DDR von A-Z, Band 1975

 

Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) (1975)

 

 

Siehe auch:

 

I. Entstehung und Entwicklung des RGW

 

 

Der RGW (im Westen auch als COMECON bekannt) wurde im Januar 1949 in Moskau gegründet. Gründungsmitglieder waren: Bulgarien, ČSSR, Polen, Rumänien, UdSSR und Ungarn. Albanien ist dem Rat einen Monat später beigetreten, im September 1950 folgte die DDR als Vollmitglied. 1962 hat der RGW mit dem Beitritt der Mongolei seinen auf Europa bezogenen Regionalcharakter verloren. Im gleichen Jahr verzichtete Albanien aus politischen Gründen (Auseinandersetzungen zwischen der Sowjetunion und der VR China) auf die aktive Mitgliedschaft, blieb aber de jure Mitglied des Rates. Im Juli 1972 wurde schließlich Kuba als Vollmitglied aufgenommen - die ökonomischen Auswirkungen der Erweiterung der Gemeinschaft auf die westliche Hemisphäre sind jedoch, ebenso wie im Falle der Mongolei, relativ gering.

 

Die übrigen sozialistischen Länder (VR Korea, VR Vietnam, Jugoslawien und — bis 1966 — die VR China) nehmen seit Mitte der 50er Jahre an Beratungen der Ratsorgane teil. Jugoslawien erhielt 1964 den Status eines teilassoziierten Mitglieds und ist an bestimmten Aktivitäten der Gemeinschaft („von gemeinsamem Interesse“) beteiligt.

 

Die Gründung des RGW war überwiegend politisch motiviert (Gegenstück zum Marshall-Plan). Den beteiligten Regierungen fehlte seinerzeit der Wille zu gemeinschaftlichem Handeln. Erst nach und nach kam es zu einer Belebung der Tätigkeiten des RGW. Ende 1959 wurde die erste Satzung der Gemeinschaft angenommen, die drei Jahre später korrigiert wurde und in dieser Fassung Ziele, Prinzipien, Funktionen und Vollmachten der Organisation definiert. 1962 scheiterte der Versuch von Chruschtschow, im RGW eine überstaatliche Wirtschaftsplanung einzuführen, am offenen Widerstand Rumäniens. Stattdessen wird in den „Grundprinzipien der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung“ — im selben Jahr einstimmig angenommen — die Koordinierung der staatlichen Wirtschaftspläne zur Hauptmethode der Zusammenarbeit erklärt.

 

Das Jahr 1969 markiert den Beginn einer neuen Entwicklungsetappe. Seither wird im RGW-Raum eine Debatte über die „sozialistische ökonomische Integration“ geführt; dieser Begriff ist in einem offiziellen RGW-Dokument erstmals Mitte 1970 erwähnt worden. Bisheriger Höhepunkt dieser Integrations-Diskussion ist das „Komplexprogramm für die weitere Vertiefung und Vervollkommnung der Zusammenarbeit und Entwicklung der sozialistischen ökonomischen Integration der Mitgliedsländer des RGW“ (im folgenden „Komplexprogramm“), das im Juli 1971 von den Mitgliedsstaaten einstimmig angenommen wurde. Es sieht für den RGW eine Übergangsperiode von 15 bis 20 Jahren vor, in welcher der Zusammenschluß der osteuropäischen Volkswirtschaften mit dem Ziel der Integration gestärkt und vertieft werden soll.

 

II. Integrationspolitische Bedeutung der Niveau- und Strukturunterschiede im RGW

 

 

Die Grundprobleme der „sozialistischen ökonomischen Integration“ im RGW und der „Wirtschafts- und Währungsunion“ der EG sind — trotz aller systembedingten Unterschiede im Detail — nahezu identisch: In beiden Fällen geht es um eine Abstim[S. 690]mung der nationalen Wirtschaftspolitiken unter der notwendigen Bedingung einer gleichmäßigen Verteilung der daraus resultierenden Vor- und Nachteile. Daraus leitet sich die Frage ab, ob eine solche wirtschaftspolitische Abstimmung („Harmonisierung“) unter Wahrung nationalstaatlicher Autonomie zu erreichen ist oder der Übertragung eines Mindestmaßes nationalstaatlicher Kompetenzen auf gemeinschaftliche („supranationale“) Organe bedarf. Eng verknüpft damit ist das Problem, ob und wie weit eine Angleichung des wirtschaftspolitischen Instrumentariums, d. h. eine gewisse Übereinstimmung im ordnungspolitisch-institutionellen Bereich der beteiligten Volkswirtschaften, herbeigeführt werden muß; dieses Problem ist im RGW-Raum gerade im Zusammenhang mit den Wirtschaftsreformen in den einzelnen Mitgliedsstaaten von großer aktueller Bedeutung.

 

Die für die Integration unerläßliche wirtschaftspolitische Abstimmung hat die allmähliche Angleichung der wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Mitgliedsstaaten zur Voraussetzung. Eine solche Interessenangleichung ist im RGW bislang — trotz gemeinsamer Parteiideologie und prinzipieller Übereinstimmung der Gesellschaftsordnungen — ausgeblieben. Die wichtigste Ursache sind die gravierenden Niveau- und Strukturunterschiede. Das ökonomische Leistungspotential ist im RGW sehr ungleichmäßig verteilt. Allein die UdSSR produziert 65 bis 70 v. H. des (geschätzten) Sozialprodukts der Gemeinschaft. Das ist nicht nur die Grundlage der gegenwärtigen ökonomischen und politischen Vormachtstellung der Sowjetunion, es ist gleichzeitig unveränderliches Merkmal für die Zukunft des RGW: Fortschritte in der Zusammenarbeit werden zur Stärkung der sowjetischen Vorherrschaft beitragen, und zwar unabhängig vom politischen Willen der jeweiligen sowjetischen Führung.

 

Nach der absoluten Höhe des Sozialprodukts ist die DDR hinter der UdSSR und Polen die drittgrößte Volkswirtschaft im RGW. Gemessen am Produkt je Einwohner bzw. je Erwerbstätigen steht sie an der Spitze der Rangfolge der RGW-Länder, sie dürfte den Durchschnitt — ebenso wie beim Lebensstandard — um rd. 50 v. H. übertreffen. Die UdSSR, die führende politische Macht der Gemeinschaft, gehört dagegen zu den schwächer entwickelten Volkswirtschaften. Innerhalb des RGW gibt es gravierende Unterschiede hinsichtlich fast aller ökonomischen Kennziffern: Produktivität und Lebensstandard, Wirtschaftsstruktur und Außenhandelsintensität. Aus diesen Differenzen resultieren vor allem stark divergierende nationalstaatliche Wachstumsziele. Hinzu kommen Unterschiede in den Produktions- und Konsumgewohnheiten der Menschen sowie ihrer psychologischen Einstellung zu wirtschaftlichen Problemen, ein Tatbestand, dessen integrationspolitische Bedeutung auch in der EG im Zusammenhang mit der angestrebten Wirtschafts- und Währungsunion erkannt worden ist.

 

Ein bedeutsames Strukturproblem des RGW ist ferner die unterschiedliche Außenhandelsverflechtung der Mitglieder. Die kleineren Volkswirtschaften weisen eine — relativ hohe — Verflechtungsquote auf (Exporte in v. H. des Nationalprodukts), die gegenwärtig zwischen 40 (Ungarn) und 24 (DDR) schwankt; diese Länder müssen der Außenwirtschaft im Rahmen ihrer Wirtschaftspolitik eine entsprechend große Beachtung schenken. Im Falle der UdSSR beträgt diese Quote nur rund 6 v. H., und die Sowjetunion ist — ebenso wie die USA — aufgrund dieser geringen Verflechtung mit dem Ausland eher in der Lage, wirtschaftspolitische Maßnahmen unter Mißachtung ihrer außenwirtschaftlichen Konsequenzen durchzuführen.

 

III. Ziele und Methoden der Integration

 

 

Die strukturellen Unterschiede und die damit zusammenhängenden Interessengegensätze zwischen den RGW-Ländern tragen einen langfristigen Charakter. Um die ökonomische Kooperation im RGW unter diesen Voraussetzungen überhaupt voranbringen zu können, mußten die Integrationsziele so formuliert werden, daß sie von allen Mitgliedern akzeptiert werden konnten.

 

Das strategische Endziel der „sozialistischen Integration“ ist im Komplexprogramm aus diesem Grunde nicht definiert worden. Die Integration selbst wird nur sehr vage als ein von den kommunistischen Parteien und Regierungen der Mitgliedsstaaten „bewußt und planmäßig gestalteter Prozeß der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung“ beschrieben. Im Zuge dieses Prozesses soll zwar eine Reihe von ökonomischen, politischen und ideologischen Einzelzielen verwirklicht werden (u. a. beschleunigtes Wirtschaftswachstum, höherer Lebensstandard, erhöhte Verteidigungskraft, höherer und stabilerer Intrablockhandel). Ihre zeitliche und sachliche Priorität ist aber interpretationsbedürftig. Zum Hauptziel der Gemeinschaft für die kommenden 15 bis 20 Jahre ist die schrittweise Annäherung und Angleichung des sozioökonomischen Leistungsniveaus der beteiligten Staaten erklärt worden (= Abbau der für die Integration negativen Struktureinflüsse). Darüber, welche der im RGW zusammengeschlossenen Volkswirtschaften unterentwickelt sind und demzufolge Entwicklungshilfe von ihren Partnern beanspruchen dürfen, wird — die Mongolei ausgenommen — ebensowenig gesagt, wie darüber, wer für diese Hilfe aufzukommen hat, in welcher Höhe und in welcher Form.

 

Das Komplexprogramm ist keine Richtschnur für konkretes wirtschaftspolitisches Handeln; es ist vielmehr eine Absichtserklärung über die Marschrichtung, in der eine Interessenangleichung herbeigeführt werden soll.

 

[S. 691]Als „Hauptmethode der Organisation der Zusammenarbeit und Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung“ wird im Komplexprogramm die Koordinierung der Pläne bestätigt. Sie beeinträchtigt nicht die nationalstaatliche Souveränität. Die Mitgliedsländer sollen die mittel- und vor allem langfristig wichtigsten wirtschaftspolitischen Maßnahmen untereinander abstimmen, einmal im Bereich der Strukturpolitik sowie der Entwicklung von Wissenschaft und Technik, zum anderen auf dem Gebiet der Spezialisierung und Kooperation der Industrieproduktion. Die Unabhängigkeit der nationalen Regierungen ist dadurch ausreichend gewahrt, daß sich an der Koordinierung bestimmter Sachbereiche nur die jeweils „interessierten“ Mitglieder zu beteiligen brauchen, d. h. die wirtschaftspolitische Abstimmung kann sowohl zwei- als auch mehrseitiger Natur sein.

 

Eine neue, im Komplexprogramm genannte Form der wirtschaftlichen Verflechtung ist die gemeinsame Planung einzelner Industriezweige und Produktionsarten. Im Sinne einer maximalen Sicherung nationalstaatlicher Kompetenzen wird diese Form der zukünftigen Zusammenarbeit in dreifacher Weise eingeschränkt: a) Es sollen sich daran nur die jeweils „interessierten“ Länder beteiligen, b) der selbständige Charakter der „inneren Planung“ muß erhalten bleiben und c) die entsprechenden Produktionsanlagen und -ressourcen bleiben im nationalen Eigentum.

 

In kleineren Bereichen ist es schon zu gemeinsamem Handeln gekommen. So hat die DDR mit der UdSSR Ende 1973 eine sog. Internationale Wirtschaftsorganisation „Assofoto“ gegründet (s. Übersicht). Geschäftsbereich dieses Konzerns: Gemeinsame Planung der Forschung und Entwicklung, der Produktion und des Handels fototechnischer und magnetischer Materialien für Informationsaufzeichnung. Auch an weiteren Organisationen hat sich die DDR beteiligt (Interatominstrument, Interatomenergo, Intertextilmasch). Es hat den Anschein, daß man mit diesen Experimenten demonstrieren will, daß es heute im RGW gemeinsam zu planende Integrationsprojekte gibt und daß das gemeinschaftliche Vorgehen zum Vorteil für alle wird („Politik der kleinen Schritte“).

 

Darüber hinaus verpflichteten sich die RGW-Länder zu gegenseitigen Konsultationen — der am wenigsten intensiven Integrationsmethode — in allen Grundfragen der Wirtschaftspolitik sowie der nationalstaatlichen Wirtschaftsreformen.

 

IV. Organisation und Willensbildung

 

 

Die Hauptprinzipien des RGW, wie sie in der Ratssatzung aus dem Jahre 1962 niedergelegt sind, wurden im Komplexprogramm bestätigt: „Die sozialistische ökonomische Integration erfolgt auf der Grundlage der völligen Freiwilligkeit und ist nicht mit der Schaffung übernationaler Organe verbunden …“

 

Die gegenwärtige Organisationsstruktur der Gemeinschaft unterscheidet die folgenden Hauptorgane (s. Schaubild auf Seite 692):

 

Ratstagung: Sie setzt sich aus Vertretern der Mitgliedsländer zusammen, die von den nationalen Regierungen entsandt werden. Sie ist das oberste Organ des RGW.

 

Exekutivkomitee: Die stellvertretenden Regierungschefs bilden das wichtigste Vollzugsorgan, das die Aufsicht über alle nachgeordneten Organe ausübt.

 

Ständige Kommissionen: Es gibt gegenwärtig 20 Kommissionen, entweder als Branchenkommissionen (z. B. für chemische Industrie) oder mit allgemeinem Aufgabenbereich (z. B. für Außenhandel). Sie werden aus Vertretern der Mitgliedsländer, angeführt vom zuständigen Ressortminister, gebildet. Ihre Funktion: Weiterentwicklung der Zusammenarbeit in ihrem Bereich.

 

In Moskau haben — neben allen anderen Hauptorganen — insgesamt 7 Kommissionen ihren ständigen Sitz: Elektroenergie, Schwarzmetallurgie, Außenhandel, ökonomische Fragen, Ausnutzung der Atomenergie zu friedlichen Zwecken, Statistik sowie Valuta- und Finanzfragen; alle Ständigen Kommissionen allgemeineren Charakters befinden sich somit in der sowjetischen Hauptstadt.

 

Von den übrigen Kommissionen haben 3 ihren Amtssitz in Berlin (Chemische Industrie, Bauwesen, Standardisierung), jeweils 2 in Warschau (Kohleindustrie, Transportwesen), Prag (Maschinenbau, Leichtindustrie), Sofia (Nahrungsmittelindustrie, Landwirtschaft), Budapest (Buntmetallurgie, Radiotechnische und elektronische Industrie) sowie je 1 in Bukarest (Öl- und Gasindustrie) und Ulan-Bator (Geologie).

 

Komitee für Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Planungstätigkeit: In diesem Komitee beraten die Planungschefs der Mitgliedsländer über Bereiche und Maßnahmen der Plankoordinierung.

 

Komitee für wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit: Organ der Länder-Ressortschefs für Wissenschaft und Technik zur Beratung und Abstimmung von Maßnahmen zur Koordinierung der Forschung.

 

Komitee für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der materiell-technischen Versorgung: gegründet auf der 28. Ratstagung (18.–21. 6. 1974).

 

Sekretariat: Ständiges Organ des RGW (1 Generalsekretär und etwa 650 Mitarbeiter), führt die Verwaltungsarbeiten für alle Haupt- und Nebenorgane durch.

 

Die Hauptorgane — das Sekretariat ausgenommen — besitzen im Rahmen ihres Geschäftsbereichs lediglich das Recht, Empfehlungen in Sachen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auszusprechen. Diese Empfehlungen müssen, um in der Praxis wirksam zu werden, von den souveränen Mitgliedsländern ange[S. 692]nommen werden. Als einziges Hauptorgan ist das Sekretariat, das unter allen Ratsorganen am ehesten in der Lage wäre, Gemeinschaftsinteressen zu verfolgen, nicht zu Empfehlungen berechtigt; es erfüllt im Rahmen der Willensbildung innerhalb des RGW die Funktion eines Initiators.

 

 

Die gleiche Rolle spielen die Neben- oder Hilfsorgane des Rates, wie z. B. die Ständige Beratung der Minister für Binnenhandel (insgesamt gibt es 7 solcher Beratungen) oder der Arbeitsgruppe für nationale und internationale Preisbildung.

 

Diese Organisationsstruktur sichert den Mitgliedsländern ein Höchstmaß an Einflußnahme auf Gemeinschaftsebene zu. Noch wichtiger für die Dominanz der nationalen über die Gemeinschaftsinteressen ist allerdings die bestehende Form der Willensbildung: Alle Empfehlungen müssen einstimmig verabschiedet werden. Das Prinzip der Einstimmigkeit, die entscheidende Garantie der staatlichen Souveränität der Mitgliedsländer, ist ein Grundsatz der RGW-Verfassung. Seit 1967 gilt das Einstimmigkeitsprinzip nur für die jeweils „interessierten“ Mitglieder: Jedes Land, das in bezug auf eine geplante Maßnahme sein „Nicht-Interesse“ erklärt, kann seine Mitarbeit in diesem Falle zwar einstellen (Rumänien ist z. B. kein Mitglied von Interatominstrument), es kann aber nicht mehr, wie zuvor, das Zustandekommen einer mit dem Einverständnis der interessierten Länder empfohlenen Maßnahme verhindern.

 

Dieses Prinzip gilt auch für die Sonderorganisationen der RGW-Länder (s. Übersicht), die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten sowohl Empfehlungen annehmen als auch Entscheidungen fällen können. Das Statut der Internationalen Investitionsbank der RGW-Länder sieht allerdings erstmalig die Möglichkeit vor, das Einstimmigkeitsprinzip wenigstens in einem Randbereich zu durchbrechen.

 

Eine entsprechende Regelung findet sich auch in der Satzung von Interatominstrument (Geschäftsbereich: Entwicklung, Produktion, Handel und Betreuung von Geräten für die Kerntechnik; Geschäftsbeginn: 1. 3. 1972; Sitz: Warschau). Es ist kein RGW-Organ, sondern eine juristisch selbständige Sonderorganisation, getragen von 11 staatlichen Produktions- und Handelsunternehmungen aus 5 RGW-Mitgliedsländern (ohne Rumänien, die Mongolei und Kuba). Diese Unternehmungen behalten hinsichtlich ihres Vermögens sowie ihrer organisatorischen und rechtlichen Stellung die volle [S. 693]Selbständigkeit. Das Besondere an Interatominstrument ist, daß es sich aus eigenen Einnahmen finanzieren soll - allerdings erst nach einer 3jährigen Anlaufzeit. 1973 sind neben der bereits erwähnten Vereinigung „Assofoto“ 3 weitere „sozialistische multinationale“ Konzerne gegründet worden.

 

V. Bereiche der Zusammenarbeit

 

 

A. Intrablockhandel (IBH)

 

 

Für den gegenseitigen Warenaustausch der RGW-Länder (Intrablockhandel), den wichtigsten Bereich der Zusammenarbeit in der Gemeinschaft, gelten die bisherigen handelspolitischen Grundsätze unverändert fort: bilateraler, zum großen Teil streng kontingentierter Tausch; zweiseitig ausgehandelte, in der Regel über 5 Jahre unveränderte Vertragspreise und bilaterale Verrechnung. Die Hauptursache für diesen strikten Bilateralismus sind die im IBH geltenden Preise — das vielleicht umstrittenste Problem im Rahmen des RGW. Auch das Komplexprogramm bietet keine Problemlösung; denn die Preise sollen, wie bisher, „auf der Basis der Weltmarktpreise, die vom schädlichen Einfluß konjunktureller Faktoren des kapitalistischen Marktes bereinigt“ sind, zwischen den jeweiligen Partnern ausgehandelt werden. Unter diesen Voraussetzungen wird die DDR aufgrund ihrer überragenden handelspolitischen Stellung auch in Zukunft die Bedingungen des Warenaustausches mit ihren Partnern zu ihren Gunsten weitgehend bestimmen können. Mit einem Anteil von 16 v. H. am gesamten IBH (1973) ist die DDR hinter der UdSSR (36 v. H.) die zweitgrößte Handelsmacht der Gemeinschaft, wenn auch ihr Anteil leicht rückläufig ist. Die Wirtschaft der DDR ist aber — vor der Sowjetunion — der absolut größte Investitionsgüterlieferant: jede vierte im RGW-Handel exportierte Maschine stammt aus der DDR (1960 war es sogar jede dritte). Aus ihrer Rolle als Investitionsgüterlieferant resultiert auch die überdurchschnittliche Handelsverflechtung der DDR-Wirtschaft im RGW. Hierin zeigt sich allerdings — neben einer gewissen Abhängigkeit von der Wirtschaftslage der UdSSR — ein wichtiger Nachteil für die DDR: Ihre Partner befinden sich — die ČSSR ausgenommen — auf einer Entwicklungsstufe, die der technologisch in vielen Fällen überlegenen DDR kaum ausreichend Möglichkeiten bietet, die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung verstärkt zu nutzen.

 

Eine nachhaltige Intensivierung des IBH, zu erreichen über eine Konzentration der Exportindustrie in allen Partnerländern einschl. der DDR, ist die notwendige Voraussetzung für die Nutzung aller Vorteile aus der Integration. Dazu müßte die Plankoordinierung, wie ursprünglich beabsichtigt, zu einer weitreichenden Abstimmung der nationalstaatlichen Wirtschaftspolitik, insbesondere der Investitionspolitik, führen. Wichtigstes Instrument einer solchen Abstimmung wären ökonomisch begründete Wechselkurse, die bis heute im RGW fehlen - alle RGW-Währungen sind reine Binnenwährungen. Die Einführung einheitlicher Wechselkurse ist im Komplexprogramm — wenn überhaupt — erst für die 80er Jahre vorgesehen. Aus diesem Grunde wird die Koordinierung der Pläne ihren bilateralen Charakter beibehalten und sich hauptsächlich auf den gegenseitigen Handelsverkehr beschränken. Zwischen der DDR und Polen ist z. B. die erste Koordinierungsphase für das kommende Planjahrfünft 1976–1980 bereits abgeschlossen: beide Länder wollen Waren im Wert von 8 Mrd. Rubel austauschen, d. h. fast 100 v. H. über dem für 1971–1975 erwarteten Umsatz. Auf der Grundlage der bilateralen Plankoordinierung sollen spätestens in der ersten Hälfte des kommenden Jahres die Handelsabkommen für 1976–1980 zwischen den RGW-Volkswirtschaften abgeschlossen werden.

 

B. Produktionsspezialisierung und -kooperation

 

 

Eine Intensivierung des Handels zwischen der DDR und den übrigen RGW-Ländern setzt steigende Exporte dieser Handelspartner voraus. Dies könnte u. a. durch Kooperationsbeziehungen erreicht werden. Die bisher im RGW abgeschlossenen Kooperationsvereinbarungen erstrecken sich in erster Linie auf Spezialisierungsabkommen. Bisher wurde zwar die Produktion einer Vielzahl von Maschinen- und Anlagetypen spezialisiert (bis 1973: 2.300). Hierbei handelt es sich jedoch überwiegend um bilaterale Abkommen, in denen die überlieferten Produktionsschwerpunkte zementiert werden. Ihre ökonomische Bedeutung ist außerdem nicht abzuschätzen. In den Jahren 1968–1973 hatten diese Kooperations-Exporte einen Anteil an den gesamten Lieferungen der DDR in die übrigen RGW-Länder (einschl. Jugoslawien) von 15 v. H. Bei Exporten in die UdSSR waren es sogar 24 v. H.; für die Importe ergab sich dagegen nur ein Anteil von knapp 7 v. H. Auf die DDR entfiel der Hauptteil des auf Spezialisierungsvereinbarungen beruhenden Maschinen- und Anlagenexportes (ca. 25 v. H. der Ausfuhren in die RGW-Länder). Die Industrie der DDR konzentrierte sich in erster Linie auf die Produktion von Präzisionsgeräten der Feinmechanik/Optik, elektrotechnische Ausrüstungen, Ausrüstungen für chemische, zement- und metallverarbeitende Fabriken, Hebe- und Transportausrüstungen sowie Schiffe und Schienenfahrzeuge.

 

Zwei der bisher größten bilateralen Kooperationsprojekte hat die DDR mit der ČSSR vereinbart: Auf dem Sektor der Petrochemie soll im 1. Abschnitt eine Äthylenfabrik in Böhlen errichtet werden. Sie soll über eine Rohrleitung Chemiebetriebe in der ČSSR (Zaluzi und Nerotovice) mit Äthylen (jährlich 150.000 t) und Propylen beliefern. Etwa die Hälfte des verarbeiteten Rohstoffs soll in die DDR reexportiert und hier zu Kunststoffen verarbeitet wer[S. 694]den. Nach Errichtung einer Äthylenfabrik in der ČSSR soll in der 2. Etappe der Vereinbarung die Lohnveredelung von der DDR übernommen werden. Das 2. Projekt sieht den Entwurf und Bau eines neuen Pkw-Modells vor, jährlich 600.000 Stück, davon je die Hälfte in beiden Ländern. Es ist vorgesehen, daß sich Ungarn an dieser Gemeinschaftsproduktion beteiligt.

 

Der bisher im RGW erreichte Stand der Kooperation und Spezialisierung muß von der DDR als unbefriedigend empfunden werden; denn für sie sind die Möglichkeiten, über die internationale Spezialisierung Produktivitätsfortschritte zu erzielen, noch längst nicht ausgeschöpft. 2 Faktoren erschweren im RGW eine Intensivierung der Kooperation: 1. Da die Währungen der RGW-Länder reine Binnenwährungen sind, d. h. also keine für den Außenhandel relevanten Wechselkurse existieren, sind Aufwand und Nutzen von Kooperationsvereinbarungen schwer meßbar. 2. Die Interessenlage der Länder ist unterschiedlich. Die UdSSR verfügt über einen großen Binnenmarkt; sie kann in vielen Bereichen die Großserienproduktion allein schon für den Inlandsverbrauch aufnehmen. Außerdem sind die weniger entwickelten RGW-Länder — vor allem aber Rumänien — zunächst noch an einem breiten Ausbau ihrer Industrie interessiert und möchten sich daher erst in einem späteren Entwicklungsstadium spezialisieren. Aus diesen Gründen werden echte Kooperationsvereinbarungen allenfalls für den Intrablockhandel der 80er Jahre eine bedeutende Basis bilden.

 

C. Kapitalmarkt

 

 

Angesichts der fehlenden Währungskonvertibilität gibt es im RGW keinen funktionsfähigen übernationalen Kapitalmarkt. Die Internationale Investitionsbank (Grundkapital: 1,05 Mrd. Transfer-Rubel, darunter 30 v. H. in frei konvertierbarer Währung oder Gold) kann diese Funktion nur in beschränktem Umfange übernehmen. Die Bank hat in den Jahren 1971 und 1972 Kredite über eine Summe von 279 Mill. Transfer-Rubel (darunter 40 v. H. in konvertibler Währung) gewährt. 9 v. H. dieser Kredite sind der DDR zur Verfügung gestellt worden; sie ist andererseits mit 17 v. H. am Grundkapital der Bank beteiligt - die DDR ist bisher ein Netto-Kreditgeber. Ende 1973 erhöhte sich die Kreditsumme der Investitionsbank auf 588 Mill. Transfer-Rubel (= 2,5 v. H. aller Exporte im IBH).

 

Im RGW überwiegen bisher güterwirtschaftliche Formen der Investitionsfinanzierung. Z. B. beteiligten sich die meisten Mitgliedsländer durch Investitionsgüterlieferungen an der Errichtung von Betrieben und an der Erschließung von Rohstoffquellen auf dem Territorium der Sowjetunion. So hat sich die DDR u. a. an der Erschließung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten, am Bau eines Zellstoffwerkes (Ust-Ilimsk), eines Asbestkombinats (Kijembai) und eines elektrotechnischen Betriebes in der UdSSR beteiligt. Im Volkswirtschaftsplan der DDR sind für 1974 500 Mill. Mark für Investitionsbeteiligungen in anderen RGW-Ländern vorgesehen. Das sind, gemessen an den Exporten in die RGW-Länder, nahezu 2 v. H. Die Bezahlung der Lieferungen und der Zinsen für die gewährten Kredite (im allgemeinen gilt ein Zinssatz von 2 v. H.) soll aus der Produktion der neuen Betriebe erfolgen.

 

Im Komplexprogramm ist für den RGW eine neue Form des Kapitaltransfers vorgesehen: Interessierte Länder können „… gemeinsame Betriebe bilden, die über eigenes Vermögen verfügen, Subjekte des Zivilrechts sind, auf der Grundlage der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeiten und für die übernommenen Verpflichtungen mit ihrem Vermögen voll haftbar sind“.

 

Als unmittelbare und bisher im RGW-Bereich einzige Realisierung dieser Bestimmung wird in Polen (in der Nähe von Kattowitz) von der DDR und Polen ein gemeinsamer Betrieb errichtet. Es handelt sich um eine Baumwollspinnerei, die Ende 1974 in Betrieb genommen werden soll, mit einer Kapazität von 125.001 Baumwollgarn und 2.100 Beschäftigten. Die Kapitalanteile sind entsprechend den erbrachten Leistungen zu je 50 v. H. auf die beiden Länder aufgeteilt, und der Betrieb stellt ein „gemeinsames“ Eigentum dar, d. h. die Kapitalanteile sind nicht veräußerlich an Drittländer. Oberstes Betriebsorgan ist der Verwaltungsrat, bestehend aus 4 Vertretern beider Länder, die vom jeweiligen Ministerium für Leichtindustrie entsandt und abberufen werden. Seine Beschlüsse müssen einstimmig getroffen werden.

 

Diese Organisationsform (Direktinvestition) kann als geeignetes Instrument zur Überwindung von Disproportionen im Arbeits- und Kapitalbedarf bei gleichzeitiger Wahrung des Mitspracherechts der Beteiligten angesehen werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Modell bewährt und damit als Beispiel für die Gründung weiterer Unternehmen dieser Art fungieren kann. Immerhin haben die DDR und Polen bereits die Errichtung zweier weiterer Gemeinschaftsunternehmen in Erwägung gezogen.

 

VI. Weiterentwicklung des RGW

 

 

Die gegenwärtigen Wachstumsbedingungen drängen die RGW-Länder — mehr oder weniger intensiv —, die Zusammenarbeit in der osteuropäischen Wirtschaftsgemeinschaft voranzutreiben. Das wichtigste Hindernis für eine stärkere wirtschaftliche Verflechtung im RGW sind die bestehenden schwerwiegenden Strukturdisparitäten (= Produktivitäts- und Wohlstandsgefälle). Sie bewirken vor allem, daß die Plankoordinierung, die Hauptmethode der Zusammenarbeit, auf den bilateralen Warenaustausch beschränkt bleibt;

 

daß es kein einheitliches Interesse der Mitgliedslän[S. 695]der gibt, neuartige Mechanismen der Zusammenarbeit (z. B. Konvertibilität der Währungen) zu entwickeln;

 

daß von Land zu Land zum Teil weitreichende Unterschiede im Lenkungssystem der Außenwirtschaft bestehen.

 

Unter diesen Voraussetzungen ist die Zukunft des RGW ungewiß. Eine der möglichen Entwicklungsrichtungen ist die sektorale Teilintegration: Auf ausgewählten Gebieten könnte die gemeinsame Planung in Angriff genommen werden; als Organisationsform bieten sich die internationalen Wirtschaftsvereinigungen an. Allerdings ist die gemeinsame Wirtschaftsplanung für die Regierungen aller RGW-Länder Neuland. Ihr Nutzen für die eigene Wirtschaft ist unter den gegebenen Verhältnissen ebenso ungewiß wie das Ausmaß der unvermeidlichen Aufgabe nationalstaatlicher wirtschaftspolitischer Kompetenzen. Diese Unsicherheit erklärt das vorsichtige Vorangehen der RGW-Länder in diesem Zusammenhang, denn die Regierungen sind im Rahmen der sozialistischen Wirtschaftssysteme für die Wirtschaftsentwicklung in ihren Ländern voll verantwortlich.

 

Ein anderer Weg in die Zukunft wäre die regionale Teilintegration: Alle ökonomischen Voraussetzungen (Wirtschaftsstruktur, Größe des Binnenmarktes, Arbeitsmarktlage usw.) prädestinieren die DDR, ČSSR, Polen und Ungarn zu einem wirtschaftspolitischen Zusammenschluß, um die Integrationsvorteile nutzen zu können. Die vier Länder könnten innerhalb des RGW ein Integrationsgebilde entwickeln, das ein Modell für die Weiterentwicklung der gesamten Gemeinschaft — ähnlich wie die Benelux-Union in der EWG — bilden würde. Abgesehen von allen politischen Implikationen würde das für die betroffenen Länder ein schwieriger, dornenreicher Weg sein. Ein Beispiel für diese Schwierigkeiten ist das (vorerst) gescheiterte Abkommen zwischen der DDR und Polen über den freien Reiseverkehr. Welcher der beiden Wege auch immer beschritten wird, sie führen unvermeidlich zum Souveränitätsverlust: auch im RGW ist die Integration ohne supranationale Elemente nicht zu erreichen. Fortschritte in der Weiterentwicklung des RGW werden davon abhängen, wie schnell es gelingt, die integrationshemmenden Struktureinflüsse abzubauen. Dieses Ziel ist nur über eine entsprechende Wachstumsdifferenzierung innerhalb des RGW zu erreichen. Das Ausmaß dieser Wachstumsabstufung wird - ausgehend von den bestehenden Unterschieden des Pro-Kopf-Einkommens - durch den Bevölkerungszuwachs bestimmt: Behält die DDR ihre gegenwärtige gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate von 5 v. H. bei, dann müßten Ungarn ein um 0,4 v. H., Bulgarien und die ČSSR jeweils um 0,6 v. H., Rumänien und Polen um je 0,9 v. H. und die UdSSR sogar um 1,1 v. H. höheres jährliches Wachstum erreichen, um den relativen Einkommensabstand zur DDR nicht größer werden zu lassen.

 

Sollen die Einkommensunterschiede abgebaut, d. h. nach oben angepaßt werden, dann ist eine noch stärkere Differenzierung des wirtschaftlichen Wachstums erforderlich. Die schwächer entwickelten RGW-Länder mit einer ungünstigen Wirtschaftsstruktur und relativ hohem Bevölkerungswachstum müßten dafür nicht nur entsprechend hohe Erweiterungsinvestitionen vornehmen (Vollbeschäftigungspolitik). Sie müßten darüber hinaus gleichzeitig auch einen hohen Anteil ihrer Kapitalressourcen für Rationalisierungsinvestitionen zur nachhaltigen Strukturverbesserung und damit zur Produktivitätssteigerung einsetzen. Die Regierungen der meisten RGW-Länder verfolgen gegenwärtig aber eine Wachstumsstrategie, die, im Gegensatz zur Vergangenheit, die Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung stärker betont; der Spielraum für das Zwangssparen, in vergangenen Perioden eine der wichtigsten Finanzierungsquellen der Investitionen, ist demzufolge gering. Diese verwendungspolitische Priorität beschränkt auch die Fähigkeit der reichsten RGW-Länder (der DDR und ČSSR), blockinterne Kapitalhilfe zu leisten. Eine Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten aller RGW-Länder könnte kurzfristig durch die Bereitstellung von Ressourcen aus dem Ausland außerhalb des RGW, in erster Linie durch die westlichen Industrieländer, erfolgen. Eine vorerst hauptsächlich kreditfinanzierte Steigerung der Importe der RGW-Länder aus dem Westen könnte einen wichtigen Beitrag zur Milderung der Strukturunterschiede im RGW leisten.

 

Vor diesem Hintergrund sind die Anfänge einer gemeinschaftlichen Politik des RGW gegenüber Drittländern zu sehen. Der erste bescheidene Schritt in dieser Richtung ist das Abkommen über die Zusammenarbeit zwischen dem RGW und Finnland (Mai 1973). In diesem Abkommen steht zwar noch nichts über die Substanz der angestrebten Zusammenarbeit. Es wurde aber eine gemischte Kommission gegründet, deren Aufgabe darin besteht, Bereiche der Zusammenarbeit „von gegenseitigem Interesse“ zu bestimmen. Es bleibt abzuwarten, wieweit in diesem Falle das Verhandlungsmandat der RGW-Vertreter reichen wird.

 

Ebenso unsicher sind mögliche Beziehungen zwischen dem RGW und der EG. Seit Herbst 1973 bemüht sich der RGW um offizielle Kontakte zur EG. Inzwischen haben die osteuropäischen Länder, allen voran die UdSSR, Beziehungen zwischen RGW und EG zu einem Verhandlungsgegenstand auf der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erhoben. Im Februar 1975 begannen auf der Ebene hoher Beamter die Gespräche zwischen beiden Wirtschaftsgemeinschaften Europas. Es läßt sich gegenwärtig noch nicht absehen, wieweit die Verhand[S. 696]lungsmandate auf beiden Seiten reichen, d. h. auf welche Bereiche sich die gegenseitigen Beziehungen erstrecken und wie sie institutionell geregelt werden sollen.

 

In letzter Zeit haben mehrere Entwicklungsländer (Irak, Pakistan, Indien, Mexiko) ihr Interesse an besonderen Beziehungen zum RGW erklärt. Diese Entwicklung wird sich durch den Beobachterstatus verstärkt fortsetzen, den die vorjährige UN-Vollversammlung dem RGW gewährt hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß im Rahmen der Internationalen Investitionsbank ein spezieller Entwicklungsfonds in Höhe von 1 Mrd. Transfer-Rubel eingerichtet wurde. Daneben wollen die RGW-Länder einen Spezialfonds zur Finanzierung von Bildungsprojekten in Entwicklungsländern bilden (die Höhe ist unbekannt); bereits im Schuljahr 1974/75 sollten die ersten Kredite aus diesem Fonds erteilt werden. Beide Fonds würden, wenn sie sich in der Praxis erfolgreich bewähren, ein wichtiger Beitrag zur Multilateralisierung der Entwicklungshilfe im RGW-Raum sein.

 


 

Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 689–696


 

Rat des Stadtbezirks A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z Rat für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft (RLN)

 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.