DDR von A-Z, Band 1975

Investitionen (1975)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1979 1985


 

I. sind Aufwendungen, die dem Ersatz bzw. der Erweiterung des Anlagevermögens (Grundmittel in allen Bereichen der Wirtschaft dienen. Sie umfassen vor allem Bauten und Ausrüstungen (z. B. Maschinen, Fahrzeuge, Hebezeuge, Betriebs- und Büroausstattungen) sowie auch Projektierungsleistungen und Erschließungskosten.

 

Die I.-Tätigkeit wird grundsätzlich staatlich geplant und z. T. aus Mitteln des Staatshaushaltes finanziert (Investitionsplanung; Investitionsrechnung). In den ver[S. 434]gangenen zwei Jahrzehnten haben die I. (einschließlich Generalreparaturen) erheblich zugenommen; sie stiegen im Zeitraum von 1950 bis 1973 von 4,2 Mrd. auf 39,6 Mrd. Mark. Diese Entwicklung verlief allerdings nicht gleichmäßig: Sowohl 1961/1962 als auch 1971/1972 war eine Stagnation zu beobachten: einerseits als Folge der fehlerhaften Ansätze des Siebenjahrplanes, andererseits durch die Kürzung der I.-Tätigkeit zu Beginn der 70er Jahre als Reaktion auf die Unausgewogenheiten der 1968 entwickelten einseitigen strukturpolitischen Konzeption.

 

 

 

Charakteristisch für die DDR ist eine I.-Politik, die der Industrie seit Jahren mit über 50 % der gesamten I. deutlichen Vorrang einräumt (Anlagevermögen). Der I.-Anteil der Industrie ist fast doppelt so hoch wie in der Bundesrepublik, dafür erreichen wesentliche Infrastrukturbereiche, wie die Wohnungswirtschaft, nur knapp die Hälfte des westdeutschen Anteils. Der Bereich Verkehr, Post- und Fernmeldewesen zeigt hingegen einen gleichen und die Land- und Forstwirtschaft einen doppelt so hohen Anteil wie in der Bundesrepublik. Bei der Landwirtschaft dürfte für diese herausragende Stellung der hohe Selbstversorgungsgrad und der Übergang zu landwirtschaftlichen Großbetrieben mit „industriemäßigen Produktionsmethoden“ verantwortlich sein.

 

Innerhalb der Industrie galt bis 1965 folgende Verteilung der I. (ohne Generalreparaturen) auf die Industriebereiche:

 

 

Bis 1970 änderte sich dieses Bild beträchtlich: In den I.-Güterbereichen sowie bei der Leicht- und auch der Lebensmittelindustrie stiegen die I. stark überdurchschnittlich, bei den Grundstoffindustrien fielen sie jedoch zurück, so daß deren Anteil auf 50 v. H. abnahm. Hier wirkte sich vor allem der I.-Rückgang bei der Energie- und Brennstoffindustrie aus. Dies war die Folge sowohl einer Überschätzung des Strukturwandels zugunsten von Erdöl und Erdgas als auch einer Unterschätzung des Elektroenergiebedarfs. Neben Engpässen bei der Elektrizitätserzeugung traten Störungen auch deshalb auf, weil die Zulieferbranchen nicht mit der Ausweitung der „strukturbestimmenden“ Produktionskapazitäten (insbesondere der der I.-Güterindustrien) Schritt hielten.

 

Mit der Hauptaufgabe des Fünfjahrplans (1971–1975) wurden die 1. in ihrer Priorität zugunsten des Konsums zurückgestuft und innerhalb der I.-Tätigkeit Konsumgüterindustrie und Infrastruktur mehr Bedeutung gegeben. So wurden höhere Anteile für den Bau von Wohnungen, Kindergärten, Schulen und anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorgesehen und in der Industrie als Schwerpunkte Energiewirtschaft, Erzeugung von Roh- und Grundstoffen sowie sonstige Zulieferindustrien, Wasserwirtschaft und bisher vernachlässigte Branchen des Verbrauchsgütersektors Vorrang eingeräumt. Damit hat sich der I.-Anteil des Wohnungswesens im Zuge des verstärkten Wohnungsbaus seit 1970 von 9 auf 12 v. H. erhöht. Innerhalb der Industrie verteilen sich die I. nunmehr (1973) zu gut 56 v. H. auf die Grundstofferzeugung, zu 20 v. H. auf die I.-Güterindustrien, zu 19 v. H. auf die verbrauchsnahen Bereiche und zu knapp 5 v. H. auf die Wasserwirtschaft.

 

Die langfristigen Entwicklungsvorstellungen sehen bei einem jährlichen gesamtwirtschaftlichen Wirtschaftswachstum von 5 v. H. eine überdurchschnittliche Zunahme der Netto-I. (+ 7 v. H. pro Jahr) vor. Netto-I. sind Brutto-Anlage-I. abzüglich Ersatz-I., wobei Ersatz-I. jenen Teil der gesamten I. darstellen, der den Verschleiß der Anlagen im Zeitverlauf ersetzt und damit den bisherigen Anlagenbestand aufrechterhält. Dieses überproportionale Wachstum der Netto-I. ist zwar keine Abkehr, sondern eher Voraussetzung einer weiteren Konsumförderung; jedoch dürften Friktionen zwi[S. 435]schen Produktions- und Verwendungsstruktur unvermeidlich sein. Überfordert ist gegenwärtig der — als Erzeuger von Exportgütern und Rationalisierungsmitteln gefragte — Maschinenbau. Planung.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 433–435


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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