XVIII. Ausbildung
Verkehrswesen (1975)
Siehe auch:
Das V. in der DDR gilt als „vierte Sphäre der materiellen Produktion“. Durch die zunehmende Arbeitsteilung und Spezialisierung hat das V. als selbständiger Wirtschaftszweig in den letzten, Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Sein politischer und strategischer Wert ist in der DDR unbestritten. Bis Anfang der 60er Jahre war das V. durch Kriegseinwirkungen und Demontagen erheblich beeinträchtigt. Die Anstrengungen liefen darauf hinaus, „ohne Rücksicht auf Verluste“ den quantitativen Anforderungen gerecht zu werden. Kennzeichnend waren die Disproportionen in den Investitionen von Industrie und V. (in den ersten Nachkriegsjahren 60 v. H. : 6 v. H.).
Schwierigkeiten bereitete die Umpolung des Hauptverkehrsstromes von der Ost-West-Richtung in die Nord-Süd-Richtung infolge der Teilung Deutschlands. Die in Wandlung befindliche Territorial- und Siedlungsstruktur, das Aufgeben traditioneller Produktionsgebiete und Schaffen neuer Industriebasen verändert noch heute ständig Güterströme und Qualitätsanforderungen an die Verkehrsbedienung.
Seit 1967 werden größere materielle Anstrengungen unternommen, um das qualitative Angebot des V. zu verbessern. Durch Erhöhen des Investitionsanteils auf jetzt jährlich ca. 16 v. H. für das V. konnten neue Verkehrsanlagen in Dienst gestellt und alte Anlagen modernisiert werden.
I. Verkehrswege
Das Verkehrswegenetz der DDR ist mit 593 km/1000 km² eines der dichtesten in Europa. Aller[S. 895]dings ist die Netzdichte in den Bezirken unterschiedlich. Der südliche und westliche Raum der DDR sind verkehrmäßig besser erschlossen als der nördliche und östliche Teil. Der Bezirk Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) hat z. B. eine Verkehrswegedichte von ca. 1000 km Länge pro 1000 km², der Bezirk Schwerin nur etwa ein Drittel davon.
II. Transportleistung
III. Transportträger
Transportträger sind die Deutsche Reichsbahn, der VEB Deutsche Binnenreederei und die von ihm an der Erfüllung der Transportaufgaben beteiligten Schiffseigner, der VEB Deutsche Seereederei, die volkseigenen Kombinate und die Betriebe des Kraftverkehrs sowie andere Betriebe und Einrichtungen, sofern ihre Kraftfahrzeuge durch die Kraftverkehrseinsatzstellen für öffentliche Transportaufgaben eingesetzt werden.
Neben den Transportkunden und den Transportträgern wirken am öffentlichen Gütertransport mit: Die sozialistischen und privaten Speditions- und Umschlagsbetriebe sowie Binnenhafen- und Seehafenbetriebe, soweit sie Transportraum der Transportträger be- und entladen.
Die Transportaufgaben sollen so auf die Transportträger aufgeteilt werden, daß mit den geringsten Kosten für das Transportwesen und gegen geringstmögliches Entgelt für Transport- und Umschlagleistungen zu Lasten der Transportkunden transportiert wird.
Zur Durchsetzung der Aufgabenteilung kann der Minister für V. Transportaufgaben bestimmten Transportträgern übertragen.
IV. Transportplanung
Das V. der DDR („sozialistisches V.“) unterscheidet sich im wesentlichen dadurch von dem westlicher Länder, daß es keinen Verkehrsmarkt gibt, auf dem Angebot und Nachfrage auch in bezug auf Verkehrsleistungen geregelt werden. Es wird dirigistisch von Organen der Staatsmacht „gelenkt“. Das wichtigste Mittel dazu ist die „Operative Transportplanung“. Charakteristisch für das V. ist eine Fülle von kurz-, mittel- und langfristigen (Perspektiv-)Plänen, nach denen sich die Leistungen der Transportträger zu entwickeln haben.
Das wichtigste Planungsinstrument ist die Transportverordnung (TVO), in der u. a. die Grundsätze für die Aufgabenverteilung zwischen Eisenbahn und Binnenschiffahrt bzw. Kraftverkehr festgelegt werden, d. h. welche Transporte „schiffsgünstig“ bzw. „kraftverkehrsgünstig“ sind. Sollen abweichend von diesen Bestimmungen schiffs- oder kraftverkehrsgünstige Transporte von der Eisenbahn durchgeführt werden, bedarf dies der Zustimmung verschiedener Gremien. Bis dahin hat die DR Wagenbestellungen für solche Transporte abzulehnen. Umgekehrt können die in Frage kommenden Gremien beschließen, ausnahmsweise eisenbahngünstige Transporte dem Kraftverkehr oder der Binnenschiffahrt zuzuweisen. Allgemein gelten Transporte im 50-km-Luftlinienumkreis als „kraftverkehrsgünstig“.
Für die einheitliche Planung, Leitung, Koordinierung und Entwicklung des V. ist das Ministerium für Verkehrswesen (MfV) zuständig. Außerdem sind zahlreiche zentrale und örtliche Staatsorgane, wirtschaftsleitende Organe, Kombinate und Betriebe in Verbindung mit den Organen des MfV am Verkehrsprozeß beteiligt.
Zum Planmechanismus gehören das Erfassen und Verteilen der Transportkapazitäten auch von Eisenbahn, Kraftverkehr und Binnenschiffahrt.
1965 wurde als Grundlage der komplexen Verkehrsplanung mit der Aufstellung der Generalverkehrspläne für die einzelnen Bezirke begonnen. Sie sollen den prognostischen Verkehrsbedarf und die ökono[S. 896]misch günstigste Arbeitsteilung der Verkehrsträger festlegen. Für die gesamte DDR entstand, abgestimmt mit den regionalen Generalverkehrsplänen, ein Generalverkehrsschema. Diese neuen Konzepte sollen die materiell-technische Territorialstruktur des Verkehrswesens langfristig verbessern und eine volkswirtschaftlich optimale Koordination der Verkehrsträger bewirken.
In diesen Plänen sollen die Strukturveränderungen des V. und der gesamten Volkswirtschaft mit den Substitutionsprozessen in der Material- und Energiebasis berücksichtigt sein.
Das MfV ist auch das höchste exekutive Organ für das komplizierte Plan- und Lenkungssystem des V. An seiner Spitze steht der Minister für V., der zugleich Generaldirektor der Deutschen Reichsbahn (DR) ist. Der Minister ist der Abteilung Verkehr und Verbindungswesen des ZK der SED rechenschaftspflichtig.
Dem Minister für V. sind 7 Stellvertreter beigegeben, von denen der Stellvertreter des Ministers für die 4 operativen Hauptverwaltungen — Betriebs- und Verkehrsdienst, Maschinendienst, Wagenwirtschaft, Reichsbahnausbesserungswerke — als „Staatssekretär Deutsche Reichsbahn“ - fungiert. Die anderen 6 Stellvertreter des Ministers leiten die Hauptverwaltungen (HV) der DR für Bahnanlagen und HV Sicherungs- und Fernmeldewesen sowie die HV Kraftverkehr, HV Straßenwesen, HV Zivile Luftfahrt, HV Seeschiffahrt und Hafenwirtschaft, HV Binnenschiffahrt und Wasserstraßen.
Die örtlichen Räte haben die Kooperation der am Gütertransport Beteiligten zu organisieren. Als beratende Organe zur Koordinierung der Transportaufgaben bestehen Transportausschüsse (TPA) (1 Zentraler TPA sowie Bezirks-, Kreis-TPA und Stadt-TPA). Die Entscheidungen der Vorsitzenden der TPA sind für alle Staats- und Wirtschaftsorgane im Zuständigkeitsbereich verbindlich. Dem Zentralen TPA gehören außer den Vorsitzenden der Bezirks-TPA auch der Minister für V. und andere führende Mitarbeiter zentraler Staats- und wirtschaftsleitender Organe an.
V. Deutsche Reichsbahn
Die Deutsche Reichsbahn bewältigt immer noch ca. 75 v. H. der tonnenkilometrischen Verkehrsleistungen des Binnenverkehrs in der DDR. Sie wird auch künftig noch für lange Zeit der wichtigste Verkehrsträger bleiben. Von den Kriegszerstörungen und Demontagen ist die DR besonders hart betroffen gewesen. Über die Hälfte des Fahrzeugparks war vernichtet oder als Beutegut abtransportiert worden. Auch die Bahnanlagen, Gleise, Bahnbetriebswerke, Ausbesserungswerke, Bahnkraftwerke usw. waren überwiegend zerstört oder den Demontagen zum Opfer gefallen. Die Länge des Streckennetzes verringerte sich von 18.500 km auf 14.500 km. Fast alle zweiten Gleise wurden demontiert, so daß bis in die Gegenwart der Eisenbahnbetrieb weitgehend eingleisig durchgeführt wird. Erst in jüngster Zeit konnten 15 v. H. der Strecken wieder zweigleisig hergerichtet werden.
Umstrukturierungen des Eisenbahnnetzes waren aufgrund der neuen territorialen Verhältnisse erforderlich. Mangels Material und Geld konnten diese nur langsam vollzogen werden. Dadurch gab es beträchtliche betriebliche Schwierigkeiten. In den 50er Jahren durften kurze Streckenabschnitte für Überholungen und zum Umfahren von großen Gleisknoten gebaut werden. Die Abschnürung West-Berlins bedingte 1959 den Bau eines großen Gleisaußenringes um Berlin.
Die wichtigste Maßnahme zur Leistungssteigerung des eingleisigen Streckennetzes der DDR war die Einführung des Dispatchersystems nach sowjetischem Vorbild. Es handelt sich um ein Informations- und Zugleitungssystem zur optimalen Ausnutzung sowohl der Bahnanlagen als auch der Schienenfahrzeuge. Im Vergleich zum klassischen Zug- und Lokomotivleitungssystem westlicher Länder ist das Dispatchersystem perfekter, weil es durch die wesentlich erweiterten Befehlsverhältnisse eine dynamische Lenkungsweise ermöglicht. Das wirkt sich vor allem bei den auf eingleisigen Strecken häufig auftretenden Unregelmäßigkeiten günstig aus. Von Nachteil ist allerdings der hohe Personalaufwand bei diesem System. Die weitgehenden Befugnisse der Dispatcher, die bis in den Privatbereich der Eisenbahner reichen, wären bei westlichen Eisenbahnen nicht möglich. Zur Zeit gibt es bei der DR 150 Dispatcher-Zentralen und 250 Streckendispatcher-Stellen.
Das Dispatchersystem setzt das „Vierbrigadesystem“ für den Personaleinsatz im operativen Dienst voraus. In jeder Dienstschicht leisten bestimmte Brigaden Dienst, deren Einsatz in Vierbrigadeplänen geregelt ist. Das Vierbrigadesystem soll einen kontinuierlichen Arbeitsablauf bewirken und ermöglichen, die Leistung jeder Brigade an allen Tagen — einschließlich Sonn- und Feiertagen — zu kontrollieren und durch gegenseitige Wettbewerbe zu steigern.
Mitte der 60er Jahre hat bei der DR ein Rekonstruktionsprozeß eingesetzt mit dem Ziel, den im Vergleich zu westlichen Eisenbahnen immer größer werdenden technischen und leistungsspezifischen Rückstand zu verringern: Beabsichtigt wurde die Erneuerung des Fahrzeugparks, der Traktionswandel (Umstellung von Dampftraktion auf Diesel- bzw. E-Traktion), der Bau moderner Stellwerke, der Einbau von Gleisbremsen in Rangieranlagen, das Einrichten von Rangierfunkanlagen usw. Wichtigste Aktion war in diesem Zusammenhang die Rekonstruktion des Oberbaues bzw. der Strecken. Die jahrelangen Versäumnisse auf diesem Sektor konnten [S. 897]jedoch bis heute noch nicht wieder ausgeglichen werden.
Beachtliche Rationalisierungserfolge sind durch Konzentrierung des Stückgut- und Wagenladungsverkehrs auf wenige Knotenbahnhöfe erzielt worden (Rationalisierung).
Die „Perspektivpläne“ der DR sehen vor, das derzeitige Eisenbahnnetz bis 1985 zu reduzieren. Nicht ausgelastete Strecken sollen stillgelegt werden, volkswirtschaftlich unrentable Transporte auf andere Verkehrsträger übergehen. Auf 6.000 km Hauptstrecken (= 30 v. H. des Netzes) werden nach den derzeitigen Prognosen 90 v. H. der Verkehrsströme liegen. Bis 1985 soll schrittweise der zwei- und mehrgleisige Ausbau dieser Strecken erfolgen. Etwa 10 v. H. der Hauptstrecken sind für Geschwindigkeiten bis 160 km/h und 50 v. H. für 120 km/h gedacht. Am künftigen Hauptnetz liegen alle Bezirksstädte und 75 v. H. der Kreisstädte, so daß sich 90 v. H. der Bevölkerung im Einzugsgebiet der Hauptstrecken befinden.
Die nicht zum Hauptnetz gehörenden 8.000 km Strecken sollen aufgrund ihrer Zubringer- und Verteilerfunktion ausreichend, aber nicht voll ausgelastet sein. Es besteht aller Voraussicht nach aber keine Möglichkeit, die hier noch vorhandenen Kapazitätsreserven zu nutzen. Die künftige Verkehrsteilung sowie die vorgesehenen Automatisierungsvorhaben zwingen zur Konzentrierung der Zugangsstellen für den Güter- und Personenverkehr. Im Güterverkehr sollen die Zugangsstellen auf die Hälfte verringert werden, nachdem in den vergangenen 10 Jahren durch Einfuhren des Wagenladungs-Knotenpunktverkehrs bereits 20 v. H. der Zugangsstellen geschlossen wurden.
VI. Containerverkehr
Der Containerverkehr wird seit 1968 als neue Transporttechnologie propagiert. Ihm wird große Bedeutung beigemessen, um den Transportaufwand zu verringern. Für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Transcontainern wurde die DDR-Transcontainer-Organisation (DDR-CONT) gebildet, als zentrale Dienststelle der DR. Sie übernimmt die diesbezüglichen Aufgaben, die bislang von der Generaldirektion des volkseigenen Speditionsunternehmens VEB Deutrans wahrgenommen worden waren, insbesondere die Zusammenarbeit mit den Außenhandels- und Exportbetrieben der DDR, desgleichen die Abrechnung internationaler Transporte mit Kunden innerhalb und außerhalb der DDR. Künftig soll DDR-CONT auch die kommerziellen Belange des Binnenverkehrs wahrnehmen, damit optimale Bedingungen für den Ausbau eines großen Netzes von Containerzug-Verbindungen zwischen allen Ländern des RGW geschaffen werden können. 1971 wurden von der DR wöchentlich 325 Containerzüge gefahren, 1973 waren es ca. 500 Züge pro Woche. Größter Container-Terminal ist Berlin-Frankfurter Allee. Auch Kleinbehälter- und Palettenverkehr werden begünstigt, um durchgehende Transportketten zu ermöglichen.
Anlagen für Elektronische ➝Datenverarbeitung (EDV) werden in zunehmenden Maße eingesetzt. Die DR ist in bezug auf EDV am weitesten fortgeschritten. Ihr „System ADAG“ (Automatische Disposition und Abrechnung des Fahrzeugparkes im Güterverkehr) gilt als vorbildlich für alle Eisenbahnen des RGW. Es handelt sich um ein umfassendes Datenverarbeitungssystem zur Betriebsleitung, Abrechnung und Statistik. 1973 wurde im Rahmen dieses Systems die „Zentrale Frachtbe- und -abrechnung“ (ZEFBA) eingeführt. Die technische Basis bildet ein Rechenzentrum (RZDR) mit 8 Rechenstationen. Auch die auf dem Netz der DR befindlichen Fremdwagen werden im System ADAG erfaßt.
VII. Reiseverkehr
Der Reiseverkehr und ganz besonders der Berufsverkehr sind nach wie vor Gegenstand der öffentlichen Kritik in der DDR, obwohl auf diesem Sektor in den vergangenen Jahren ebenfalls erhebliche Verbesserungen zu verzeichnen sind. Unregelmäßigkeiten im Güterverkehr wirken sich auf den eingleisigen Strecken zwangsläufig auf die Pünktlichkeit im Reiseverkehr aus. Da mit Ausnahme von Ost-Berlin der Berufsverkehr in den Ballungszentren der DDR auf Ferngleisen abgewickelt werden muß, sind auch zum Teil beträchtliche Verspätungen im Eisenbahn-Berufsverkehr nicht zu vermeiden.
Zur Verbesserung des Berufsverkehrs werden in Ballungsräumen bzw. Industriezentren S-Bahnen geschaffen, die allerdings bis auf weiteres auf den Fernstrecken verkehren. Ihr Vorteil liegt in einer dichteren Zugfolge, verbesserten Relationen und besserem Wagenpark. Neuerdings werden außer Doppelstockeinheiten auch moderne Triebzüge eingesetzt.
VIII. Kraftverkehr
Im Kraftverkehr sind insgesamt etwa 130.000 Personen beschäftigt. Trotz allgemeiner Verstaatlichung war noch lange Zeit ein beträchtlicher Anteil der Kraftfahrzeugkapazität in privater Hand. Auch heute noch gibt es private Kraftverkehrsbetriebe. Allerdings bestanden von Anfang an Vertragsverhältnisse der privaten Eigner mit den volkseigenen Kraftverkehrsbetrieben.
Der Kraftverkehr wird von Bezirksdirektionen für Kraftverkehr geleitet. Oberste Instanz ist die Hauptverwaltung Kraftverkehr im Ministerium für Verkehrswesen. In jüngster Zeit werden zwecks noch strafferer Organisation und besserer Ausnutzung der Kapazitäten Kombinate für Kraftverkehr gebildet. Das erste und größte Kombinat ist das VEB Kombinat Trans, Sitz Berlin (Ost).[S. 898]
IX. Güterkraftverkehr
Der Güter-Kraftverkehr hat sich zwar in bezug auf die beförderten Mengen (von 1963 bis 1973 Steigerung um 20 v. H.) nicht ungünstig entwickelt, doch entlastet er die Eisenbahn nicht im gewünschten Maße. Das beweist sein geringer Anteil an den tonnenkilometrischen Leistungen des gesamten Güterverkehrs, der keine 10 v. H. ausmacht. Das liegt einerseits an den Grundsätzen für die Aufteilung der Transporte zwischen Eisenbahn und Kraftverkehr (zulässig bis 50 km) und zum anderen am immer noch unzureichenden Kfz-Park.
1972 entfielen auf den öffentlichen Güterkraftverkehr 36 v. H. der beförderten Menge (in t) und auf den Werkverkehr 64 v. H. Bei den Beförderungsleistungen (tkm) lag der Anteil des öffentlichen Kraftverkehrs und des Werkverkehrs bei je 50 v. H.
Das Wachstumstempo des Lkw-Bestandes (1949 90.000, 1970 220.000, 1973 ca. 350.000) liegt weit unter den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten. Das liegt zum Teil auch daran, daß bestimmte Lkw nicht mehr in der DDR produziert werden dürfen, sondern aus der ČSSR importiert werden müssen. Das in Ludwigsfelde bei Ost-Berlin errichtete Lkw-Werk baut nur 5-t-Typen.
X. Personenkraftverkehr
Im Zuge von Stillegungen unwirtschaftlicher Nebenbahnstrecken hat der Personen-Kraftverkehr mit Omnibussen als Schienen-Ersatzverkehr und für den Berufsverkehr an Bedeutung gewonnen. Dem „Arbeiter-, Berufs- und Schülerverkehr“ wird auch in Zukunft Aufmerksamkeit gewidmet. Berufsverkehrsaktive arbeiten mit den Betrieben und kommunalen Stellen zusammen, um das Platzangebot zu erhöhen und um Pünktlichkeit, Sauberkeit und Sicherheit zu gewährleisten. Anfang 1974 bediente der öffentliche Personenkraftverkehr 12.862 Linien mit einer Gesamtlänge von 442.110 km.
Der private, individuelle Personenkraftverkehr wird nicht gefördert, aber auch nicht unterdrückt. Dennoch nimmt der private Besitz von Pkw immer mehr zu, auch wenn die Lieferzeiten für Pkw mehrere Jahre betragen.
Der relativ hohe Bestand an Pkw läßt noch keine Schlüsse auf die private Motorisierung zu, weil ein großer Teil davon den gesellschaftlichen Organisationen und VEB und nicht privaten Besitzern gehört.
Auch Taxis und Mietwagen sind in diesen Zahlen enthalten.
XI. Straßen
Das Straßennetz ist nach dem Kriege nicht in dem Maße ausgebaut worden wie in der Bundesrepublik Deutschland. Lediglich die Kriegszerstörungen wurden beseitigt. Die Gesamtlänge der klassifizierten Straßen ist deshalb mit ca. 45.000 km nahezu unverändert geblieben. Auch in absehbarer Zukunft wird sich da daran nicht viel ändern. Lediglich die Qualität der Straßen soll verbessert werden. Bis jetzt fehlte es an Steinkohlenbitumen für den Straßenbau. Das reichlich vorhandene Braunkohlenbitumen ist nicht ausreichend verschleißfest. Künftig soll Bitumen aus Erdölrückständen verwendet werden. Eine Verbesserung der Straßenqualität wird auch im Zusammenhang mit der Einführung des Knotenverkehrs bei der DR für erforderlich gehalten, um einen optimalen Effekt dieses Verkehrs zu erzielen.
Die in der DDR nach dem Kriege vorhanden gewesenen Autobahnstrecken haben durch Neubauten keine nennenswerte Veränderung erfahren. 1971 wurde nur die Autobahn Leipzig-Dresden (74 km) als Neubaustrecke dem Verkehr übergeben.
500 km Autobahn-Neubauten sind seit längerer Zeit geplant. Zur Zeit ist das Autobahnprojekt Rostock-Berlin geplant, um den größten Seehafen der DDR in Rostock mit dem Hinterland zu verbinden. Diese Autobahn ist auch als Nord-Süd-Magistrale für den Transitverkehr mit den skandinavischen Ländern gedacht.
XII. Binnenschiffahrt
Aufgabe des Verkehrsträgers Binnenschiffahrt ist es, die DR durch den Transport von Massengütern auf den Wasserstraßen zu entlasten. Das ist heute nur in ungenügendem Maße der Fall. Seit Jahren stagniert das Leistungsvolumen mit ca. 14 Mill. t/Jahr Transportmenge und ca. 2.400 Mill. tkm/Jahr Beförderungsleistung. Auf den zunehmenden gesamten Gütertransport der DDR bezogen geht der Prozentanteil der Binnenschiffahrt immer mehr zurück. Er liegt bereits unter 2 v. H.
Hauptgrund für die relativ geringen Transportleistungen trotz guter Wasserstraßen ist die Tatsache, daß das Wasserstraßennetz der DR auf die ursprünglichen Verkehrsbeziehungen Ost-West orientiert ist und eine Umpolung nur durch kostspielige Kanalbauten ermöglicht werden kann. Ein verhältnismäßig kleiner Teil der neuen Wirtschaftszentren ist an das Wasserstraßennetz angeschlossen. Vor allem fehlt ein Anschluß der neuen Ostseehäfen, in erster Linie Rostocks, an das Binnenwasserstraßennetz. Für den Bereich Binnenschiffahrt ist der VEB Deutsche Binnenreederei alleiniger Frachtführer für alle Gütertransporte der Binnenschiffahrt auf allen Wasserstraßen der DDR sowie im Import- und Export[S. 899]verkehr. Der VEB Deutsche Binnenreederei beteiligt alle Betriebe, die Eigentümer von Schiffsraum für den Gütertransport sind. Soweit noch private Schiffahrtsbetriebe existieren, sind diese verpflichtet, ihren Schiffsraum für den VEB Deutsche Binnenreederei ständig einsatzbereit zu halten und seinen Dispositionen Folge zu leisten. Die sich daraus ergebenden wechselseitigen Beziehungen werden durch Schiffsraum-, Charter-, Überlassungs- oder Mietverträge geregelt.
Wasserfahrzeuge und schwimmende Geräte, die im Schiffsregister eingetragen sind, dürfen nur abgewrackt, stillgelegt oder in ihrer Transportraumkapazität gemindert werden, wenn dies staatlich genehmigt ist.
Vom VEB Deutsche Binnenreederei werden hauptsächlich Massengüter transportiert. Dabei bilden Baustoffe, Kohle, Düngemittel, Salze sowie im Herbst- und Winterverkehr landwirtschaftliche Massenprodukte wie Zuckerrüben den Hauptanteil. Im grenzüberschreitenden Verkehr werden Kalisalze, Getreide, Futtermittel sowie Stahl- und Walzwerkerzeugnisse befördert. Es wird angestrebt, die Binnenschiffahrt für den Containerverkehr einzuschalten. Die meisten Reedereien wurden nach dem Kriege durch den Befehl Nr. 124 der SMAD zunächst unter Sequester gestellt und dann enteignet. Ausgenommen die Reedereien auf der Oder, die im Rahmen der Reparationsleistungen vorübergehend in der „Sowjetischen Staatlichen Oderschiffahrt AG (SSOAG)“ zusammengefaßt wurden. Nach ihrer Rückgabe 1952 wurden auch diese Reedereien mit dem Rest der Tonnage in den „sozialistischen Sektor der Binnenschiffahrt“ überführt.
Der „Aderlaß“ in der B. durch Abzug von ca. 2.500 Lastkähnen als Reparationen ist heute durch Neubauten moderner Frachtkähne mit eigenem Antrieb, durch Indienststellen neuer Schlepper und vor allem durch Aufbau einer Schubflotte überwunden.
Aus diesen Zahlen ist deutlich die Modernisierung der Binnenschiffsflotte zu erkennen.
Der Güterverkehr mit Binnenschiffen ist auf die zentralen Bezirke der DDR konzentriert, wobei Magdeburg, Frankfurt (Oder), Potsdam und Ost-Berlin Schwerpunkte bilden. In diesen Bezirken liegen fast zwei Drittel der Wasserstraßen von Elbe, Oder, Havel und das sie verbindende Kanalsystem. Für die Energieversorgung Berlins spielt die Binnenschiffahrt eine große Rolle. In Königs Wusterhausen wird Kohle von der Eisenbahn auf Binnenschiffe umgeschlagen und zum Ost-Berliner Kraftwerk Klingenberg transportiert. Auch die Versorgung des Heizkraftwerkes Berlin-Mitte mit Heizöl erfolgt mit Binnenschiffen.
Im Zusammenhang mit der Modernisierung der Binnenschiffsflotte sind auch die Binnenhäfen in den vergangenen Jahren zu leistungsfähigen Umschlagplätzen ausgebaut worden. Wichtigster Binnenhafen der DDR ist Magdeburg. Dann folgen: Frankfurt (Oder), Dresden, Berlin, Potsdam und Halle. Durch die Transportverordnung und die Durchführungsbestimmungen sind alle Fragen der Transportplanung, Transportverträge, des Einsatzes von Schiffsraum, der Inanspruchnahme und Bereitstellung des Transportraumes, Lade- und Löschfristen, Schiffsliegegelder und Zuschläge, Lieferfristen, Aufnahme von Schäden an Schiffen sowie die allgemeinen Leistungsbedingungen für Transportverträge mit dem VEB Deutsche Binnenreederei gesetzlich geregelt. Die DR ist danach verpflichtet, Wagenbestellungen für schiffsgünstige Transporte abzulehnen, wenn der Absender nicht den entsprechenden Beschluß des Transportausschusses vorlegt. Schiffsgünstig sind Massentransporte, die zum überwiegenden Teil der Transportstrecke auf dem Wasserwege durchgeführt werden können. Es gelten folgende Grundsätze: Die Bahnvor- bzw. -nachlaufstrecke im kombinierten Transport darf eine Entfernung von 125 km (bei Im- und Exporten 300 km) nicht überschreiten, 50 v. H. der direkten Bahnstrecke nicht übersteigen und nicht länger sein als der anteilige Wasserweg. Beim kombinierten Importverkehr über DDR-Seehäfen ist eine Bahnvor- oder -nachlaufstrecke bis 200 km zulässig. Beim kombinierten Exportverkehr über DDR-Seehäfen sind in der Bahnvorlaufstrecke bis 300 km, in der Bahnnachlaufstrecke bis 200 km erlaubt.
XIII. Wasserstraßen
Wichtigste Wasserstraßen sind die Elbe (566 km auf DDR-Gebiet) mit Anschlüssen an den Weser-Elbekanal, die Saale und die Oder. Auf diesen ca. 1900 km langen Haupt-W. werden ca. 90 v. H. der Transportleistungen der Binnenschiffahrt abgewickelt. Die Neben-W. in den Bezirken Schwerin, Neubrandenburg und Potsdam haben nur für den lokalen Verkehr Bedeutung. Von Nachteil ist, daß die Mündungen von Elbe und Oder nicht im Gebiet der DDR liegen und die Industriegebiete von diesen Strömen zu weit entfernt sind. Bis jetzt ist es trotz verschiedener Planansätze nicht gelungen, den Mittellauf der Elbe zu kanalisieren. Niedrigwasserperioden beeinträchtigen deshalb die Schiffahrt auf der Elbe. Während bei normalen Wasserverhältnissen die Elbe mit 1350-t-Schiffen befahren werden kann, ist die Saale [S. 900]bis Halle-Trotha nur für Schiffe bis 750 t geeignet. Auch die Saale schwankt in der Wasserführung. Die Oder als die zweitgrößte natürliche Wasserstraße ist in noch stärkerem Maße als die Elbe Tauchtiefenschwankungen unterworfen. Der schiffbare Teil der Oder im DDR-Bereich ist 163 km lang. Bei Mittelwasser kann er von Schiffen bis 750 t befahren werden.
Das Kanal- und Flußsystem zwischen Elbe und Oder ist bei annähernd konstanten Tauchtiefen bis zu 2 m für Schiffe von 750 bis 1000 t Tragfähigkeit befahrbar.
Der alte Plan, den Häfen Wismar und Rostock durch Ausbau der bestehenden Gewässer eine Verbindung zum Hinterland zu verschaffen, ist Ende 1957 neu aufgegriffen worden. Das Projekt eines Nord-Süd-Kanals sieht vor, im Zusammenhang mit dem Ausbau des Seehafens Rostock einen 150 km langen Kanal zu bauen, der über Stemberg-Crivitz zum Elbe-Müritz-Kanal führen, ab Neustadt-Gleve in südöstlicher Richtung verlaufen und bei Wittenberge „in das Elbe-Wasserstraßennetz“ einmünden soll. Die Bauzeit würde etwa 15 Jahre betragen. Um den Bau dieses Kanals ist es in den letzten Jahren still geworden. Von anderen Projekten ist nach 1945 nur der aus politischen Gründen zur Umgehung von Berlin (West) gebaute Kanal Paretz-Nieder-Neuendorf mit einer Länge von 35 km ausgeführt worden.
Im Zusammenhang mit der Einführung der Schubschiffahrt sollen nunmehr die Wasserstraßen durch Baggerungen, Erhöhung der Deiche, Begradigungen usw. ausgebaut werden. Zu diesen Vorhaben gehört auch der Plan der schrittweisen Kanalisierung der Elbe bei Magdeburg; schließlich soll auch Leipzig an das Wasserstraßennetz angeschlossen werden. Die Verwirklichung dieser Pläne wird mindestens 10 Jahre dauern. Es gibt einige weitere Zukunftspläne; z. B. soll ein Verbindungskanal von der Elbe zur Oder gebaut werden, so daß über einen weiteren Kanal zwischen Kosel an der Oder und Bratislava (Preßburg) an der Donau — unter Einbeziehung der March — der Anschluß an das Schwarze Meer gewonnen werden kann.
An eine Realisierung solcher Pläne (wie in der Bundesrepublik Deutschland das Rhein-Main-Donau-Kanalprojekt) ist aber vorläufig aus Kostengründen nicht zu denken.
Die Binnenschiffahrt der DDR ist in starkem Maße von den klimatischen Gegebenheiten abhängig. Wegen Niedrigwassers kommt es in den Sommermonaten meist zu Schwierigkeiten. Im Winter erliegt bei starken Frösten der Binnenschiffsverkehr, Nur wichtige Strecken können von Eisbrechern befahrbar gehalten werden.
XIV. Seeschiffahrt
Die Seeschiffahrt mußte unter sehr schwierigen Bedingungen völlig neu aufgebaut werden. Unter Berufung auf das Potsdamer Abkommen und die Direktiven des Alliierten Kontrollrates waren alle Seeschiffe konfisziert. In den ersten Nachkriegsjahren wurden auf den durch Reparationsentnahmen weitgehend dezimierten Werften der DDR zunächst lediglich Schiffe für die Sowjetunion repariert (Schiffbau).
Ab 1950 gestattete die Sowjetische Besatzungsmacht den Aufbau einer Handelsflotte, die sich inzwischen zu einem stattlichen Instrument einer aktiven Seefahrtspolitik der DDR entwickelt hat. Anfang 1973 betrug die Tonnage der S. ca. 1,5 Mill. tdw. Hinter der UdSSR und Polen rangiert die DDR damit an 3. Stelle in der Flottenrangordnung der Staaten des RGW. Die Flotte besteht aus modernen, auch teilautomatisierten Schiffen.
1972 verfügte die DDR über 9 Tanker mit 168.974 BRT bzw. 106.776 NRT (204.906 tdw), darunter 2 Schiffe mit je 45.000 tdw und 1 Spezialtanker für flüssigen Leim.
Parallel mit dem Aufbau der Flotte erfolgte ein Ausbau der Seehäfen an der Ostseeküste. Von den 3 verfügbaren Häfen Wismar, Rostock, Stralsund ist vor allem Rostock groß ausgebaut worden. Es verfügt über einen Überseehafen als Universalhafen mit Ölhafen, Schüttgutbereich, Stückgutbereich und über den Passagierkai Warnemünde.
Die Seeschiffahrt ist vollständig verstaatlicht. Ausführender Betrieb ist der VEB Deutsche Seereederei, Sitz Rostock. Die organisatorische Struktur wurde mehrere Male geändert, zuletzt 1970. Der VEB Deutsche Seereederei ist seitdem nur noch für die Linienschiffahrt zuständig. Es wurde ein zweites Unternehmen „Deutfracht Internationale Befrachtung und Reederei“ gegründet, das neben der Befrachtung von Schiffen auch die gesamte Massengut-, Tank- und Spezialschiffstonnage der DDR bereedert.
Für die Abfertigung in- und ausländischer Schiffe in [S. 901]den Häfen ist der VEB Deutsche Schiffsmaklerei (Rostock) zuständig. Zum organisatorischen Komplex gehören noch VEB Lotsen-Bugsier- und Bergungsdienst und der VEB Schiffsversorgung sowie die Deutsche Tallierungs-Gesellschaft mbH. Darüber hinaus gehören als Komplex für die S. das Institut des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft und das Ingenieurbüro für Rationalisierung zur Direktion des Seeverkehrs und der Hafenwirtschaft.
Mehrere Liniendienste werden in Gemeinschaft mit ausländischen Reedereien bedient, darunter mit der polnischen Reederei RZM in der Relation Europa-Westafrika (UNIAFRICA), der gemeinsam mit der polnischen Reederei PZM sowie der tschechoslowakischen Reederei Československo Namoni Plovba unterhaltene Liniendienst in der Relation Rostock/Stettin-Kuba (CUBALCO) und der gemeinsam mit der polnischen Reederei PLO betriebene Liniendienst nach Ostafrika (BALTAFRICA).
Oberste Instanz für alle Organe der Seeschiffahrt ist die Hauptverwaltung Seeschiffahrt und Hafenwirtschaft im Ministerium für Verkehrswesen. Ausgenommen sind die Fährschiffe für den Trajektverkehr, die der DR unterstehen.
XV. Fährverkehr
Die DR ist Partner der Gemeinschaftslinien DDR-Schweden zwischen Saßnitz und Trelleborg (107 km) sowie DDR-Dänemark zwischen Warnemünde und Gedser (47 km). Die Eisenbahn-Fährschiffe unterstehen dem Fährschiffamt der DR in Saßnitz.
Auf der Route Saßnitz-Trelleborg sind folgende DR-Fährschiffe eingesetzt: „Saßnitz“ seit 1959, „Stubbenkammer“ seit 1971, „Rügen“ seit 1972. Schwedischerseits verkehren auf dieser Route „Skane“ seit 1966, „Götaland“ und„Sveland“ seit 1973. Die Route Warnemünde-Gedser wird seit 1955 von der dänischen „König Frederick IX“ und seit 1963 von dem DDR-Schiff „Warnemünde“ befahren.
1965 wurden insgesamt 1,5 Mill. t Eisenbahngüter zwischen Saßnitz und Trelleborg trajektiert, 1972 waren es 2,3 Mill. t. Im Lkw-Verkehr stieg die Zahl von ca. 1000 im Jahr 1967 auf 7.000 im Jahr 1972.
XVI. Seehäfen
Die DDR verfügt über 3 für Seeschiffe benutzbare Häfen, die allerdings keinen direkten Binnenwasserstraßenanschluß haben: Rostock, Wismar und Stralsund. In Rostock konnten wegen ständiger Versandung bis 1960 nur Schiffe bis 7.000 BRT anlegen. Wismar kann von Schiffen bis 12.000 BRT angelaufen werden, Stralsund nur von kleineren Schiffen bis 2.500 BRT. Der steigende Außenhandel löste Pläne aus, entweder Wismar, Stralsund oder Rostock zu einem großen Überseehafen auszubauen. Die Entscheidung fiel 1957 zugunsten von Rostock. Ausschlaggebend waren die Nähe der Werften in Rostock und Warnemünde, die relative Nähe des Nord-Ostsee-Kanals und die günstigen Voraussetzungen für den Bau eines Binnenwasserweges für den Anschluß des Hafens an Wasserstraßen, die alle Teile der DDR miteinander, aber auch mit der ČSSR verbinden.
Der neue Seehafen Rostock gewinnt zunehmend an Bedeutung. Seine Umschlagskapazität soll bis 1980 20 Mill. t/Jahr erreichen. Es können dort Überseeschiffe bis 25.000 BRT abgefertigt werden. Er verfügt u. a. über einen Ölhafen mit 2 Liegeplätzen und 100.000 m³ Tanklagerkapazität, eine Schüttgutpier mit 3 Liegeplätzen, 13.200 m² Freilagerfläche und 6 Bunkerkranbrücken, 1 Schwergutumschlagplatz, Pier 1 mit 15 Stückgutkränen, Pier 2 mit 13 Liegeplätzen, 85.000 m² gedeckten Flächen, 52 Kränen; die Tauchtiefe der Hafenbecken beträgt 10 m. Die Verbindung mit der offenen See stellt ein 7 km langer Kanal her. Das Fahrwasser soll im Laufe der nächsten Jahre für 80 OOO-t-Schiffe vertieft werden. Im Ölhafen wurden 1974 ca. 7 Mill. t gelöscht. Der Anteil des Umschlags von Rostock am gesamten Umschlag in den Seehäfen der DDR beträgt 80 v. H. Mit dem Hinterland verbindet Rostock allerdings nur eine Eisenbahnmagistrale nach Berlin. Bis 1976 soll die neue Autobahn Rostock-Berlin fertigge[S. 902]stellt sein. Die Pläne für einen Nord-Süd-Kanal zum Anschluß Rostocks an das Wasserstraßennetz der DDR sind jedoch auf unbestimmte Zeit vertagt worden.
Während sich Rostock zu einem universellen Stückguthafen und zu einem Importhafen für Schüttgüter, Früchte und Rohöle entwickelt hat, ist Wismar zum Spezialhafen für den Umschlag von Getreide und für den Kaliexport geworden. Der Hafen ist über eine 28 km lange Zufahrt mit 8,2 m Tauchtiefe zu erreichen. Im Seehafen Stralsund werden vorwiegend Holz und Schüttgüter (Salz) umgeschlagen. Der Hafen ist 60 km von der offenen See entfernt. Organisatorisch sind die 3 Häfen selbständige VEB-Betriebe.
XVII. Luftverkehr
Der Luftverkehr hat sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt. Aufgrund des Potsdamer Abkommens durfte dieser Verkehrsträger lange Zeit nicht tätig werden. Die Luftverkehrsmittel waren an die Alliierten abzuliefern. Auch die Hoheitsrechte des Luftverkehrs übernahm die Besatzungsmacht.
Nach Abschluß des Vertrages zwischen der DDR und der UdSSR am 20. 9. 1955 waren die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau eines zivilen Luftverkehrs gegeben. Noch im selben Jahr sind der sowjetischen Verkehrsfliegerschule Uljanowsk die ersten Flugzeugbesatzungen für den DDR-Luftverkehr zur Ausbildung zugewiesen worden. Die sowjetische Fluggesellschaft AEROFLOT leistet bis auf den heutigen Tag dem Luftverkehr der DDR Entwicklungshilfe.
Seit 1955 werden fürden Luftverkehr Flugzeuge der sowjetischen Flugzeugindustrie geliefert, zunächst zweimotorige Passagier-Flugzeuge vom Typ JL 14, die zeitweilig auch im Dresdner Flugzeugwerk in Lizenz gebaut worden sind. Die Eigenproduktion wurde indessen nach Absturz eines selbst entwickelten Mittelstreckenflugzeuges mit Strahlantrieb aufgegeben.
Die Luftfahrtgesellschaft der DDR erhielt zunächst den traditionellen Namen „Deutsche Lufthansa“. Sie war bis 1957 dem Ministerium des Innern, dann dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt. Heute ist das Ministerium für Verkehr für zivile Luftfahrt zuständig.
Da aufgrund von Gerichtsentscheidungen Flugzeuge der DDR-Lufthansa unter dem Namen „Deutsche Lufthansa“ Flughäfen westlicher Länder nicht anfliegen dürfen, wurde 1958 in Ost-Berlin eine neue Luftfahrtgesellschaft, die Interflug GmbH., gegründet. Nachdem diese 5 Jahre lang neben der „Lufthansa“ bestanden hatte, wurde ihr nach Auflösung der „Lufthansa“ der gesamte Luftverkehr übertragen.
1974 verfügte die Interflug über folgenden Flugzeugpark:
Das Flugliniennetz hat eine Länge von ca. 85.000 km. Mehr als 40 Zielflughäfen in 31 Ländern wurden 1974 im Liniendienst und Messeflugverkehr angeflogen. Mit 27 Staaten hat die DDR Luftverkehrsabkommen geschlossen, in 24 unterhält die Interflug eigene Stadtbüros, 16 ausländische Luftverkehrsgesellschaften haben Vertretungen in Berlin (Ost), darunter die niederländische KLM, die skandinavische SAS, die finnische FINNAIR und die österreichische AUA (Stand 30. 6. 1974). 1972 wurden in Berlin-Schönefeld, dem Hauptflughafen, 1,285 Mill. Passagiere bei ca. 34.000 Starts und Landungen abgefertigt, das entspricht 1,099 Mill. Personenkilometern. Neben den Hauptstädten aller europäischer Mitgliedsstaaten des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (sowie Leningrad und Kiew) wurden 1974 regelmäßig u. a. Bagdad, Beirut, Belgrad, Conakry, Damaskus, Kairo, Khartum und Tirana bedient. Ferner werden Kopenhagen, Amsterdam, Helsinki, Wien und Mailand von der Interflug direkt angeflogen.
Die Interflug ist Mitglied in mehreren internationalen Luftverkehrsorganisationen, so z. B. in der Societé Internationale de Télécommunications Aéronautiques (SITA), gehört jedoch nicht dem Internationalen Lufttransportverband (IATA) an.
Der wissenschaftliche Nachwuchs für das V. kommt von der 1952 gegründeten Hochschule für V. (HfV) Dresden. Sie trägt den Namen des deutschen Eisenbahnpioniers Friedrich List. Gegenwärtig (1974) gehören zum Lehrkörper 124 Professoren und Dozenten sowie 600 wissenschaftliche Mitarbeiter. Die Zahl der Studenten beträgt 4.400; 15 v. H. sind Studenten im Fernstudium (Anteil der ausländischen Studenten 2 v. H.) Die Ausbildung erfolgt in 5 Grund- und 12 Fachstudienrichtungen. Dazu gehören: Verkehrs- und Betriebswirtschaft, Fahrzeugdienst, Technische Verkehrskybernetik, Verkehrsbauwesen, Mathematik, Rechentechnik und Naturwissenschaften. Vorlesungen in der Sektion „Marxismus-Leninismus“ sind Pflicht. 1971 wurde die Sektion „Militärisches Transport- und Nachrichtenwesen“ gegründet.
Seit 1973 gibt es die Hauptabteilung für Wissenschaft und Technik im MfV. Sie besteht aus den Abteilungen I Entwicklung des V., II Entwicklung der DR, III. Neuererbewegung und Standardisierung.
[S. 903]Die bisherigen zentralen Abteilungen „Forschung und Entwicklung“, „Prognose und Generalverkehrsplanung“ sowie die „Arbeitsgruppe für Automatisierung und Rationalisierung“ wurden neben anderen Büros und Koordinierungsgruppen in die neue HA überführt. Durch die Neuorganisation wird eine höhere Effektivität von Wissenschaft und Technik erwartet.
Der neuen HA sind das „Zentrale Forschungsinstitut des V. der DDR“, das „Forschungs- und Entwicklungswerk Blankenburg“, die „Zentrale Prüf- und Entwicklungsstelle Kirchmöser“ und das „Rechenzentrum der DR“ zugeordnet.
Alle übrigen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen des V. und die technischen Prüf- und Kontrollstellen wurden ebenfalls der HA Wissenschaft und Technik unterstellt. Dazu gehören die Versuchs- und Entwicklungsstelle (VES) in Dresden der HV Betrieb und Verkehr, die VES in Halle der HV Maschinenwirtschaft, die VES in Delitzsch der HV Wagenwirtschaft, die VES Magdeburg-Buckau der HV Bahnanlagen und die VES in Berlin der HV Sicherungs- und Fernmeldewesen; ferner die VES „Kraftverkehr“, „Straßenwesen“, „Zivile Luftfahrt“, „Seeschiffahrt und Hafenwirtschaft“ sowie „Binnenschiffahrt“.
Fundstelle: DDR Handbuch. Köln 1975: S. 894–903