DDR von A-Z, Band 1975

Information (1975)

 

 

Siehe auch die Jahre 1979 1985

 

I. Informationsbegriff

 

 

Eine I. ist eine Abbildung objektiver Zusammenhänge der realen Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter bestimmten Bedingungen im Bewußtsein der Menschen. Sie bezeichnet mit anderen Worten eine Auskunft, Mitteilung, Belehrung, Benachrichtigung oder Unterrichtung über vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Erscheinungen. Eine I. soll möglichst umfassend, jedoch frei von unwesentlichen Aussagen, sowie genau sein und zum richtigen Zeitpunkt vorliegen. Wissenschaftliche Präzisierung erlangt der Begriff der I. vor allem im Rahmen der Kybernetik (Informationstheorie), zu deren Grundbegriffen er gerechnet werden muß. Darüber hinaus ist er auch für die Informations- und Dokumentationswissenschaft von Bedeutung.

 

Im Leitungs- und Planungssystem der DDR nehmen insbesondere sogenannte ökonomische I. eine besondere Stellung ein. Man unterscheidet hier entsprechend ihrer Funktion: Plan-I., Berichts-I., unterrichtende I. sowie Direktiv- oder Weisungs-I. Plan-I. beziehen sich auf die Leitung und Planung zukünftiger Prozesse (Prognose-I., I. der Fünfjahr- und Jahresvolkswirtschaftsplanung, I. der eigenverantwortlichen kurz-, mittel- und langfristigen Planung). Berichts-I. beziehen sich auf vergangene bzw, sich gegenwärtig vollziehende Prozesse (z. B. statistische I., Analysen, operative Berichterstattungen usf.). Unterrichtende 1. bilden die Grundlage für die Ausarbeitung von Plan-I. Für die Leitung stellen sie ein brauchbares Hilfsmittel bei der Entscheidungsfindung dar. Direktiv- oder Weisungs-I. tragen sowohl für einzelne Leitungsbereiche (Betriebe, Kombinate, Industriezweige usf.) als auch für einzelne konkrete Prozesse verbindlichen Charakter.

 

II. Informationstheorie (Nachrichtentheorie)

 

 

Die I.-Theorie ist eine mathematische Theorie, die sich mit den Gesetzen und Regelmäßigkeiten der Übermittlung und Verarbeitung von I. befaßt. I. sind vor allem unter vier Aspekten zu betrachten. Zu unterscheiden ist zwischen dem nachrichtentechnischen (syntaktischen), dem semantischen, dem pragmatischen und dem sigmatischen Aspekt.

 

Der nachrichtentechnische Aspekt der I. ist dadurch zu charakterisieren, daß Nachrichten durch eine Auswahl von einem Sender über einen Empfänger (Rezeptor) zu einem Regler bzw. einem Effektor (ausführendes Organ des Reglers) zuverlässig und schnell weitergegeben werden. Dabei wird jede einzelne I.-Einheit als ein „bit“ bezeichnet. Ein „bit“ (von engl, binary digit: Binärstelle, Binärentscheidung, Binärziffer) ist das quantifizierte Maß für den I.-Gehalt.

 

Der syntaktische Aspekt der I. bezieht sich lediglich auf einzelne Nachrichten, Signale, Zeichen bzw. Zeichenmengen (Semiotik). Das materielle System, durch das Nachrichten laufen, wird als Kommunikationskanal bezeichnet. Kommunikationskanäle können in verschiedenen Formen erscheinen. Der Weg der Nachrichten bzw. Signale wird auch „Signalflußweg“ genannt. Dabei stehen die Übergangsfunktionen der einzelnen Nachrichten durch die einzelnen Abschnitte des Kommunikationskanals im Vordergrund der Betrachtung. Wenn in der I.-Übertragung eine Kürzung der Signalmenge möglich ist, ohne daß ein I.-Verlust eintritt, spricht man von „Redundanz“.

 

Die verschiedenen „Bedeutungen“ der Nachrichten, Signale oder Zeichen, ihr ihnen vom Sender und/oder Empfänger verliehener „Sinn“ werden als der semantische Aspekt der I. aufgefaßt.

 

Der pragmatische Aspekt der I. bezeichnet die Beziehungen zwischen den Nachrichten, Signalen oder Zeichen und den Sendern bzw. Empfängern.

 

Der sigmatische Aspekt der I. schließlich bezieht sich auf die Relationen zwischen Zeichen und dem, was diese bezeichnen.

 

I. sind nur im Zusammenhang mit informationellen Kopplungen zwischen (kybernetischen) Systemen verständlich. Insofern kann die I. auch als ein Teilgebiet der Kybernetik angesehen werden, die als eine Theorie dynamischer selbstregulierender Systeme auch die mit solchen Systemen verbundenen informationellen Prozesse untersucht.

 

Sowohl die I. als auch der I.-Begriff haben für zahlreiche angewandte Wissenschaften erhebliche Bedeutung erlangt: so für Psychologie und Pädagogik, Biologie (Neurophysiologie), Wirtschaftswissenschaften (kybernetische Planungsmethoden), Technik (Steuerungs- und Regelungstechnik, elektronische Datenverarbeitung und Automation).

 

In der DDR begann man sich seit etwa Ende der 50er Jahre mit der I. auseinanderzusetzen (Kybernetik). Die I. hat seitdem auch hier für zahlreiche angewandte Wissenschaftsdisziplinen Bedeutung er[S. 417]langt. Seit 1963 wurden aufgrund der durch den VI. Parteitag der SED eingeleiteten Reformen in zunehmendem Maße auch Erkennmisse der I. berücksichtigt, um Leitungs- und Entscheidungsprobleme sowohl in Betrieben, Kombinaten und Industriezweigen als auch im Partei- und Staatsapparat zu lösen. Seit etwa 1967, nach dem VII. Parteitag der SED, werden Erkenntnisse der I. u. a. für die Entwicklung computergestützter I.-Systeme (elektronische ➝Datenverarbeitung) berücksichtigt. Im Rahmen der sozialistischen ökonomischen Integration wurden auf der Grundlage des Komplexprogramms der RGW-Länder — vornehmlich jedoch in Zusammenarbeit mit der UdSSR — die Arbeiten auf diesem Gebiet intensiviert.

 

III. Informations- und Dokumentationswissenschaft

 

 

Probleme des I.-Wesens und der Dokumentation haben in den letzten Jahren aus folgenden Gründen an Bedeutung zugenommen:

 

1. Mit dem sprunghaften quantitativen Ansteigen von Forschung und Entwicklung nimmt die Zahl der in den Dokumentationen enthaltenen I. entsprechend schnell zu.

 

2. Sowohl die Spezialisierung von Wissenschaftsdisziplinen und die damit verbundene Interdependenz von Wissenschaften als auch die Etablierung neuer Wissenschaftsdisziplinen und -zweige erhöht nicht nur das I.-Bedürfnis, sondern führt zu einer steigenden Zuwachsrate der Veröffentlichungen.

 

3. Die Internationalisierung der Wissenschaften macht Maßnahmen erforderlich, die die Zugänglichkeit von Dokumentationen erleichtern und das I.-Bedürfnis befriedigen.

 

Die bisherigen traditionellen bibliothekarisch-bibliographischen Methoden und Mittel erwiesen sich als unzureichend, möglichst aktuelle, exakte, vollständige und gleichzeitig überschaubare I. zur Verfügung zu stellen. Die Entwicklung neuer Methoden für die Sammlung, Verarbeitung, Speicherung und Bereitstellung von I. wurde daher international als unbedingt notwendig erkannt, um die bestehenden Probleme zu lösen. In allen Industrieländern, gleich welcher Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, setzten daher umfangreiche Aktivitäten im Hinblick auf eine möglichst effektive Lösung des I.-Problems ein.

 

In der DDR wurde ab etwa 1966 zunächst die „Information und Dokumentation“ (ID.) als eine selbständige Disziplin entwickelt. Ziel dieser neuen Wissenschaft sollte es sein, nach modernsten Methoden eine Auswahl der Dokumentationen vorzunehmen und diese inhaltlich zu analysieren und zu klassifizieren. Die wachsende Bedeutung einer solchen Disziplin und die Anforderungen, die zunehmend an sie gestellt wurden, führten später zu umfangreichen Auseinandersetzungen um eine treffendere Begriffsbezeichnung und um einen genau abgegrenzten Untersuchungsgegenstand dieser Wissenschaft. 1968 wurde in der DDR der Begriff „Informations- und Dokumentationswissenschaft“ (IDw.) geprägt, der sich inzwischen gegenüber anderen Begriffsbezeichnungen durchgesetzt zu haben scheint. Die IDw. wird wie folgt definiert: Sie „ist eine Wissenschaftsdisziplin des Wissenschaftsgebietes Informationswissenschaft und damit eine klassengebundene Gesellschaftswissenschaft, deren Ziel in der Schaffung der wissenschaftlichen Grundlagen für die ständige Optimierung der Information und Dokumentation durch die kontinuierliche Bereitstellung von Erkenntnissen besteht:

 

Über das Wesen, die Erscheinungsformen, Beziehungen sowie Struktur- und Bewegungsgesetze dokumentatistischer Informationen und des Bedarfs an dokumentatistischen Informationen sowie seinen Analysemethoden;

 

über die Möglichkeiten der ständigen Verbesserung der Methodik, Technik, Organisation, Effektivität, Wirtschaftlichkeit und Propagierung der Information und Dokumentation;

 

des Inhalts, der Methodik und Organisationsformen der Erziehung sowie Aus- und Weiterbildung von Informations- und Dokumentationskräften; der Zusammenarbeit der Informations- und Dokumentationseinrichtungen untereinander und mit Einrichtungen anderer Arbeitsgebiete der Fachinformation und über die Geschichte der Information und Dokumentation”.

 

Neben der IDw. wurde die Verwendung der Wissenschaftsbezeichnung „Informationswissenschaft“ (Iw.) sowie „Informatik“ diskutiert, die ebenfalls Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden haben. Der Untersuchungsgegenstand der Iw. ist die Fachinformation, d. h. alle mit der gesellschaftlichen Arbeit verbundenen I.-Prozesse sowie die Fach-I. im Sinne von Nachricht als Gegenstand dieses I.-Prozesses. Als Informatik kann dagegen eine Komplexwissenschaft bezeichnet werden, die u. a. die IDw. und auch die Iw. in sich vereint.

 

Die Aufgaben der IDw. und damit auch jeglicher I.- und Dokumentationstätigkeit in der DDR sind in den Grundlinien bereits in der Zielfunktion entsprechend der Definition der IDw. enthalten. Dazu gehören insbesondere: Untersuchungen zur Gegenstandsbestimmung der IDw., Probleme der I.-Bedarfsermittlung, der I.-Speicherung, der I.-Verarbeitung, der I.-Recherche, der Thesaurusforschung, Kompatibilitätsprobleme, weiterhin Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der ID. sowie die Entwicklung und der Aufbau von I.-Systemen. Aktuelle Aufgaben auf dem Gebiet der ID. werden in den Plänen Wissenschaft und Technik als Bestandteile der Perspektiv- und Jahresplanung (Planung) berücksichtigt.

 

Eine zentrale Stellung bei der Durchführung dieser [S. 418]Aufgaben nimmt das Zentralinstitut für Information und Dokumentation (ZIID) ein. Das ZIID wurde im Jahre 1963 — beeinflußt durch die mit dem VI. Parteitag eingeleitete Wirtschaftsreform — aufgrund eines Ministerratsbeschlusses sowie einer anschließenden Anordnung gegründet. Seine Vorgänger waren die Ende 1950 gegründete Zentralstelle für wissenschaftliche Literatur (ZwL), sowie, nach deren Auflösung im Jahre 1957, das bereits 1955 ins Leben gerufene Institut für Dokumentation (IfD). Dem ZIID sind ca. 30 Zentrale Leitstellen für I. und Dokumentation (ZLID) bei zentralen Organen bzw. zentralen wissenschaftlichen Institutionen zugeordnet. Ihnen unterstehen wiederum ca. 150 Leitstellen für I. und Dokumentation (LID) in VVB, Kombinaten, Betrieben usw. Die LID haben neben der Durchführung eigenständiger Aufgaben anleitende und kontrollierende Funktionen gegenüber den in VEB-Instituten, Einrichtungen der Außenwirtschaft sowie des Binnenhandels und anderen Einrichtungen organisierten rd. 1 000 I.-Stellen (IS).

 

Organ des ZIID ist die Zeitschrift Informatik, früher ZIID-Zeitschrift (sie erschien 1974 im 21. Jahrgang).

 

Besondere Auswirkungen auf die gegenwärtige und zukünftige I.- und Dokumentationstätigkeit in der DDR hat insbesondere das im Juli 1971 von der XXV. Tagung des RGW angenommene Komplexprogramm. Hauptziel soll es sein, im Bereich des RGW ein internationales System für wissenschaftliche und technische I. bis 1975 zu schaffen. Dieses System soll auf der Kooperation der nationalen Systeme der noch zu entwickelnden internationalen I.-Teilsysteme (z. B. Zweige und spezielle I.-Arten) sowie auf der Tätigkeit des von den RGW-Ländern gegründeten „Internationalen Zentrums für wissenschaftliche und technische Information“, mit Sitz in Moskau, basieren. Im Zusammenhang mit diesen Entwicklungsarbeiten gewinnt insbesondere ein geplantes I.-System, welches die Komplexe „Wissenschaft“, „Technik“ und „Ökonomie“ umfaßt, an Bedeutung. Grundlage hierfür sollen die zu entwickelnden nationalen „Volkswirtschaftlichen Informationssysteme“ (VIS) der einzelnen RGW-Länder sein.

 

Die Organisation eines VIS in der DDR ist bereits theoretisch abgeschlossen. Gegenwärtig sind jedoch erst Teile dieses Systems im praktischen Einsatz. Nach den theoretischen Vorstellungen gliedert sich das VIS der DDR (verantwortlich: Staatliche Plankommission) in die Teilsysteme: I.-System Wissenschaft und Technik (IWT) (verantwortlich: ZIID); I.-System Rechnungsführung und Statistik (IRS) (verantwortlich: Staatliche Zentralverwaltung für Statistik [SZS]) und I.-System Leitung und Planung (ILP) (verantwortlich: Staatliche Plankommission, [SPK]).

 

a) Das IWT. Mit einem Ministerratsbeschluß im Jahre 1963 wurde in der DDR der Aufbau eines IWT festgelegt. Inzwischen ist das IWT das am weitesten entwickelte und durchorganisierte Teilsystem des VIS. Für das IWT sind weitere Subsysteme konzipiert worden, von denen einige bereits im Einsatz sind. Zu unterscheiden sind hierbei: IWT der Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige, der Kombinate und Betriebe, sowie IWT ausgewählter Wissenschaftszweige. Als oberster Grundsatz gilt, daß das IWT — entsprechend den im Komplexprogramm festgelegten Entwicklungsaufgaben — als ein Bestandteil des sich im Aufbau befindlichen „Internationalen Systems für wissenschaftliche und technische Information“ (ISWTI) weiter zu entwickeln ist. Entsprechend der durchzusetzenden Rationalisierung der I.-Verarbeitungsprozesse ist der koordinierte Einsatz des „Einheitlichen Systems der elektronischen Rechentechnik ESER)“ (EDV) und des „Einheitlichen Mikrofilmsystems (EMS)“ geplant. Die mit dem Einsatz der EDV verbundene zunehmende Konzentration und Zentralisation des IWT wird daher zur Herausbildung von sog. Informationszentren führen. Zugleich soll das Netz der Informationsstellen weiter ausgebaut werden, so daß in allen Bereichen und Ebenen der Volkswirtschaft eine effektive Versorgung der Nutzer mit I. unter Nutzung der zentral von den I.-Zentren herausgebrachten I.-Leistungen gewährleistet ist. Parallel zu der geplanten Entwicklung des ISWTI werden auch in der DDR „Zweigorientierte Informationszentren“ (ZIZ) bzw. „Quellenorientierte Informationszentren“ (QIZ) mit weitgehend automatisierten Recherche-Systemen aus- bzw. aufgebaut. Grundlage für den Aufbau der ZIZ sind Wirtschafts- und Wissenschaftszweige, wobei allgemein die ZIZ einen Wirtschaftszweig (Ministeriumsbereich) oder Wissenschaftszweig überdecken können. Dementsprechend sollen in allen Wirtschaftsbereichen der DDR-Volkswirtschaft (Industrie, Bauwesen, Verkehrswesen usw.) und für strukturbestimmende Wirtschaftszweige sowie für ausgewählte Wissenschaftszweige (wie Mathematik, Medizin usw.) ZIZ organisiert werden. Grundlage für den Aufbau der QIZ sind dagegen ausgewählte Arten von I.-Quellen. Als Kriterium wird hervorgehoben, daß der „Informationsfonds“ der QIZ außer der I.-Versorgungsfunktion noch weitere Funktionen zu erfüllen hat, die sich aus juristischen, wirtschaftspolitischen und weiteren Gesichtspunkten ergeben. QIZ werden gegenwärtig für die I.-Quellen „Forschungs- und Entwicklungsberichte“, „Patente“, „Standardisierung“ und „Metrologie“ (Maß- und Gewichtskunde) entwickelt.

 

Aufgaben der ZIZ und QIZ innerhalb des IWT sind u. a.: Koordinierung und Organisation der ihnen zugewiesenen I.-Quellen, Speicherung der „Informationsnachweise“ und Komplettierung des „Informationsfonds“ über den Datenaustausch, Durchführung von retrospektiven Recherchen und der selekti[S. 419]ven I.-Verbreitung sowie die Durchsetzung der einheitlichen Entwicklung des IWT entsprechend der festgelegten Grundlinien. Einzelne Subsysteme des IWT sind — zumindestens in Teilen — bereits im Einsatz, und zwar u. a. für die Außenwirtschaft, die Bauwirtschaft, die Seewirtschaft, den Maschinenbau, den Schiffsbau, die Medizin sowie die Chemie, b) Die I.-Systeme (IS) Rechnungsführung und Statistik (IRS) sowie Leitung und Planung (ILP). Mit der Entwicklung einer ersten Konzeption dieser IS begann man in der DDR 1967/68. Hinsichtlich ihres theoretischen Reifegrades und ihrer praktischen Einsatzfähigkeit weisen sie jedoch gegenüber dem IWT einen erheblichen Entwicklungsrückstand auf. Gegenüber dem IWT befassen sich diese beiden Teilinformationssysteme vornehmlich mit der automatisierten Organisation wirtschaftlich relevanter I.-Prozesse. Ihre Aufgabe besteht daher in der Beschaffung und Verarbeitung von Daten sowie der Bereitstellung von I. (Plan-I., Berichts-I., Direktiv- oder Weisungs-I. und unterrichtende I.) für Führungskader (in Betrieben, Kombinaten, VVB, Zweigen usf.) als Entscheidungsgrundlage beider Leitung und Planung der Volkswirtschaft und deren Teilbereichen. Als Voraussetzung für einen reibungslosen Einsatz der beiden Teilinformationssysteme wurde bereits frühzeitig mit der Systematisierung volkswirtschaftlicher Kennziffern, mit der Primärdatenorganisation sowie mit einer einheitlichen EDV-gerechten Gestaltung von Vordrucken begonnen.

 

 

Dabei stellten sich insbesondere Schwierigkeiten bei der Kennziffernsystematisierung ein, da einige Kennziffern (z. B. Gewinn, Verlust, Nettogewinnabgabe) nicht eindeutig definiert waren. Schwierigkeiten ergaben sich ebenfalls, weil bereits für die Datenverarbeitung verschlüsselte Kennzahlen verändert wurden. Trotz dieser Einschränkungen sind nach offiziösen Verlautbarungen Systemteile sowohl des IRS als auch des ILP verschiedentlich zur Bewältigung verschiedener Aufgaben eingesetzt worden.

 

c) Automatisierte Leitungssysteme. Der Zusammenschluß des Leitungs- und Planungssystems (ILP) mit dem Teilsystem Rechnungsführung und Statistik (IRS) sowie dem I.-System Wissenschaft und Technik (IWT) führt zu einer besonderen Form eines I.-Systems. Charakteristisch sind seine weitgehende Automatisierung und ein hoher Integrationsgrad der EDV (z. B. Einsatz von Rechnern der ESER-Familie). Dazu gehört auch die Einbeziehung der Produktionssteuerung mit Hilfe von Prozeßrechnern, der Einsatz der Datenfernübertragung (DFÜ) usw. Darüber hinaus finden Erkenntnisse anderer Wissenschaftsdisziplinen wie der Kybernetik, der I.-Theorie sowie auch der Operationsforschung Berücksichtigung.

 

Der Aufbau eines derartigen I.-Systems wurde erstmals anläßlich des VII. Parteitages der SED 1967 gefordert. Ziel sollte es sein, „Integrierte Systeme der automatisierten Informationsverarbeitung“ (ISAIV) in Industriebetrieben zu entwickeln. Im weiteren Verlauf tauchten jedoch neue Bezeichnungen, wie „Betriebliches Informationssystem“ (BIS) sowie auch „Integriertes Leitungs- und Informationssystem“ (ILIS) auf. Gegenwärtig wird in der DDR zunehmend die Bezeichnung „Automatisiertes Leitungssystem“ (ALS) in Anpassung an die sowjetische Wortprägung (ASU = Abkürzung für awtomatisirowannaja sistema uprawlenija) verwendet (hierzu EDV: Beispiel für die Anwendung der EDV).

 

Das ALS eines Betriebes wird definiert „als ein Leitungssystem, in dem für die regelmäßige Lösung algorithmierbarer Informationsprozesse der Wirtschafts- und Produktionstätigkeit eines Betriebes“ die EDV und Erfahrungen anderer Wissenschaftsdisziplinen berücksichtigt werden. Noch sind die Entwicklungsarbeiten für einen praktischen Einsatz eines ALS in der DDR nicht abgeschlossen. Bisher wurden daher lediglich einige Systembausteine auf ihre praktische Eignung überprüft. Auf der Grundlage betrieblicher ALS sollen, nach einheitlichen Grundlagen und Prinzipien aufgebaut, ALS in VVB, Wirtschaftsbereichen und in der gesamten Volkswirtschaft entwickelt werden. Langfristiges Ziel ist es schließlich, ein internationales, RGW-bezogenes ALS zu schaffen. Alle diese Entwicklungsarbeiten stehen im Zeichen einer intensiven Kooperation mit der UdSSR.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 416–419


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.