DDR von A-Z, Band 1979

Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR (1979)

 

 

Siehe auch:

  • Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR: 1975 1985
  • Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“, Deutsche: 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966
  • Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“: 1969 1975

 

Die A. ist eine zentrale Institution des Ministerrates für die Aus- und Weiterbildung leitender Mitarbeiter des zentralen und regionalen Staatsapparates, der Justiz und des auswärtigen Dienstes. Die A., die ihren heutigen Namen im Jahr 1972 erhielt, ist Nachfolgerin der „Deutschen Verwaltungsakademie“ Forst-Zinna (gegr. 1947), die im Februar 1953 mit der 1952 gegründeten „Hochschule für Justiz“ Potsdam-Babelsberg zur „Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft ‚Walter Ulbricht‘“ (DASR) in Potsdam-Babelsberg vereinigt wurde. Im Januar 1959 wurde das 1952 gegründete „Deutsche Institut für Rechtswissenschaft“ als Prorektorat für Forschung in die A. eingegliedert.

 

Wichtigste Aufgabe in den ersten Jahren des Bestehens der A. war die Ausbildung der nach 1945 in leitende Funktionen eingesetzten Kader des Staatsapparates. Die Hochschulreife war nicht Voraussetzung für die Aufnahme eines Studiums. In Zweijahreslehrgängen — seit 1951 auch im Rahmen des Fernstudiums — wurden Mitarbeiter des Staatsapparates zu „Diplomstaats[S. 36]wissenschaftlern“ ausgebildet. Von 1953 bis 1963 stand die Ausbildung von Juristen im Mittelpunkt der Lehrtätigkeit der A., die ihrer Struktur nach als 5. juristische Fakultät neben den Universitäten Halle, Jena, Leipzig und Berlin anzusehen war.

 

Im Rahmen des Neuen Ökonomischen Systems wurde die Juristenausbildung eingestellt und die Arbeit der A. auf die Weiterbildung leitender Kader des Staatsapparates, die Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern des auswärtigen Dienstes der DDR und die rechtswissenschaftliche Forschung konzentriert. Die A. wurde dem Ministerrat unterstellt und in 3 Institute gegliedert: Institut für staats- und rechtswissenschaftliche Forschung; Institut für Weiterbildung leitender Mitarbeiter staatlicher Organe; Institut für Internationale Beziehungen.

 

Trotz Einstellung der Juristenausbildung konnten Juristen aus dem Staatsapparat auch weiterhin an der A. promovieren und habilitieren.

 

Die Reform des Bildungssystems, vor allem der Ausbau der Weiterbildungseinrichtungen der Wirtschaft, die Hochschulreform und die Reform der Wissenschaftsorganisation der DDR brachten eine erneute Präzisierung der Aufgabenstellung der A. („Akademiereform“). Sie avancierte — neben ihrer bisherigen Aufgabenstellung — zur zentralen Forschungsinstitution auf dem Gebiet der Staats- und Rechtswissenschaft und erhielt Leitfunktionen für die gesamte staats- und rechtswissenschaftliche Forschung in der DDR.

 

Mit der 1972 erfolgten Gründung des „Instituts für Theorie des Staates und des Rechts“ und des „Wissenschaftlichen Rates für Staats- und Rechtswissenschaft“ im Jahr 1973 bei der Akademie der Wissenschaften verlor die A. ihre herausragende Funktion als Forschungsinstitution. Die staats- und rechtswissenschaftliche Forschung wurde in die allgemeine Planung der Gesellschaftswissenschaften einbezogen.

 

Auf der Grundlage eines Beschlusses des Ministerrats wurde 1969 ein durchgängiges Weiterbildungssystem für Staatskader geschaffen, in das die bereits seit 1966 stattfindenden 4wöchigen Lehrgänge für Führungskader eingebettet wurden (Kaderpolitik).

 

Die Struktur der A. wurde den Prinzipien der Hochschulreform entsprechend verändert. Es wurden 4 Sektionen geschaffen: Theorie des sozialistischen Staates und seines Rechts; wissenschaftliche Grundlagen des Gesamtsystems der sozialistischen staatlichen Führung; sozialistische Rechtspflege; Rechtsfragen der zentralen Planung und Leitung der sozialistischen Volkswirtschaft durch den Staat.

 

An der A. werden folgende Ausbildungsmaßnahmen durchgeführt:

 

1. Lehrgänge (4–5 Wochen) zur Weiterbildung von Führungskräften zentraler und örtlicher Staatsorgane, der Rechtspflege und des auswärtigen Dienstes sowie Sonderlehrgänge zur Weiterbildung und Vorbereitung von Frauen mit Fach- und Hochschulausbildung für die Übernahme leitender Funktionen. In ihrem Rahmen wird eine Vertiefung der Kenntnisse des Marxismus-Leninismus, der Staats- und Rechtstheorie, der Organisationswissenschaft, Pädagogik, Psychologie und der Elektronischen ➝Datenverarbeitung (EDV) angestrebt. Ziel ist es, alle leitenden Mitarbeiter im Turnus von etwa 2 Jahren an einem Lehrgang teilnehmen zu lassen.

 

2. Im Rahmen eines Zweijahresstudiums sollen Kader des Staatsapparates auf die Übernahme leitender Funktionen vorbereitet werden. Neben einem Hoch- oder Fachschulabschluß ist eine mehrjährige praktische Tätigkeit im Staats-, Wirtschafts- oder Parteiapparat Voraussetzung für die Teilnahme.

 

Schwerpunkt der Lehre sind Fragen der staatlichen Leitung und der „wissenschaftlichen Führungstätigkeit“. Die Ausbildung endet mit dem Erwerb des Grades eines „Diplom-Staatswissenschaftlers“.

 

3. Seit einigen Jahren bildet die A. in einem 4jährigen Studium erneut Kader für den Staatsapparat in einem Hochschulstudium aus. Über Teilnahmevoraussetzungen, Teilnehmerkreis und Ausbildungsinhalte liegen keine näheren Informationen vor.

 

4. Im „organisierten Selbststudium“ kann — ohne größere Unterbrechung der Berufstätigkeit — in ca. 4 Jahren ebenfalls das Diplom als Staatswissenschaftler erworben werden. Die Teilnehmer können sukzessive die einzelnen Themenbereiche des Zweijahresstudiums absolvieren und dann das Diplom erwerben.

 

Bei den Teilnehmern am Zweijahresstudium bzw. organisierten Selbststudium handelt es sich neben Absolventen der staatlichen Hoch- und Fachschulen vor allem um solche der 1969 gegründeten „Fachschule für Staatswissenschaft ‚Edwin Hoernle‘“ in Weimar, die ebenfalls dem Ministerrat untersteht. An ihr wird eine Grundausbildung durchgeführt, die mit dem Fachschulabschluß endet und zum Studium an der A. berechtigt.

 

Studenten der Fachschule sind Mitarbeiter des regionalen Staatsapparates mit Fachschulreife und mehrjähriger Berufspraxis. Direktor der A. ist gegenwärtig (1978) Prof. Dr. Gerhard Schüßler. Universitäten und Hochschulen.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 35–36


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.