DDR von A-Z, Band 1975

Grundeigentum (1975)

 

 

Siehe auch die Jahre 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985


 

Grundstücke, die lediglich „der Befriedigung eigener Lebensbedürfnisse des Eigentümers dienen“, können persönliches Eigentum sein. Daneben gibt es in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus noch Privateigentum an Grund und Boden. Auch die Verfassung vom 6. 4. 1968 verbietet nicht privates G. In Art. 15 heißt es lediglich, daß „der Boden der DDR zu ihren kostbarsten Naturreichtümern gehört. Er muß geschützt und rationell genutzt werden. Land- und forstwirtschaftlich genutzter Boden darf nur mit Zustimmung der verantwortlichen staatlichen Organe seiner Zweckbestimmung entzogen werden.“ Das private G. ist allerdings schon seit 1945 durch Enteignung stark dezimiert worden (Aufbaugesetz). Der staatlichen Kontrolle des privaten Grundstücksverkehrs und der Sozialisierung unerwünschten privaten G. dient die Grundstücksverkehrsordnung vom 11. 1. 1963 (GBl. II, S. 159). Nach § 2 ist jede Übertragung des Eigentums an einem Grundstück oder Gebäude oder dessen Belastung oder Übertragung dieser Belastung durch Rechtsgeschäft genehmigungspflichtig. Dasselbe gilt für den Grunderwerb im Wege der Erbfolge, wenn eine juristische Person, also z. B. die Kirche, erben soll. Die Genehmigung erteilt der Rat des Kreises. Wenn „spekulative Gründe“ vorliegen oder wenn „durch den Erwerb eine Konzentration von Grundbesitz entsteht“ oder „in anderer Weise gesellschaftliche Interessen verletzt werden“, ist die Genehmigung zu versagen. Das geschieht vor allem dann, wenn der Erwerber im Westen lebt oder er selbst oder ein naher Angehöriger bereits Eigentümer eines Hausgrundstückes ist. „Um den Grundstücksverkehr entsprechend den Erfordernissen des sozialistischen Aufbaus zu lenken und die staatlichen Interessen durch den Erwerb von Grundstücken wahrzunehmen“, ist den Räten des Kreise durch die VO vom 11. 1. 1963 ein sogenanntes Vorerwerbsrecht eingeräumt worden, das allen sonstigen Verkaufsrechten vorgeht. Mit der Ausübung dieses Vorerwerbsrechts und der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch entsteht Volkseigentum. Alle auf dem [S. 390]Grundstück ruhenden Belastungen erlöschen. Für die Gläubiger, deren dingliche Rechte erloschen sind, tritt der Erlös an die Stelle des Grundstücks. Steht ein Grundstück teils in Privateigentum, teils in „Volkseigentum“, so hat der private Miteigentümer kein Recht auf Beteiligung an der Verwaltung des Grundstücks. G. von Flüchtlingen wird unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt (Flüchtlingsvermögen). Die Behandlung sonstigen westlichen G. richtet sich danach, ob der Eigentümer in der Bundesrepublik Deutschland oder in West-Berlin lebt. In der Bundesrepublik wohnende Eigentümer können für ihre Grundstücke einen Verwalter einsetzen. Nur wenn das nicht geschieht, wird das Grundstück in staatliche Treuhandverwaltung genommen (Treuhandvermögen). Demgegenüber werden Grundstücke, die West-Berlinern gehören, seit Errichtung der Mauer generell in staatliche Treuhandverwaltung genommen. Die Verwaltungsvollmachten der Grundstückseigentümer gelten als erloschen.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 389–390


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.