Hoch- und Fachschulen), Funktionär für spezielle Aufgaben in der Arbeit mit den 8. Klassen (nur an 10klassigen Oberschulen) sowie ein Singeleiter. (Bei den FDJ-Wahlen 1973/74 wurden 535.000 Funktionäre gewählt.) Die Fluktuation der Leitungsmitglieder ist hoch; von den 1973/74 gewählten hatten 40 v. H. keine Leitungserfahrung. Die Funktionäre der GO bilden (möglichst zusammen mit weiteren geeigneten Mitgliedern) das Agitatorenkollektiv mit der Aufgabe, regelmäßig aktuelle Probleme mit den Mitgliedern zu besprechen. Sie bilden ferner zusammen mit den FDJ-Abgeordneten der Volksvertretungen und Mitgliedern der betrieblichen FDJ-Organisationen, den Leitern der Jugendbrigaden und anderer Arbeitsgruppen sowie den Propagandisten und Agitatoren auf regionaler Ebene das Verbandsaktiv, das zur Vorbereitung oder Auswertung wichtiger Aktionen Zusammentritt.

 

Die GO unterstehen, entsprechend der territorialen Gliederung, Stadt- bzw. Kreisleitungen, die wiederum Bezirksleitungen unterstehen. Führungsstäbe dieser Leitungen sind die Sekretariate, deren Zusammensetzung von der jeweils übergeordneten Leitung bestätigt werden muß. In kleineren Orten mit mehreren GO können auch Ortsleitungen (OL) gebildet werden. In den Universitäten und Großkombinaten bestehen FDJ-Kreisleitungen. Die GO in der NVA besitzen eine eigene organisatorische Anleitungsstruktur innerhalb der Streitkräfte. An der Spitze des Verbandes steht der Zentralrat (ZR) (140 Mitglieder, 59 Kandidaten), der seinerseits das Büro mit dem Sekretariat als eigentlichem Leitungsorgan der FDJ wählt (27 Mitglieder, davon 10 Sekretäre. 1. Sekretär: gegenwärtig Egon Krenz, 2. Sekretär: Wolfgang Herger). Die Vorsitzenden der Kreis- und Bezirksverbände sowie der Vorsitzende des Gesamtverbandes der Pionierorganisation sind Mitglieder des FDJ-Sekretariats der entsprechenden Leitungsebene.

 

Bei allen Organisationseinheiten, mit Ausnahme der Ortsleitungen, bestehen Revisionskommissionen, die die Einhaltung der Finanzrichtlinien, des Statuts und die Durchführung der Beschlüsse der übergeordneten Leitungen zu prüfen haben.

 

Als höchste Organe bezeichnet das Statut die Mitgliederversammlung und die Delegiertenkonferenzen sowie das Parlament der FDJ. Die Leitungen in den GO und OL werden jährlich, die Stadt-, Kreis- und Bezirksleitungen alle 2 Jahre, der ZR alle 4 Jahre gewählt. Die Kandidatenaufstellung wird mit den jeweiligen SED-Parteileitungen abgesprochen.

 

Das Statut sieht nur offene Wahlen vor. Das Bestätigungsrecht der übergeordneten Leitungen für die Sekretariate der nachgeordneten und das Prinzip des demokratischen Zentralismus schaffen die Sicherheit für ein kontrolliertes Arbeiten der FDJ-Organisation im Rahmen der jeweiligen Verbands- und Parteibeschlüsse. Die 1. Sekretäre der FDJ-Kreis- und Bezirksleitungen sind in der Regel Mitglieder des Sekretariats der entsprechenden SED-Leitung. Die FDJ verfügt über 2 Verlage. Im Verlag „Junge Welt“ erscheinen als Tageszeitung die „Junge Welt“ (Aufl. 1973: 677.000), als Monatszeitschrift das Funktionärsorgan „Junge Generation“, 14täglich das „Forum“ als Zeitschrift für die Studenten und die junge Intelligenz sowie eine Reihe anderer Jugendzeitschriften. Der Verlag „Neues Leben“ veröf[S. 288]fentlicht vor allem Jugendliteratur und Belletristik. Die Mitgliedschaft in der FDJ ist freiwillig und vom 14. Lebensjahr an möglich, wobei eine direkte Übernahme der Mitglieder der Pionierorganisation angestrebt wird. Eine obere Altersgrenze ist nicht mehr festgesetzt, sie lag früher bei 25 bzw. 26 Jahren. Die Funktionäre der FDJ sind jedoch vielfach älter.

 

Anfang 1973 hatte die FDJ 1.894.530 Mitglieder, davon waren 8 v. H. 25 Jahre und älter. (Zum Vergleich: am 31. 12. 1972 gab es ca. 2,74 Mill. Jugendliche im Alter zwischen 14 und 25 Jahren.) Im Mai 1974 wurde angegeben, daß 50 v. H. aller heutigen FDJler erst nach dem VIII. Parteitag der SED Mitglied wurden, also erst seit 3 Jahren dem Verband angehören. Damit dürfte die Hälfte der Mitglieder unter 18 Jahren sein. In der FDJ organisiert sind also ca. 64 v. H. aller 14- bis unter 25jährigen der DDR-Bevölkerung. Sehr hoch ist der Organisationsgrad an den Schulen. Im Jahre 1972 waren 96 v. H. der 616.000 Schüler zwischen 14 und 16 Jahren Mitglieder der FDJ. Ähnlich hoch dürfte der Anteil der FDJ-Mitglieder an den Schülern der EOS (1972: ca. 55.000), an den Direktstudenten der Universitäten und Hoch- und Fachschulen (1972: ca. 180.000) sowie an den Jugendlichen in der NVA sein. Wenn man die FDJ-Mitgliedschaft in der NVA mit etwa 100.000 annimmt, zeigt sich, daß nahezu 1 Mill. Mitglieder der FDJ nicht berufstätig sind. Berücksichtigt man, daß die in den staatlichen Organen Beschäftigten sich nur schwer einer Mitgliedschaft in der FDJ entziehen können, so bleibt für den „Kern“ der FDJ, die junge Arbeiterschaft in Industrie und Landwirtschaft, nur ein verhältnismäßig kleiner Anteil.

 

Es ist der FDJ bisher nicht gelungen, in allen landwirtschaftlichen Betrieben GO zu bilden. Im Jahre 1972 zählte die FDJ ca. 25.000 Grundorganisationen. Von diesen waren 6.255 in der Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft und in den Dörfern. Ca. 100.000 Mitglieder waren in ihnen organisiert. (Zum Vergleich: 1972 gab es 7.575 LPG, 500 VEG und 334 Gärtnerische PG, dazu hatten 7.689 Gemeinden weniger als 2.000 Einwohner und zählten als „Landgemeinden“.) Der Organisationsgrad der jungen Genossenschaftsbauern wurde mit „fast 40 v. H.“ angegeben. 1973 wurde von einem Rückgang der Anzahl der GO und der Mitglieder auf dem Lande berichtet. Seitdem hat sich die FDJ erneut des flachen Landes angenommen. 1973 bestanden 3.585 FDJ-GO der Dörfer, in denen 46.603 Mitglieder organisiert waren. Weitere 60.000 FDJler, die in GO der Betriebe und Schulen organisiert sind, aber auf dem Dorfe wohnen, werden angehalten, in den GO der Dörfer mitzuwirken. Insgesamt dürften die Verhältnisse des Kreises Zeitz für die organisatorische Zusammensetzung der FDJ typisch sein: Die 136 GO gliederten sich im Jahre 1972 in: 4 Großbetriebe, 25 Klein- und Mittelbetriebe, 7 PGH, 6 LPG, 5 Betriebe der Nahrungsgüterwirtschaft, 28 Dorfgrundorganisationen und 61 (!) Lehrer-, Schul- und „andere“ GO.

 

Vergleichsweise hat der FDGB, der Studenten, Angehörige der NVA und Mitglieder von Produktionsgenossenschaften nicht erfaßt, über 1 Mill. berufstätige Jugendliche organisiert. Die für SED und FDJ verhältnismäßig unbefriedigenden Ergebnisse der Arbeit unter der Jugend haben u. a. zu einer Forcierung der Jugendforschung geführt.

 

Die FDJ erhebt Mitgliedsbeiträge, gestaffelt nach der Höhe des Einkommens bzw. des Stipendiums, zwischen 0,30 und 5 Mark. Überwiegend wird sie jedoch aus staatlichen und betrieblichen Mitteln finanziert.

 

III. Formen der FDJ-Arbeit

 

 

Die FDJ stellt ihre Jahresarbeit unter eine bestimmte Losung und leitet aus ihr die speziellen Aufgaben ab. 1972/73 stand die Vorbereitung der X. Weltfestspiele im Mittelpunkt, 1973/74 der 25. Jahrestag der Gründung der DDR. Die Wettbewerbe werden sowohl zeitlich wie inhaltlich und agitatorisch auf diesen Tag ausgerichtet.

 

In der Schule unterstützt die FDJ die Lehrtätigkeit der Erzieher, um möglichst gute Lernergebnisse zu erzielen. Sie organisiert schulische und außerschulische Arbeitsgemeinschaften, wobei der Vermittlung naturwissenschaftlicher, mathematischer und technischer Kenntnisse besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Im Schuljahr 1971/72 soll mehr als jeder 3. Schüler der 1.–8. Klassen Mitglied einer solchen Arbeitsgemeinschaft gewesen sein, an den Arbeitsgemeinschaften der 9. und 10. Klassen nahmen 46,6 v. H. der Schüler teil. Staatsbürgerliche Erziehung und die Vorbereitung der Jugendweihe werden durch Veranstaltungen der FDJ unterstützt. In Zusammenarbeit mit der GST fördert sie die Wehrertüchtigung, seit 1967 werden wehrsportliche „Hans-Beimler-Wettkämpfe“ ausgetragen, an denen sich im Schuljahr 1972/73 mehr als 650.000 Schüler der 8.–10. Klassen beteiligten. Die in jedem Kreis gebildeten „FDJ-Kollektive junger Offiziersbewerber“ werben unter den FDJ-Mitgliedern für den Offiziersberuf (Wehrerziehung). Mit den Mitteln des inner- und zwischenschulischen Wettbewerbs (Mathematik-Olympiade) und durch mannigfache Auszeichnungen (Abzeichen, Urkunden, Wimpel) versucht die FDJ besondere Anreize zu schaffen. Die Verbindung von GO in den Schulen mit solchen aus Produktionsbetrieben dient der Vertiefung des bereits mit dem polytechnischen Unterricht angestrebten Kontaktes mit der Arbeitssphäre des Betriebes. Die Einschaltung der FDJ in die Feriengestaltung in eigenen oder betrieblichen Lagern gibt ihr die Möglichkeit, auch in dieser Zeit auf die Kinder und Jugendlichen einzuwirken.

 

Die Arbeit der FDJ an den Universitäten und Hoch[S. 289]schulen dient gleichfalls der Erziehung optimaler fachlicher Leistungen, zugleich soll sie Sorge tragen, daß diese in ein ideologisch-politisches Bekenntnis zur DDR und zum Marxismus-Leninismus eingebettet sind. Mit Seminargruppen, Arbeitsgruppen und Gemeinschaften versucht sie, den Lernprozeß unmittelbar zu beeinflussen. In wissenschaftlichen Studentenzirkeln wird versucht, bereits während des Studiums den Studenten Aufgaben aus der Praxis zu stellen, deren Lösungen in der Produktion Verwendung finden können. Der Wettbewerb um den Titel „Sozialistisches Studentenkollektiv“ entspricht in seinem Wesen dem um den Titel Kollektiv der sozialistischen Arbeit. Ensprechend den Messen der Meister von Morgen, die wesentlich von den Klubs der Jungen Techniker bzw. Jungen Agronomen und von den Klubs der Jungen Neuerer beschickt werden, finden „Leistungsschauen der Studenten und jungen Wissenschaftler“ statt (1972: 213 mit ca. 22.000 Teilnehmern). Die FDJ ist in den Leitungsgremien der Schulen, Universitäten, Hoch- und Fachschulen mit ihren Sekretären vertreten und entscheidet über die Zulassung zum Studium mit. In den Betrieben unterstützt die FDJ die Übertragung wichtiger und kontrollierbarer Aufgaben an Jugendkollektive und -brigaden als Jugendobjekte (Jugend), um die Jugendlichen bereits frühzeitig an der Verantwortung zu beteiligen und ihren Ehrgeiz zu wecken. Mit dem Appell an die Schrittmacherrolle der Jugend will sie beispielhafte Leistungen erzielen, die auch für ältere Beschäftigte Maßstäbe setzen. Die Beteiligung der Jugendlichen an den „Klubs Junger Neuerer“, den sozialistischen ➝Arbeitsgemeinschaften, der beruflichen Aus- und Weiterbildung soll fachliche Kenntnisse vertiefen und zugleich zu meßbaren ökonomischen Ergebnissen führen. Für besondere Leistungen verleiht die FDJ den Titel „Hervorragender Jungaktivist“ sowie Ehrenurkunden u. a. Mit den FDJ-Kontrollposten (1973: über 30.000) beteiligt sie sich an den Arbeiten der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion. Die eigentliche Interessenvertretung der Jugend im Betrieb liegt jedoch bei den gewerkschaftlichen Jugendausschüssen. Die FDJ ist also auf eine enge Zusammenarbeit mit dem FDGB verwiesen.

 

Die Kulturarbeit der FDJ stützt sich auf die staatlichen, verbandseigenen und gewerkschaftlichen Kultur- und Klubhäuser. Indem sie dort Tanzveranstaltungen, Vorträge sowie Interessengemeinschaften organisiert, versucht sie auf die unorganisierten Jugendlichen in den Wohngebieten einzuwirken. Mit dem „Buchclub 65“ verfügt die FDJ auch über eine eigene Buchgemeinschaft. Als Teil der Volkskunstbewegung fördert die FDJ das Laienschaffen. Als spezielle Form haben sich dabei die Treffen junger Talente herausgebildet, die über Kreis- und Bezirksvergleiche die Möglichkeit bieten, an einem Zentralen Leistungsvergleich teilzunehmen. (1972: 7.220 Treffen Junger Talente mit 322.914 Teilnehmern.) Die von der FDJ organisierte „Singebewegung“ umfaßte 1972 3.155 Singeklubs mit 43.345 Mitgliedern. Daneben unterhielt die FDJ Anfang 1973 791 Blaskapellen, Fanfarenzüge und Spielmannszüge, darunter das Zentrale Musikkorps der FDJ und der Pionierorganisation mit 2.000 Mitgliedern und die 15 Bezirksmusikkorps mit ca. 10.000 Musikanten. In Zusammenarbeit mit dem DTSB veranstaltet die FDJ Jugendsportfeste und ist als eine Trägerorganisation des Komitees für Touristik und Wandern am Jugendwandern beteiligt. Die Erich-Weinert-Medaille wird als Kunstpreis der FDJ jährlich an junge Künstler und Laienschaffende verliehen.

 

Die „FDJ-Ordnungsgruppen“ werden vorwiegend zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin in den Jugendeinrichtungen und bei FDJ- und Jugendveranstaltungen eingesetzt. Darüber hinaus wirken sie im territorialen System der Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung mit, in das auch die FDJ-Leitungen und FDJ-Ordnungsgruppenstäbe der Orte, Kreise und Bezirke einbezogen sind (Neue Justiz, 25. J. 1971, Nr. 17, S. 503 ff.) (Jugendkriminalität). Die Ordnungsgruppen, seit 1959 aus Freiwilligen aufgestellt, sind „Organe der Leitungen der FDJ“ und werden nur „von zuständigen Leitungen der FDJ ausgewählt und eingesetzt“. Sie entsprechen den „Trupps der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ des Sowjet. Komsomol und haben hilfspolizeiliche und vormilitärische Aufgaben.

 

Die in Artikel 20,3 der Verfassung der Jugend zugesagten „Möglichkeiten, an der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung verantwortungsbewußt teilzunehmen“, nimmt die FDJ durch die Beteiligung an den Beratungsgremien des Staatsapparates, die sich mit jugendpolitischen Fragen beschäftigen, wahr (Jugendforschung). Außerdem ist sie in den Volksvertretungen mit Fraktionen vertreten (1972 — Volkskammer: 40 von 500; Bezirkstage: 254 von 2.840; Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen: 1499 von 17.214; Gemeindevertretungen; 14.740 von 180.890; Stadtbezirksversammlungen: 294 von 3.000).

 

IV. Schulung

 

 

In der Schulung der FDJ sind 2 Formen zu unterscheiden: die Funktionärsschulung und die Schulung der Mitglieder. Die große Zahl jährlich neugewählter Funktionäre in den GO, verbunden mit der hohen Fluktuation in den Leitungen, macht die Kaderschulung zu einem besonderen Problem. Bisher erfolgte die Schulung der Funktionäre durch die FDJ-Kreisleitungen u. a. in Wochenendkursen und 14tägigen Kurzlehrgängen. Seit 1972 werden in den Großbetrieben, Hoch- und Fachschulen „Schulen des FDJ-Gruppenleiters“ eingerichtet, in denen 20–25 FDJler in einem Jahreskurs einmal im Monat für einen Tag von Partei- und FDJ-Funktionären [S. 290]ausgebildet werden. Die Betriebe unterstützen die Schulung durch Bereitstellung von Räumen, finanziellen Mitteln und durch Arbeitsbefreiung der Teilnehmer. Für ihre leitenden Funktionäre verfügt die FDJ über 4 Sonderschulen und die Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ in Bogensee.

 

Die Massenschulung beginnt mit einer Vorstufe, die die Schüler der 7. Klassen auf den Eintritt in die FDJ, insbesondere anhand des Statuts, vorbereitet. Auf ihr bauen die „Zirkel Junger Sozialisten“ in 3 Stufen auf: 1. für die Schüler der 9. und 10. Klassen, 2. und 3. für die Schüler der EOS, Studenten und die Mitglieder der befrieblichen und örtlichen GO. Gegenstand sind vor allem das „Kommunistische Manifest“, Lenins „Staat und Revolution“, „Die große Initiative“ und „Die Aufgaben der Jugendverbände“, die Dokumente des XXIV. Parteitages der KPdSU und des VIII. Parteitages der SED. Die Schulung soll durch die Vorträge von Arbeiterveteranen, durch Besichtigung von Gedenkstätten und die Behandlung aktueller Themen aufgelockert werden. 1972 bestanden 63.974 „Zirkel Junger Sozialisten“ mit 1.398.018 Teilnehmern; es wird jedoch berichtet, daß ein Teil der Zirkel seine Arbeit nicht zu Ende führte. Zirkelleiter sind vielfach SED-Funktionäre, Lehrer, Studenten und nur zu einem geringen Teil FDJ-Funktionäre. Aufgrund einer Prüfung wird das Abzeichen „Für gutes Wissen“ in 3 Stufen verliehen. Es wurde am Ende des FDJ-Studienjahres 1972/73 von 228.447 Teilnehmern erworben.

 

V. Internationale Verbindungen und Deutschlandpolitik

 

 

Die FDJ ist seit 1948 Mitglied des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ), seit 1949 des Internationalen Studentenbundes. Mit dem sowjetischen Jugendverband Komsomol hat die FDJ besonders enge Beziehungen; einzelne Funktionäre sind an der Hochschule des Komsomol in Moskau ausgebildet worden. In Unterstützung der Außenpolitik bemüht sich die FDJ um Kontakte zu nichtkommunistischen Jugendverbänden (Festival).

 

Die deutschlandpolitischen Aktivitäten folgten der Deutschlandpolitik der SED. Die von der FDJ veranstalteten „Deutschlandtreffen der Jugend“ (Mai 1950, Juni 1954, Mai 1964 in Ost-Berlin) wurden nicht fortgesetzt, Treffen zwischen Jugenddelegationen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR fanden nun vorwiegend im Rahmen der Festivals des WBDJ statt. Seit 1973 besteht eine „Arbeitsvereinbarung“ zwischen der FDJ und der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“ (SDAJ) der Bundesrepublik Deutschland.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 285–290


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.