DDR von A-Z, Band 1979

Bau- und Wohnungswesen (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1975 1985

 

I. Bauwirtschaft

 

 

Die Bauwirtschaft ist der Wirtschaftsbereich für Hoch- und Tiefbau sowie Bauinstandsetzungen, der grundsätzlich jene Betriebe umfaßt, die am Prozeß der Bau Vorbereitung und Baudurchführung teilhaben. Seit 1960 hat sich der Anteil der Bauwirtschaft am Nettoprodukt der DDR (Nationaleinkommen) von 7 v. H. (1960) auf 8 v. H. (1977) und ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung von 6 auf 7 v. H. erhöht.

 

Die bauwirtschaftliche Gesamtleistung, im Bauvolumen erfaßt, wird in der DDR zu 67 v. H. von der Bauindustrie, zu 11 v. H. vom Bauhandwerk, zu rund 8 v. H. von den Baueinrichtungen der Landwirtschaft (Zwischengenossenschaftliche Bauorganisationen der Landwirtschaft und Meliorationsgenossenschaften) sowie zu 14 v. H. von den übrigen Betrieben außerhalb der B. (z. B. landwirtschaftliche Baubrigaden [1977: 2 v. H.] sowie Betrieben anderer Wirtschaftsbereiche) erzeugt.

 

II. Entwicklung des Bauvolumens

 

 

Das Bauvolumen der DDR entwickelte sich ähnlich wie die Brutto-Anlageinvestitionen (Investitionen) und zeigt seit 1960 deutliche Wachstumsschwankungen. Eine schwache Entwicklung trat während der Wachstumskrise zu Anfang der 60er Jahre, im Jahre 1966 — damals ergaben sich Anpassungsschwierigkeiten an die Reformen (Neues Ökonomisches System) — sowie Anfang der 70er Jahre auf. Systemimmanente Schwächen der B. wurden sichtbar: Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Baumaterialien, die nicht bedarfsgerechte regionale Verteilung der Baukapazitäten, eine Zersplitterung der Bauleistungen der Betriebe auf zu viele gleichzeitig begonnene Baustellen sowie Probleme bei der Einführung neuer Technologien. Mit der Rezentralisierung sollten auch diese Probleme überwunden werden.

 

Auffällig ist, daß die Entwicklung der Investitionen und des Bauvolumens seit 1969 stärker voneinander abweicht als in der vorhergegangenen Periode. Den seitdem erheblichen Schwankungen in der Investitionstätigkeit stehen fast konstante Zunahmen der Bauleistungen gegenüber, die in den meisten Jahren 5–6 v. H. erreichten, gelegentlich sogar darüber lagen. Diese relative Stabilität erklärt sich einerseits aus der teilweisen Überwindung der erwähnten strukturellen Schwächen des Bausektors, andererseits aber auch aus dem zunehmenden sozialpolitischen Gewicht, das dem Wohnungsbau von der Parteiführung zugewiesen wurde.

 

Charakteristisch für die DDR ist der relativ hohe Anteil der Baureparaturen, die — nach der in der DDR üblichen Abgrenzung — zu einem Viertel bis zu einem Drittel auch die Generalreparaturen enthalten. Von der gesamten Bauproduktion sind seit 1960 22–28 v. H. auf Baureparaturen entfallen, von de[S. 137]nen wiederum ein Drittel die Instandhaltung der stark veralteten und lange Zeit vernachlässigten Wohngebäude des Altbaus betraf. Dabei haben seit einigen Jahren Versuche an Bedeutung gewonnen, mit industriellen Reparaturmethoden — bei zeitweiliger Umsiedlung der Mieter — ganze Straßenzüge rationell zu überholen und zu modernisieren.

 

 

Die sonstigen Bauleistungen — zu ihnen rechnen Abbruch- und Enttrümmerungsleistungen, Architektenleistungen für die reine Baudurchführung, Bodennutzungsgebühren, Aufwendungen für Erschließungsarbeiten u. ä. — haben in den letzten Jahren mit den Großvorhaben und der damit verbundenen Intensivierung der Vorarbeiten stark zugenommen.

 

III. Die Bauinvestitionen

 

 

Genauso wie bei den Brutto-Anlageinvestitionen (Investitionen) vereinigen in der DDR die „produktiven“ Bereiche auch den größten Teil der Bauinvestitionen; seit 1960 stieg deren Anteil von gut 58 auf 65 v. H. aller Bauinvestitionen. Allein die Industrie hat 1965 wie auch seit 1970 40 v. H. der gesamten Bauinvestitionen durchgeführt, 1960 waren es erst 30 v. H. Zweitgrößter Investor des „produzierenden Sektors“ ist die Land- und Forstwirtschaft mit einem Anteil von 16 bis 21 v. H. aller Neubauten. Darin zeigt sich der mit erheblicher Bautätigkeit verbundene Übergang zu „industriemäßigen Produktionsmethoden“. Auf die Bereiche Verkehr, Post- und Fernmeldewesen sowie auf den Handel entfielen seit 1965 je 5 v. H. aller Neubauten und auf die Bauwirtschaft selbst schließlich 2–3 v. H.

 

Bei den „nichtproduzierenden“ Zweigen konzentrierte sich die Neubautätigkeit vor allem auf den Wohnungsbau, dessen Anteil an den Bauinvestitionen von 1960 bis 1970 von 28 auf 18 v. H. zurückfiel, seitdem aber wieder 23 v. H. erreichte. Auf kulturelle und soziale Einrichtungen (Bildungswesen, Kunst, Gesundheits- und Sozialwesen sowie Sport und Touristik) entfielen 3–7 v. H. der Bauinvestitionen. Die übrigen nichtproduzierenden Bereiche (Staatliche Verwaltung, Bank- und Versicherungswesen) erhielten in der Regel nur 1–3 v. H. aller Bauinvestitionen. Auf beides zusammen entfällt gegenwärtig nur noch ein Anteil von 4 v. H. der Neubauten.

 

IV. Die Wohnungsbauleistungen

 

 

Die Wohnungsversorgung war, gemessen an der Zahl der Wohnungen, im Gebiet der heutigen DDR schon immer besser als in der Bundesrepublik Deutschland. Die Wohndichte betrug 1939 im Gebiet der heutigen DDR 3,35 Personen je Wohnung, in der Bundesrepublik dagegen 3,7 Personen (vgl. Klaus Dieter Arndt: Wohnverhältnisse und Wohnungsbedarf in der sowjetischen Besatzungszone, Sonderheft des DIW, Nr. 50, Berlin 1960, S. 36). Hinzu kamen geringere Kriegszerstörungen in der DDR und eine stagnierende Bevölkerung, während in der Bundesrepublik durch starke Zuwanderungen eine beträchtliche Bevölkerungszunahme auftrat. So betrug die Wohndichte (Zahl der Personen je Wohnung) in der DDR 1950 und 1961 3,6 und 3,1 Personen gegenüber 4,9 bzw. 3,4 Personen in der Bundesrepublik. Inzwischen hat die Bundesrepublik die DDR eingeholt; in beiden Gebieten beträgt die Wohndichte gegenwärtig 2,5 Personen.

 

Aus dieser geringeren Dringlichkeit zum Wohnungsneubau erklärt sich auch der vergleichsweise niedrigere Anteil des Wohnungsbauvolumens der DDR am gesamten Bauvolumen: In den 50er Jahren waren es bei insgesamt nur geringem Bauvolumen [S. 138]35–40 v. H. (Bundesrepublik Deutschland: über 50 v. H.), heute sind es 24 v. H. (Bundesrepublik: 41 v. H.). Je Einwohner gerechnet wurden 1950 weniger als ein Viertel, gegenwärtig werden bereits zwei Drittel der westdeutschen Pro-Kopf-Produktion an Wohnbauten erstellt. Obwohl bei dieser Berechnung das Wohnungsbauvolumen zu jeweiliger Preisbasis beider deutscher Staaten von 1967 zugrunde gelegt worden ist, dürften die Ergebnisse den realen Niveauunterschied widerspiegeln, da 1967 die Baukosten im Wohnungsbau in beiden Gebieten einander etwa entsprochen haben.

 

Im Zeitraum 1971 bis Ende 1978 wurden 1089.800 Wohnungen geschaffen, davon 721.400 Neubauwohnungen (einschließlich 65.400 Eigenheime). 102.300 Wohnungseinheiten sind durch Um- bzw. Ausbau von Dachgeschossen und Läden gewonnen worden, 266.100 entfallen auf die Modernisierung von Altbauten und stellen somit keine Erhöhung des Bestandes dar. In der Bundesrepublik Deutschland betrug die Vergleichszahl für reine Neubauten in der gleichen Zeit 3,8 Mill. Wohnungen.

 

Die Ausstattung der neugebauten Wohnungen hat sich deutlich verbessert: So sind alle 1977 gebauten Wohnungen mit Bad bzw. Dusche und Warmwasser (1960: 17 v. H.) versehen worden sowie mit Einbauküchen (1960: 26 v. H.) eingerichtet, 91 v. H. weisen Zentralheizung (1960: 9 v. H.) und zwei Drittel (1960: 37 v. H.) Balkon bzw. Loggia auf.

 

Die durchschnittliche Wohnungsgröße der neugebauten Wohnungen betrug Anfang der 60er Jahre 55 bzw. 56 qm, sie verringerte sich bis 1967 auf 51 qm; gegenwärtig erreicht sie 60 qm. In der Bundesrepublik Deutschland hat die Durchschnittsgröße seit 1962 von 77 auf 97 qm zugenommen.

 

V. Der Wohnungsbestand

 

 

Am 1. 1. 1971 gab es gemäß den Ergebnissen der Wohnraum- und Gebäudezählung ca. 6 Mill. Wohnungen in der DDR. Der Bestand hat sich somit gegenüber März 1961 um 550.000 Wohnungen erhöht. Bei Berücksichtigung des Nettozugangs der Jahre 1971 bis Mitte 1978 läßt sich der Wohnungsbestand zum 30. 6. 1978 auf 6,7 Mill. Wohnungen beziffern. Damit standen bei einer Wohnbevölkerung von 17 Mill. Personen 398 Wohnungen je 1000 Einwohner zur Verfügung, 1961 waren es 327 Wohnungen. In der Bundesrepublik verfügten bei einem Gesamtbestand von 24,5 Mill. Wohnungen durchschnittlich 1000 Einwohner über 400 Wohnungen. Bei diesen Feststellungen ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Wohnungen in der Bundesrepublik Deutschland im Durchschnitt um 36 v. H. größer sind als in der DDR (79 gegenüber 58 qm). Somit ist der an der Wohnfläche bemessene Versorgungsgrad in der Bundesrepublik günstiger: Je Einwohner gibt es durchschnittlich 31 qm Wohnfläche gegenüber nur 23 qm (1961: 17 qm) in der DDR. Die Wohnungen mit einem oder zwei Wohnräumen machen in der DDR 46 v. H. des Gesamtbestandes aus, in der Bundesrepublik gehören nur 35 v. H. aller Wohnungen in diese Kategorie. Während in der DDR die Zweiraumwohnung mit einem Anteil von 37 v. H. aller Wohnungen die häufigste Wohnungsgröße darstellt, dominiert in der Bundesrepublik die [S. 139]Dreizimmerwohnung (31 v. H.). Wohnungen mit 4 und mehr Wohnräumen sind in der DDR mit einem Anteil von 19 v. H. des Bestandes vertreten gegenüber 34 v. H. in der Bundesrepublik. Die Wohnräume erreichen in der DDR nur eine Durchschnittsgröße von 15 qm, in der Bundesrepublik hingegen mehr als 20 qm.

 

 

 

Wegen der im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland erheblich niedrigeren Wohnungsbauleistung besteht in der DDR eine weitaus ungünstigere Altersstruktur der Wohnungen: Mitte 1978 entfielen nur 30 v. H. des Gesamtbestandes auf nach 1945 gebaute Wohnungen — in der Bundesrepublik dagegen über 60 v. H. Die Hälfte aller Wohnungen der DDR sind vor 1919 errichtet worden und damit über 60 Jahre alt, 20 v. H. sind in den Jahren von 1919 bis 1945 gebaute Wohnungen.

 

Die Instandhaltung und Modernisierung der Wohngebäude ist in der DDR jahrzehntelang vernachlässigt worden. Eine planmäßige Sanierung von Altbeständen wird erst seit Anfang der 70er Jahre vorgenommen. Deshalb zeigt die Ausstattung der Wohnungen gegenwärtig noch immer erhebliche Mängel: Lediglich 20 v. H. aller Wohnungen (1971: 11 v. H.) haben Zentralheizung, nur 49 v. H. sind mit Bad bzw. Dusche ausgerüstet (1971: 39 v. H.). Die Hälfte des Bestandes verfügt über Innentoilette (1971: 42 v. H.), 88 v. H. (1971: 82 v. H.) haben Wasseranschluß in der Wohnung. Dies stellt ein Ausstattungsniveau dar. das in der Bundesrepublik Deutschland bei Bad/Dusche bereits Anfang der 60er Jahre und bei Innentoiletten schon in den 50er Jahren erreicht worden ist. 1968 waren in der Bundesrepublik 79 v. H. aller Wohnungen mit WC, 68 v. H. mit Bad und 32 v. H. mit Sammelheizung ausgerüstet — im Jahr 1978 verfügten etwa 90 v. H. aller Wohnungen über Bad und WC sowie 60 v. H. über eine Sammelheizung.

 

Besonders zurückgeblieben ist in der DDR der Altbestand. Beiden bis 1918 gebauten Wohnungen gibt es derzeit nur in jeder zwanzigsten Zentralheizung, in jeder vierten eine Innentoilette und ein Bad. In den Bezirken Karl-Marx-Stadt, Leipzig und Dresden ist der Altbestand besonders hoch.

 

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VI. Wohnungswesen

 

 

Bei den staatlichen Organen (Räte der Kreise, der Bezirke und Gemeinden) bestehen Wohnungskommissionen, die über die Wohnraumverwendung entscheiden.

 

In der Regel müssen Wohnungssuchende — insbesondere für Neubauwohnungen — lange Wartezeiten hinnehmen. Mit Vorrang werden Personen behandelt, die besondere Leistungen für den Aufbau der DDR geleistet haben, oder aber auch Familien von Arbeitern neuer, erweiterter bzw. besonders wichtiger Industriebetriebe. Deshalb nehmen die Betriebsgewerkschaftsleitungen (BGL) Einfluß auf die Verteilung fertiggestellter Wohnungen, aber auch auf die Verteilung des Altwohnraums.

 

Seit März 1958 bestehen in den meisten Städten „Volkseigene kommunale Wohnungsverwaltungen“, deren Aufgabe es ist, neben den vormals schon staatlichen Wohnbauten auch die in den Nachkriegsjahren aufgrund der sowjetischen Befehle enteigneten Grundstücke (Eigentum; Enteignung) zu verwalten, ebenso Grundstücke ausländischer oder Eigentümer aus der Bundesrepublik Deutschland, ferner Grundbesitz von Personen, die nach dem 17. 6. 1953 die DDR „illegal“ verlassen haben. Erträge aus Grundstücken bzw. Wohnungen, deren Eigentümer bereits vor 1945 im Ausland oder im Gebiet der heutigen Bundesrepublik lebten, werden nach Abzug der Instandhaltungs- und Verwaltungskosten einem Sperrkonto bei der Staatsbank der DDR überwiesen. Grundstücke bzw. Wohnungen von nach dem 17. 6. 1953 nach der Bundesrepublik Deutschland abgewanderten Eigentümern wurden von den „Kommunalen Wohnungsverwaltungen“ in Treuhänderschaft übernommen. Die Eigentümer haben kein Recht auf die Erteilung von Auskünften oder auf Zahlung von Erträgen aus der Vermietung. Die „Volkseigenen kommunalen Wohnungsverwaltungen“ sind auch die Träger des „Volkseigenen Wohnungsbaus“. Daneben gibt es die seit 1953 existierenden Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG), die den sog. Arbeiterwohnungsbau (1961: 59 v. H., 1967: 25 v. H., 1976/77: 36 v. H. der errichteten Neubauwohnungen) durchführen und die entstandenen Wohnungen verwalten.

 

Seit Ende 1963 sind die „Volkseigenen kommunalen Wohnungsverwaltungen“ auch zuständig für die Organisierung der Reparaturarbeiten an in privatem Besitz befindlichen Wohnungen. Über die Mietermitverwaltung wird angestrebt, die Mieter zu teilweise kostenlosen Reparaturarbeiten an den von ihnen bewohnten Wohnhäusern zu veranlassen.

 

Anders als im Westen konnte in der DDR das — nur durch hohe staatliche Subventionen aufrechterhaltene — äußerst niedrige Mietenniveau weder die Kommunalen Wohnungsverwaltungen und die Wohnungsgenossenschaften noch den privaten Hausbesitz, dem heute immer noch 60 v. H. aller Wohngebäude gehören, zu nachhaltigen Modernisierungsmaßnahmen veranlassen. Dies erklärt den weitgehend baufälligen Zustand eines großen Teils der Miethäuser. Erst als der Staat mit Beginn der 70er Jahre die (aus Staatshaushaltsmitteln und Krediten finanzierte) Modernisierung der Altsubstanz in die Pläne aufnahm, trat hier eine Besserung ein.

 

Die Altbaumieten befinden sich noch immer auf dem Stand von 1938. Wie niedrig das Mietenniveau für Neubauten ist, wird an der Anfang 1972 für einen bestimmten Personenkreis durchgeführten Mietpreissenkung der seit 1967 fertiggestellten Wohnungen deutlich: So zahlen gegenwärtig Arbeiter- und Angestelltenfamilien mit einem Monatseinkommen bis 2.000 Mark in Berlin (Ost) 1,– bis 1,25 Mark und in den Bezirken der DDR 0,80 bis 0,90 Mark je qm Wohnfläche, Personen mit höherem Einkommen bis zu einem Drittel mehr.

 

VII. Die Wohnungsbauprogramme bis 1990

 

 

Das Wohnungsbauprogramm des gegenwärtigen Fünfjahrplans sieht für die Jahre 1976–1980 vor, 750.000 Wohnungen zu bauen, davon 550.000 Neubauwohnungen (einschl. Eigenheime). Dieses Programm ist inzwischen durch Selbstverpflichtung des FDGB um 100.000 zu modernisierende Wohnungen erweitert worden. Der vorgesehene Neubau konzentriert sich besonders auf die Bezirke (Erfurt, Dresden, Magdeburg, Leipzig, Suhl) mit hohen Altbeständen, um Anfang der 80er Jahre den Abriß nicht erneuerungswürdiger Wohngebäude zu ermöglichen. Mit der Modernisierung sollen die dafür geeigneten Altbestände den heutigen Ausstattungsanforderungen angepaßt werden. Darüber hinaus spielt als Ziel des Wohnungsbauprogramms auch die Schaffung von Wohnraum für Arbeitskräfte in neueren Industriegebieten eine Rolle — beispielsweise in den Bezirken Frankfurt, Cottbus und Rostock.

 

Rund je ein Zehntel aller Neubauwohnungen ist geplant für die Bezirke Halle, Karl-Marx-Stadt, Dresden und Berlin (Ost). Hier entfallen allein 20.000 Wohnungen auf den neuen Stadtteil Berlin-Marzahn, der nach seiner Fertigstellung 1985 35.000 Wohnungen umfassen soll. Daneben sind hohe Planziele auch für die Bezirke Leipzig und Magdeburg (je 40.000 Neubauwohnungen) vorgesehen; auch hier werden neue Wohngebiete — Leipzig-Grünau mit 20.000 und Magdeburg-Nord mit 10.500 Wohnungen — erschlossen. Nur weniger als 5 v. H. der Neubauwohnungen sind wegen des hohen Mehraufwands in Hochhäusern geplant, vor allem in Berlin (Ost) und in einigen Bezirkshauptstädten. Deshalb konzentriert sich der Wohnungsbau hauptsächlich auf fünf- und sechsgeschossige, gelegentlich auch auf zehn- und elfgeschossige Gebäude.

 

Unter Berücksichtigung der erreichten Neubauleistung von knapp 259.000 Wohnungen der Jahre [S. 142]1976 bis Mitte 1978 verbliebe für die zweite Hälfte der gegenwärtigen Fünfjahrplanperiode noch ein Planziel von 292.000 Wohnungen. Dieses Ziel erfordert in den meisten Bezirken der DDR erhebliche Anstrengungen. Bei der Modernisierung hingegen (einschl. Um- und Ausbau) dürfte das verbleibende Plansoll leichter zu erreichen sein.

 

 

Seit 1971 wird der Bau von Eigenheimen für Familien von Arbeitern und Genossenschaftsbauern, für kinderreiche Familien sowie für junge Ehepaare — bei Übernahme größerer Eigenleistungen — insbesondere in kleinen und mittleren Städten und Dörfern gefördert. Insgesamt sollen im gegenwärtigen Planjahrfünft 55.000 Eigenheime gebaut werden. Hemmend scheinen sich beim Eigenheimbau bisher allerdings noch Schwierigkeiten bei der Materialbereitstellung auszuwirken.

 

Für das Wohnungsbauprogramm sind im gegenwärtigen Planjahrfünft einschließlich Folgeeinrichtungen (z. B. Kindergärten und Kaufhallen) 55 Mrd. Mark vorgesehen. Zieht man davon den geplanten Reparaturaufwand (einschl. Modernisierung) von 14 Mrd. Mark ab, so handelt es sich um ein Investitionsvolumen von 40 Mrd. Mark — das entspricht einem Anteil von fast 17 v. H. aller bis 1980 geplanten Investitionen. Etwa zur Hälfte wird der Gesamtaufwand aus dem Staatshaushalt finanziert, davon jährlich etwa 3 Mrd. Mark für die aus Mieten nicht zu deckenden Reparaturleistungen (Mietpreissubventionen).

 

Da auch bei Erfüllung des Wohnungsbauprogramms des Fünfjahrplanes sowohl wegen der starken Überalterung als auch wegen der recht erheblichen Ausstattungsmängel der Wohnungen die Wohnbedingungen noch weit hinter den Erfordernissen zurückbleiben werden, hat die Wirtschaftsführung der DDR ein weiteres, recht umfassendes Wohnungsbauprogramm bis 1990 konzipiert. Danach ist für den Zeitraum von 1981 bis 1990 der Bau bzw. die Modernisierung von 2,0 bis 2,2 Mill. Wohnungen [S. 143]vorgesehen. Der Wohnungsbau bleibt damit auch weiterhin Schwerpunkt der Investitionstätigkeit. Der Gesamtaufwand soll 140–145 Mrd. Mark betragen. Angesichts der gestiegenen Rohstoffkosten erscheint es jedoch fraglich, ob diese Größenordnung eingehalten werden kann.

 

Manfred Melzer


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 136–143


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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