DDR von A-Z, Band 1979

Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland (1979)

 

 

Siehe auch:


 

Nach Errichtung der Mauer in Berlin am 13. 8. 1961 wurden zunächst alle Anträge auf Ü. abgelehnt. Im 1. Halbjahr 1962 durften dann wieder einige hundert Personen, meist im Rentenalter, im Rahmen der Familienzusammenführung in die Bundesrepublik ausreisen. Seit dem 1. 7. 1962 sind die Zuwanderer, die mit Genehmigung der DDR-Behörden in die Bundesrepublik übergesiedelt sind, im Bundesnotaufnahmeverfahren besonders erfaßt worden (siehe Tabelle).

 

 

Diese Statistik erfaßt jedoch nur die Übersiedler, die im Bundesgebiet die Notaufnahme beantragt haben. Es ist aber davon auszugehen, daß dies nicht alle Übersiedler getan haben. Die wirkliche Zahl derjenigen, die seit dem 1. 7. 1962 die DDR mit Genehmigung der dortigen Behörden verlassen haben, ist also höher. Sie übertrifft bei weitem die der Flüchtlinge.

 

Im Zusammenhang mit dem Grundlagenvertrag vom 21. 12. 1972 ist vereinbart worden, auch Probleme der Familienzusammenführung zu lösen, und zwar durch Zusammenführung von Ehegatten, den Umzug von Eltern, die von ihren Kindern betreut werden sollen, und in besonderen Ausnahmefällen auch die Genehmigung zur Eheschließung und die Ausreise des in der DDR lebenden Verlobten.

 

In vielen Fällen konnte seitdem geholfen werden, wie die Übersicht der Entwicklung seit 1964 zeigt:

 

 

Umzugsgut darf mitgenommen werden, soweit dies nach den zollrechtlichen Bestimmungen der DDR zulässig ist.

 

Die Zahl der Ausreisewilligen in der DDR ist jedoch weit höher, als dies in den o. a. Zahlen zum Ausdruck kommt. Insbesondere seit der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 1. 8. 1975, die auch von der DDR unterzeichnet worden ist, beantragen viele Bewohner der DDR unter Berufung auf die Menschenrechte die Ausreise aus der DDR. Um diesen meist erfolglosen Bemühungen Nachdruck zu verleihen, legen viele Ausreisewillige ihre Arbeit nieder, demonstrieren öffentlich gegen die Verletzung der Menschenrechte oder wenden sich an westliche Organisationen. Die Behörden in der DDR haben darauf seit 1976 in zahlreichen Fällen mit Verhaftungen und Verurteilungen wegen Asozialen Verhaltens oder Hetze (Staatsverbrechen) reagiert. Seit dem Inkrafttreten des 2. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 7. 4. 1977 (Strafrecht) führen solche auf die Menschenrechte gestützten Ausreiseanträge häufig auch zu einer Freiheitsstrafe wegen „Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit“ nach § 214 StGB.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 1089


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.