DDR von A-Z, Band 1979

Demokratisierung (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975


 

Mit dieser Formel umschrieb die SED die Umgestaltung der Verhältnisse in der SBZ/DDR nach ihrer Vorstellung von Demokratie. Als D. verstand sie die Vorbereitung des Sozialismus, vor allem vor 1950. — Über die Zielsetzung dieser D. sagte Ulbricht am 23. 7. 1948 auf der 1. Staatspolitischen Konferenz der SED u. a. (W. Ulbricht: „Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“, Berlin [Ost] 1953, Bd. III, S. 260, 265, 268, 274): „Die Verwaltung in der Sowjetischen Besatzungszone ist die Ausübung demokratischer Staatsgewalt. Die Verwaltung und ihre Organe stehen im Dienste des werktätigen Volkes.“ Ulbricht erklärte ferner: Die „Erfahrungen in Deutschland bestätigen, daß die bürgerliche Demokratie die gewaltsame Unterdrückung der Arbeiterklasse ist. Unsere demokratische Ordnung fördert die Entwicklung aller demokratischen Kräfte … Unsere Demokratie ist eine höhere Form der Demokratie, sie wendet den Zwang im Interesse der Mehrheit gegen die Minderheit an. Die höchste Form der Demokratie und ihre volle Entfaltung ist erst im Sozialismus möglich. — Das ist die marxistisch-leninistische Erkenntnis über das Wesen der Demokratie.“ Er betonte: „In der Sowjetischen Besatzungszone soll die öffentliche Verwaltung die Vollstreckerin des Willens der Arbeiterklasse und der antifaschistisch-demokratischen Bevölkerungsschichten sein. Diese sind die Mehrheit der Bevölkerung, und das Parlament hat als gesetzgebendes Organ im Interesse dieser Mehrheit die Gesetze zu beschließen.“

 

Auch nach der Errichtung der DDR wandte die SED den Begriff D. an. Unter dem Leitwort „D. der Verwaltung“ wurden im Juli 1952 die Länder in 14 Bezirke gegliedert (Verwaltungsneugliederung; Bezirk). Diese Ordnung wurde 1957 durch eine „weitere D.“ der Staatsverwaltung und der Selbstverwaltung abgelöst: Im Anschluß an die 3. Parteikonferenz der SED (März 1956) beschloß die Volkskammer am 17. 1. 1957:

 

1. das „Gesetz über die Rechte und Pflichten der Volkskammer gegenüber den örtlichen Volksvertretungen“;

 

2. das „Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht“.

 

Das 1. Gesetz gibt (so bes. in den §§ 1, 3 und 6) der Volkskammer bzw. ihrem neugebildeten „ständigen Ausschuß für die örtlichen Volksvertretungen“ die Stellung eines alles lenkenden Gremiums, das gesetzgebend, ausführend, Recht sprechend und kontrollierend in einem ist. Das 2. Gesetz verleiht, dem Buchstaben nach, den örtlichen Parlamenten weitgehende Leitungsgewalt, jedoch handelt es sich nur um eine scheinbare Selbständigkeit. Das 1. Gesetz und der allgemein verbindliche Demokratische Zentralismus machen die örtlichen Parlamente und Verwaltungen zu Werkzeugen der völlig von der SED beherrschten Volkskammer. Bei der Propagierung der Neuen Ordnungen für die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe (seit April 1961) verzichtet die SED auf die Formel D. Rechtswesen; Demokratie, Sozialistische.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 251


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.