DDR von A-Z, Band 1979

C. Das Gesundheitsabkommen

 

Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten (1979)

 

 

Siehe auch das Jahr 1975

 

I. Das Transitabkommen

 

 

Wenn man vom Innerdeutschen Handel und notwendigen Kontakten und Vereinbarungen im Bereich von Verkehr und Post absieht, gab es bis zum Jahre 1971 keine institutionalisierten Beziehungen amtlichen Charakters zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Das Transitabkommen, die deutsche Durchführungsvereinbarung zum Viermächte-Abkommen, war der erste bedeutende Schritt auf dem Wege zu einer Normalisierung des Verhältnisses zwischen den beiden deutschen Staaten.

 

Das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über den Transitverkehr von zivilen Personen und Gütern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) (Transitabkommen) wurde am 17. 12. 1971 unterzeichnet. Mit dem Schlußprotokoll zum Viermächte-Abkommen trat es am 3. 6. 1972 in Kraft.

 

A. Benutzung der Transitwege

 

 

In den ersten 6 Jahren seit Abschluß des Transitabkommens, also von Juni 1972 bis Anfang 1979, haben ca. 100 Mill. Westdeutsche und West-Berliner die Transitwege benutzt, was einer Steigerung um mehr als das Doppelte entspricht (im entsprechenden Zeitraum vor Inkrafttreten des Transitabkommens, in der Zeit von Juni 1966 bis einschließlich Mai 1972, betrug die Zahl rd. 44,7 Mill.).

 

Das Viermächte-Abkommen und die deutsche Durchführungsvereinbarung sehen vor, daß es grundsätzlich keine Kategorie von Personen gibt, die von der Benutzung der Transitwege ausgeschlossen werden kann. Kein Reisender kann wegen seiner politischen oder sonstigen Betätigung im Bundesgebiet oder in Berlin (West) zurückgewiesen werden. Auch Personen, welche die DDR ohne Erlaubnis der dortigen Behörden verlassen oder früher in der DDR strafbare Handlungen begangen haben, können die Transitwege ungehindert benutzen. Reisenden, die in der Vergangenheit in der DDR und nach dem Recht der DDR Straftaten gegen das Leben, vorsätzliche Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit des Menschen oder schwere Straftaten gegen das Eigentum begangen haben, kann die Durchreise verweigert werden. Reisenden, die die DDR nach dem 31. 12. 1971 ohne Genehmigung ihrer Regierung verlassen haben, sowie Personen, die sich von den Umständen der besonderen Lage ihres Falles her über das Verhalten der DDR-Organe im Unklaren sind (besonders geflüchtete Militärpersonen), wird empfohlen, sich vor Antritt der Reise Rat bei den zuständigen Stellen der Bundesrepublik einzuholen.

 

B. Mißbrauch der Transitwege

 

 

Ein Mißbrauch der Transitwege liegt gem. Art. 16 des Abkommens vor, wenn ein Reisender während der Benutzung der Transitwege rechtswidrig und schuldhaft gegen die allgemein üblichen Vorschriften der DDR bezüglich der öffentlichen Ordnung verstößt, indem er

 

a) Materialien verbreitet oder aufnimmt;

 

b) Personen aufnimmt;

 

c) die vorgesehenen Transitwege verläßt, ohne durch besondere Umstände, wie Unfall oder Krankheit, oder durch Erlaubnis der zuständigen DDR-Organe dazu veranlaßt zu sein;

 

d) andere Straftaten begeht oder

 

e) durch Verletzung von Straßenverkehrsvorschriften Ordnungswidrigkeiten begeht.

 

Mißbrauch liegt auch vor, wenn jemand als Mittäter, Anstifter oder Gehilfe an der Mißbrauchshandlung eines anderen teilnimmt.

 

Im Falle des hinreichenden Verdachts, daß ein Mißbrauch beabsichtigt ist, begangen wird oder begangen worden ist, können die Organe der DDR den Reisenden sowie sein Transportmittel und sein Gepäck durchsuchen oder ihn zurückweisen.

 

Bestätigt sich der Verdacht eines Mißbrauchs, so werden die zuständigen DDR-Organe im angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat entsprechend den allgemein üblichen Vorschriften der DDR bezüglich der öffentlichen Ordnung

 

a) einen Verweis oder eine Ordnungsstrafe oder eine Verwarnung mit Ordnungsgeld aussprechen oder Gegenstände einziehen;

 

b) Gegenstände sicherstellen oder beschlagnahmen;

 

c) Personen zurückweisen oder zeitweilig von der Benutzung der Transitwege ausschließen oder

 

d) Personen festnehmen.

 

Bei Straftaten können die zuletzt genannten Maßnahmen auch dann getroffen werden, wenn die Straftaten bei einer früheren Benutzung der Transitwege begangen wurden.

 

Die DDR ist verpflichtet, die zuständigen Behörden [S. 199]der Bundesrepublik Deutschland alsbald über Festnahmen, den Ausschluß von Personen von der Benutzung der Transitwege und Zurückweisungen sowie über die Gründe zu unterrichten.

 

Mißbräuche im Sinne des Transitabkommens durch kommerzielle Fluchthilfeorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland können sein Funktionieren beeinträchtigen, z. B. indem sie die DDR zum extensiven Gebrauch der im Abkommen vorgesehenen Verdachtskontrolle veranlassen. Die Bundesregierung hat nur begrenzte rechtliche Möglichkeiten zur Unterbindung der kommerziellen Fluchthilfe. Aus Achtung vor dem Grundrecht auf Freizügigkeit bejaht sie diese Begrenzung. Es ist andererseits aber auch zu berücksichtigen, daß ein freier, unbehinderter und ungestörter Zugang im Interesse von Berlin (West) und seiner Bewohner liegt.

 

C. Das Abfertigungsverfahren

 

 

Das Abfertigungsverfahren im Eisenbahnverkehr und auf den Straßen ist wesentlich vereinfacht worden. Die Reisenden können grundsätzlich im Fahrzeug sitzen bleiben. Die Kontrolle beschränkt sich auf die Feststellung der Personalien durch Vorlage des Reisepasses, bei West-Berlinern des Personalausweises. Die Visaerteilung erfolgt ohne gesonderten schriftlichen Antrag; bei durchgehenden Bussen können Sammelvisa erteilt werden.

 

Die Fahrzeuge und das persönliche Gepäck dürfen nur in Ausnahmefällen durchsucht werden. In durchgehenden Zügen und durchgehenden Autobussen umfassen die Kontrollverfahren der DDR außer der Identifizierung von Personen keine anderen Formalitäten. Zum persönlichen Gepäck gehören alle Gegenstände, die für den Gebrauch und Verbrauch während der Reise bestimmt sind, Reiselektüre aller Art, mitgeführte Geschenke und auch Umzugsgut, soweit es im individuellen Personenverkehr mitgeführt wird. Für mitgeführte Hunde und Katzen ist eine amtsärztlich bestätigte Impfbescheinigung ausreichend.

 

Die Zahlung individueller Visa- und Straßenbenutzungsgebühren ist entfallen. Statt dessen zahlt die Bundesregierung eine Pauschalsumme.

 

Mit dieser Pauschale werden noch eine Reihe weiterer, bisher erhobener individueller Abgaben im Güterverkehr abgegolten, z. B. die Straßenbenutzungsgebühr und die Steuerausgleichsabgabe. Individuelle Gebühren werden nur noch in Ausnahmefällen erhoben, z. B. für die Ausstellung von Paßersatzpapieren oder bei Mitnahme genehmigungspflichtiger Gegenstände.

 

Das Viermächte-Abkommen und das Transitabkommen haben die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die Mehrzahl der Gütertransporte in verplombten Transportmitteln und damit ohne zeitaufwendige Sichtkontrolle der Ladung durch die Zollorgane der DDR durchgeführt werden kann.

 

D. Das Verplombungsgesetz

 

 

Ein Verplombungsgesetz der Bundesregierung vom 23. 6. 1972 sieht — bei wenigen Ausnahmen — die grundsätzliche Verplombungspflicht vor. Es ist am 1. 7. 1973 in Kraft getreten.

 

Die Verplombung wird grundsätzlich von den Zollbehörden im Bundesgebiet oder in Berlin (West) vorgenommen; anerkannt werden auch Bahn- und Postplomben). Zur praktischen Erleichterung können Verschlüsse nicht nur von den Grenzkontrollstellen, sondern auch von Binnenzollstellen angelegt werden. Darüber hinaus können auch Unternehmen ermächtigt werden, unter bestimmten Voraussetzungen selbst Plomben anzulegen.

 

Die Kontrollverfahren der DDR beschränken sich auf die Prüfung der Plomben und der Begleitdokumente.

 

Die Ladung von Fahrzeugen, die nicht verplombt werden können oder von der Verplombungspflicht befreit sind, unterliegt entsprechend dem Viermächte-Abkommen einer Prüfung nur in näher bezeichneten Verdachtsfällen und „im erforderlichen Umfang“. Dabei finden die Bestimmungen über den Mißbrauch der Transitwege Anwendung.

 

Durch einen gesonderten Briefwechsel ist der Warenbegleitschein als Begleitdokument des Verkehrs von und nach Berlin (West) neu gefaßt und wesentlich vereinfacht worden. Diese Neuregelung ist seit dem 1. 3. 1972 in Kraft.

 

Die besonderen Bedingungen für das Mitführen und den Transport bestimmter Gegenstände einschließlich lebender Tiere sind in einer „Information“ der DDR festgelegt. Dabei haben sich eine Reihe wesentlicher Erleichterungen ergeben, vor allem bei Veterinär- und Pflanzenschutzerzeugnissen.

 

E. Grenzübergänge und Transitstrecken

 

 

Die bestehenden Grenzübergänge und Transitstrecken wurden im Transitabkommen bestätigt und die Benutzbarkeit verschiedener Grenzübergangsstellen für bestimmte Verkehrs- oder Transportarten erweitert. Alle Eisenbahnzüge verkehren im Transitverkehr als durchgehende Züge; die Betriebshalte an den Grenzen wurden verkürzt und dadurch der Eisenbahnverkehr beschleunigt. Außerdem wurde eine neue Verbindung München–Saßnitz via Berlin eingerichtet. Die Zahl der Reise- und Güterzüge wird nach dem Verkehrsaufkommen bemessen. Im Straßenverkehr werden neben der Anerkennung der Zulassungen und Führerscheine die am Zulassungsort geltenden Vorschriften über Bau und Ausrüstung der Fahrzeuge von der DDR als ausreichend anerkannt. Alle Autobusse, auch solche des Gelegenheitsverkehrs, können als durchgehende Autobusse mit besonderen Abfertigungserleichterungen verkehren. Die DDR hat bestimmte Rastplätze festgelegt, auf denen durchgehende Autobusse anhalten können, ohne dadurch den Charakter eines durch[S. 200]gehenden Autobusses zu verlieren. Die Erteilung von Transportgenehmigungen für den Güterverkehr und die Konzessionierung neuer Transitbuslinien richten sich ausschließlich nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.

 

Im Binnenschiffsverkehr ist die besondere Erlaubnis zum Befahren der Wasserstraßen der DDR entfallen. Die Zahl der Feierabendplätze wurde vermehrt. An besonders zugelassenen Liegeplätzen wird den Besatzungen der Binnenschiffe der Landgang gestattet.

 

Der Verkehr auf den Straßen und Wasserwegen von und nach Berlin (West) wird ferner durch Absprachen über die Hilfe bei Unfällen, Betriebsstörungen und Havarien sowie durch die Übermittlung von Verkehrsinformationen erleichtert.

 

Weitere Fortschritte brachten Verhandlungen über Verbesserungen im Berlin-Verkehr, die am 19. 12. 1975 abgeschlossen wurden. In einem Briefaustausch wurde u. a. Übereinstimmung darüber erzielt. daß die DDR bis Anfang 1980 die Autobahn Marienborn-Berlin von Grund auf erneuert und ein Teilstück des Berliner Rings auf 6 Spuren verbreitert (die Bundesrepublik Deutschland übernimmt 65 bzw. 60 v. H. der Kosten). Im Schienenverkehr wurde ein neuer Übergang (Staaken) für den Reisezugverkehr nach Hamburg geschaffen, was eine Fahrzeitverkürzung von 45 Minuten bedeutet. In Berlin (West) sind 3 zusätzliche Verkehrshalte eingerichtet worden (Wannsee, Charlottenburg und Spandau). Seit Ende 1975 wurden ferner zwischen dem Berliner Senat und dem Verkehrsministerium der DDR Gespräche über die Öffnung des Teltow-Kanals von Westen her geführt.

 

Am Grenzübergang Herleshausen/Wartha wird bei starkem Verkehrsaufkommen der Transitweg häufig stark beeinträchtigt, da eine Entmischung des Reiseverkehrs in die DDR und des Transitverkehrs wegen der engen Verkehrsverhältnisse nicht möglich ist. Die Bundesregierung hat daher mit der DDR Verhandlungen über eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse an diesem Grenzübergang aufgenommen.

 

F. Die Transitkommission

 

 

Nach Art. 19 des Transitabkommens ist eine Kommission zur Klärung von Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten bei der Anwendung oder Auslegung dieses Abkommens gebildet worden („Transitkommission“). Die Kommission, die abwechselnd in Bonn und in Berlin (Ost) tagt, behandelt in ihren regelmäßig stattfindenden Sitzungen alle Probleme des Transitverkehrs von und nach Berlin (West), z. B. Festnahmen und Zurückweisungen von Personen sowie Fragen des Güterverkehrs auf Schiene, Straße und Wasserstraße. In der mehrjährigen Tätigkeit der Kommission seit Inkrafttreten der zitierten Abkommen konnten zahlreiche Unklarheiten beseitigt und Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt werden.

 

Ständig erneut auftauchende Probleme in den Sitzungen der Transitkommission sind die Tätigkeit von kommerziellen Fluchthilfeorganisationen und Zurückweisungen von Benutzern der Transitwege.

 

II. Der Verkehrsvertrag

 

 

Der Abschluß des Vertrages über Fragen des Verkehrs zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Verkehrsvertrag) vom 26. 5. 1972 entsprach dem gegenseitigen Wunsch, die Verkehrsbeziehungen umfassend zu regeln. Der Vertrag trat am 17. 10. 1972 in Kraft.

 

A. Gegenstand des Verkehrsvertrages

 

 

Der Gegenstand des Vertrages umfaßt den Wechselverkehr, d. h. den Verkehr zwischen den beiden Verkehrsgebieten und den Transitverkehr in dritte Staaten auf Straßen, Schienen- und Wasserwegen; ausgenommen sind der Personenverkehr mit Seepassagier- und Binnenschiffen und der Luftverkehr. Grundsätzlich soll der Verkehr in und durch die Hoheitsgebiete der Vertragsstaaten entsprechend der üblichen internationalen Praxis auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und Nichtdiskriminierung im größtmöglichen Umfange gewährt, erleichtert und möglichst zweckmäßig gestaltet werden.

 

Die im Art. 32 zur Klärung eventuell auftretender Meinungsverschiedenheiten vorgesehene gemischte Kommission („Verkehrskommission“) trat zu ihrer konstituierenden Sitzung am 13. 11. 1972 in Berlin (Ost) zusammen. Insgesamt hat sie bis August 1978 26mal getagt. Dabei wurden die sich auf dem Verkehrsgebiet ergebenden praktischen Fragen bei Anwendung des Verkehrsvertrages behandelt.

 

Im Rahmen der Verkehrskommission sind in den letzten Jahren u. a. noch offene Fragen des Binnenschiffsverkehrs auf der Elbe besprochen worden. Der Verkehrsvertrag gilt für unbestimmte Zeit und kann 5 Jahre nach Inkrafttreten mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres gekündigt werden.

 

Der Verkehrsvertrag enthält in 7 Artikeln die erforderlichen Grundbestimmungen, die überwiegend an die Praxis im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr anknüpfen. Seit dem 1. 4. 1973 sind beide deutschen Staaten Vollmitglieder der Berner Union. Gemäß Art. 11 gilt das internationale Personenbeförderungs- und Frachtrecht der internationalen Übereinkommen CIV und CIM auch für das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Berlin (West) wird in der Berner Union von der Bundesrepublik Deutschland vertreten.

 

Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn [S. 201]und das Ministerium für Verkehrswesen der DDR haben in Ausführung des Verkehrsvertrages am 25. 9. 1972 ein Eisenbahngrenzübereinkommen abgeschlossen, das technische und Haftungsfragen regelt.

 

Für beide Seiten ist durch den Verkehrsvertrag erstmals seit 1945 der Transitverkehr durch das Gebiet des anderen Staates in dritte Staaten möglich geworden. Die Vertragsstaaten schaffen auf ihrem Gebiet auch die Voraussetzungen für einen schnellen und wirtschaftlichen Schiffsablauf. Beide Seiten verzichten auf die ehemals durch alliiertes Recht vorgeschriebenen besonderen Erlaubnisse.

 

Bezüglich des Genehmigungserfordernisses für die gewerbliche Beförderung von Personen oder Gütern wurde vereinbart, daß beide Seiten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit ihr Recht auf Anwendung des Genehmigungsverfahrens — mit Ausnahme für den Kraftomnibus-Linienverkehr — nicht ausüben. Die Vorschriften über den Seeverkehr entsprechen den auch schon bisher im Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten beachteten Grundsätzen der allgemeinen zwischenstaatlichen Praxis. So wird die gegenseitige Benutzung von Seehäfen und anderen Einrichtungen des Seeverkehrs sowie der Grundsatz der Meistbegünstigung zugesichert. Wie üblich wird die Beförderung von Gütern zwischen Häfen und Ladestellen des anderen Vertragsstaates (Kabotage) unter Genehmigungsvorbehalt gestellt. Art. 31 stellt klar, daß die Vorschriften des Staates, unter dessen Flagge das Schiff fährt, für die Besatzung, Ausrüstung, Einrichtung, Schiffssicherheit, Vermessung und Seetüchtigkeit auch dann gelten, wenn sich das Schiff in den Hoheitsgewässern des anderen Vertragsstaates befindet.

 

B. Protokollvermerke und Briefwechsel

 

 

Zum Vertragswerk gehören Protokollvermerke zu einzelnen Artikeln sowie zum Luftverkehr; über die Mitgliedschaft beider deutschen Staaten in CIV und CIM wurden Briefe gewechselt. In einem weiteren Brief teilte die DDR die im Ergebnis der Inkraftsetzung des Verkehrsvertrages von der DDR erlassenen Reiseerleichterungen mit. Weiter bestätigten die damaligen Staatssekretäre Bahr und Kohl in Erklärungen ihr Einvernehmen, daß die Bestimmungen des Verkehrsvertrages in Übereinstimmung mit dem Viermächte-Abkommen vom 3. 9. 1971 auf Berlin (West) unter der Voraussetzung sinngemäß anzuwenden sind, daß in Berlin (West) die Einhaltung der Bestimmungen des Verkehrsvertrages gewährleistet wird.

 

III. Belebung des innerdeutschen Reiseverkehrs

 

 

Die Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen finden in der Belebung des innerdeutschen Reiseverkehrs ihren sichtbaren Ausdruck.

 

A. Reiseverkehr aus der Bundesrepublik Deutschland in die DDR

 

 

Bis zum Inkrafttreten des Verkehrsvertrages gestattete die DDR Einwohnern des Bundesgebietes eine Reise aus privaten Gründen in die DDR in der Regel nur zum Besuch von Verwandten ersten und zweiten Grades, und zwar nur einmal jährlich bis zur Dauer von 4 Wochen. Ferner war Einwohnern des Bundesgebietes der Tagesaufenthalt in Berlin (Ost) möglich. Unabhängig hiervon waren Geschäftsreisen, Reisen zur Leipziger Messe sowie Reisen auf Einladung amtlicher Stellen zulässig.

 

Mit dem Inkrafttreten des Verkehrsvertrages vom 17. 10. 1972 sind wesentliche Reiseerleichterungen und Verbesserungen wirksam geworden. Einwohnern des Bundesgebietes wird jetzt eine Reise in die DDR nicht nur zum Besuch von Verwandten, sondern auch von Bekannten, und zwar einmal oder mehrmals bis zu einer Dauer von insgesamt 30 Tagen im Jahr erlaubt. Neu ist ferner, daß die Aufenthaltsgenehmigung jetzt in der Regel für das gesamte Gebiet der DDR gilt. Zuvor durften Besucher aus dem Bundesgebiet, die nicht im Besitz einer Sondergenehmigung waren, sich nur in dem Kreis der DDR aufhalten, für den die Einreisegenehmigung erteilt worden war. Die Wahl des Grenzübergangs wurde und ist nach wie vor freigestellt. Außerdem können Einwohner des Bundesgebietes die Einreisegenehmigung auch auf Einladung der zuständigen Organe der DDR aus kommerziellen, kulturellen, sportlichen und religiösen Gründen erhalten. Erstmals können Touristenreisen in die DDR aufgrund von Vereinbarungen zwischen Reisebüros der Bundesrepublik Deutschland und der Generaldirektion des Reisebüros der DDR unternommen werden. Verschiedene Reisebüros im Bundesgebiet, bieten Touristenreisen in die DDR an. Westdeutsche, die eine Touristenreise in die DDR unternehmen wollen, stellen einen Reiseantrag bei einem Reisebüro im Bundesgebiet, das bei den Behörden der DDR einen Berechtigungsschein für das Einreisevisum beantragt und im Rahmen der vereinbarten Programme am Zielort in der DDR eine Hotelunterkunft bucht. Die besonderen Möglichkeiten für Westdeutsche, zu Tagesbesuchen nach Berlin (Ost) oder zum Besuch der Leipziger Messe in die DDR einzureisen, bestehen weiterhin (Touristik).

 

Eine wesentliche Erleichterung bedeutet die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Pkw in die DDR einzureisen. Seit dem 20. 12. 1974 ist eine besondere Begründung des Antrages auf Benutzung des Pkw im normalen Reiseverkehr aus dem Bundesgebiet und auch im Berliner Reise- und Besucherverkehr nicht mehr erforderlich; damit ist der Pkw-Verkehr praktisch vollständig liberalisiert. Diese Maßnahme hat die Zahl der Pkw-Fahrten verdoppelt. Seit dem 9. 9. 1976 wird von den zuständigen Organen der DDR auch im grenznahen [S. 202]Verkehr auf eine Begründung für die Pkw-Benutzung verzichtet.

 

Im Rahmen des grenznahen Verkehrs werden seit 1974 aufgrund von Verträgen westdeutscher Reiseunternehmer mit dem Reisebüro der DDR auch eintägige Omnibusausflugsfahrten veranstaltet.

 

 

Mit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrages am 21. 6. 1973 wurden weitere Verbesserungen des grenzüberschreitenden Reise- und Besucherverkehrs einschließlich des Tourismus wirksam. Die Bewohner von 56 grenznahen Stadt- und Landkreisen der Bundesrepublik Deutschland haben seither die Möglichkeit, im festgesetzten Rahmen von 30 Besuchstagen im Jahr auf einen Antrag hin bis zu 9mal innerhalb von 3 Monaten zu einem Tagesaufenthalt in den grenznahen Bereich der DDR (54 Kreise) einzureisen („Grenznaher Verkehr“). Der Zeitpunkt jeder einzelnen Reise kann beliebig gewählt werden. Beide deutsche Staaten kamen in einem Briefwechsel überein, zum Zweck des „kleinen Grenzverkehrs“ 4 neue Straßenübergänge (DDR: Salzwedel, Worbis, Meiningen, Eisfeld; Bundesrepublik Deutschland: Uelzen, Duderstadt, Bad Neustadt. Coburg) einzurichten (Grenze).

 

 

Tagesaufenthalte sind sowohl zum Besuch von Verwandten und Bekannten als auch aus rein touristischen Gründen möglich. Der grenznahe Verkehr wickelt sich weitgehend mit Personenkraftwagen ab. Fragen, die in diesem Zusammenhang auftreten, werden von Zeit zur Zeit in Expertengesprächen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR erörtert.

 

Seit dem 21. 6. 1973 können Transitreisen durch die DDR in andere Länder auch zu Besuchen innerhalb der DDR unterbrochen werden, falls über das Reisebüro der DDR vorher Hotelunterkünfte gebucht worden sind.

 

Mit der AO über die Durchführung eines verbindlichen Mindestumtausches von Zahlungsmitteln vom 5. 11. 1973 hatte die Regierung der DDR mit Wirkung vom 15. 11. 1973 den Mindestumtausch, der bei Reisen in die DDR pro Person und Aufenthaltstag zu entrichten ist. von bisher 10 auf 20 DM und bei Tagesaufenthalten in Berlin (Ost) von bisher 5 auf 10 DM erhöht. Von der Pflicht zum Mindestumtausch sind lediglich Jugendliche, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, befreit. Die Befreiung von der Pflicht zum Mindestumtausch für Personen im Rentenalter sowie für Invaliden- und Unfallrentner war damit entfallen.

 

Das hatte zur Folge, daß der Reiseverkehr beispielsweise von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland in die DDR um 15 % zurückging. Die Bundesregierung und der Senat von Berlin haben die Erhöhung der Mindestumtauschsätze als gegen den Geist der geschlossenen Verträge gerichtet verurteilt und sich bei der Regierung der DDR um eine Änderung bemüht. Mit Wirkung vom 15. 11. 1974 hat die DDR eine Reduzierung des Mindestumtauschsatzes auf 13,– DM bzw. 6,50 DM verfügt. Die Rentner wurden allerdings erst ab 20. 12. 1974 wieder von der Umtauschpflicht ausgenommen.

 

B. Reisen aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland

 

 

Nach den Sperrmaßnahmen der DDR seit dem 13. 8. 1961 war es zunächst allen Bewohnern der DDR verwehrt, in die Bundesrepublik Deutschland zu reisen. Seit dem 2. 11. 1964 durften Personen im Rentenalter einmal im Jahr bis zur Dauer von 4 Wochen ihre Verwandten im Bundesgebiet oder in Berlin (West) besuchen. Bei Todesfällen oder in Fällen schwerer Erkrankung eines Angehörigen kann dem gleichen Personenkreis eine zusätzliche Reiseerlaubnis gewährt werden. Als Personen im Rentenalter gelten Frauen von Vollendung des 60. Lebensjahres und Männer von Vollendung des 65. Lebensjahres an. Den Altersrentnern gleichgestellt sind Invaliden- und Unfallvollrentner. Mit dem Inkrafttreten des Verkehrsvertrages am 17. 10. 1972 wurden die Reisemöglichkeiten insofern verbessert, als nunmehr die Ausreise einmal oder mehrmals im Jahr bis zur Dauer von 30 Tagen — in dringenden Fällen auch mit dem Pkw — genehmigt werden kann.

 

Bis zum Jahre 1972 machten im Durchschnitt jährlich etwa eine Million Rentner aus der DDR von dieser Besuchsmöglichkeit Gebrauch. Inzwischen liegt die Zahl dieser Reisen bei rd. 1,3 Mill.

 

Nach der Anordnung der DDR-Regierung über Regelungen im Reiseverkehr von Bürgern der DDR vom 17. 10. 1972, die am selben Tage wie der Verkehrsvertrag in Kraft getreten ist, haben erstmals [S. 203]außer Rentnern auch nahe Verwandte jeden Alters — und zwar Großeltern, Eltern. Kinder und Geschwister — die Möglichkeit, in dringenden Familienangelegenheiten in das Bundesgebiet und nach Berlin (West) zu reisen. Als dringende Familienangelegenheiten werden Geburten, Eheschließungen, lebensgefährliche Erkrankungen und Sterbefälle angesehen. Die Ausreise kann einmal oder mehrmals bis zu einer Dauer von insgesamt 30 Tagen im Jahr — und zwar in dringenden Fällen auch mit dem Pkw — genehmigt werden.

 

 

Mit dem Inkrafttreten des Grundlagenvertrages am 21. 6. 1973 können auch in der DDR wohnende Halbgeschwister (dieselbe Mutter) in dringenden Familienangelegenheiten die Ausreisegenehmigung erhalten. Die „dringenden Familienangelegenheiten“ wurden auf silberne und goldene Hochzeiten ausgedehnt. Auch 60-, 65- und 70jährige Ehejubiläen werden als dringende Familienangelegenheiten anerkannt.

 

C. Reisen von Personen mit ständigem Wohnsitz in Berlin (West) in die DDR und nach Berlin (Ost)

 

 

Den Bewohnern von Berlin (West) wurde in den vergangenen Jahrzehnten die Möglichkeit, in die DDR zu reisen und Berlin (Ost) zu besuchen, zunehmend beschnitten. Seit 1952 war es ihnen praktisch unmöglich, in die DDR zu gelangen, und seit 1961 war ihnen grundsätzlich auch Berlin (Ost) versperrt. Nur für kurze Zwischenzeiten, und zwar in den Besuchsräumen über Weihnachten und Neujahr in den Jahren 1963, 1964 und 1965, über Ostern und Pfingsten in den Jahren 1965 und 1966 sowie für 14 Tage im Herbst 1964 konnten sie aufgrund der Passierscheinabkommen nahe Verwandte im Ostteil der Stadt besuchen. Seit 1966 bestand nur noch die Möglichkeit, in dringenden Familienangelegenheiten über die sog. Härtestelle eine Genehmigung zum Besuch von Berlin (Ost) zu erhalten. In den Jahren 1969–1971 waren es im Jahresdurchschnitt 90.000 Berliner, die auf diesem Wege ihre Angehörigen im anderen Teil der Stadt wiedersehen konnten.

 

Nach der in Übereinstimmung mit den Regelungen des Viermächte-Abkommens getroffenen Vereinbarung zwischen dem Senat und der Regierung der DDR über Erleichterungen und Verbesserungen des Reise- und Besucherverkehrs, die zusammen mit dem Viermächte-Abkommen am 3. 6. 1972 in Kraft getreten ist, können Personen mit ständigem Wohnsitz in Berlin (West) einmal oder mehrmals zu Besuchen von insgesamt 30 Tagen im Jahr in die DDR und nach Berlin (Ost) einreisen. Die Einreise wird aus humanitären, familiären, religiösen, kulturellen oder touristischen Gründen genehmigt. In dringenden Familienangelegenheiten können Reisen auch dann gewährt werden, wenn die allgemeine Besuchsdauer von insgesamt 30 Tagen im Jahr bereits erschöpft ist. Darüber hinaus können Einreisen zu gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, wirtschaftlich-kommerziellen oder kulturellen Zwecken erfolgen. Auf der Grundlage von Vereinbarungen zwischen dem Reisebüro der DDR und der DER-Deutsche Reisebüro GmbH sind auch Touristenreisen in die DDR möglich. Auf Antrag genehmigen die DDR-Behörden Bewohnern von Berlin (West) den Aufenthalt in mehreren Kreisen der DDR.

 

Die Einreise mit dem Pkw wurde bis Dezember 1974 nur genehmigt, wenn ein Reisender wegen Körperbehinderung auf die Benutzung des Kraftfahrzeuges angewiesen ist, wenn es sich um dringende Einreisen handelt und das Reiseziel mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht rechtzeitig erreicht werden kann, die Einreise mit Kindern im Alter bis zu 3 Jahren erfolgt oder der Zielort verkehrsungünstig oder über 100 Kilometer von Berlin (West) entfernt liegt. Seitdem wird grundsätzlich die Einreise mit dem Pkw — auf Antrag — gestattet.

 

Der Senat von Berlin und die Regierung der DDR haben Beauftragte ernannt, die Meinungsverschiedenheiten und Schwierigkeiten klären sollen, die sich im einzelnen aus der Anwendung und Durchführung der Vereinbarung ergeben. Darüber hinaus ist vorgesehen, daß zu gegebener Zeit aufgrund gewonnener Erfahrungen weitere Erleichterungen vereinbart werden können. Die Regelungen dieser Vereinbarung waren bereits vor deren Inkrafttreten von der Regierung der DDR zu Ostern und Pfingsten 1972 — und zwar vom 29. 3. bis 5. 4. 1972 und vom 17. 5. bis 24. 5. 1972 — angewandt worden. Allein in diesen Zeiträumen reisten ca. 1,15 Mill. West-Berliner in die DDR und nach Berlin (Ost). Die Zahlen für 1976 und 1977 lauten: jeweils rd. 3,4 Mill. Reisen. 1978 wurden 3,26 Mill. Reisen gezählt (Berlin).

 

IV. Der Grundlagenvertrag und Folgeabkommen

 

 

Am 21. 6. 1973 trat der Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Grundlagenvertrag) in Kraft. Wenige Wochen später, am 31. 7. 1973, bestätigte das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit des Grundlagenvertrages mit dem Grundgesetz. Damit waren die Voraussetzungen für die sog. Folgeverhandlun[S. 204]gen zur Regelung zahlreicher praktischer Fragen zwischen den beiden deutschen Staaten geschaffen.

 

A. Die Grenzkommission

 

 

Gemäß Zusatzprotokoll I zum Grundlagenvertrag wurde aus Beauftragten der Regierungen beider deutscher Staaten die Grenzkommission gebildet. Sie konstituierte sich bereits am 31. 1. 1973. Ihre Aufgaben sind in der Erklärung zum Protokoll über die Aufgaben der Grenzkommission durch die beiden Delegationsleiter präzisiert. Es sind: die Markierung der zwischen den beiden Staaten bestehenden Grenze zu überprüfen und, soweit erforderlich, zu erneuern oder zu ergänzen sowie die erforderlichen Dokumentationen über den Grenzverlauf zu erarbeiten. Darüber hinaus trägt die Arbeit der Grenzkommission zur Regelung sonstiger mit dem Grenzverlauf im Zusammenhang stehender Probleme, z. B. der Wasserwirtschaft, der Energieversorgung und der Schadensbekämpfung, bei. Zwischen Januar 1973 und Oktober 1978 tagte die Grenzkommission 44mal.

 

Die Feststellung der Grenze erfolgte in mehreren Arbeitsgängen. Am 29. 6. 1974 wurde ein Protokollvermerk über den Grenzverlauf in der Lübecker Bucht unterzeichnet, der entsprechend der Praxis der britischen Besatzungsmacht die Grenze zwischen den Küstenmeeren der Bundesrepublik Deutschland und der DDR auf dem südostwärtigen Rand des Schiffahrtsweges 3 feststellt.

 

Zur Lösung sonstiger Probleme wurden schon zuvor, am 20. 9. 1973, die Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über Grundsätze zur Schadensbekämpfung an der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik und die Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über Grundsätze zur Instandhaltung und zum Ausbau der Grenzgewässer sowie der dazugehörigen wasserwirtschaftlichen Anlagen unterschrieben. Die erstere Vereinbarung sieht insbesondere eine Pflicht zur Verhinderung des Übergreifens von Schäden auf das Gebiet der jeweils anderen Seite und die Einrichtung von 14 Grenzinformationspunkten vor, die es ermöglichen, notfalls im lokalen Bereich schnell mit den zuständigen Stellen jenseits der Grenze fernmündlich Verbindung aufzunehmen.

 

Am 29. 6. 1974 wurde die Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über den Fischfang in einem Teil der Territorialgewässer der DDR in der Lübecker Bucht unterzeichnet. Sie sichert die Ausübung des Fischfangs aufgrund des der Hansestadt Lübeck 1188 und 1226 verliehenen Fischereirechtes.

 

Weitere Regelungen, die im Rahmen der Grenzkommission getroffen werden konnten, sind: eine Vereinbarung über Betrieb, Kontrolle und Instandhaltung der auf dem Gebiet der DDR gelegenen Teile der Trinkwasserversorgungsanlagen der Stadt Duderstadt vom 3. 2. 1976 und eine Vereinbarung über die Wasserentnahme aus Grenzgewässern der DDR im mecklenburgisch-holsteinischen Gebiet vom 27. 10. 1977. Auf dieser Sitzung der Grenzkommission wurde auch Einvernehmen über eine Regelung zur Eckertalsperre und Eckerfernwasserleitung im Harz erzielt. Am 3. 2. 1976 wurden Protokollvermerke über Grenzwege und Wege im Grenzbereich sowie über forstwirtschaftliche Arbeiten in unmittelbarer Grenznähe unterzeichnet, die die Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke erleichtern und zum Teil erst wieder ermöglichen. Am 8. 12. 1977 ist schließlich auch eine Übereinkunft über die Benutzung der gesamten Flußbreite auf der Werra und der sächsischen Saale durch Wassersportler auch dort, wo die Grenze in der Flußmitte verläuft, getroffen worden. Die Feststellung und Markierung des Grenzverlaufs konnten 1976 mit Ausnahme des Elbe-Abschnitts abgeschlossen werden. Am 29. 11. 1978 sind in Bonn durch die Leiter der beiden Delegationen der Grenzkommission aus Beauftragten der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zwei wichtige Dokumente unterzeichnet worden. Es handelt sich um

  • das „Protokoll zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über die Überprüfung, Erneuerung und Ergänzung der Markierung der zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bestehenden Grenze, die Grenzdokumentation und die Regelung sonstiger mit dem Grenzverlauf im Zusammenhang stehender Probleme“ und um
  • die „Vereinbarung zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über die Regelung von Fragen, die mit der Errichtung und dem Betrieb eines Hochwasserrückhaltebeckens an der Itz zusammenhängen“ (Grenze).

 

B. Arbeitsbedingungen für Journalisten

 

 

Im Rahmen des Grundlagenvertrages hat sich die DDR in einem Briefwechsel bereiterklärt, Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten aus der Bundesrepublik Deutschland zu schaffen. Nach Expertengesprächen im Jahre 1973 haben sich bis Anfang 1979 19 Korrespondenten für 17 Publikationsorgane in Berlin (Ost) niedergelassen. Die Korrespondenten vertreten Tageszeitungen, Wochenzeitungen, eine Nachrichtenagentur (dpa) sowie das Fernsehen (ARD und ZDF) und den Hörfunk. Zu den in der DDR akkreditierten ständigen Korrespondenten [S. 205]kommen Reisekorrespondenten, die zu besonderen Anlässen wie der Leipziger Messe oder zu Sportwettkämpfen in die DDR fahren.

 

In Bonn waren 1979 6 ständige Korrespondenten der DDR tätig. Sie vertreten 2 Tageszeitungen, eine Nachrichtenagentur (ADN) sowie das Fernsehen und den Hörfunk der DDR.

 

Seit 1. 6. 1976 sind verschiedene Arbeitserleichterungen für die journalistische Tätigkeit der Korrespondenten aus der Bundesrepublik Deutschland und anderen Ländern in der DDR in Kraft. Seitdem erhalten die Ehefrauen der Korrespondenten und das gesamte technische Personal Grenzempfehlungen zum erleichterten Grenzübertritt, die Ehefrauen bekommen Presseausweise, die schulpflichtigen Kinder der Korrespondenten, die in Berlin (West) zur Schule gehen, erhalten spezielle Schülervisa, die einer Grenzempfehlung gleichkommen. Für Schüler ab 10 Jahren werden Presseausweise wie für die Ehefrauen ausgestellt. Eine Erleicherung der Arbeit der Korrespondenten stellt auch die Regelung dar, daß sie nunmehr direkten Zugang zu den Pressestellen der Ministerien der DDR haben und nicht mehr ausschließlich auf das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten angewiesen sind. Ferner wurden die Modalitäten der Zollabfertigung für den dienstlichen und privaten Bedarf der Korrespondenten vereinfacht. Mit der Gewährung des direkten Zugangs von Korrespondenten zu den Pressestellen der Ministerien hat die DDR ihre Praxis den Verpflichtungen angepaßt, die sie im Jahre 1973 übernommen hatte.

 

Die Berichterstattung aus der DDR hat sich durch die Tätigkeit der ständigen Korrespondenten in der DDR verbessert. Allerdings ist die Arbeit der Journalisten aus der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der restriktiven Pressepolitik in sozialistisch regierten Staaten nicht mit den Arbeitsmöglichkeiten in der Bundesrepublik zu vergleichen. Daß die SED-Führung trotz der mit der Unterzeichnung der Schlußakte von Helsinki übernommenen Verpflichtungen eine freie Berichterstattung durch westliche, insbesondere durch Korrespondenten aus der Bundesrepublik Deutschland auf und aus ihrem Herrschaftsbereich nicht zulassen will, zeigte sich u. a. in den unberechtigten Ausweisungen des Spiegel-Korrespondenten Mettke Ende 1975 und des ARD-Fernsehkorrespondenten Loewe Ende 1976 sowie in der Schließung des Spiegel-Büros in Berlin (Ost) Anfang 1978.

 

 

 

Als erstes Folgeabkommen zum Grundlagenvertrag wurde am 25. 4. 1974 das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik auf dem Gebiet des Gesundheitswesens abgeschlossen, in das Berlin (West) durch einen besonderen Artikel ausdrücklich einbezogen ist. Dieses mit Gesetz vom 22. 11. 1975 ratifizierte und am 1. 1. 1976 in Kraft getretene Abkommen gibt Einreisenden aus dem jeweils anderen deutschen Staat einen Rechtsanspruch auf kostenfreie ambulante und stationäre medizinische Hilfe bei akuten Erkrankungen. Das Abkommen hat wesentlich zur positiven Entwicklung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Gesundheitswesens beigetragen. Die kostenfreie medizinische Hilfe für Einreisende aus dem jeweils anderen Staat in Akutfällen sichert dem Reisenden die notwendige gesundheitliche Betreuung während der Reise und des Besuchsaufenthalts und erleichtert damit den innerdeutschen Reiseverkehr. Die Rückführung in den Herkunftsstaat mit dem Krankenkraftwagen bei schwerer Erkrankung ist insbesondere durch die zentrale Vermittlung dieser Krankentransporte durch die Präsidien der beiden deutschen Rotkreuzgesellschaften wesentlich verbessert worden. Das Abkommen räumt auch die Möglichkeit von Spezialbehandlungen und -kuren ein und regelt den Informationsaustausch zu Fragen der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, den Austausch von Arzneimitteln nach bestimmten Grundsätzen sowie eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Bekämpfung des Drogen-, Rauschmittel- und sonstigen Suchtmittelmißbrauchs.

 

Zur Klärung von Schwierigkeiten, die bei der Anwendung und Auslegung des Abkommens entstehen können, wurden Beauftragte beider deutscher Regierungen ernannt, die bis Anfang 1979 8mal zusammentrafen. Das Abkommen wurde auch auf Berlin (West) ausgedehnt.

 

D. Rechtsverkehr

 

 

Die DDR hat im Grundlagenvertrag dem Prinzip zugestimmt, die Fragen des Rechtsverkehrs, also den Rechts- und Amtshilfeverkehr zwischen den Gerichten und den Verkehr zwischen den Staatsanwaltschaften, so einfach und zweckmäßig wie möglich zu regeln. Dementsprechende Vereinbarungen sind das Ziel von Verhandlungen, die im August 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik unter der Leitung der Staatssekretäre der Justizministerien der beiden Staaten aufgenommen wurden. Bis Anfang 1979 fanden 14 Verhandlungsrunden statt.

 

Aufgabe dieser Verhandlungen ist zunächst eine vertragliche Regelung der Rechts- und Amtshilfe, die den Gerichten und Staatsanwaltschaften der beiden Staaten zur Unterstützung ihrer Verfahren geleistet werden soll. Vertragliche Regelungen auf diesem Gebiet, das die Zustellung von Schriftstücken, die Vernehmung von Zeugen u. ä. betrifft, sind erforderlich. um eine verbindliche Grundlage für die Verpflichtung des jeweils einen Staates zur Rechtshilfeleistung für den anderen Staat zu schaffen.

 

[S. 206]Ebenfalls regelungsbedürftig und von dem Verhandlungsauftrag des Zusatzprotokolls erfaßt sind Fragen der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen und anderen Titeln. Die Verhandlungen sind schwierig, weil bei der zu gewährenden Rechtshilfe für den anderen Staat die die jeweils eigene Rechtsordnung beherrschenden Grundsätze zu wahren sind. — Aus den teilweise offenkundigen sehr grundsätzlichen Unterschieden der Rechtsordnung in den beiden deutschen Staaten ergibt sich die Grundschwierigkeit dieser Verhandlungen.

 

Bemühungen der Bundesregierung, die DDR zur Änderung ihrer Praxis bei der Auskunftserteilung über Vermögenswerte in der DDR zu bewegen, haben dazu geführt, daß die DDR im September 1976 in einer einseitigen Erklärung zugesagt hat, künftig in weiterem Umfang als bisher Anfragen von Personen zu beantworten, die Vermögenswerte in der DDR besitzen. Eine entsprechende Erklärung hat sie im Hinblick auf die Übersendung von Urkunden abgegeben.

 

Nach dieser Zusage ist die Praxis der Auskunftserteilung über Vermögenswerte in der DDR und der Übersendung von Urkunden noch immer nicht völlig befriedigend, sie hat sich jedoch merklich verbessert.

 

E. Zahlungsverkehr

 

 

Zwei Teilvereinbarungen über den nichtkommerziellen Zahlungsverkehr wurden zwischen der Bundesregierung und der Regierung der DDR am 25. 4. 1974 unterzeichnet. Sie ermöglichen regelmäßige Überweisungen von Unterhaltszahlungen an minder- und volljährige Berechtigte sowie Schadenersatzzahlungen, ferner in bestimmten Fällen (für Empfänger einer Alters- oder Invalidenversorgung, der Sozialhilfe, minderjährige Vollwaisen) den Transfer von Teilbeträgen aus Sperrguthaben. Dieser Fortschritt gegenüber dem bis dahin geltenden unbefriedigenden Zustand ließ sich dadurch erreichen, daß in die Sperrguthabenvereinbarung der Grundsatz des Ausgleichs der beiderseitigen Zahlungen aufgenommen wurde. Nachdem seit der Währungsreform 1948 bis 1974 kein Transfer aus Sperrguthaben in der DDR möglich war, konnten bis 1978 rd. 35 Mill. DM an in der Bundesrepublik Deutschland lebende Kontoinhaber transferiert werden. Da die Transferkonten ausgeglichen sein müssen und sich ein Überhang an Aufträgen aus der Bundesrepublik Deutschland ergeben hat, wurde ein Aufnahmestopp für neue Aufträge erforderlich.

 

Die Bundesregierung bemüht sich im Interesse eines Abbaus des Überhangs unerledigter Transferaufträge von Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland (sog. Wartezimmer) und einer kontinuierlichen Abwicklung von Transferaufträgen dieses Personenkreises vorrangig um eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Sperrguthabenvereinbarung (Devisen).

 

F. Umweltschutz

 

 

Auf dem Gebiet des Umweltschutzes sind die Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik am 29. 11. 1973 in Bonn aufgenommen worden. Sie haben gemäß Zusatzprotokoll zum Grundlagenvertrag, Abschnitt II, Ziffer 9, zum Ziel, Vereinbarungen zu schließen, um zur Abwendung von Schäden und Gefahren für die jeweils andere Seite beizutragen. Seit Errichtung des Umweltbundesamtes in Berlin (West) im Sommer 1974 sind die Verhandlungen jedoch von der DDR nicht wieder aufgenommen worden.

 

Die wichtigsten Umweltprobleme im Verhältnis zur DDR stellen Gewässerverunreinigungen dar. Im Vordergrund steht die Versalzung von Werra und Weser durch Kaliabwässer aus der DDR. Die Bundesregierung strebt an, Verhandlungen zur Regelung der dringlichsten Gewässerprobleme aufzunehmen, sobald die erforderlichen Vorbereitungen zwischen Bund und Ländern abgeschlossen sind.

 

G. Wissenschaft und Technik

 

 

Auch auf den Gebieten der Wissenschaft und Technik soll die Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen entwickelt werden. Verhandlungen über die hierzu erforderlichen Verträge haben am 30. 11. 1973 begonnen. Bis Mitte 1978 gab es 23 Verhandlungsrunden. Die Verhandlungen sind in der Sache vorangekommen; wichtige Fragen, zu denen auch die Einbeziehung von Berlin (West) gehört, sind allerdings noch offen. In diesem Zusammenhang muß auf den noch offenstehenden Abschluß eines entsprechenden Vertrages mit der UdSSR verwiesen werden. Die Überwindung der Schwierigkeiten im politischen Bereich würde zu einer Belebung der Beziehungen auf den Gebieten der Wissenschaft und der Technik führen.

 

H. Kulturelle Zusammenarbeit

 

 

Im Grundlagenvertrag haben die Bundesrepublik Deutschland und die DDR ferner die Entwicklung der kulturellen Zusammenarbeit vereinbart. Verhandlungen über den Abschluß eines Regierungsabkommens nahmen am 27. 11. 1973 ihren Anfang. 5 Verhandlungsrunden fanden bis Mitte 1975 statt. Im Anschluß an die dritte Verhandlungsrunde am 5. 3. 1975 in Berlin (Ost) wurde die Forderung der DDR nach Herausgabe von Beständen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz durch eine Mitteilung der amtlichen DDR-Nachrichtenagentur ADN publik. Eine rege öffentliche Diskussion entwickelte sich besonders nach der vierten Verhandlungsrunde am 19. 6. 1975. Die Bundesregierung hat ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, über die gegenseitige Rückführung kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter zu sprechen. Hierbei könnten jedoch die Kulturgüter der Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht ein[S. 207]bezogen werden. Über diese Bestände sind im Rahmen alliierten Rechts und durch bundesgesetzliche Regelung in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht Verfügungen getroffen worden. Eine fünfte Verhandlungsrunde am 29. 10. 1975 endete damit, daß kein neuer Verhandlungstermin vereinbart wurde, jedoch gehen beide Seiten grundsätzlich davon aus, daß die Verhandlungen fortgesetzt werden.

 

V. Post- und Fernmeldeverkehr

 

 

Ab Ende 1966 begann die DDR, gegenüber der Deutschen Bundespost und dem Senat von Berlin die Abrechnungen des gegenseitigen Post- und Femmeldeverkehrs nach internationalen Abrechnungsgrundsätzen zu verlangen. Sie bezifferte ihre Forderungen rückwirkend ab 1948 für die Zeit bis Ende 1968 auf insgesamt 1,8 Mrd. DM.

 

Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen erklärte sich zu einem Ausgleich der Mehrleistungen der Deutschen Post der DDR für die Zeit ab 1967 bereit. Er bot der DDR wiederholt Gespräche über die Höhe des Ausgleichs an und schlug zugleich Verhandlungen über dringend notwendige Verbesserungen des Post- und Fernmeldeverkehrs vor. Nachzahlungen von insgesamt 22 Mill. DM im Oktober 1968 und im Februar 1969 als Kostenausgleich für das Jahr 1967 und das erste Halbjahr 1968 an die Deutsche Post der DDR fand sich die DDR schließlich zu ersten Verhandlungen am 19. 9. 1969 bereit. In der Folge wurden die Vereinbarung vom 29. 4. 1970 und das Protokoll vom 30. 9. 1971 abgeschlossen.

 

An wichtigen Verbesserungen wurden die Wiederaufnahme des Telefonverkehrs zwischen beiden Teilen Berlins, die Schaltung zahlreicher Leitungen und in den übrigen Verkehrsrelationen zahlreiche posttechnische Verbesserungen erreicht.

 

Als Abgeltung der von der Deutschen Post der DDR erbrachten Mehrleistungen wurde eine jährliche Pauschale festgelegt.

 

I Folgende Tabelle verdeutlicht die Entwicklung des Fernsprechverkehrs:

 

 

In Art. 7 des Grundlagenvertrages wurde die Vereinbarung getroffen, daß die Bundesrepublik Deutschland und die DDR ein Abkommen schließen werden, um die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens zu entwickeln und zu fördern.

 

Die Verhandlungen wurden am 7. 12. 1972 aufgenommen und führten nach mehr als 3jähriger Dauer und 24 Verhandlungsrunden zum Abschluß eines Regierungsabkommens auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesens und dreier Verwaltungsabkommen über den Postverkehr, über den Fernmeldeverkehr und über die Abrechnung der Leistungen im Post- und Fernmeldetransit. Die Abkommen sind auf unbestimmte Zeit geschlossen. Sie wurden am 27. 2. 1976 in Berlin (Ost) paraphiert, am 30. 3. 1976 in Bonn unterzeichnet und sind am 1. 7. 1976 in Kraft getreten.

 

Die gefundenen Regelungen tragen sowohl den politischen und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen als auch den betrieblichen Notwendigkeiten des innerdeutschen Post- und Fernmeldeverkehrs Rechnung.

 

Für den Postverkehr zwischen dem Bundesgebiet und Berlin (West) wurden neue Möglichkeiten geschaffen. Postsendungen können nicht nur auf dem Schienenweg über Helmstedt, sondern auf allen zugelassenen Eisenbahnstrecken und auch auf dem Straßenwege von und nach Berlin (West) befördert werden, ohne daß sie der Deutschen Post der DDR zur Weiterbeförderung übergeben werden.

 

Beide Postverwaltungen unterrichten sich gegenseitig, wenn Postsendungen beschlagnahmt werden, verlorengehen, beschädigt oder beraubt werden. Bei der Rücksendung von Postsendungen wegen Verstoßes gegen Versendungsverbote gibt die Empfangsverwaltung auf der Sendung den Grund der Rücksendung an. Die DDR hat in einem Brief vom 30. 3. 1976 den Verzicht auf Desinfektionsbescheinigungen im Postverkehr angekündigt; eine entsprechende Änderung ihrer Rechtsvorschriften ist am 10. 6. 1976 erfolgt.

 

Diese Regelungen haben, ergänzt durch Maßnahmen auf anderen Gebieten, zu einer durchgehenden Verbesserung des Post- und Fernmeldeverkehrs mit der DDR geführt.

 

Die Postlaufzeiten konnten verkürzt werden. Im Paketverkehr wurden die Verbote und Beschränkungen erheblich abgebaut, die Desinfektionsbescheinigung entfiel, und die Höchstmengen für Genußmittel sind aufgehoben worden. Die Zahl der angemeldeten Verluste und die der Zurückweisungen hat sich erheblich verringert.

 

Im Telefonverkehr erhöhte sich die Zahl der Telefonleitungen in beiden Richtungen von 34 im Jahre 1969 auf 719 im Jahre 1976. Ende 1978 waren 941 Fernsprechleitungen geschaltet. Durch eine Vereinbarung vom 19. 10. 1977 wurde Einigung über die [S. 208]Höhe der Pauschale für Mehrleistungen der Postverwaltung der DDR im gegenseitigen Post- und Fernmeldeverkehr und die Schaltung weiterer 702 Fernsprechleitungen erzielt. Für den Zeitraum 1977 bis 1982 erhält die DDR jährlich 85 Mill. DM. In den Jahren bis 1982 sollen jährlich regelmäßig weitere 120 Leitungen geschaltet werden. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, in nicht allzu ferner Zukunft fast die ganze DDR im Selbstwählferndienst erreichen zu können.

 

Nach wie vor erscheint es notwendig, daß die Laufzeiten der Postsendungen und die Wartezeiten im Telefonverkehr verkürzt werden. Auch müßte die Zahl der Verlustfälle und die der Zurückweisungen weiter gesenkt werden. Im Jahr 1978 sind knapp 23.000 Paketsendungen in die DDR als verloren gemeldet worden, mehr als 44.000 Pakete sind von den Postorganen der DDR zurückgewiesen worden (bei rd. 25–30 Mill. Sendungen). Besondere Schwierigkeiten bereitet immer noch die Versendung von Büchern und Schallplatten.

 

VI. Handel/Wirtschaft

 

 

Grundlagen des Innerdeutschen Handels sind die Bestimmungen des Berliner Abkommens von 1951 in der Fassung vom 16. 8. 1960 und die dazu getroffenen Regelungen. Die Vertreter der Treuhandstelle für den Interzonenhandel (TSI) treffen sich regelmäßig in 14tägigen Abständen mit Vertretern des Ministeriums für Außenhandel der DDR (MAH), um alle laufenden Fragen des Handels zu erörtern und gegebenenfalls Zusatzvereinbarungen zu schließen.

 

Bereits 1969 ist damit begonnen worden, Lieferungen und Bezüge von der Einzelgenehmigungspflicht zu befreien; heute ist der Handel weitgehend liberalisiert mit wenigen Ausnahmen in hochsensiblen Bereichen. Weitere handelsfördernde Maßnahmen bestanden darin, den Swing bis zu einer jetzt geltenden Höchstgrenze von 850 Mill. Verrechnungseinheiten (VE) zu dynamisieren, die Voraussetzungen für die Gewährung gebundener Finanzkredite zu schaffen und die Grenze der Kreditgarantierung der Entwicklung anzupassen.

 

Die günstige Entwicklung des innerdeutschen Handels zeigt sich in den Umsatzzahlen, die sich von 1968 (rd. 2,9 Mrd. VE) bis 1978 (ca. 9 Mrd. VE) mehr als verdreifacht haben.

 

1974 wurden über die TSI Verhandlungen mit der DDR über den Abbau des Braunkohlenvorkommens Helmstedt/Harbke eingeleitet, sie konnten 1976 abgeschlossen werden. Ebenso wurden als Folge des Grundlagenvertrages 1975 Verhandlungen über die Ausbeutung des Erdgaslagers bei Wustrow/Salzwedel aufgenommen.

 

Die Bundesregierung war nach dem Abschluß des Grundlagenvertrages bestrebt, durch eine Reihe von langfristigen Vereinbarungen die weitere Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zu fördern und die Struktur des Handels zu verbessern. So wurden die Warenlisten zum Berliner Abkommen der wirtschaftlichen Entwicklung angepaßt. Langfristige Vereinbarungen im Investitionsgütersektor wurden durch eine Rahmenübereinkunft zur Gewährung gebundener Finanzkredite, verbunden mit der autonomen Erhöhung der Garantieplafonds für Anlagenliefergeschäfte, ermöglicht. Das Volumen der so abgeschlossenen Verträge beläuft sich zur Zeit auf ca. 1,3 Mrd. DM.

 

VII. Sportbeziehungen

 

 

Das zwischen dem Deutschen Sportbund (Bundesrepublik Deutschland) und dem Deutschen Turn- und Sportbund (DDR) am 8. 5. 1974 vereinbarte Sportprotokoll hat den Grund gelegt für eine Belebung der Kontakte und Begegnungen zwischen Sportlern aus den beiden deutschen Staaten.

 

Trotz der erreichten Verbesserungen entspricht der gegenwärtige Stand der Beziehungen noch nicht den Möglichkeiten beider Sportorganisationen. So stehen bei den Begegnungen Leistungsvergleiche von Spitzensportlern mehr im Vordergrund als Wettkämpfe kleinerer und mittlerer Vereine. Eine Erweiterung des Sportverkehrs durch die Vereinbarung von mehr Sportbegegnungen kleinerer Vereine und eine Einbeziehung von mehr Sportarten scheiterte bisher an dem Bestreben des Deutschen Turn- und Sportbundes der DDR, die Zahl der Treffen auf einen möglichst kleinen Kreis von Hochleistungssportlern zu begrenzen.

 

Die Verhandlungen über die Sportbeziehungen zwischen beiden deutschen Staaten werden von den beiden zentralen Sportbünden Deutscher Sportbund und Deutscher Turn- und Sportbund geführt. Seit dem Abschluß eines Sportprotokolls werden jährliche Wettkampfkalender vereinbart. Die Bundesregierung unterstützt den Deutschen Sportbund bei seinem Bemühen um Verbesserung der Sportbeziehungen auf politischer Ebene und durch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln (Sport).

 

VIII. Weitere Aspekte und Probleme

 

 

Entsprechend der Protokoll-Erklärung der DDR zum Grundlagenvertrag über den Verwaltungsverkehr, wonach die DDR den bestehenden Verkehr zwischen den Verwaltungsbehörden in Unterhalts-, Vormundschafts-, Personenstands- und Sozialversicherungsangelegenheiten nicht ändert, sondern beibehält und im Rahmen der Möglichkeiten beschleunigt, werden Amtshilfeersuchen hiesiger Behörden von den zuständigen Stellen der DDR regelmäßig bearbeitet und beantwortet. Angesichts der Vielzahl von Ersuchen, z. B. zur Beschaffung von Rentenunterlagen, treten in Einzelfällen zwangsläu[S. 209]fig gelegentlich Schwierigkeiten auf. Diese Probleme greift die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Berlin (Ost) gegenüber der DDR auf.

 

Mit einer Bestandsaufnahme, die sämtliche zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bestehenden Probleme enthielt und im Hinblick auf mögliche Sondierungen Gespräche und Verhandlungen zusammenfaßte, bereitete die Bundesregierung 1977 eine neue Gesprächsrunde mit der DDR vor, die im August 1977 begann. Nach 4 vorbereitenden Sondierungsgesprächen zwischen Staatsminister Wischnewski und dem damaligen Leiter der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn, Dr. Michael Kohl (seit Juli 1978 Ewald Moldt), konnten auf mehreren Gebieten Verhandlungen aufgenommen werden, die von Seiten der Bundesregierung vom Leiter der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der DDR, Staatssekretär Gaus, geführt werden. Erstes Ergebnis war ein am 22. 12. 1977 erfolgter Briefaustausch über den Autobahnausbau Helmstedt-Marienborn. Im September 1977 wurde zwischen Vertretern des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung und des Gesundheitsministeriums der DDR ein Informations- und Meinungsaustausch über Fragen der Rehabilitation Behinderter aufgenommen. Die Gespräche umfassen die für die Behindertenarbeit wichtigsten Bereiche der Früherkennung und Frühbehandlung sowie der medizinischen, pädagogischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation. Der Informations- und Meinungsaustausch wird fortgesetzt. Seit Oktober 1977 verhandelt die Bundesregierung mit der DDR über ein Veterinärabkommen. Dieses Abkommen soll insbesondere eine schnelle und unmittelbare Benachrichtigung zwischen den Veterinärdiensten beider deutscher Staaten ermöglichen, damit im Interesse der Gesundheit von Menschen und Tieren Tierseuchen rasch und wirkungsvoll bekämpft werden können und deren Verbreitung verhindert werden kann. Auf der Grundlage des Abkommens soll außerdem ein wissenschaftlicher Erfahrungsaustausch in allen Bereichen der Veterinärmedizin ermöglicht werden.

 

Die DDR hatte bei Abschluß der Verkehrsverhandlungen im Jahre 1975 ihre Bereitschaft erklärt, mit der Bundesregierung im Jahre 1978 Verhandlungen über den Bau einer Autobahn von Berlin nach Hamburg mit dem Ziel zu führen, mit den Baumaßnahmen 1980 zu beginnen und für die zukünftige Autobahn einen Anschluß im Norden von Berlin (West) vorzusehen. Entsprechende Verhandlungen wurden Mitte 1978 aufgenommen. Am 16. 11. 1978 wurde ein Briefwechsel vereinbart, der im wesentlichen folgende Punkte enthält:

 

1. Die DDR baut in 4 Jahren eine Autobahn von Berlin nach Hamburg; hierfür stellt die Bundesrepublik Deutschland eine Summe von 1,2 Milliarden DM in 4 Jahresraten bereit. Für die neue Autobahn, die an die Stelle der Fernstraße 5 tritt, gilt in vollem Umfang die Privilegierung des Verkehrs nach dem Transitabkommen. Diese Regelung steht in vollem Einklang mit dem Viermächte-Abkommen.

 

In Berlin und in Schleswig-Holstein werden zusätzliche Übergänge eingerichtet; die bisherigen Übergänge bleiben für den Reiseverkehr in die DDR und in dritte Länder bestehen. Für 1980 sind Verhandlungen über den Bau einer Straßenverbindung von der Autobahn Berlin-Hamburg in den Raum Lüchow-Dannenberg vorgesehen.

 

Die DDR wird im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen Baumaschinen und Ausrüstungen im Wert von 100 Mill. DM aus der Bundesrepublik Deutschland beziehen.

 

2. Um den Binnenschiffsverkehr nach Berlin im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten, werden an den Transitwasserstraßen nach Berlin (West) und am Schiffshebewerk Rothensee dringend notwendige Reparaturarbeiten vorgenommen. Hierfür werden 120 Mill. DM von der Bundesrepublik Deutschland bereitgestellt.

 

3. Zur Vermeidung der seit Kriegsende notwendigen Umwege im Schiffsverkehr im Stadtbereich von Berlin wird der Teltow-Kanal instand gesetzt und für den durchgehenden Schiffsverkehr wieder geöffnet. Der Durchgangsverkehr ist analog dem Transitregime gestaltet. Hierfür werden 70 Mill. DM von der Bundesrepublik Deutschland bereitgestellt.

 

4. Über weitere Baumaßnahmen wie beispielsweise den Ausbau des Übergangs Herleshausen/Wartha werden nach 1980 Verhandlungen aufgenommen. Die Bundesregierung hat für derartige noch zu vereinbarende Baumaßnahmen und Leistungen für die Zeit nach 1981 eine Kostenbeteiligung bis zu 500 Mill. DM in Aussicht genommen.

 

5. Im Interesse einer reibungslosen Entwicklung des Berlin-Verkehrs wird die Höhe der Transitpauschale zur Begleichung von Gebühren, Ausgaben und anderen Kosten im Verkehr von und nach Berlin (West) für den gesamten Zeitraum der 80er Jahre von 1980 bis 1989 mit jährlich 525 Mill. DM langfristig festgelegt.

 

6. Zur Beseitigung der bestehenden Schwierigkeiten beim Transfer von Guthaben im nichtkommerziellen Zahlungs- und Verrechnungsverkehr stellt die DDR bis 1982 200 Mill. DM für den Sperrkontentransfer zur Verfügung.

 

Seit langem war der Berliner Senat an einer Umgestaltung eines weitgehend von der Deutschen Reichsbahn nicht mehr genutzten Eisenbahngeländes interessiert, das sich vom ehemaligen Anhalter Bahnhof an der Sektorengrenze bis zum Insulaner im Bezirk Schöneberg erstreckt. In Ausfüllung einer entsprechenden Grundsatzvereinbarung vom Februar 1974 haben Vertreter der Berliner Senatsverwaltung mit Vertretern der Deutschen Reichsbahn [S. 210]aus dem Ministerium für Verkehrswesen der DDR am 6. 3. 1979 Einvernehmen über die Umgestaltung von Eisenbahnanlagen im Zuge der städtebaulichen Neuordnung dieses Gebietes erzielt und die Vereinbarungsdokumente (Festlegungen nebst Anlagen, ein Briefwechsel) paraphiert. Die Übereinkunft sieht im wesentlichen folgende Maßnahmen vor: der Senat errichtet einen neuen Südgüterbahnhof nebst Rangier- und Ortsgüteranlagen sowie einer Brückenmeisterei. Er baut den Bahnhof Tempelhof sowie Eisenbahn- einschließlich S-Bahn-Strecken in diesem Gebiet um. Schließlich sorgt er für den Abriß des alten Rangierbahnhofs, des Potsdamer Güterbahnhofs, des Anhalter Bahnhofs nördlich der Yorckstraße sowie der Eisenbahnstrecke Schöneberg bis Potsdamer Güterbahnhof. Zur vorgesehenen Umgestaltung von Eisenbahnanlagen sowie zum Bau von Straßen und zur städtebaulichen Neuordnung in diesem Gebiet stellt der Senat das hierfür erforderliche Gelände zur Verfügung. Die Deutsche Reichsbahn verzichtet im Gegenzug auf die Nutzung von nicht mehr benötigtem Eisenbahngelände.

 

IX. Perspektiven

 

 

Die derzeitige Lage in den Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten läßt sich, vor allem im Hinblick auf die Haltung der DDR. als beschränkte Zusammenarbeit bei fortdauernder Abgrenzung umschreiben. Eine Änderung dieser Haltung der Parteiführung der SED ist gegenwärtig nicht in Sicht. Dem liegt offenbar eine Einschätzung der SED-Führung zugrunde, daß der Bevölkerung in der DDR um der Stabilität des Systems willen nur in begrenztem Maße Kommunikation mit den Staaten des Westens, also auch mit der Bundesrepublik Deutschland, zugestanden werden kann.

 

Unterschiedliche Zielsetzungen und Rechtsauffassungen. z. B. in der Berlin-Frage (Berlin) und im Hinblick auf die Probleme der Staatsbürgerschaft, stehen darüber hinaus raschen Verhandlungserfolgen entgegen. Auf der anderen Seite hat das Interesse der DDR an einer Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland, vor allem auf dem wirtschaftlichen Sektor, eher noch zugenommen. Es ist deshalb anzunehmen, daß die Politik der SED auch künftig von dem Spannungsverhältnis zwischen diesen widersprüchlichen Interessen gekennzeichnet sein wird.

 

Bei einer Beurteilung dieser Situation ist stets die aktuelle innenpolitische Lage in der DDR in Rechnung zu stellen. Auch in den letzten Jahren haben innenpolitische Entwicklungen in der DDR teilweise zu Verhärtungen und damit indirekt auch zu Belastungen des innerdeutschen Verhältnisses geführt. Deutschlandpolitik der SED; Außenpolitik; Berlin.

 

Joseph Dolezal


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 198–210


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.