DDR von A-Z, Band 1979

KPdSU (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975


 

Abk. für Kommunistische Partei der Sowjetunion. Entstand 1903 aus der Spaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands (SDAPR), als sich unter Lenins Führung die radikalen Bolschewiki von den Menschewiki abspalteten. Der organisatorische Bruch erfolgte 1912. Bis zur Februarrevolution 1917 arbeitete die Partei illegal. Unter Führung Lenins und Trotzkis übernahmen die Bolschewiki durch die Oktoberrevolution 1917 die Macht in Rußland. Die KP Rußland (Bolschewiki), wie sie seit dem VII. Parteitag 1918 hieß, wurde zur führenden und alleinbestimmenden Partei im Sowjetstaat. Nach Lenins Tod (1924) gelangte Stalin an die Spitze der bolschewistischen Partei, die sich seitdem XIV. Parteitag 1925 KPdSU (B) nannte (seit dem XIX. Parteitag 1952: KPdSU).

 

Unter Stalins Führung beherrschte die KPdSU auch die Komintern und damit die Kommunistischen Parteien aller Länder. Die KPdSU vollzog unter Stalins Regime (durch die Kollektivierung der Landwirtschaft und die Fünfjahrpläne der Industrie) in den 30er Jahren die Industrialisierung Rußlands, die die Sowjetunion zur Weltmacht werden ließ. Zugleich praktizierte der Stalinismus eine uneingeschränkte politische Diktatur. Während der Stalinschen Säuberungen 1936–1938 wurden die führenden Kommunisten der Lenin-Ära und ein Großteil des Funktionärskorps der KPdSU liquidiert. Nach dem II. Weltkrieg bestimmte die KPdSU auch über die Kommunistischen Parteien der Ostblockstaaten, darunter die SED. Der XX. Parteitag 1956 und der XXII. Parteitag 1961 verurteilten unter der Führung N. S. Chruschtschows die drastischen Auswirkungen der Stalin-Herrschaft. Die völlige Abhängigkeit der Kommunistischen Parteien, auch der SED, wurde durch eine Art „Juniorpartnerschaft“ ersetzt. Im Oktober 1964 wurde Chruschtschow als Parteiführer abgelöst, sein Nachfolger ist L. I. Breschnjew.

 

Die KPdSU hat sich aus einer Kaderpartei zu einer staatstragenden Massenpartei entwickelt (Mitglieder 1918: 300.000; 1939: 2,4 Mill.; 1952: 6,8 Mill.; 1976: 15,7 Mill.). Formal ist die Partei nach dem Territorialprinzip gegliedert, der Demokratische Zentralismus ist Organisationsprinzip. Danach ist der Parteitag oberstes Organ, er tagt alle 5 Jahre (XXV. Parteitag 1976). Er ist ebenso wie das ZK (287 Mitglieder und 139 Kandidaten) mehr ein Akklamations- als ein Entscheidungsorgan. Die politisch entscheidenden Führungsgremien sind das Politbüro (16 Mitglieder, 6 Kandidaten) und das Sekretariat (11 Mitglieder), in denen die politischen Grundsatzentscheidungen getroffen werden und deren Durchführung mit Hilfe des Parteiapparates (etwa 250.000 hauptamtliche Funktionäre) kontrolliert wird. Die KPdSU hat auf allen Gebieten der Gesellschaft das Führungsmonopol.

 

In der kommunistischen Weltbewegung wird die „führende Rolle“ der KPdSU nach wie vor von zahlreichen Parteien (auch der SED), mit Ausnahme der „eurokommunistischen“, anerkannt (Eurokommunismus).


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 609


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.