DDR von A-Z, Band 1975

Musikschulen (1975)

 

 

Siehe auch die Jahre 1969 1979 1985


 

Vorläufer der heutigen M. sind die nach 1945 zunächst spontan entstandenen und gewachsenen, seit 1954/55 der zentralen staatlichen Planung unterstellten Volks-M. Ihre Aufgabe war es, das Bildungsprivileg der bürgerlichen Gesellschaft zu brechen. 1959 gab es 6 Hauptstellen mit 248 Außenstellen und 237 Stützpunkten.

 

Nach einer Entschließung der Kulturkonferenz des Zentralkomitees der SED 1960 sollte „ … die für das Jahr 1960 vorgesehene Erweiterung der Volksmusikschulen zu Volkskunstschulen beschleunigt werden …“. Dieses Vorhaben wurde kurz darauf als zu [S. 580]umfangreich erkannt. Man beschränkte sich deshalb zunächst auf den weiteren Ausbau der nunmehr in M. umbenannten Volks-M. Die M. erhielten „ … die gesellschaftlich bedeutsame Aufgabe, musikalisch besonders interessierte und begabte Schüler … in einer langfristigen, systematischen Ausbildung zu hohen musikalischen Leistungen zu führen, sie im Geiste des Sozialismus zu erziehen und zur aktiven schöpferischen Teilnahme am kulturellen Leben der sozialistischen Gesellschaft zu befähigen“.

 

Die kulturelle Bildung in Verbindung mit einer Erziehung „im Geist des Sozialismus“ sind also die vorrangigen Zielsetzungen dieser Anordnung. Demgegenüber läßt sich gut 10 Jahre später eine Aufgabenverschiebung erkennen, die u. a. durch einen Mangel an Berufsmusikern erklärt wird. Die AO Nr. 2 über die M., im Mai 1972 erlassen, bestimmt Ziele und Aufgaben sowie das Profil in der M.-Ausbildung für die Jahre 1970–1980. Danach geht es in erster Linie um die Intensivierung des Unterrichts auf hohem Niveau, um optimale Ergebnisse bei der Gewinnung von begabten Schülern für das Musikstudium und das künstlerische Volksschaffen sowie um die verstärkte Mitwirkung der Musikschüler bei der Gestaltung des geistig-kulturellen Lebens. Die M. wurden in das umfassende Bildungssystem mit eingegliedert. Durch die Anordnung wurde ferner festgelegt, daß mindestens 50 v. H. der Schüler sinfonische Instrumente erlernen müssen. Damit fand eine entscheidende Umorientierung zugunsten der Förderung des zukünftigen Berufsmusikernachwuchses statt. Außerdem wurden Instrumente der Tanzmusik in die Ausbildung mit einbezogen.

 

An 87 M., denen etwa 100 Außenstellen zugeordnet sind, wurden 1973 35.000 Kinder und 3.000 Erwachsene unterrichtet. Über die Hälfte der Schüler erlernte ein Orchesterinstrument; damit entspricht das Verhältnis der in der AO 2 für die M. geforderten Instrumentalproportionen.

 

Der Schüleranteil der Kinder von Arbeitern und Genossenschaftsbauern betrug im gleichen Jahr 56 v. H. Der Unterricht erfolgt nach dem seit dem 1. 9. 1972 verbindlichen „Allgemeinen Lehrprogramm für den Unterricht in den M.“. Es handelt sich dabei um „die verbindliche wissenschaftliche Vorgabe, die inhaltliche Prioritäten setzt und methodologische Grundlage ist für zu erarbeitende Lehrpläne auf allen Gebieten des Unterrichts“.

 

Die Ausbildung an den M. ist unterteilt in:

 

1. Vorbereitungsklassen für Kinder im Vorschulalter (allgemein-musikalische Vorunterweisung und vorbereitender Instrumentalunterricht).

 

2. Grundstufe (u. a. für die Vorbereitung auf den Übergang zu Spezialoberschulen). Untergliederung der Grundstufe in Unter- und Mittelstufe. Die gesamte Grundstufenausbildung soll 7 Jahre nicht überschreiten.

 

3. Oberstufe (Sie ist gedacht für die Vorbereitung auf ein Studium an einer Hochschule für Musik, für das Lehrerstudium im Fach Musik, für Studenten der Musikwissenschaft, Bewerber in Orchestern der Nationalen Volksarmee, für Amateurtanzmusiker, Musikerzieher im Nebenfach und für die musikalische Tätigkeit im Bereich des künstlerischen Volksschaffens als Instrumental- und Gesangssolist, Chor- oder Singegruppenleiter, Leiter von Instrumentalgruppen und Orchestern). Spezielle Aufgaben kommen den Bezirks-M. zu, die bis 1975 in allen Bezirken der DDR eingerichtet sein sollen. Diese sind Leitungseinrichtungen des Bezirkes, a) für die M. des Bezirkes, b) für die Instrumental- und Gesangsunterweisung an Klub- und Kulturhäusern, in Betrieben, Kooperationsgemeinschaften und gesellschaftlichen Einrichtungen, c) für die Qualifizierung und Weiterbildung der auf diesem Gebiet tätigen Lehrkräfte.

 

Sie sind insbesondere zuständig für die Lehrerweiterbildung, Lehrgänge für Chor- und Singegruppenleiter, die Ausbildung auf dem Gebiet der Tanz- und Unterhaltungsmusik und (seit 1967) für die Ausbildung von Instrumentallehrern im Nebenberuf sowie der Sänger für die Berufschöre.

 

Viele der ehemals freischaffenden hauptamtlichen Musikerzieher sind durch Verträge an die M. verpflichtet worden: Eine in den letzten Jahren geförderte Ausbildung freischaffender Musiker im Nebenberuf ist vor allem auf mangelnde Kapazitäten der M. zurückzuführen. Die Ausbildung für Instumentallehrer im Nebenberuf dauert 2 Jahre. Zu den Fächern gehören Musikgeschichte, Kulturpolitik, Methodik und Lehrproben, Psychologie und Pädagogik. Im instrumentalen Hauptfach ist der Oberstufenabschluß der M. erforderlich.

 

Das Verhältnis hauptamtlicher und nebenamtlicher Lehrkräfte an den M. betrug im Jahre 1970 60:40 v. H. Einheitliches sozialistisches Bildungssystem, II. D.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 579–580


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.