
Sozialistische Gesetzlichkeit (1979)
Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985
In Art. 19 Abs. 1 Satz 2 ihrer Verfassung garantiert die DDR ihren Bürgern die SG. und gewährt Rechtssicherheit. Art. 87 der Verf. bestimmt, auf welche Weise der Staat die Gesetzlichkeit gewährleistet: „durch die Einbeziehung der Bürger und ihrer Gemeinschaften in die Rechtspflege und in die gesellschaftliche und staatliche Kontrolle über die Einhaltung des sozialistischen Rechts“. Art. 90 weist schließlich die richterliche Rechtsanwendung an, der Durchführung der SG. zu dienen.
Um Begriff und Inhalt der SG. hat es Ende der 50er Jahre Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten gegeben, die schließlich mit der Feststellung im Staatsratsbeschluß vom 20. 1. 1961 (GBl. I, S. 3) beendet wurden: „Die SG. verlangt die allseitige genaue Beachtung des gesetzlichen Tatbestandes.“ SG. erfordert jedoch mehr als ausschließlich Bindung des Richters an das Gesetz. Sie beinhaltet auch die marxistisch-leninistische Erkenntnis, daß jedes Recht seiner Natur nach parteilich und daß daher auch dem sozialistischen Recht Parteilichkeit immanent sei, und zwar Parteilichkeit für die Verwirklichung des Sozialismus. So wird mit der Forderung nach strikter Einhaltung der SG. vom Richter erwartet, daß er die geltenden Rechtsnormen genau beachtet, sich gleichzeitig bei seiner Urteilsbildung an der Politik der Partei- und Staatsführung orientiert und mit seiner Rechtsprechung zur Gestaltung der sozialistischen Ordnung beiträgt. Folgerichtig haben die Beschlüsse der SED am Anfang des Erkenntnisprozesses zu stehen, in dessen Ergebnis der Arbeitsplan für die gesamte richterliche Tätigkeit festgelegt wird (Neue Justiz, 1967, H. 15, S. 478). Mit dem zunehmenden Ausbau des sozialistischen Rechtssystems wurde es möglich, bei der Forderung nach Wahrung der SG. das Schwergewicht mehr auf die Bindung an das bestehende Gesetz [S. 967]zu legen, da die in der Periode des Aufbaues und der Verwirklichung des Sozialismus geschaffenen Gesetze von ausreichender Parteilichkeit sind. Es wird damit zunehmend entbehrlich, unter Berufung auf die SG. und die Parteilichkeit der Rechtsprechung eine Umdeutung von Rechtsnormen vorzunehmen, die aus der nichtsozialistischen Zeit stammen. Die SG „ist ein Attribut der sozialistischen Demokratie, weil sie die souveräne Machtausübung der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten mittels des sozialistischen Staates und seines Rechts gewährleistet, mit dem Forderungen der objektiven Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung übereinstimmt, die demokratischen Grundlagen der sozialistischen Macht und die Rechte der Bürger schützt, die sozialistische Rechtsordnung und die sozialistischen Gesellschaftsbeziehungen gegen alle Störungen verteidigt und ein unerläßliches Instrument im Kampf gegen die Feinde des Sozialismus darstellt“ (Staat und Recht, 1974, H. 5, S. 722).
Unverändert gilt der Grundsatz, daß mit der Forderung nach SG. den Gerichten die Aufgabe gestellt wird, in jedem Verfahren und in jeder Entscheidung einen Beitrag zur Festigung der Arbeiter-und-Bauern-Macht zu leisten. Rechtswesen.
Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 966–967
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