DDR von A-Z, Band 1975

Forstwirtschaft (1975)

 

 

Siehe auch:


 

Die F. in der DDR umfaßt die Anla[S. 325]ge, Unterhaltung, Pflege und Nutzung der Waldbestände. Künftig soll auch die vorausplanende Eingrünung neu zu errichtender Wohngebiete zu den Aufgaben der F. gehören. Mittelbarer Nutzen ergibt sich aus dem landeskulturellen Wert der F. (Wasserhaushalt, Klimaregulierung, Erholungsfunktion etc.).

 

1. Produktionsgrundlagen und -ziele. Die Forstwirtschaftliche Nutzfläche (FN) der DDR umfaßte 1973 ca. 2,95 Mill. ha bzw. 27,3 v. H. des Staatsgebietes. Die Verteilung über das Gebiet der DDR ist ungleichmäßig. Den geringsten Waldanteil weisen die Bezirke Leipzig (14 v. H.), Rostock (16 v. H.) und Halle (19 v. H.) auf. Die waldreichsten Bezirke mit mehr als 30 v. H. Waldanteil sind Karl-Marx-Stadt, Potsdam, Frankfurt/O., Gera, Cottbus (40 v. H.) und Suhl (49 v. H.).

 

1972 zeigte der Waldbestand der DDR folgende Zusammensetzung der Holzarten:

 

 

Das Altersklassenverhältnis des Waldbestandes ist als Folge der Übernutzung während und nach dem II. Weltkrieg stark gestört. Die ungünstige Altersstruktur wird durch die hohen Zuwachsraten des umfangreichen Nadelwaldes zunehmend ausgeglichen. Holzeinschlag und Rohholzaufkommen der DDR entwickelten sich wie folgt:

 

 

Der Brennholzanteil am Gesamteinschlag schwankt seit 1960 zwischen 8,3 und 12,0 v. H.

 

Durch rigorose Senkung des Hiebsatzes, Importsteigerung und die Substitution von Holz durch Kunststoffe wurde zwischen 1960 und 1970 das Verhältnis von Holzzuwachs und Holzverbrauch wesentlich verbessert, so daß sich der Holzbestand zwischen 1966 und 1972 von 124 auf 150 Vorratsfestmeter (Vfm) je ha FN erhöhte. Nach den Zielen des Fünfjahrplanes 1971/1975 soll der Hiebsatz bis 1975 auf 8,3–8,4 Mill. fm angehoben werden. Dies entspricht einem Abnutzungssatz von ca. 2,85 fm/ha FN.

 

Weitere Produkte der F. sind Holzkohle (Stahlmeiler), Eichengerb- bzw. Fichtenschälrinde und Harze.

 

 

Hauptziele der F. sind die Steigerung der Holzproduktion und der Arbeitsproduktivität. Zur Erhöhung der Holzproduktion gehören neben der bereits erwähnten Holzartenwahl, deren Einseitigkeit vielfach zum Aufbau forstwirtschaftlicher Monokulturen geführt hat, Maßnahmen, zur Verbesserung des ökologisch-standörtlichen Potentials, insbesondere durch Düngung und Melioration der Waldböden. Im einzelnen wurden zur Steigerung der Holzproduktion bzw. zur Bestandspflege folgende Maßnahmen ergriffen:

 

 

Die Düngung soll weiter ausgedehnt werden, mit dem Ziel, einen jährlichen Mehrzuwachs von 3 Mill. fm zu erreichen. Die Forstbaumschulen in der DDR nehmen ca. 1000 ha. Fläche ein.

 

Zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und zur besseren Auslastung der kostenaufwendigen Technik wird seit Anfang der 60er Jahre eine enge Zusammenarbeit benachbarter F.-Betriebe angestrebt.

 

2. Die Besitzstruktur. Bei Kriegsende befanden sich von 2,97 Mill ha FN 37,7 v. H. in Staatsbesitz, 13,8 v. H. waren Eigentum von Körperschaften (Gemeinden, Genossenschaften, Kirchen) und 48,5 v. H. befanden sich in Privatbesitz. Im Zuge der Bodenreform verfielen insbesondere die Waldflächen der land- und forstwirtschaftlichen Großbetriebe mit mehr als 100 ha Nutzfläche und ein Teil der Körperschaftsforsten dem Staatlichen Bodenfonds. Von ca. 1 Mill. ha FN dieses Fonds wurden 600.000 ha zusammen mit anderen Forstflächen in Staatseigentum überführt. 1972 umfaßten die Staatsforsten insgesamt 66 v. H., während sich 29 v. H. im Eigentum der Genossenschaftsbauern befanden. Etwa 4 v. H. der Waldfläche sind Eigentum von Privatpersonen. Der Anteil des Kirchenwaldes beträgt weniger als 1 v. H. Abgesehen vom Kirchenwald unterliegt die Nutzung sämtlicher Forstflächen, unabhängig von der Eigentumsform, der Leitung und Aufsicht der staatlichen Forstbehörden.

 

3. Die staatliche Forstorganisation. Aufgrund des hohen Anteils der Staatsforsten an der Gesamtwaldfläche sind die Forstdienststellen der DDR nicht nur staatliche Organe zur Leitung und Planung der forstwirtschaftlichen Produktion, sondern zugleich auch Produktionsbetriebe.

 

Das Staatliche Komitee für Forstwirtschaft (SKF) ist [S. 326]als Organ des Ministeriums für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MfLFN) die zentrale Institution zur Leitung, Planung, Entwicklung und Finanzierung der F. und der forstwirtschaftlichen Produktion. Der Leiter des SKF trägt die Bezeichnung Generalforstmeister und ist Stellvertreter des Ministers (sein Stellvertreter im SKF hat den Rang eines Oberst-Landforstmeisters). Entsprechend seiner doppelten Aufgabe bestehen beim SKF — neben der Inspektion für Jagd und Naturschutz — die Abteilung Planung und Ökonomik und die Abteilung Produktion. Das SKF leitet die VVB F., koordiniert die forstwirtschaftliche Tätigkeit mit den angrenzenden Bereichen der Volkswirtschaft (Leichtindustrie, Landwirtschaft, Wasserwirtschaft) und legt die ökonomischen und technischen Plankennziffern fest. Als nachgeordnete Organe des SKF bestehen z. Z. fünf VVB F., die durch je einen Oberlandforstmeister (Generaldirektor) geleitet werden. Ihre Aufgabe besteht in der Anleitung und Kontrolle der ihnen unterstellten staatlichen F.-Betriebe. Die Abgrenzung der Verwaltungseinheiten orientiert sich an der naturräumlichen Gliederung der DDR und ist unabhängig von den Bezirksgrenzen. Im Tiefland arbeitet im Norden die VVB F. Waren/Müritz, im Mittelbereich die VVB F. Potsdam und im Süden die VVB F. Cottbus. Die Waldgebiete der Mittelgebirge werden verwaltet durch die VVB F. Karl-Marx-Stadt (Erzgebirge, Elbsandsteingebirge mit angrenzendem Hügelland) und die VVB F. Suhl (Harz, Thüringer Wald mit angrenzendem Hügelland).

 

Im Jahr 1969 zeigten die VVB F. folgende Flächen- und Organisationsstruktur:

 

 

Die Staatlichen F.-Betriebe (StFB.) sind juristisch selbständige Betriebe und werden nach dem Prinzip der Einzelleitung durch einen Oberforstmeister (Direktor) geleitet. Der StFB. gliedert sich in die Produktionsabteilung, die ökonomische Abteilung (Ein- und Verkauf) und die Abteilung Rechnungswesen. Als Folge der intensiven Zusammenarbeit benachbarter F.-Betriebe hat deren Anzahl von ursprünglich 108 (1953) auf 77 (1974) abgenommen. Die von den StFB. betreute Fläche schwankt entsprechend den Standortverhältnissen und den Baumbeständen zwischen 20 und 60.000 ha Waldfläche.

 

Die Aufgaben der StFB. sind die planmäßige Nutzung der Staatsforsten bzw. — aufgrund von Betreuungsverträgen — des LPG- und Privatwaldes. Der Produktionsleiter des StFB. ist stellvertretender Direktor und leitet die operative Arbeit über die Oberförstereien und die ihm angeschlossenen Revierförstereien. Das Territorium der StFB. gliedert sich in jeweils 4–8 Oberförstereien, die durch Oberförster (Diplomforstingenieure) geleitet werden und jeweils 6–10 Revierförstereien (Größe je 1000 ha, Leitung durch Revierförster bzw. Forstingenieure) umfassen. Insgesamt waren 1973 in der Staatlichen F. 37.987 ständig Berufstätige beschäftigt.

 

4. LPG- und Privatwald. Das Musterstatut für die LPG des Types III schreibt zwingend die Einbringung der Waldflächen in die Produktionsgenossenschaften vor. Die waldbesitzenden Genossenschaftsbauern der LPG-Typen I/II konnten grundsätzlich ihre Waldflächen unter staatlicher Aufsicht selbst bewirtschaften (Landwirtschaftliche Betriebsformen, LPG). Die seit 1960 zu beobachtende Überführung der LPG-Typen I/II in den Typ III, die bis 1975 abgeschlossen werden sollte (Agrarpolitik), hat zur Folge, daß die ursprünglich im Eigentum von Privatbauern befindlichen Waldflächen (ca. 857.500 ha FN) vollständig in die Nutzung der LPG übergehen. (Der Kollektivierungsgrad betrug 1967 ca. 68 v. H., 1971 ca. 85 v: H.)

 

Unter Hinweis auf den Ertragsrückstand des Genossenschafts- und Privatwaldes gegenüber den Staatsforsten soll den LPG und den privaten Waldbesitzern das Verfügungs- und Nutzungsrecht entzogen werden. Hierzu werden einerseits Zwischengenossenschaftliche Einrichtungen Waldwirtschaft (ZEW) gegründet und andererseits die Bewirtschaftung sämtlicher Waldflächen der Aufsicht und Kontrolle durch die StFB. unterworfen. Zur Gründung der ZEW erging am 6. 7. 1966 eine „Anordnung über die Bildung und das Musterstatut für Zwischengenossenschaftliche Einrichtungen Waldwirtschaft“ (GBl. II, Nr. 78, S. 487). Arbeitsweise und Organe entsprechen den Spezialgenossenschaften mit Dienstleistungscharakter (Landwirtschaftliche Betriebsformen). Entsprechend dieser Anordnung können die LPG ihre Waldflächen in die ZEW zur gemeinsamen Bewirtschaftung einbringen oder die Bewirtschaftung der Flächen durch die ZEW gegen Kostenerstattung durchführen lassen. Grundsätzlich sollen sich auch LPG der Typen I/II an den ZEW beteiligen. Waldbesitzern, die nicht Mitglieder einer LPG sind, können über die Bewirtschaftung ihrer Flächen mit den ZEW Verträge abschließen, sofern diese Aufgabe nicht durch staatliche Organe (StFB) zu sichern ist. Diesen Waldbesitzern ist es zwar möglich, in den forstwirtschaftlichen Arbeitsbrigaden mitzuarbeiten, sie können jedoch nicht Mitglieder der ZEW werden. Die Anzahl der ZEW stieg von 25 im Jahre 1965 auf 494 im Jahre 1973, die Anzahl der ständig Berufstätigen im gleichen Zeitraum von 181 auf 4.041 an. Hierzu war bereits am 27. 1. 1966 eine AO über die Bewirtschaftung des Genossenschafts- und Privatwaldes ergangen (GBl., Nr. 30, S. 101; hierzu Anpassungsverordnung vom 13. 6. 1968, GBl. II, Nr. 62, 5. 363; hierzu auch Neufassung von Regelungen über Rechtsmittel gegen Entscheidungen staatlicher Organe im Bereich der Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft vom 13. 8. 1971, GBl. II, Nr. 66, S. 574).

 

Die Bewirtschaftung der genossenschaftlichen Forstflä[S. 327]chen soll einer Richtlinie des MfLFN zufolge künftig über Kooperationsverträge zwischen LPG bzw. ZEW einerseits und StFB. andererseits noch enger an die StFB. gebunden werden (Richtlinie über Planung und Abrechnung der Waldwirtschaft in LPG vom 2. 8. 1972, VuM des Rates für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft, Nr. 10, S. 124). Ähnlich wie in der Landwirtschaft führt die Entwicklung forstwirtschaftlicher Großmaschinen, mit denen die StFB. sowohl die Staatsforsten als auch die Wälder der LPG und ZEW bewirtschaften, und die damit verbundene Großflächenbewirtschaftung zu einer verstärkten Verflechtung des Genossenschaftswaldes mit den Staatsforsten.

 

5. Kooperation Forstwirtschaft — Holzwirtschaft. Die Trennung der Waldwirtschaft von der Landwirtschaft wird begleitet durch enge Beziehungen zwischen F. und Holzwirtschaft. Kennzeichen dieser Entwicklung sind der Zusammenschluß mehrerer StFB. und ihrer Einrichtungen (Holzausformungsplätze) zu Kooperationsgemeinschaften und die Einrichtung von Kooperationsverbänden zwischen F.-Betrieben und der Holzbearbeitungsindustrie. Ziel dieser Entwicklung ist die Senkung der Brennholzanteile durch Verarbeitung der Abfälle zu Holzspan- und Hartfaserplatten sowie die Senkung der Be- und Verarbeitungskosten durch verstärkte Mechanisierung. In Einzelfällen erstrecken sich die Produktionsketten bereits vom Holzeinschlag bis zum fertigen Möbelstück. Gleichzeitig zeichnet sich als Pendant zur Land- und Nahrungsgüterwirtschaft bzw. zum Agrar-Industrie-Komplex die Herausbildung eines Forst-Industrie-Komplexes ab, in dem die Betriebe der Holzerzeugung (StFB. einschließlich der Betreuungsflächen) und die Betriebe der holzverarbeitenden Industrie zusammengeschlossen sind.

 

Unabhängig von der Holzerzeugung und -Verarbeitung wurde der F. Ende 1973 auf dem 10. Plenum des ZK der SED die Aufgabe gestellt, künftig bei der Planung neuer Wohngebiete (durch frühzeitige Anpflanzungen von Bäumen und Sträuchern bzw. Einbeziehung bestehender Waldflächen) mitzuwirken. Erste Erfahrungen auf diesem Gebiet wurden bei der Errichtung von Halle-Neustadt gesammelt.

 

6. Forstwirtschaftliche Ausbildung, Forschung und Entwicklung. Die 37.987 ständig in der volkseigenen F. Berufstätigen wiesen 1973 folgenden Qualifikationsstand auf:

 

 

Während die Ausbildung zum Facharbeiter weitgehend der landwirtschaftlichen ➝Berufsausbildung entspricht, weisen das Fach- und Hochschulstudium einige Besonderheiten auf.

 

Das Universitätsstudium muß — nach Schließung der forstwirtschaftlichen Fakultät in Eberswalde — ausschließlich an der Sektion F. der TU Dresden in Tharandt absolviert werden. Es umfaßt 9 Semester, von denen das erste und letzte Semester als Praktikum gestaltet sind. Die abgelegte Diplomprüfung berechtigt zum Tragen des Titels „Diplom-Forstingenieur“.

 

Die Ausbildung von Forstingenieuren erfolgt an den Ingenieurschulen für F. Schwarzburg in Thüringen, Rabensteinfeld in Mecklenburg und Ballenstedt/Harz. Die Ingenieurschulen unterstehen dem SFK und führen neben dem Ingenieurstudium auch Meister- und Facharbeiterkurse durch. Das Ingenieurstudium umfaßt die theoretische Ausbildung (1.–4. Semester) und die praktische Ausbildung (5.–6. Semester), in der die Abschlußarbeit zu erstellen ist.

 

Möglichkeiten zum Fernstudium und zum Frauensonderstudium bestehen an der Forstingenieurschule Ballenstedt. (Titel: „Ökonom der Forstwirtschaft“, nur für den Innendienst.)

 

Die forstwirtschaftliche Forschung und Entwicklung werden in folgenden Einrichtungen betrieben: Institut für Forstwissenschaften der AdL in Eberswalde. Forschungsbereich Forstpflanzenzüchtung der AdL in Graupa, Sektion der TU Dresden in Tharandt. Darüber hinaus bestehen beim SFK die Zentralstelle für forsttechnische Prüfung, die Koordinierungsstelle für Rationalisierung und der VEB Forstprojektierung in Potsdam.

 

Wesentliche Ziele der Forschungstätigkeit sind: Züchtung von Laub- und Nadelholzarten mit maximalen Zuwachsleistungen und hoher Widerstandsfähigkeit gegen negative Umwelteinflüsse, Entwicklung chemischer und biologischer Pflanzenschutzmittel, Entwicklung von Düngemitteln, Mechanisierung der Produktionsprozesse, optimale Rohholzverwertung, Sicherung der landwirtschaftlichen Funktionen des Waldes.

 

Eine Lösung dieser Probleme wird auch im Rahmen des RGW-Komplexprogrammes unter Beteiligung aller RGW-Staaten angestrebt.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 324–327


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.