DDR von A-Z, Band 1979

Eisen- und Stahlindustrie (1979)

 

 

Siehe auch:


 

Entsprechend der Industriezweigsystematik der DDR im wesentlichen der als Schwarzmetallurgie bezeichnete Industriezweig des Industriebereichs der Metallurgie. Die Schwarzmetallurgie umfaßt alle Eisenhüttenkombinate. Stahl- und Walzwerke sowie Ziehereien. Von 1960 bis 1976 hat [S. 324]sich die Bruttoproduktion der Schwarzmetallurgie nur um das 2,34fache und damit im Vergleich zur gesamten Industrie unterdurchschnittlich erhöht (zum Vergleich: im gleichen Zeitraum stieg die industrielle Bruttoproduktion um das 2,62fache).

 

Der Industriebereich der Metallurgie, der auch die Betriebe der NE-Metallgewinnung und die NE-Metallhalbzeugwerke umfaßt, beschäftigte 1976 in 42 Betrieben 129.139 Arbeiter und Angestellte (4,2 v. H. aller Arbeiter und Angestellten in der Industrie), die 7,0 v. H. der industriellen Bruttoproduktion erzeugten und damit an 6. Stelle der Industriebereiche stehen. Die Hauptstandorte der Metallurgie liegen in den Bezirken Halle, Potsdam, Frankfurt/Oder und Dresden.

 

Die ESI. der DDR hat aus Eigenvorkommen keine ausreichende Rohstoffbasis. Die DDR besitzt nur eine Reihe kleinerer Steinkohlenreviere mit geringen Vorräten. Die Qualität der Steinkohle ist vielfach nicht zur Gewinnung von metallurgischem Koks geeignet. Die Steinkohlenförderung mußte 1977 mangels abbauwürdiger Vorkommen eingestellt werden. Ferner verfügt die DDR nur über wenige Eisenerzlagerstätten. Die Verteilung der Vorkommen auf viele Lagerstätten, ungünstige Abbaubedingungen und geringer Eisengehalt der Erze von 20 bis 25 v. H. sowie die geringe Mächtigkeit der Lager erschweren die Gewinnung und machen sie wenig rentabel. Aus einheimischen Eisenerzlagerstätten kann die DDR nur 0,3 v. H. des inländischen Eisenbedarfs decken. Die Förderung von Eisenerz betrug 1975 nur noch 59.000 t (1965 immerhin noch 1,63 Mill. t).

 

Auch die zur Herstellung hochwertiger Stähle notwendigen Stahlveredler sind in den Erzlagerstätten der DDR selten. Von den vorhandenen Nickel-, Mangan-, Molybdän- und Wolframlagerstätten sind lediglich einige Nickel-, Mangan- und Wolframlagerstätten wirtschaftlich bedeutsam. Die Stahlveredler werden für die Stahlwerke bereitgestellt durch das Elektrochemische Kombinat Bitterfeld (Ferromolybdän, -Vanadium, -chrom, -titan, -tantal) und das Ferrolegierungswerk Lippendorf (Ferrochrom).

 

Im Jahr 1938 betrug der Anteil des jetzigen Gebietes der DDR an der Eisen- und Stahlerzeugung des Reichsgebietes nur 7 v. H. bei einem Bevölkerungsanteil von 32 v. H. Die eisenschaffende Industrie hatte nur geringe Einbußen durch Kriegsschäden. Um so umfangreicher waren die Demontage-Verluste; sie betrugen: Walzstahlerzeugung 85 v. H., Rohstahlerzeugung 80 v. H., Stahlformguß 56 v. H., Grauguß 50 v. H., Temperguß 35 v. H. Trotz dieser ungünstigen Ausgangsposition beschloß die SED-Führung, um den Einfuhrbedarf zu verringern, den Aufbau einer eigenen ESI., der überraschend kurzfristig gelang. Anfang 1946 wurde in der Maxhütte Unterwellenborn der erste Hochofen angeblasen und im Herbst 1947 mit dem Wiederaufbau der Stahl- und Walzwerke begonnen. 1948 wurde der erste Nachkriegsstahl in Hennigsdorf abgestochen, 1949 lieferten auch die Werke Freital, Gröditz und Riesa wieder Stahl. Auf Beschluß des III. Parteitages der SED im Juni 1950 wurde noch im gleichen Jahr mit dem Bau des Eisenhüttenkombinats Ost bei Fürstenberg an der Oder begonnen.

 

60 v. H. des Roheisens der DDR wurden Mitte der 60er Jahre im Eisenhüttenkombinat Ost in Eisenhüttenstadt an der Oder produziert, 25 v. H. in der Maxhütte Unterwellenborn bei Saalfeld und 15 v. H. im Niederschachtofenwerk Calbe (1969 wurde dieses Werk aus Rentabilitätsgründen geschlossen).

 

Stahl wird in der DDR in Brandenburg, Hennigsdorf, Gröditz, Riesa, Freital, Thale und Unterwellenborn produziert. Der größte Rohstahlproduzent ist das Stahl- und Walzwerk Brandenburg (Jahresproduktion gegenwärtig [1977] über 2 Mill. t). 75 v. H. des Rohstahls in der DDR werden aus Sekundärrohstoffen erzeugt.

 

Die wichtigsten Roh- und Walzstahl produzierenden Betriebe wurden 1968 zu den Kombinaten VEB Qualitäts- und Edelstahlkombinat Hennigsdorf (30.000 Beschäftigte, industrielle Warenproduktion 5,1 Mrd. Mark 1977; neben dem Stammbetrieb VEB Stahl- und Walzwerk „Wilhelm Florin“ Hennigsdorf ― 9.000 Beschäftigte ― umfaßt das Kombinat noch 5 weitere Werke), VEB Bandstahlkombinat Eisenhüttenstadt und VEB Rohrkombinat Stahl- und Walzwerk Riesa zusammengefaßt. Die Kapazität der ESI. liegt jedoch weiter unter dem Bedarf der Metallverarbeitenden Industrie. Der größte Teil des Eisen- und Stahlbedarfs muß deshalb auch weiterhin aus Importen gedeckt werden, weil die Erhöhung der Eigenproduktion nicht ausreicht, den Bedarf vor allem an Qualitätsstahl zu decken. 40 v. H. des Walzstahlbedarfs der DDR müssen durch Importe gedeckt werden.

 


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 323–324


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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