
FDJ (Freie Deutsche Jugend) (1979)
Siehe auch:
- FDJ (Freie Deutsche Jugend): 1975
- FDJ (FREIE DEUTSCHE JUGEND): 1969
- Freie Deutsche Jugend (FDJ): 1985
Als einzige offiziell zugelassene Jugendorganisation nimmt die FDJ einen wichtigen Platz im System der Massenorganisationen ein. In ihrem Statut bekennt sie sich zur führenden Rolle der SED und zum wissenschaftlichen Sozialismus, sieht in den jeweiligen Partei- und Regierungsbeschlüssen die Grundlage ihrer Arbeit und bezeichnet sich selbst als „sozialistische“ Massenorganisation. Der ganzen Jugend gegenüber, auch soweit diese nicht in ihren Reihen organisiert ist, reklamiert sie einen Erziehungs- und Führungsanspruch. Die Kinderorganisation Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ wird von ihr verantwortlich geleitet.
Die FDJ ist ein wesentliches Erziehungsinstrument zur Heranbildung einer das Gesellschafts- und Herrschaftssystem in der DDR bejahenden jungen Generation. Sie hat 1. den Nachwuchs für die SED heranzubilden (Kaderreserve der Partei), 2. in ihren eigenen Reihen den Marxismus-Leninismus zu verbreiten, um auf dieser Grundlage zu einem staatsbürgerlichen Bewußtsein zu erziehen, das die Bereitschaft zur Verteidigung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung in der DDR einschließt, 3. die Aneignung fachlicher Kenntnisse in der Schule, im Beruf und im Studium zu unterstützen, 4. für erwünschte Formen der Freizeitgestaltung (Freizeit) zu werben und selbst eine entsprechende kulturpolitische Arbeit zu leisten, 5. in ihrer Organisation bestimmte Verhaltensweisen einzuüben, wie sie dem Leitbild des sozialistischen Menschen entsprechen, 6. über die eigenen Reihen hinaus alle Jugendlichen in diesen Erziehungsprozeß einzubeziehen, 7. auf die anderen Erziehungseinrichtungen und auf die Familien einzuwirken, damit diese gleichen Zielen folgen, 8. im Rahmen dieser Aufgabenstellungen die Interessen der Jugend in der Partei und gegenüber den Staats-, Wirtschafts- und Erziehungsinstitutionen zu vertreten.
Obwohl die FDJ ihren überwiegenden Rückhalt unter der Schuljugend und den Studenten hat, wird in der Arbeiterjugend der „Kern“ des Verbandes gesehen. Damit soll an die Traditionen der revolutionären Arbeiterjugendbewegung, insbesondere des kommunistischen Jugendverbandes (KJVD), angeknüpft werden, um den emotionalen Impuls kämpferischer Auseinandersetzung für die Mobilisierung und Integration der Jugend zu nutzen. Der Begriff der Revolution wird in diesem Zusammenhang mit neuem Inhalt gefüllt, die Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft gilt nun als „höchste Stufe revolutionärer Tätigkeit in der gesamten bisherigen Geschichte der Menschheit“.
Kennzeichnend für das revolutionäre Denken und Handeln der Jugend im Sozialismus sei die Aneignung des Marxismus-Leninismus, die Steigerung der Arbeitsproduktivität, der Kampf gegen den Imperialismus und die Verteidigung der Heimat sowie der aktive Beitrag zur Festigung der sozialistischen Völkerfamilie.
I. Geschichte
Auf der 1. Funktionärskonferenz der KPD am 25. 6. 1945 stellte W. Ulbricht fest, daß es eine kommunistische Jugendorganisation nicht geben werde, sondern eine „einheitliche, freie Jugendbewegung“. Zu deren Vorbereitung bildeten sich bei den kommunalen Verwaltungen antifaschistische Jugendausschüsse, die von der SMAD im Juli 1945 [S. 363]sanktioniert wurden. Sie standen von Anbeginn unter starkem Einfluß der KPD. Am 7. 3. 1946 wurde die FDJ unter Vorsitz von Erich Honecker gegründet.
Das I. Parlament der FDJ (8.–10. 6. 1946) in Brandenburg/Havel schloß den Gründungsvorgang mit der Verabschiedung der Verfassung, den Grundsätzen und Zielen der FDJ und der Proklamation der Grundrechte der jungen Generation ab. Dabei wurde jede Bezugnahme auf die SED und den Sozialismus vermieden; im Vordergrund standen vielmehr allgemeine demokratische Forderungen nach einer stärkeren Berücksichtigung der Jugend im politischen Leben, der Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre, der Verbesserung des Arbeitsschutzes, nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit, dem Recht auf Bildung für alle usw.
Das II. Parlament der FDJ (23.–26. 5. 1947) in Meißen verstärkte die politische Akzentuierung des Verbandes und beschloß die Uniformierung (Blauhemd, blaue Fahne mit der aufgehenden Sonne). Die Organisationsstruktur wurde gestrafft, deren Schwergewicht von den Wohngebieten in die Betriebe und Schulen verlagert.
Das III. Parlament (1.–5. 6. 1949) in Leipzig verabschiedete eine neue Verfassung, in der sich die FDJ die Ziele der SED zu eigen machte, die geheimen Verbandswahlen abschaffte und die Voraussetzung für ein straffes Schulungssystem schuf.
Die auf dem IV. Parlament (27.–30. 5. 1952) in Leipzig verabschiedete Verfassung anerkennt die führende Rolle der SED, enthält das Bekenntnis zu den Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin und übernimmt das Organisationsprinzip des Demokratischen Zentralismus. Bereits am 6. 7. 1950 war die FDJ in den Demokratischen Block aufgenommen worden. Damit war die Umformung der FDJ zur Massenorganisation abgeschlossen.
Nach dem V. Parlament (25.–27. 5. 1955; Erich Honecker wird von Karl Namokel als 1. Sekretär abgelöst) in Erfurt setzte noch einmal eine Diskussion über die Aufgaben des Verbandes ein, die mit der 16. Tagung des Zentralrats (ZR) am 25. 4. 1957 abgeschlossen wurde. Die FDJ erklärte sich zur „sozialistischen“ Jugendorganisation mit Avantgarde-Charakter. So konnte sie am ehesten ihren Auftrag, „Reserve und zuverlässiger Helfer der SED“ zu sein, erfüllen.
Das VI. Parlament (12.–15. 5. 1959; Karl Namokel wird durch Horst Schumann als 1. Sekretär abgelöst) nahm diese Beschlüsse in die Satzung auf, die in ihren Grundzügen auf dem VII. Parlament (28. 5.–1. 6. 1963) in Berlin (Ost) und auf dem VIII. Parlament (10.–13. 5. 1967; Horst Schumann wird durch Günther Jahn als 1. Sekretär abgelöst) in Leipzig bestätigt wurde.
Das IX. Parlament (25.–29. 5. 1971) in Berlin (Ost) brachte keine grundsätzlichen Veränderungen, doch wurden die Aufgaben des Verbandes in den folgenden Monaten mit den politischen und ökonomischen Zielsetzungen des VIII. Parteitages der SED abgestimmt. Diese Entwicklung ist mit der Verabschiedung des dritten Jugendgesetzes der DDR am 28. 1. 1974, in dem der FDJ eine zentrale Stellung in der gesamten Jugendpolitik eingeräumt wird und diese wiederum in die politische und ökonomische Gesamtzielsetzung eingebettet ist, abgeschlossen. Auf der 10. Tagung des ZR am 9. 1. 1974 wurde Günther Jahn durch Egon Krenz als 1. Sekretär abgelöst.
Das X. Parlament (1.–5. 6. 1976) in Berlin (Ost) verabschiedete ein neues Statut, das die Entwicklung seit 1971 und die Ergebnisse des IX. Parteitages der SED (1976) berücksichtigt. Es entfielen die gesamtdeutschen Bezüge, an die Stelle der Anerkennung der führenden Rolle der Partei trat „Die Freie Deutsche Jugend arbeitet unter Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, … Grundlage für ihre gesamte Tätigkeit sind das Programm und die Beschlüsse der SED“ (Junge Generation, 1976, H. 7, S. 100), der Verband wurde zum „Interessenvertreter der gesamten Jugend“ erklärt. Das Statut betont die Freundschaft zur UdSSR und deren Vorbildrolle einschließlich des ökonomischen Aspekts, der wirtschaftlichen Integration im RGW-Bereich, sowie den Beitrag der FDJ zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität und der Verteidigungsbereitschaft.
II. Organisation
Grundlage des Verbandsaufbaus sind die Grundorganisationen (GO), die nach dem Statut in allen Erziehungsstätten, Betrieben, Genossenschaften, Wohngebieten usw. gebildet werden, wenn mindestens 3 Mitglieder vorhanden sind. Die GO untergliedern sich je nach Größe in FDJ-Gruppen. In Betrieben mit mehr als 100 FDJ-Mitgliedern werden als mittlere Leitungsebene der GO FDJ-Organisationen (FDJ-Org.) gebildet. An den Schulen bestehen grundsätzlich in allen Klassen (von der 8. an) FDJ-Org. mit je nach Mitgliederzahl umfangreichen Leitungen (3–15 Mitglieder). Die FDJ verfolgt damit das in den Statuten festgelegte Ziel, möglichst viele Mitglieder aktiv in die Verbandsarbeit einzubeziehen.
In Leitungen mit 15 Mitgliedern werden folgende Funktionen besetzt: Sekretär, Stellvertretender Sekretär, Funktionär für Agitation, Funktionär für Propaganda, Literaturobmann, Wandzeitungsredakteur, Funktionär für Kulturarbeit und Tätigkeit im Wohngebiet, Funktionär für Sport und Touristik, Funktionär für sozialistische Wehrerziehung, Funktionär für Pionierarbeit, Funktionär für sozialistischen Wettbewerb und sozialistische Gemeinschaftsarbeit (an Schulen, Universitäten, Hoch- und Fachschulen: für Zusammenarbeit mit sozialisti[S. 364]schen Betrieben), Leiter des Kontrollpostenstabes (in Schulen: Funktionär für gesellschaftlich nützliche und produktive Tätigkeit). Kassierer, Funktionär für wissenschaftliche Arbeit (nur an Universitäten, Hoch- und Fachschulen).
Bei den FDJ-Wahlen 1977 wurden über 640.000 Funktionäre der unteren Ebene bis zur GO gewählt, davon waren 111.559 Mitglieder oder Kandidaten der SED. 1976 gehörte nahezu ein Viertel aller FDJler, die älter als 18 Jahre sind, der SED an.
Der Anteil der weiblichen Funktionäre betrug Ende 1975 ca. 50 v. H. aller ehrenamtlichen und 41,6 v. H. aller hauptamtlichen Funktionäre, darunter 41 v. H. aller 1. und 30,5 v. H. aller sonstigen Kreissekretäre. Insgesamt waren Ende 1975 56 v. H. aller FDJler weiblich. Ferner waren 1976 40 v. H. der Mitglieder und Kandidaten des ZR. 9 von 29 Mitgliedern des Büros des ZR und 1 von 15 1. Sekretären der FDJ-Bezirksleitungen weiblichen Geschlechts.
Die Fluktuation der Leitungsmitglied er ist hoch; von den 1977 gewählten hatten knapp 40 v. H. keine Leitungserfahrung. Es wird daher angestrebt, daß wenigstens die Sekretäre in den GO der Großbetriebe ihre Funktion 4 bis 5 Jahre ausüben.
Die Funktionäre der GO bilden (möglichst zusammen mit weiteren geeigneten Mitgliedern) das Agitatorenkollektiv mit der Aufgabe, regelmäßig aktuelle Probleme mit den Mitgliedern zu besprechen. Sie bilden ferner zusammen mit den FDJ-Abgeordneten der Volksvertretungen und Mitgliedern der betrieblichen FDJ-Organisationen, den Leitern der Jugendbrigaden und anderer Arbeitsgruppen sowie den Propagandisten und Agitatoren auf regionaler Ebene das Verbandsaktiv, das zur Vorbereitung oder Auswertung wichtiger Aktionen zusammentritt. Die GO unterstehen, entsprechend der territorialen Gliederung, Stadt- bzw. Kreisleitungen, die wiederum Bezirksleitungen unterstehen. Führungsstäbe dieser Leitungen sind die Sekretariate, deren Zusammensetzung von der jeweils übergeordneten Leitung bestätigt werden muß. In kleineren Orten mit mehreren GO können auch Ortsleitungen (OL) gebildet werden. 1979 bestanden über 500 Ortsorganisationen der FDJ. In den Universitäten und Großkombinaten bestehen FDJ-Kreisleitungen. Die GO in der NVA besitzen eine eigene organisatorische Anleitungsstruktur innerhalb der Streitkräfte. An der Spitze des Verbandes steht der Zentralrat (ZR) (nach dem X. Parlament 161 Mitglieder, 39 Kandidaten), der seinerseits das Büro mit dem Sekretariat als eigentlichem Leitungsorgan der FDJ wählt (30 Mitglieder, davon 13 Sekretäre, die Mitglieder der SED sind, darunter ein Kandidat des Politbüros [Krenz]). Zwei Sekretäre sind Mitglieder und einer Kandidat des ZK (Postler, Labs, Müller). 1. Sekretär des ZR ist Egon Krenz, 2. Sekretär ist Erich Postler. Die Vorsitzenden der Kreis- und Bezirksverbände sowie die Vorsitzende des Gesamtverbandes der Pionierorganisation (Helga Labs) sind Mitglieder des FDJ-Sekretariats der entsprechenden Leitungsebene.
Bei allen Organisationseinheiten, mit Ausnahme der Ortsleitungen, bestehen Revisionskommissionen, die die Einhaltung der Finanzrichtlinien, des Statuts und die Durchführung der Beschlüsse der übergeordneten Leitungen zu prüfen haben.
Als höchste Organe bezeichnet das Statut die Mitgliederversammlung und die Delegiertenkonferenzen sowie das Parlament der FDJ. Die Leitungen in den GO und OL werden jährlich, die Stadt-, Kreis- und Bezirksleitungen alle 2 Jahre, der ZR alle 4 Jahre gewählt. (Auf seiner 6. Tagung am 21. 11. 1976 machte der ZR erstmals von der Möglichkeit Gebrauch, FDJler, anstatt sie zu wählen, als Mitglieder in den ZR zu „kooptieren“.) Das Statut sieht nur offene Wahlen vor. Das Bestätigungsrecht der übergeordneten Leitungen für die Sekretariate der nachgeordneten und das Prinzip des demokratischen Zentralismus schaffen die Sicherheit für ein kontrolliertes Arbeiten der FDJ-Organisation im Rahmen der jeweiligen Verbands- und Parteibeschlüsse. Die 1. Sekretäre der FDJ-Kreis- und Bezirksleitungen sind in der Regel Mitglieder des Sekretariats der entsprechenden SED-Leitung.
Die FDJ verfügt über 2 Verlage, 1 Tageszeitung („Junge Welt“) und mehrere Periodika (Jugendpresse).
Die Mitgliedschaft in der FDJ ist freiwillig und vom 14. Lebensjahr an möglich, wobei eine direkte Übernahme der Mitglieder der Pionierorganisation angestrebt wird. Die obere Altersgrenze entspricht prinzipiell der des Jugendgesetzes, doch sind in der Praxis Funktionäre und Studenten vielfach älter als 24 Jahre.
Im Juni 1977 hatte die FDJ 2.193.488 Mitglieder (gegenüber 1,4 Mill. im Jahr 1967). 1978 wurde angegeben, 69,9 v. H. aller Jugendlichen in der DDR im Alter von 14 bis 25 Jahren seien Mitglied der FDJ. Diesen und früheren Angaben läßt sich entnehmen, daß gegenwärtig 4–5 v. H. aller Mitglieder 25 Jahre und älter sind. Der Anstieg der Mitgliederzahl resultiert nur zum geringeren Teil aus der Zunahme der Jugendbevölkerung seit 1966, zum größeren aus dem Anstieg des Organisationsgrades. Noch 1970 waren nur 59 v. H. aller 14- bis unter 25jährigen Mitglied der FDJ. Sehr hoch ist der Organisationsgrad an den Schulen. Im Jahr 1972 waren bereits 96 v. H. aller Schüler von 14 bis 16 Jahren in der FDJ organisiert. Ähnliches dürfte für die Schüler der Klassen 11 und 12 gelten. 1976 waren 40 v. H. aller FDJler Schüler; dies entspricht etwa der Gesamtzahl der Schüler der Klassen 8–12 bzw. einer Zahl von rd. 800.000. Beträchtlich dürfte auch der Anteil der FDJler an den Direktstudenten (1976: rd. 199.000) sein. Für 1975 wurde zusätzlich angege[S. 365]ben, 86 v. H. aller Angehörigen der NVA unter 26 Jahren seien im Jugendverband organisiert. Danach dürften mehr als 100.000 FDJler als Wehrpflichtige, Zeit- oder Berufssoldaten der NVA angehören.
Im Jahre 1978 gehörten 52,1 v. H. der FDJ-Mitglieder der „werktätigen Jugend“ an, d. h., sie waren Berufstätige oder Lehrlinge aller Sparten oder waren in staatlichen Organen oder in Angestelltenberufen tätig. Daher ist die junge Arbeiterschaft, offiziell der „Kern der FDJ“, im Jugendverband nach wie vor unterrepräsentiert. Der Verband wie die SED-Führung bemühen sich seit den 50er Jahren um die Erhöhung des Arbeiteranteils; in den letzten Jahren wurden, wie der Anstieg des Organisationsgrades der Gesamtjugend zeigt, durchaus Erfolge erzielt.
Im Jahr 1977 hatte sich die Zahl der jungen Arbeiter unter den FDJlern im Vergleich zu 1967 mehr als verdoppelt und allein seit 1971 um 100.000 erhöht. Vor allem die zunehmende Einrichtung von Jugendbrigaden (1970: 14.022 mit 178.358 Mitgliedern; Frühjahr 1978: 32.000 mit 386.000 Mitgl.) bewirkte nach DDR-Angaben, daß sich die Zahl der in der FDJ organisierten jungen Arbeiter „wesentlich erhöhte“. Zur Höhe dieses Anteils wurden jedoch bisher keine exakten Angaben gemacht.
Eine beträchtliche Reserve für die Gewinnung neuer FDJ-Mitglieder liegt schließlich noch immer in der Landwirtschaft. 1973 bestanden 3.585 Dorf-GO, in denen 46.603 Mitglieder, d. h. 2,5 v. H. aller FDJler, organisiert waren. Damit war die Landjugend in der FDJ deutlich unterrepräsentiert. Auf der 15. ZR- Tagung vom 10. 10. 1975 wurde die Bildung von 1.200 weiteren FDJ-GO „im entscheidenden Zweig der Landwirtschaft, der Pflanzenproduktion“, beschlossen. Ein Jahr später ist dann die Bildung von „ständigen Jugendbrigaden Technik“ in allen LPG (P), VEG (P) und KAP propagiert worden. Neuere Zahlen über die FDJ-Arbeit auf dem Lande stehen nicht zur Verfügung.
Im Herbst 1976 bestanden insgesamt 59.485 FDJ- Gruppen, 12.255 Abteilungsorganisationen und 26.927 GO; in der ersten Jahreshälfte 1978 waren diese Zahlen auf 76.834 FDJ-Gruppen und mehr als 26.800 GO gestiegen.
Die FDJ erhebt Mitgliedsbeiträge, gestaffelt nach der Höhe des Einkommens bzw. des Stipendiums, zwischen 0,30 und 5 Mark. Überwiegend wird sie jedoch aus staatlichen und betrieblichen Mitteln finanziert.
III. Formen der FDJ-Arbeit
Die FDJ stellt ihre Jahresarbeit jeweils unter eine bestimmte Losung und leitet daraus ihre speziellen Aufgaben ab. 1975/76 stand der IX. Parteitag der SED im Mittelpunkt, seit 1977 der 30. Jahrestag der Staatsgründung („FDJ-Aufgebot DDR 30“). Die Wettbewerbe werden sowohl zeitlich wie inhaltlich und agitatorisch auf diesen Tag ausgerichtet.
In der Schule unterstützt die FDJ die Lehrtätigkeit der Erzieher, um möglichst gute Lernergebnisse zu erzielen. Sie organisiert schulische und außerschulische Arbeitsgemeinschaften, wobei der Vermittlung naturwissenschaftlicher, mathematischer und technischer Kenntnisse besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Staatsbürgerliche Erziehung und die Vorbereitung der Jugendweihe werden durch Veranstaltungen der FDJ unterstützt. In Zusammenarbeit mit der GST fördert sie die Wehrertüchtigung, seit 1967 werden wehrsportliche „Hans-Beimler-Wettkämpfe“ ausgetragen, an denen sich im Jahr 1978 220.000 FDJler beteiligten. Rd. 0,5 Mill. Jungen und Mädchen nahmen an „militärpolitischen Rundtischgesprächen“ und etwa 350.000 FDJler und Pioniere an Treffen mit Soldaten der NVA teil. Die in jedem Kreis gebildeten „FDJ-Bewerberkollektive für militärische Berufe“ werben unter der Jugend für den Eintritt in die Armee (Wehrerziehung). Mit den Mitteln des inner- und zwischenschulischen Wettbewerbs (Mathematik-Olympiade) und durch mannigfache Auszeichnungen (Abzeichen, Urkunden, Wimpel) versucht die FDJ besondere Anreize zu schaffen. Die Verbindung von GO in den Schulen mit solchen aus Produktionsbetrieben dient der Vertiefung des bereits mit dem polytechnischen Unterricht angestrebten Kontaktes mit der Arbeitssphäre des Betriebes.
Die Einschaltung der FDJ in die Feriengestaltung in eigenen oder betrieblichen Lagern gibt ihr die Möglichkeit, auch in dieser Zeit auf die Kinder und Jugendlichen einzuwirken.
Im Sommer 1977 bestanden 992 „Lager der Erholung und Arbeit“. In ihnen und in den FDJ-Schülerbrigaden am Heimatort waren in den Ferien nahezu 200.000 Schülerinnen und Schüler von 14 Jahren und älter (25 v. H.) produktiv tätig, insbesondere in der Ernte, der Melioration, der Forstwirtschaft, der Gestaltung von Naherholungsgebieten und in der „FDJ-Initiative Berlin“ (vornehmlich Wohnungsbau sowie Arbeit in Berliner Betrieben). Laut Beschluß des X. Parlaments soll jeder Schüler einmal in seiner Schulzeit an einem „Lager der Erholung und Arbeit“ oder einer Schülerproduktionsbrigade teilgenommen haben.
Im Sommer 1978 arbeiteten 43.000 Studenten (rd. 20 v. H. aller Direktstudenten) jeweils 3 Wochen in FDJ-Studentenbrigaden auf Baustellen, in Industriebetrieben und in der Landwirtschaft, darunter 20.000 im Zentralen Jugendobjekt „FDJ-Initiative Berlin“ und 3.200 auf Baustellen in anderen sozialistischen Ländern.
Die Arbeit der FDJ an den Universitäten und Hochschulen dient gleichfalls der Erzielung optimaler fachlicher Leistungen, zugleich soll sie Sorge tragen, daß diese in ein ideologisch-politisches Bekenntnis [S. 366]zur DDR und zum Marxismus-Leninismus eingebettet sind. Mit Seminargruppen, Arbeitsgruppen und Gemeinschaften versucht sie, den Lernprozeß unmittelbar zu beeinflussen. In wissenschaftlichen Studentenzirkeln wird versucht, bereits während des Studiums den Studenten Aufgaben aus der Praxis zu stellen, deren Lösungen in der Produktion Verwendung finden können. Der Wettbewerb um den Titel „Sozialistisches Studentenkollektiv“ entspricht in seinem Wesen dem um den Titel Kollektiv der sozialistischen Arbeit. Entsprechend den Messen der Meister von Morgen (MMM), die wesentlich von den Klubs der Jungen Techniker bzw. Jungen Agronomen und von den Klubs der Jungen Neuerer beschickt werden, finden „Leistungsschauen der Studenten und jungen Wissenschaftler“ statt. Die FDJ ist in den Leitungsgremien der Schulen, Universitäten. Hoch- und Fachschulen mit ihren Sekretären vertreten und entscheidet über die Zulassung zum Studium mit.
Seit dem X. Parlament verleiht der Minister für Hoch- und Fachschulwesen auf Vorschlag des ZR der FDJ jährlich bis zu 300 „FDJ-Stipendien“ in Höhe von monatlich 350 Mark an Studienanfänger vornehmlich technischer Studienrichtungen. Neben der beruflichen Leistung und der Mitwirkung in der MMM-Bewegung soll die aktive politische Arbeit in den Leitungen der FDJ besonders berücksichtigt werden.
In den Betrieben unterstützt die FDJ die Übertragung wichtiger und kontrollierbarer Aufgaben an Jugendkollektive und -brigaden als Jugendobjekte (Jugend), um die Jugendlichen bereits frühzeitig an der Verantwortung zu beteiligen und ihren Ehrgeiz zu wecken. Mit dem Appell an die Schrittmacherrolle der Jugend will sie beispielhafte Leistungen erzielen, die auch für ältere Beschäftigte Maßstäbe setzen. Die Beteiligung der Jugendlichen an den „Klubs Junger Neuerer“, den Sozialistischen ➝Arbeitsgemeinschaften, der beruflichen Aus- und Weiterbildung soll fachliche Kenntnisse vertiefen und zugleich zu meßbaren ökonomischen Ergebnissen führen. Für besondere Leistungen verleiht die FDJ den Titel „Hervorragender Jungaktivist“ sowie Ehrenurkunden usw. Mit den FDJ-Kontrollposten (1977: 39.605) beteiligt sie sich an den Arbeiten der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion. Die eigentliche Interessenvertretung der Jugend im Betrieb liegt jedoch bei den gewerkschaftlichen Jugendausschüssen. Die FDJ ist also auf eine enge Zusammenarbeit mit dem FDGB verwiesen.
Die Kulturarbeit der FDJ stützt sich auf die staatlichen, verbandseigenen und gewerkschaftlichen Kultur- und Klubhäuser. Indem sie dort Tanzveranstaltungen, Vorträge sowie Interessengemeinschaften organisiert, versucht sie, auf die unorganisierten Jugendlichen in den Wohngebieten einzuwirken. Mit dem „Buchclub 65“ verfügt die FDJ auch über eine eigene Buchgemeinschaft. Als Teil der Volkskunstbewegung fördert die FDJ das Laienschaffen. Als spezielle Form haben sich dabei die Treffen junger Talente herausgebildet, die über Kreis- und Bezirksvergleiche die Möglichkeit bieten, an einem Zentralen Leistungsvergleich teilzunehmen. Die 1969 ins Leben gerufene „FDJ-Singebewegung“ hat sich anscheinend in der letzten Zeit quantitativ wie qualitativ nicht in der von der Parteiführung erwarteten Weise entwickelt. Ein Beschluß des Büros des ZR vom 16. 2. 1978, Organisation und politische Führung dieser Bewegung betreffend, soll der Bewegung neuen Auftrieb geben. Die FDJ unterhält ein Sinfonieorchester, ein Zentrales und 15 Bezirksmusikkorps und einige 100 weiterer Blaskapellen, Fanfaren- und Spielmannszüge. Das 1974 gegründete FDJ-Reisebüro „Jugendtourist“ vermittelte 1978 247.000 Reisen in die sozialistischen Staaten und innerhalb der DDR. 1977 besuchten 48.561 FDJler die UdSSR. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Turn- und Sportbund der DDR veranstaltet die FDJ Jugendsportfeste. Die Erich-Weinert-Medaille wird als Kunstpreis der FDJ jährlich an junge Künstler und Laienschaffende verliehen.
Die FDJ-Ordnungsgruppen werden vorwiegend zur Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin in den Jugendeinrichtungen und bei FDJ- und Jugendveranstaltungen eingesetzt. Sie kontrollieren den Einlaß, das Programm, den Alkoholausschank und können Personen von der Teilnahme ausschließen. Darüber hinaus wirken sie im territorialen System der Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung mit, in das auch die FDJ-Leitungen und FDJ-Ordnungsgruppenstäbe der Orte, Kreise und Bezirke einbezogen sind (Neue Justiz, 1971, Nr. 17, S. 503 ff.). Die Ordnungsgruppen, seit 1959 aus Freiwilligen aufgestellt, sind „Organe der Leitungen der FDJ“ und werden nur „von zuständigen Leitungen der FDJ ausgewählt und eingesetzt“. Sie entsprechen den „Trupps der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ des sowjetischen Komsomol und haben hilfspolizeiliche und vormilitärische Aufgaben.
Mindestalter für Eintrittswillige ist das vollendete 16. Lebensjahr. Die Ausbildung umfaßt: Einsatztechnik, Gesetzeskunde, Grundlagen DRK (Erste Hilfe u. ä.), Marxismus-Leninismus sowie Umgang mit Kampfstoffen und die praktische Unterweisung in: Schutzausbildung, Körperertüchtigung und Judo. Die Ordnungsgruppen arbeiten eng mit der Volkspolizei (VP) zusammen, ihre Mitglieder gehen häufig in die Reihen der über 100.000 Freiwilligen Helfer der VP oder in den Polizeidienst über.
Die in Artikel 20,3 der Verfassung der Jugend zugesagten „Möglichkeiten, an der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaftsordnung verantwortungsbewußt teilzunehmen“, nimmt die FDJ durch die Beteiligung an den Beratungsgremien des Staatsapparates, die sich mit jugendpolitischen Fragen be[S. 367]schäftigen, wahr (Jugendforschung). Außerdem ist sie in den Volksvertretungen mit Fraktionen vertreten (ab 1976 — Volkskammer: 40 von 500; Bezirkstage: 255 von 2.840; ab 1974 — Kreistage und Stadtverordnetenversammlungen: 2.500 von 20.763; Gemeindevertretungen: 16.050 von 166.279; Stadtbezirksversammlungen: 561 von 3.833).
IV. Schulung
In der Schulung der FDJ sind 2 Formen zu unterscheiden: die Funktionärsschulung und die Schulung der Mitglieder. Die große Zahl jährlich neugewählter Funktionäre in den GO, verbunden mit der hohen Fluktuation in den Leitungen, macht die Kaderschulung zu einem besonderen Problem.
Hauptschulungsformen sind: die „Schulen des FDJ-Gruppenleiters“. durchgeführt von den GO-Leitungen der Betriebe, Bildungseinrichtungen usw. als monatliche Schulung über jeweils einige Stunden oder als Wochenendschulung in größeren Abständen, ferner Wochenendschulungen, Aktivtagungen und differenzierte Schulung der verschiedenen Leitungsmitglieder der Gruppen und GO; die Ganztagesschulung der Sekretäre der GO bei der FDJ- Kreisleitung; die Kurzlehrgänge an den Bezirksjugendschulen für ehrenamtliche Funktionäre nach Auswahl durch die FDJ-Kreisleitungen und unter Verantwortung der Bezirksleitungen.
Die hauptberuflichen GO-Sekretäre und die Mitarbeiter der Kreisleitungen erhalten eine 3monatige Ausbildung an den Sonderschulen des ZR der FDJ in Buckow, Grambow. Weimar und Zschorna.
Auf kulturpolitischem Gebiet tätige haupt- und ehrenamtliche Funktionäre werden in Kurzlehrgängen an der Sonderschule des ZR in Dresden ausgebildet.
Die höchste Ausbildungseinrichtung der FDJ ist die Jugendhochschule „Wilhelm Pieck“ beim Zentralrat der FDJ in Bogensee. Das einjährige Direktstudium richtet sich an Mitarbeiter des ZR, der Bezirks- und Kreisleitungen und an hauptberufliche Sekretäre von GO. Hier wurden von 1946 bis 1976 über 12.000 FDJ-Funktionäre ausgebildet. Schließlich stehen dem Jugendverband Studienplätze an den Schulen und Hochschulen der SED, des FDGB und des sowjetischen Komsomol zur Verfügung. Die Massenschulung beginnt mit einer Vorstufe, die die Schüler der 7. Klassen auf den Eintritt in die FDJ, insbesondere anhand des Statuts, vorbereitet. Auf ihr bauen die „Zirkel Junger Sozialisten“ in 3 Stufen auf: 1. für die Schüler der 9. und 10. Klassen, 2. und 3. für die Schüler der EOS, Studenten und die Mitglieder der betrieblichen und örtlichen GO. Gegenstand war 1977/78 der 1. Teil des Parteiprogramms der SED: „Die Völker der Welt vollziehen den Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus.“ Die Schulung soll durch Vorträge von Arbeiterveteranen, durch Besichtigung von Gedenkstätten und die Behandlung aktueller Themen aufgelockert werden. Anfang 1978 gab es 76.939 „Zirkel Junger Sozialisten“ mit etwa 1,7 Mill. Teilnehmern. Mehr als 60.000 der Zirkelleiter waren überwiegend ältere SED-Mitglieder. Nur eine Minderheit war gleichzeitig noch Mitglied der FDJ. Aufgrund einer Prüfung wird das Abzeichen „Für gutes Wissen“ in 3 Stufen verliehen. Es ist zwischen Mai 1976 und Januar 1978 von mehr als 600.000 Jugendlichen erworben worden.
V. Internationale Verbindungen und Deutschlandpolitik
Die FDJ ist seit 1948 Mitglied des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ), seit 1949 des Internationalen Studentenbundes. Mit dem sowjetischen Jugendverband Komsomol hat die FDJ besonders enge Beziehungen; einzelne Funktionäre sind an der Hochschule des Komsomol in Moskau ausgebildet worden. In Unterstützung der Außenpolitik bemüht sich die FDJ um Kontakte zu nichtkommunistischen Jugendverbänden (Festival).
Die deutschlandpolitischen Aktivitäten folgten der Deutschlandpolitik der SED. Die von der FDJ veranstalteten „Deutschlandtreffen der Jugend“ (Mai 1950, Juni 1954, Mai 1964 in Berlin [Ost] wurden nicht fortgesetzt, Treffen zwischen Jugenddelegationen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR fanden nun vorwiegend im Rahmen der Festivals des WBDJ statt. Seit 1973 bestehen ― zumeist jährlich erneuerte ― „Arbeitsvereinbarungen“ zwischen der FDJ und der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“ (SDAJ) der Bundesrepublik Deutschland. Nach den Jugendweltfestspielen in Berlin (Ost) (1973) kam es auch zu Kontakten der FDJ mit nichtkommunistischen Jugendverbänden bzw. -Organisationen aus der Bundesrepublik Deutschland (Deutscher Bundesjugendring, Die Falken, Gewerkschaftsjugend, Jungdemokraten, Jungsozialisten u. a.). Insgesamt empfingen FDJ und Pionierorganisation 1977 239 Delegationen aus 62 Ländern und entsandten 176 Abordnungen in 37 Länder. Im Jahr 1978 sind 9 „Brigaden der Freundschaft“ mit 303 Mitgliedern in Algerien, Angola, Guinea, Guinea-Bissau, Mali, Somalia und VDR Jemen, davon 7 Brigaden auf dem Gebiete der Berufsausbildung, eingesetzt worden.
Arnold Freiburg
Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 362–367
FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) | A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, Z | FDJ-Kontrollposten |