DDR von A-Z, Band 1979

Gemeinde (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985


 

Die G. sind als kreisangehörige Städte und Land-G. territoriale und politisch-administrative Grundeinheiten im Staatsaufbau der DDR.

 

Die Verfassung von 1949 gewährte den G. noch das Recht der Selbstverwaltung. Mit dem Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR von 1952 und der damit eingeleiteten Verwal[S. 446]tungsreform wurde die kommunale Selbstverwaltung aufgegeben und die G. gemäß den Organisationsprinzipien des Demokratischen Zentralismus zu Grundeinheiten der einheitlichen Staatsmacht.

 

Die Verfassung von 1968 bezeichnete die Städte und G. als eigenverantwortliche Gemeinschaften, in denen die Bürger arbeiten und ihre gesellschaftlichen Verhältnisse gestalten. Der Begriff der Bürgergemeinschaft wird mittlerweile (wie der der sozialistischen Menschengemeinschaft) als ein die Realität nicht angemessen erfassender Ausdruck gesellschaftspolitischer Harmonievorstellungen abgelehnt. Die Definition der G. als Bürgergemeinschaft wird vom Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen und ihre Organe vom 12. 7. 1973 nicht mehr wiederholt.

 

Örtliche Volksvertretungen sind in der Land-G. die G.-Vertretung und in der kreisangehörigen Stadt die Stadtverordnetenversammlung; sie sind Organe der einheitlichen sozialistischen Staatsmacht; sie entscheiden eigenverantwortlich über alle grundlegenden Angelegenheiten, die ihr Territorium und seine Bürger betreffen. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben haben sie von den gesamtstaatlichen Interessen auszugehen. Die Beschlüsse übergeordneter Volksvertretungen sind für sie verbindlich. Die Volksvertretungen der Städte und G. wählen als ihre Organe den Rat und die Kommissionen. Als arbeitende Körperschaften sollen sie durch ihre Tagungen, ihren Rat. ihre Kommissionen und durch die Tätigkeit ihrer Abgeordneten in Betrieb und Wohngebiet die Einheit von Beschlußfassung, Durchführung und Kontrolle verwirklichen.

 

Die Räte der Städte und G. sind kollektiv arbeitende Organe; ihre Zusammensetzung richtet sich nach der Größe der Städte und G. Der Rat der Stadt mit einer Einwohnerzahl von über 20.000 setzt sich zusammen aus: 1. Bürgermeister und Vorsitzendem des Rates, 2. Stellvertreter des Bürgermeisters für Planung, 3. Stellvertreter des Bürgermeisters für Inneres, 4. Stellvertreter des Bürgermeisters für Handel und Versorgung, 5. Sekretär des Rates, 6. Stadtrat für Finanzen und Preise, 7. Stadtbaudirektor, 8. Stadtrat für Wohnungspolitik und Wohnungswirtschaft, 9. … für örtliche Versorgungswirtschaft, 10. … für Verkehrswesen, Energie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft, 11. … für Kultur, 12. … für Jugendfragen, Körperkultur und Sport, 13. … für Gesundheits- und Sozialwesen.

 

In Städten mit unter 20.000 Einwohnern und in G. setzen die Räte, ausgehend von den örtlichen Bedingungen, ihre Zusammensetzung fest; ihnen können bis zu 13 Mitglieder (einschließlich ehrenamtliche) angehören.

 

Im Auftrage ihrer Volksvertretung leiten die Räte den staatlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufbau in ihrem Verantwortungsbereich. Sie sind ihrer Volksvertretung und dem übergeordneten Rat des Kreises verantwortlich und rechenschaftspflichtig. Die Beschlüsse der Räte können durch ihre Volksvertretung, die übergeordneten Räte und den Ministerrat aufgehoben werden. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben bilden die Räte der Städte Fachorgane; diese werden nach dem Prinzip der Einzelleitung bei kollektiver Beratung der Grundfragen des Aufgabengebietes geleitet. Die Fachorgane unterstehen dem Rat der Stadt und dem zuständigen Fachorgan des Rates des Kreises, sie sind „doppelt unterstellt“ (Anleitung und Kontrolle).

 

Zur Durchführung ihrer Aufgaben wählen die Volksvertretungen der Städte und G. für die Dauer der Wahlperiode ständige Kommissionen und für zeitlich begrenzte Aufgabenstellungen zeitweilige Kommissionen. In Städten und G. kann der Anteil der von der Volksvertretung in die Kommissionen berufenen Bürger größer sein als der der Abgeordneten und Nachfolgekandidaten. Die Kommissionen kontrollieren die Durchführung von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften sowie von Beschlüssen der Volksvertretung durch den Rat und seine Fachorgane. Sie haben das Recht, der Volksvertretung und dem Rat Vorlagen und Vorschläge zu unterbreiten. Eine wichtige Aufgabe der Kommissionen ist es, die Mitwirkung der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung bzw. der G.-Vertretung zu organisieren. Zu diesem Zweck können Aktivs gebildet werden, die unter Leitung eines Kommissionsmitglieds arbeiten.

 

Folgende Aufgabenbereiche sind der Volksvertretung und ihren Organen in den Städten und G. zugeordnet: 1. Leitung und Planung des gesellschaftlichen Lebens in ihrem Territorium, 2. Haushalts- und Finanzwirtschaft, 3. Preisbildung und -kontrolle, 4. Bauwesen, Städtebau und Wohnungswesen, 5. Handel und Versorgung, 6. Dienstleistungen und Reparaturen, 7. Landwirtschaft, 8. Städtischer Verkehr und stadttechnische Versorgung, 9. Bildungswesen, 10. Jugendfragen, 11. Kultur, 12. Körperkultur, Sport und Erholungswesen, 13. Hygiene, medizinische und soziale Betreuung, 14. Sicherheit und Ordnung, Zivilverteidigung.

 

Zur gemeinsamen Lösung kommunaler Aufgaben können die Volksvertretungen der Städte und G. Zweckverbände und Gemeindeverbände bilden.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 445–446


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.