
Jagd (1979)
Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985
[S. 553]Das J.-Wesen der DDR wurde durch das J.-Gesetz vom 25. 11. 1953 völlig umgestaltet, wesentlich ergänzt und modifiziert durch die 8. DVO vom 14. 4. 1962.
Die J.-Gebietsfläche der DDR umfaßt 8,468 Mill. ha land- und forstwirtschaftliche Flächen (Bundesrepublik Deutschland 23,6 Mill. ha), die nach § 4 des J.-Gesetzes in J.-Gebiete zwischen 1.000 ha und max. 4.000 ha gegliedert sind. Unabhängig davon sind J.-Gebiete mit spezieller Widmung ausgewiesen für Zwecke der Staats-J., der Diplomaten-J., als Wildschon- und -Schutzgebiete, Wildreservate und Wildforschungsgebiete. Die Abgrenzung der J.-Gebiete (vgl. Verfügung über die Bewirtschaftung der J.-Gebiete vom 19. 10. 1962) orientiert sich an den Wildeinstandsgebieten. Der Wildbestand und damit das Aufkommen an Wildbret wurden und werden kontinuierlich erweitert.
Darüber hinaus erlangt der Export von Wildtieren immer größere Bedeutung. So wurden u. a. Hasen nach Italien und Damwild vor allem in die UdSSR und andere RGW-Staaten zur Auffrischung der dortigen Bestände exportiert.
Mit der Erweiterung des Wildbestandes ist zugleich seine Qualität gestiegen. Die Spitzenwerte der Trophäenträger in der DDR erreichen seit Jahren auf internationalen Ausstellungen Goldmedaillen. Die Bewirtschaftung des Dam- und Muffelwildes ist z. Z. noch auf die Bestandserweiterung gerichtet, der Abschuß dient vorwiegend der Selektion. Das Muffelwild (1935 in der Rhön eingebürgert) ist bereits in 30 geschlossenen Einstandgebieten heimisch. Dagegen sind Gemsen (Elbsandsteingebirge) vom Aussterben bedroht; sie werden deshalb nicht bejagt. Auch der Luchs ist nach mehr als 200 Jahren im Elbsandsteingebirge wieder heimisch geworden. Zuchterfolge sind bei Wisenten (2 Freigehege im Naturschutzgebiet der Halbinsel Damerow-Müritz), bei Bibern, Fasanen und Trappen zu verzeichnen, während das Birkhuhn gegenwärtig vom Aussterben bedroht ist. Der Rückgang des Hasenbestandes wird auf die hohe Sterblichkeit der Junghasen (zunehmende Verkehrsdichte, Raubwild, Schäden durch Wanderratten usw.) zurückgeführt.
Zur weiteren Entwicklung der Bestände und zur Verbesserung der Hege wird in der DDR intensive Wildforschung betrieben. Hieran beteiligen sich insbesondere: die Arbeitsgruppe Wildforschung beim Institut für Forstwissenschaften der AdL in Eberswalde; die Vogelschutzwarte Neschwitz, Eberswalde; der Forschungsbereich Rohholzforschung. Eberswalde; der Fachbereich Waldbau und Forstschutz an der Sektion Forstwissenschaft der TU Dresden in Tharandt (Sachsen); der Fachbereich Zoologie der Sektion Biowissenschaften der Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg mit der Biologischen Station Steckby Kr. Zerbst, die Arbeitsgruppe Wildforschung der Landwirtschafts- und J.-Schule in Zollgrün (Thüringen).
Die verschiedenen Forschungsarbeiten werden durch die AdL koordiniert, die der Obersten J.-Behörde (Hauptabteilung Forstwirtschaft beim MfLFN) jährlich einen entsprechenden Forschungsplan vorlegt und über dessen Realisierung einen jährlichen Forschungsbericht erstattet.
Außerdem sind der Obersten J.-Behörde insgesamt 12 Wildforschungsgebiete unterstellt (vgl. Verfügung über die Ordnung der Wildforschungsgebiete vom 20. 12. 1962). Gegenstand der J.-Wissenschaft ist insbesondere auch die Erreichung der Wirtschaftlichkeit des J.-Wesens (vgl. Direktive über die Verbesserung der Qualität der Wildbestände, die weitere Erhöhung des Wildbretaufkommens und die Verarbeitung von Wildbret vom 1. 6. 1970).
Die J.-Bewirtschaftung wird durch die Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe geleitet und kontrolliert. Zu diesem Zweck werden jährliche J.-Bewirtschaftungspläne erstellt, die sich in Abschuß-, Ablieferungs-, Finanz- und Materialpläne gliedern. Die Abschuß- und Ablieferungspläne bedürfen der Bestätigung durch die Oberste J.-Behörde und gelten danach als staatliche Planauflage.
Zur J.-Ausübung werden von den Räten der Kreise J.-Gesellschaften gebildet, die nach einem Musterstatut arbeiten und überwacht werden (§ 11 der 8. DVO zum Jagdgesetz vom 14. 4. 1962). Zur Zeit bestehen in der DDR 922 J.-Gesellschaften mit ca. 39.000 Mitgliedern. Zu den Mitgliedern zählen neben den Jägern auch J- Hundeführer und -Züchter (z. Z. 14.000 Hunde), Falk[S. 554]ner und Frettierer. Die Beiz-J. (ca. 200 Falkner) und die ständig abnehmende Frettchen-J. gelangen insbesondere in Gebieten, die mit dem Schießverbot belegt sind, zur Anwendung (Park- und Garten- bzw. Siedlungsanlagen). Die Auswahl und die Zulassung der Mitglieder erfolgen nach besonderen Gesichtspunkten. Voraussetzung ist eine mit Erfolg abgelegte J.-Prüfung. Die Zulassung zur Prüfung erfolgt, sofern der Bewerber 18 Jahre alt ist und praktische Tätigkeit in einer J.-Gesellschaft nachweisen kann. Weitere Voraussetzung für die Erteilung einer J.-Erlaubnis ist eine „vorbildliche Teilnahme am Aufbau des Sozialismus in der DDR“. Die J.-Erlaubnis wird jeweils für ein J.-Jahr erteilt. Als Strafmaßnahmen bei evtl. Verstößen und Vergehen sind ein zeitweiliges Verbot der J.-Ausübung oder der Ausschluß des Mitgliedes möglich.
Vor allem sind die J.-Gesellschaften Träger der Wildabschuß- und Ablieferungspläne, über die sie mit den Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben Verträge abzuschließen haben. Durch kontinuierliche Bejagung (J.-Einsatzpläne) sollen nicht nur die Ablieferungspläne erfüllt werden, sondern Raubwild und Raubzeug bekämpft und Wildschäden aller Art verhindert werden. Während die Wildschäden in den Jahren 1960–1968 gesenkt werden konnten, sind sie als Folge der höheren Wilddichte und insbesondere durch das Rotwild seither wieder im Ansteigen begriffen. Der Gesamtschaden wird auf rd. 20 Mill. Mark im Jahr geschätzt, von denen etwa 25 v. H. auf die Landwirtschaft und den Garten entfallen, während 75 v. H. des Schadens in der Forstwirtschaft entsteht.
Die Verhütung und der Ersatz von Wildschäden wurde ab 1. 7. 1977 neu geregelt (VO über die Verhütung von und den Ersatz für Wildschaden - Wildschaden-VO vom 28. 4. 1977, GBl. S. 172; 1. DB zur Wildschaden-VO vom 24. 4. 1977, GBl. I, S. 177). Versichert sind Gesundheit und Leben der Bürger, die von ihnen mitgeführten Gegenstände, landwirtschaftliche und gärtnerische Kulturen sowie geschlossene Obstanlagen der soz. Betriebe.
Zur Verminderung von Schäden an landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen sollen auf Öd- und Umland Wildäcker angelegt werden bzw. Ablenkfutterstellen, technische Schutzmaßnahmen und ggf. Schußschneisen in den Beständen eingerichtet werden. Verantwortlich für den Schutz gegen Wildschäden sind neben den Landwirtschaftsbetrieben und den Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben vor allem die J.-Gesellschaften, denen die Landwirtschaftsbetriebe rechtzeitig ihre Anbaupläne zu übergeben haben und die ― sofern sie ihre Abschußpläne nicht erfüllen ― mit 10 v. H. zur Deckung der von den Wildschadenskommissionen festgestellten Schäden herangezogen werden können.
Weitere Aufgaben der J.-Gesellschaften sind die Wildfütterung und die Errichtung von J.-Hütten, Ansitzen, Futterraufen usw. in freiwilligen Arbeitseinsätzen.
Die J. sollte nach dem J.-Gesetz grundsätzlich im Kollektiv ausgeübt werden. Nur in Ausnahmefällen kann der Minister des Inneren bzw. der Chef der Deutschen Volkspolizei die Einzel-J. gestatten.
Für jedes J.-Gebiet sind ein J.-Leiter und ein ständiger Stellvertreter eingesetzt. Da die J.-Gesellschaften 3–5 J.-Gebiete bejagen, sind bei jeder J.-Gesellschaft 6–10 J.-Leiter und Stellvertreter tätig, deren Ernennung durch die J.-Behörden der Kreise und Bezirke unter Beteiligung der Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe, des Volkspolizeikreisamtes und der Bezirksbehörden der Volkspolizei erfolgt.
Die Waffenbestimmungen der DDR sind von offensichtlichem Mißtrauen gegenüber den sorgfältig geprüften J.-Berechtigten geprägt. Kugelwaffen mit gezogenem Lauf dürfen nur ausnahmsweise von Jägern mit spezieller Genehmigung geführt werden, so daß selbst Hochwild grundsätzlich mit Schrotflinten erlegt wird. J.-Waffen sind Volkseigentum und werden von den J.-Leitern verwaltet. Persönliches Eigentum an J.-Waffen bleibt den J.-Leitern und „Inhabern einer Jagderlaubnis vorbehalten, die sich durch aktive gesellschaftliche Arbeit sowie durch hervorragende Leistungen in der Produktion, in wissenschaftlichen Institutionen oder in den Verwaltungen beim Aufbau des Sozialismus in der DDR ausgezeichnet haben“. Die Genehmigung zum Waffenerwerb wird durch die Hauptverwaltung der Volkspolizei beim Innenministerium bzw. die Bezirksbehörden der VP erteilt.
Umfassende Bestimmungen gelten für die Beschaffung und Aufbewahrung von J.-Waffen und Munition.
Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 553–554
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