DDR von A-Z, Band 1979

Aufbaugesetz (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985


 

Mit dem Ziel, die Kriegszerstörungen in den Städten zu beseitigen, erging das Gesetz über den Aufbau der Städte in der Deutschen Demokratischen Republik und der Hauptstadt Deutschlands, Berlin (Aufbaugesetz) vom 6. 9. 1950 (GBl., S. 965). Darin wird die Regierung der DDR beauftragt, für den planmäßigen Aufbau der zerstörten Städte der DDR zu sorgen. Die Regierung wurde ermächtigt, Städte, Kreise und Gemeinden oder Teile hiervon zu Aufbaugebieten zu erklären. Diese Erklärung bewirkt, daß in diesen Gebieten eine Inanspruchnahme von bebauten und unbebauten Grundstücken für den Aufbau und eine damit verbundene dauernde oder zeitweilige Beschränkung oder Entziehung des Eigentums und anderer Rechte erfolgen kann.

 

Durch die DVO vom 7. 6. 1951 (GBl., S. 552) wurden [S. 87]generell die im Zentrum und im zentralen Bezirk der Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz, (später Karl-Marx-Stadt), Magdeburg, Dessau, Rostock-Warnemünde, Wismar und Nordhausen gelegenen Gebiete zu Aufbaugebieten erklärt. Gleichzeitig wurde das zuständige Ministerium (Ministerium für Bauwesen) ermächtigt, in Übereinstimmung mit der Staatlichen Plankommission weitere Städte, Kreise und Gemeinden oder Teile hiervon zu Aufbaugebieten zu erklären. Das ist durch verwaltungsinterne Weisungen geschehen. Hervorzuheben ist das „Aufbaugebiet Stadtzentrum“ in Berlin. Die für den Aufbau beanspruchten Grundstücke im Aufbaugebiet gehen in Volkseigentum über. Dingliche Rechte sowie die Rechte aus Miet-, Pacht- und anderen Nutzungsverträgen erlöschen. Ein Rechtsmittel gegen die Inanspruchnahme gibt es nicht. Für die Inanspruchnahme soll nach dem A. eine Entschädigung gezahlt werden. Das Entschädigungsgesetz dazu wurde erst am 25. 4. 1960 erlassen (GBl. I, S. 257). Die Entschädigung in Geld tritt für Gläubiger, deren dingliche Rechte erloschen sind, an die Stelle des in Anspruch genommenen Grundstückes. Soweit die Gläubiger daraus nicht befriedigt werden können, haftet der frühere Eigentümer des Grundstücks mit seinem sonstigen Vermögen. Für Trümmergrundstücke wird nur der Zeitwert ersetzt, obwohl die auf einem solchen Grundstück liegenden Reichsmarkhypotheken im Verhältnis 1:1 umgewertet wurden. Die Belastungen übersteigen deshalb in der Regel weit die Entschädigungen. Der Nutznießer dieser Regelung ist der Staat, dem über 80 v. H. der Hypothekenforderungen zustehen. Im übrigen werden als Entschädigung durch die für den Rat des Kreises zuständige Schuldbuchstelle Einzelschuldbuchforderungen und für Ansprüche bis zu 10.000 Mark die Bewohnern der DDR zustehenden Sparguthaben begründet. Über die Schuldbuchforderungen und Sparguthaben können die Berechtigten seit 1960 jährlich mit bis zu 3.000 Mark verfügen. Handelt es sich um Guthaben aus einer Entschädigung für ein Trümmergrundstück, sind diese Verfügungen erst seit 1965 erlaubt.

 

Durch eine Zweite DB zum A. vom 29. 8. 1972 (GBl. II, S. 641) wurde angeordnet, daß die Inanspruchnahme erst erfolgen darf, wenn alle Voraussetzungen gemäß der DB erfüllt sind und ein rechtsgeschäftlicher Erwerb des Grundstücks zugunsten des Volkseigentums bzw. die Sicherung der Instandsetzung, der Modernisierung, des Um- und Aufbaues sowie des Abrisses von Gebäuden auf andere Weise nicht zustande gekommen ist. Vor allem aber können nunmehr nach der Zweiten DB Grundstücke auch für den Bau von Eigenheimen in Anspruch genommen werden, die in Übereinstimmung mit der geplanten städtebaulichen Entwicklung dafür geeignet sind.

 

Die Inanspruchnahme setzt voraus, daß Bürger, die die Zustimmung für den Bau eines Eigenheimes erhalten haben, nicht über ein geeignetes Grundstück verfügen und ein geeignetes volkseigenes Grundstück nicht bereitgestellt werden kann sowie der rechtsgeschäftliche Erwerb eines geeigneten Grundstücks durch den Bürger nicht zustande gekommen ist. Die Inanspruchnahme darf sich nur auf die tatsächlich benötigte Grundstücksfläche erstrecken. Nur so viel Boden soll für den Eigenheimbau in Anspruch genommen werden, wie entsprechend der staatlichen Orientierung über die Parzellengröße für ein Eigenheim erforderlich ist. Der Entzug von Bodenflächen aus der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung für den Eigenheimbau darf nur in begründeten Ausnahmefällen mit Zustimmung der für die Bodennutzung verantwortlichen Staatsorgane erfolgen. Die Inanspruchnahme eines Grundstückes ist unzulässig, wenn dessen Eigentümer oder Nutzungsberechtigter selbst Bewerber für den Bau eines Eigenheimes ist und zu dem Personenkreis gehört, dem nach der VO über die Förderung des Baues von Eigenheimen vom 24. 11. 1971 (GBl. II, S. 609) die Zustimmung zum Bau eines Eigenheimes erteilt werden kann oder wenn das Grundstück mit anderen gesellschaftlich notwendigen Bauwerken bebaut ist, insbesondere wenn es bereits Wohnzwecken dient.

 

Ferner können Grundstücke zur Sicherung der Instandsetzung, der Modernisierung, des Um- und Ausbaues sowie des Abrisses von Gebäuden in Anspruch genommen werden, wenn diese Maßnahmen mit der geplanten städtebaulichen Entwicklung im Territorium übereinstimmen und in den Volkswirtschaftsplan aufgenommen sind und der Eigentümer des Grundstückes nicht in der Lage oder nicht bereit ist, diese notwendigen Maßnahmen durchführen zu lassen, und andere Maßnahmen zur Sicherung der Instandsetzung, der Modernisierung, des Um- und Ausbaues oder des Abrisses sich nicht als zweckmäßig erweisen. Auch an den aufgrund der Zweiten DB in Anspruch genommenen Grundstücken entsteht Volkseigentum. Entschädigung erfolgt auf der Grundlage des Gesetzes vom 25. 4. 1970.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 86–87


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.