DDR von A-Z, Band 1979

Verrechnungsverfahren (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975


 

In einer Zentralplanwirtschaft wird die Art der Bezahlung von Lieferungen und Leistungen zwischen den Wirtschaftsbetrieben nicht in das freie Ermessen der Betriebsleitungen gestellt. Als V. werden demnach in der DDR diejenigen bargeldlosen Zahlungstechniken bezeichnet, die der Gesetzgeber den inländischen Wirtschaftsbetrieben verbindlich vorschreibt, damit diese nur so ihre Geldverbindlichkeiten begleichen und ihre Forderungen einziehen. Die im Bereich der produzierenden Wirtschaft gegenwärtig gültigen Verrechnungsmethoden wurden durch die am 12. 6. 1968 erlassene VO über die Verrechnung von Geldforderungen aus zwischenbetrieblichen Ware-Geld-Beziehungen — Verrechnungs-Verordnung — festgelegt (GBl. II. S. 423 ff.). Ihre Verwendung ist für den gesamten staatlichen Bereich der Wirtschaft (VEB, Kombinate, VVB), für die Produktionsgenossenschaften, die gesellschaftlichen Organisationen und alle sonstigen Haushaltsorganisationen verpflichtend.

 

Abgesehen von Verbindlichkeiten in Bagatellfällen, die durch Barzahlung beglichen werden können, stehen den Wirtschaftsbetrieben in der DDR vier Möglichkeiten zur Verfügung, um Forderungen von Gläubigern zu begleichen: 1. die Überweisung; 2. der Scheck; 3. die Einwilligung in automatische Abzüge vom Sichtguthabenkonto (Lastschriftverfahren) und 4. die Stellung eines Akkreditivs.

 

Mit der Vorgabe standardisierter Verfahren zur Abwicklung des Verrechnungsverkehrs verfolgt die Wirtschaftsführung vor allem folgende Ziele: Sie will 1. die Wirtschaftsbetriebe zwingen, möglichst alle Forderungen aufgrund von Warenlieferungen und Leistungen bargeldlos über das Gironetz der Banken und Postscheckämter verrechnen zu lassen; sie möchte 2. die vorgeschriebene bargeldlose Verrechnung der Geldforderungen dafür benutzen, um die Wirtschaftsbeziehungen der Produktionseinheiten untereinander zu kontrollieren; sie will 3. eine sichere und schnelle Refinanzierung der Gläubiger gewährleisten und 4. die Technik des Verrechnungsverkehrs als Erziehungsmittel verwenden. um die Wirtschaftsbetriebe zu bewegen, pünktlich ihre Schulden zu zahlen, und sie bemüht sich 5. darum, die Käuferbetriebe in den Stand zu setzen, trotz des Verlangens nach unverzüglicher Begleichung ihrer Schulden die erhaltene Ware sorgfältig prüfen zu können. Darüber hinaus gestand man ferner den Beziehern von Waren das Recht zu, über das Druckmittel der Zahlungsverweigerung die Lieferanten zu zwingen, ihre Lieferzusagen vertragsgerecht und qualitativ einwandfrei zu erfüllen.

 

Seit 1965 sind das (Bank-)Überweisungs- und das Scheckverfahren die beiden meistbenutzten Verrechnungsmethoden zur Begleichung von Geldforderungen zwischen den Betrieben.

 

Beim Überweisungs- und beim Scheckverfahren liegt die Initiative zur Zahlung jeweils beim Käufer. Dagegen ist das Lastschriftverfahren eine automatisierte Form der Sofortzahlung aufgrund von Forderungen. Bei dieser Verrechnungsart wird das Einverständnis des Käufers zur Abbuchung entstandener Forderungen generell im voraus erteilt. Jedoch kann der Käufer in begründeten Fällen auch hier eine bereits erfolgte Abbuchung nachträglich wieder rückgängig machen.

 

Durch die Umstellung der Verrechnungstechnik vorwiegend auf das Überweisungs- und Scheckverfahren wurde der frühere Automatismus bei der Begleichung von Geldforderungen durch das „Rechnungs-Einzugsverfahren“ (1952–1961) und das „Forderungs-Einzugsverfahren“ (1961–1964) weitgehend beseitigt. Hierdurch konnte die Stellung des Käufers gestärkt werden. Er bestimmt heute — in den Grenzen der mit dem Verkäufer getroffenen vertraglichen Vereinbarungen —, an welchem Termin nach Abschluß der Wareneingangskontrolle gezahlt wird und ob die Lieferung auch die volle Überweisung des geforderten Kaufpreises rechtfertigt.

 

Vor 1965 dagegen hatte die Bank des Käufers schon bei Vorlage eines Lastschriftauftrages durch den Verkäufer die Zahlung auszuführen, ohne daß der Käufer praktisch eine Chance besaß, bei Vertragsverletzungen des Lieferanten und bei nachweislicher Schlechterfüllung der vereinbarten Warenlieferungen eine Bezahlung der Rechnung ganz oder teilweise zu verweigern.

 

Durch das den Käufern seit 1965 eingeräumte Kontrollrecht soll die Eigenverantwortlichkeit der Wirtschaftsbetriebe dahingehend gestärkt werden, selbst dafür zu sorgen, daß die Lieferanten Waren mit vorzüglicher Qualität und zu dem vertraglich vereinbarten Termin liefern.

 

Die Grundformen zur Abwicklung von zwischenbetrieblichen Ware-Geld-Beziehungen sind für alle vorkommenden Geschäfte der Warenzirkulation zwingend vorgeschrieben, für die keine Vereinbarung über das anzuwendende V. getroffen worden ist.

 

Hier soll nur das Überweisungsverfahren vorgestellt werden. Dabei übersenden die Kunden nach Prüfung der eingegangenen Waren der für sie zuständigen Bank einen Gutschriftträger (Überweisungsauftrag) über die von ihnen einem Lieferbetrieb geschuldete Summe. Die Bank bucht auf diese Aufforderung hin die fällige Summe vom Konto ihres Kunden ab und überweist sie auf das angegebene Konto des Lieferanten.

 

Zur Vereinfachung der Arbeiten bei der Erledigung der täglich anfallenden Menge an Verrechnungen sind den Wirtschaftsbetrieben innerhalb der Volkswirtschaft der DDR die Benutzung normierter Verrechnungsvordrucke (= Formularstrenge) und die Einhaltung gleicher Sicherungsgrundsätze im Zahlungsverkehr vorgeschrieben. Bankwesen; Sparkassen; Staatsbank; Bargeldumlauf; Kontenführungspflicht; Sparen; Zins und Zinspolitik (s. dort den Abschnitt „Verzugszinsen“).


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 1133


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.