DDR von A-Z, Band 1979

Datenverarbeitung, Elektronische (EDV) (1979)

 

 

Siehe auch:

  • Datenverarbeitung: 1966 1969
  • Datenverarbeitung, Elektronische (EDV): 1975 1985

 

[S. 243]

 

 

1. Entwicklung

 

 

Die Entwicklung der EDV in der DDR vollzog sich relativ schleppend. Sie war gekennzeichnet durch Hemmnisse und Rückschläge einerseits und durch verschiedene staatliche Förderungsmaßnahmen andererseits.

 

Für die DDR lassen sich mit Blick auf die EDV-Entwicklung 3 Phasen unterscheiden:

  • eine Begründungs- und Anlaufphase in den Jahren von 1950 bis 1962, in der die Entwicklung der Initiative einzelnen Institutionen überlassen war,
  • eine Aufbauphase in den Jahren 1963–1969, in der Entwicklung und Produktion von Rechnern durch verschiedene staatliche Förderungsmaßnahmen gekennzeichnet waren und in die der Aufbau einer eigenen Datenverarbeitungsindustrie fiel, und
  • eine Qualifizierungsphase ab etwa 1969/70, die seither im Zeichen einer sozialistischen Arbeitsteilung innerhalb des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) steht.

 

Bereits im Jahr 1950 setzten an der TH Dresden die ersten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der EDV ein. Der erste Rechner wurde jedoch erst 1955 vorgestellt. Es handelte sich um den vom VEB Carl Zeiss Jena konstruierten Digitalrechner mit der Bezeichnung „Oprema“ (Optische Rechenmaschine), der als Zwillingsrechner konzipiert war. Er diente ausschließlich der Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der Technik.

 

Ausgehend von den Arbeiten an der TH Dresden wurde der programmgesteuerte Rechner „D 1“ 1956 fertiggestellt, der ebenso wie sein ab 1957 verfügbarer Nachfolger „D 2“ eine Gemeinschaftsproduktion des VEB Funkwerk Dresden und der TH Dresden war.

 

Im Jahr 1958 begann dann die Produktion des programmgesteuerten Rechenautomaten „ZRA 1“ (Zeiss Rechenautomat) im VEB Carl Zeiss Jena (Arbeitsgeschwindigkeit: 400–600 Einzeloperationen/Sekunde). Neben den bereits genannten Institutionen waren zu dieser Zeit auf dem Gebiet der Rechentechnik der im Jahr 1957 gegründete VEB Elektronische Rechenmaschinen (ELREMA) Karl-Marx-Stadt als sog. wissenschaftlicher Industriebetrieb, der im gleichen Jahr gegründete und der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik unterstellte VEB Maschinelles Rechnen sowie das 1960 gegründete Zentralinstitut für Automatisierung (ZIA) tätig. Vom Institut für Rechentechnik an der TH Dresden und dem VEB ELREMA wurde im Jahr 1959 das elektronische Multipliziergerät „Robotron 12“ vorgestellt. Ein Jahr später erschienen dann der programmgesteuerte Rechner für Lochkartentechnik „PRL“ (VEB ELREMA) und der elektronische Lochkartenrechner „ASM 18“ (VEB ELREMA). 1962 folgte schließlich der elektronische Analogrechner „endim 2.000“ (VEB Rechenelektronik Glashütte).

 

Wirtschaft und Verwaltung standen zu dieser Zeit hauptsächlich halbautomatische Büromaschinen als technische Hilfsmittel zur Verfügung. Zum Teil wurden bereits Lochkartenrechner eingesetzt, deren Produktion 1960 im größeren Umfang anlief. Trotz der Neuproduktion des programmgesteuerten elektronischen Kleinrechners „SER 2“ (VEB Meiningen-Zella/Mehlis), der 1961 auf der Leipziger Messe vorgestellt wurde, blieb die Gesamtsituation hinsichtlich der Produktion und des Einsatzes von Lochkartenrechnern und elektronischen Rechenanlagen hinter den Erwartungen zurück. Es gab weder eine der Bedeutung der Rechentechnik gerecht werdende Konzeption der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit sowie der Produktion noch ausreichend Pläne für den Einsatz der vorhandenen Rechnerkapazitäten in Betrieben bzw. Rechenstationen. In dem Maße, in dem in den Jahren 1961–1962 die Kybernetik zunehmende Beachtung durch Partei- und Wirtschaftsführung fand, wurde auch der Rechentechnik eine intensivere staatliche Förderung zuteil. Unter dem Eindruck der unbefriedigenden Situation beschloß der Ministerrat der DDR zunächst im Juni 1963 ein „Programm zur Entwicklung der elektronischen Bauelemente und Geräte“, um eine dauerhafte Überwindung der auf dem Gebiet der Elektronik offenbar gewordenen Schwierigkeiten einzuleiten. Eine parallel hierzu einberufene Regierungskommission legte als Ergebnis ihrer Untersuchungen ein vom Ministerrat im Juli 1964 beschlossenes „Programm zur Entwicklung, Einführung und Durchsetzung der maschinellen Datenverarbeitung in der DDR in den Jahren 1964 bis 1970“ vor. In Ergänzung hierzu wurde weiterhin eine „Grundkonzeption zur Entwicklung der elektronischen Industrie im Zeitraum des Perspektivplanes bis 1970“ festgelegt.

 

Erste Folge dieses Maßnahmenkomplexes war die Gründung der VVB Datenverarbeitung und Büromaschinen, in der 12 spezialisierte Fachbetriebe zusammengeschlossen wurden. Diese VVB ist dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik un[S. 244]terstellt worden und sollte als wissenschaftlich-technisches, ökonomisches und organisatorisches Führungszentrum der DDR für die Entwicklung der Datenverarbeitungstechnik tätig werden. Zur Unterstützung der VVB erfolgte die Gründung eines Instituts für Datenverarbeitung in Dresden (vormals ZIA). Seine Aufgabe war es vor allem, die Durchführung der mit den Ministerratsbeschlüssen festgelegten umfangreichen Maßnahmen zu überwachen. Während dieser Phase der Neuorganisation der EDV-Industrie wurde ein weiterer Rechner, der programmgesteuerte Lochkartenrechner „Robotron 100“ des VEB Carl Zeiss Jena entwickelt und ab 1965 in Serie produziert (VEB Büromaschinen Sömmerda). Der VEB Meiningen-Zella/Mehlis stellte 1964 den programmgesteuerten Kleinrechner „Cellatron D 4a“ (auch als C 8.201 bekannt), 1965 die Kleinrechner „SER 2b“ und „SER 2bL“ (mit Lochbandausgabe) sowie schließlich 1966 den Kleinrechner „Cellatron SER 2c“ vor.

 

Weitere Entwicklungsarbeiten des VEB ELREMA und der Radeberger Rafena-Werke (später in VEB Kombinat Robotron umbenannt) führten in den Jahren 1966–1967 zu der Fertigstellung des volltransistorisierten Rechners der 2. Generation „Robotron 300“ als Kernstück der maschinellen Datenverarbeitungstechnik in der DDR. Hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit entspricht der „R 300“ in etwa der in den USA entwickelten „IBM 1400“. Trotz dieser Weiterentwicklungen kam in der Wirtschaftspraxis vornehmlich noch immer nur mechanisierte, z. T. bereits partielle DV zum Einsatz. Um dieses Mißverhältnis zu ändern, wurden entsprechend den Beschlüssen des VII. Parteitages der SED 1967 zunehmend in Betrieben und Kombinaten volkswirtschaftlich wichtiger Industriezweige Rechner des Typs „Robotron 300“ eingesetzt. Anfang 1968 waren 18 Rechenanlagen fertiggestellt und ausgeliefert.

 

Im Jahr 1969 beschlossen die Regierungen der RGW-Länder ein Abkommen über die arbeitsteilige Entwicklung, Produktion und Anwendung der EDV-Technik. Ziel war es, ein „einheitliches System elektronischer Rechentechnik (ESER)“ zu entwickeln, welches ein weitestgehend vereinheitlichtes System leistungsmäßig abgestufter, programmkompatibler elektronischer Rechner, dazugehöriger peripherer Geräte und Anwenderprogramme für die verschiedensten Einsatzgebiete vorsah. Zur gleichen Zeit wurde die Struktur der EDV-Industrie umorganisiert: die bisher in der VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen zusammengefaßten Betriebe sind dem VEB Kombinat Robotron Dresden (EDVA, EDV-Peripherie) und dem VEB Kombinat Zentronik Erfurt (Büromaschinen, Kleinrechner, EDV-Peripherie) zugeordnet worden.

 

Anläßlich der Leipziger Frühjahrsmesse 1969 wurde als erstes Ergebnis der Gemeinschaftsarbeiten zwischen der UdSSR und der DDR eine Datenfernübertragung Leipzig-Moskau-Leipzig demonstriert. EDV-technische Basis dieser Datenübertragung waren Geräte aus der DDR-Produktion. Ein Jahr später konnte die Computerindustrie der DDR in Leipzig mit einer Neuerscheinung auf dem Gebiet der Prozeßrechentechnik, dem „PR 2.100“ des VEB Kombinat Robotron, aufwarten.

 

Aufgrund mehrjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im VEB Kombinat Robotron war die DDR im Jahr 1972 schließlich in der Lage, auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1972 eigene Rechnersysteme der 3. Generation vorzustellen. Es handelte sich um die elektronische Datenverarbeitungsanlage (EDVA) „Robotron 21“ (Nachfolger des „R 300“, ESER-kompatibel, nur kurze Produktionsdauer) und die Prozeßrechnerfamilie „Robotron 4.000“ (mit den Gerätegruppen Rechner „Robotron 4.000“, Rechner „Robotron 4.200“, Geräten der Datenverarbeitungsperipherie vom System „daro 100“ und aus dem ESER sowie der Prozeßein- und -ausgabeeinrichtung „PEA 4.000“ und Bedienungseinheiten).

 

Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1973 stellte die Datenverarbeitungsindustrie der DDR ihren ESER-Beitrag, die EDVA „EC 1040“ einschließlich Peripherie vor. Dieser Rechner, der gegenwärtig Kernstück der EDV-Produktion der DDR ist, wurde danach, ebenso wie die übrigen Rechner der ESER-Familie, auf der „ESER 73“ in Moskau gezeigt. Bei der ESER-Familie handelt es sich um eine Typenreihe von 6 Zentraleinheiten mit unterschiedlichen Leistungsparametern (Reihe 1 des ESER) einschließlich Peripheriegeräten und einheitlichen Betriebssystemen.

 

Mitte der 70er Jahre galt im RGW die Reihe des ESER als in der Entwicklung abgeschlossen. Nachdem einige Modelle der Reihe 1 noch technisch verbessert worden waren, wandte man sich einer weiteren Vervollkommnung des ESER und der Vorbereitung der Produktion von 6 neuen Rechnermodellen der Reihe 2 zu. Verbunden mit den sich hieraus für die DDR ergebenden Aufgaben und nicht zuletzt aufgrund der Forderungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts wurden zunächst auf dem IX. Parteitag der SED im Mai 1976, auf der 4. Tagung des ZK der SED im Dezember 1976 und besonders auf der 6. ZK-Tagung im Juni 1977 neue Entwicklungsschwerpunkte für das Gebiet der Elektronik und Elektrotechnik gesetzt. Die „Intensivierung der gesellschaftlichen Produktion“ wurde zum entscheidenden Kettenglied der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung bis 1980 erklärt. Als Hauptfaktor der Intensivierung gilt der technische Fortschritt, bei dessen Durchsetzung dem Einsatz der EDV und der Mikroelektronik ein wesentlicher Anteil zugewiesen worden ist.

 

[S. 245]Inzwischen stand auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1978 im Mittelpunkt des Angebots der DDR auf dem EDV-Gebiet das neuentwickelte elektronische DV-System „EC 1055“ als Bestandteil des ESER. Es handelte sich um eines der ersten Modelle der Baureihe 2. Daneben wurden u. a. eine neue Konfiguration des Kleinrechnersystems „KRS robotron 4.201“, das bereits 1975 erstmals gezeigt werden konnte und darüber hinaus folgende Erzeugnisse der Mikroelektronik vorgestellt: der Mikrorechner „Robotron ZE 1“ als Solobaugruppe, die programmierbaren Kleinstrechner „Robotron K 1001“, „K 1002“ und „K 1003“ und das Mikrorechnersystem „Robotron K 1510“ (die im wesentlichen bereits auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1977 gemeinsam mit dem ersten in der DDR gebauten Mikroprozessor „U 808 D“ vorgestellt wurden).

 

 

 

2. Struktur der EDV-Industrie seit 1978

 

 

Den Beschlüssen der Partei- und Wirtschaftsführung folgend, sind zur Erzielung einer höheren Effektivität die Organisationsstruktur im Bereich des Ministeriums für Elektrotechnik/Elektronik verändert und im Zuge der hiermit verbundenen Maßnahmen neue Kombinate gebildet und dem Ministerium direkt unterstellt worden.

 

Nach der vollzogenen Umorganisation wird die EDV-Industrie der DDR vollständig vom VEB Kombinat Robotron repräsentiert. Die Erzeugnisbezeichnung „daro“ wurde durch „robotron“ ersetzt. Die früher dem VEB Kombinat Zentronik unterstellten Betriebe wurden nach Auflösung dieses Kombinats ebenfalls Bestandteil von Robotron (Organisationswissenschaft).

 

Dem neuen Kombinat Robotron gehören nunmehr die folgenden Betriebe an:

  • VEB Robotron-Zentrum für Forschung und Technik;
  • die Produktionsbetriebe VEB Robotron-Elektronik Radeberg, Dresden, Riesa, Hoyerswerda, Zella-Mehlis, der VEB Robotron-Anlagenbau Leipzig und der VEB Robotron-Rationalisierung Weimar, die Produktionsbetriebe VEB Robotron Büromaschinenwerk Erfurt, das Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt, die Secura-Werke Berlin (Ost), das Schreibmaschinenwerk Dresden, das Meß- und Zeichengerätewerk Bad Liebenwerda sowie VEB Robotron Büromaschinenwerk Sömmerda. Seit Anfang 1979 gehören der VEB Meßelektronik „Otto Schön“ Dresden und der VEB Elektroschaltgerätewerk Auerbach ebenfalls zu Robotron;
  • VEB Robotron-Vertrieb Berlin (Ost), Dresden, Leipzig und Erfurt.

 

Darüber hinaus tritt Robotron auch an Stelle der aufgelösten bme (Büromaschinen-Export GmbH, Berlin-Ost) seit Anfang 1978 als volkseigener Außenhandelsbetrieb auf.

 

 

3. Die Produktion von EDV-Hardware

 

 

Das Produktions- und Lieferprogramm der VEB Kombinat Robotron umfaßt folgende Erzeugnisse:

  • Elektronische Datenverarbeitungsanlagen:

 

EDVA EC 1055 (ESER-Reihe 2, 450.000 Operationen/Sekunde. Mikroprogrammspeicher, Hauptspeicher in MOS-Technik) und EDVA EC 1040 (ESER-Reihe 1, 380.000 Operationen/Sekunde);

  • Prozeß- und Kleinrechnertechnik: Kleinrechnersystem „KRS Robotron 4.201“, Prozeßrechnersystem „PRS Robotron 4.000“, Hybridrechnersysteme HRA 4.241/1, HRA 7.000 und HRA 7.201 (in Kooperation mit der ČSSR), Kleinsteuerrechner KSR 4.100. Kleindatenverarbeitungsanlage „robotron 1840“ (mikroprogrammgesteuert);
  • Mikrorechentechnik: Mikrorechner „Robotron ZE 1“. Mikrorechnersystem „Robotron K 1510“, programmierbare Kleinstrechner „Robotron K 1001“, „K 1002“, „K 1003“, programmierbares Bildschirmterminal „PBT 4.000“ (mit Mikrorechner);
  • Buchungs- und Abrechnungstechnik: Buchungs- und Fakturierautomaten „robotron 1720“ (mikroprogrammgesteuert), Magnetkontencomputer „robotron 1750“, Kleinfakturierautomaten „robotron 1710“ und „robotron 1711“ sowie weitere Geräte;
  • Datenerfassungstechnik: Datenerfassungsgeräte, Klarschriftdrucker, Kartenlocher und -prüfer;
  • Peripheriegeräte: Wechselplattenspeicher EC 5.052, Plattenstapel EC 5.053, Magnetbandspeicher EC 5.016 und EC 5.017–02 (Hersteller: VEB Carl Zeiss Jena, Vertrieb durch Robotron). Magnetbandsteuergerät EC 5.521 (Hersteller: VEB Carl Zeiss Jena), Großraumspeichersteuergeräte EC 5.552 und EC 5.555, Mikrofilmausgabegerät EC 7.602, Multiplexsteuergerät EC 8.404 für Datenfernverarbeitung (Off-Line- und On-Line-Betrieb). weitere „robotron“-Geräte wie Seriendrucker, Streifendrucker, Lochkartenleser u. a.;
  • Schreib- und Rechentechnik: Textverarbeitungsautomat „robotron 1416“. Klarschriftdrucker [S. 246]„robotron 242“ und weitere „robotron“-Geräte;
  • Organisationsmittel für die Rationalisierung der Planung, Kontrolle. Disposition und Bilanzierung von Verwaltungs- und Produktionsprozessen.

 

 

4. Die Produktion von EDV-Software

 

 

Für die ESER-Rechner wurden folgende Systemunterlagen entwickelt:

  • maschinenorientierte Systemunterlagen: das Plattenbetriebssystem DOS/ES und das Betriebssystem OS/ES,
  • problemorientierte Systemunterlagen: sachgebietsorientierte Programmsysteme (SOPS), verfahrensorientierte Programmpakete (VOPP) sowie verfahrensorientierte Programmiersysteme (VOPS) für OS/ES. Die SOPS wurden insbesondere für ökonomische bzw. technisch-ökonomische Aufgabenstellungen entwickelt. Sie werden auch als Typenelemente für automatisierte Leitungssysteme (ALS) eingesetzt. Speziell für die EDVA EC 1055 steht außerdem ein weiterentwickeltes Betriebssystem OS/ES, Ausgabe 06, zur Verfügung. Ferner wurde für die Klein- und Prozeßrechner paßgerechte Software entwickelt.

 

Darüber hinaus bietet Robotron das gemeinsam mit der TU Dresden entwickelte Sprachdialogsystem „ROSY 4.000“ an. Dieses stellt einen zeichengesteuerten Sprachsynthetisator dar, der eine diskrete Folge von Lautzeichen als Eingangsinformation in eine akustisch verständliche Sprache umwandelt. Die Umwandlung der Lautzeichen in Steuersignale ist dabei in der Software realisiert, während die Syntheseausführung hardwaremäßig im Terminal-Analog-Synthetisator erfolgt. Als Steuerrechner wird der „Robotron 4.000“ eingesetzt.

 

 

5. Mikroelektronik/Mikroprozessortechnik

 

 

Seit Anfang 1978 ist für den Bereich des Halbleiterbaus und der Mikroelektronik der neugegründete VEB Kombinat Mikroelektronik mit 3 Leitbetrieben, dem VEB Funkwerk Erfurt, dem VEB Halbleiterwerk Frankfurt/Oder und dem VEB Uhrenwerk Ruhla zuständig. Vom VEB Funkwerk Erfurt werden u. a. zur Realisierung von Mikroprozessorsystemen und Mikrorechnern hochintegrierte Halbleiterchips produziert: der Schaltkreis „U 808 D“ stellt eine integrierte zentrale Verarbeitungseinheit (ZVE) für Mikrorechner (in p-Kanal-MOS-Technologie) dar. Daneben wird u. a. der statische Festwertspeicher „U 551 D“ (elektrisch programmierbarer Speicher) angeboten. Mikroprozessoren sind Bestandteil der neuesten rechentechnischen Robotron-Erzeugnisse, insbesondere der Mikrorechnertechnik. Darüber hinaus ist geplant, in einem RGW-einheitlichen „System der Kleinrechner“ (Reihe 2) Mikroprozessoren als Baugruppen zu berücksichtigen.

 

 

6. Organisationsformen beim Einsatz von EDVA

 

 

Unter Fortsetzung des bereits seit einigen Jahren festzustellenden Trends einer Zentralisierung der EDV-Kapazitäten in Rechenzentren sehen die Planungen bis 1980 und darüber hinaus folgende Organisationsformen der Nutzung von EDVA vor, von denen einige bereits realisiert worden sind:

  • Gemeinschaftsrechenzentren für mehrere Betriebe oder Kombinate in den Fällen, in denen territoriale oder zweigliche Rationalisierungsmöglichkeiten diese Organisationsform zweckmäßig erscheinen lassen (Datenverarbeitungszentren mit kollektiver Nutzungsmöglichkeit von EDVA);
  • bereichsbezogene Rechenzentren und Rechenbetriebe mit z. T. schon realisierten Formen kollektiver Nutzung auf der Basis von Teilhabersystemen;
  • Dienstleistungsrechenzentren (VVB Maschinelles Rechnen mit ihren Datenverarbeitungszentren — VEB DVZ) in allen Bezirkshauptstädten der DDR, die bereits in Einzelfällen auf der Basis von Teilhabersystemen kollektiv genutzt werden;
  • Rechenzentren mit Datenfernverarbeitungstechnik für die Abwicklung von Projekten im Teilnehmerbetrieb und ersten Ansätzen des Einsatzes von Mehrrechnersystemen (Beispiel: VEB Kombinat Robotron. Akademie der Wissenschaften der DDR);
  • individuell genutzte Rechenzentren in größeren Betrieben, Kombinaten, VVB, der Akademie der Wissenschaften oder Universitäten, wo zu lösende Aufgaben diese Organisationsform der EDV erforderlich machen und eine Auslastung der Anlagen gegeben ist.

 

 

7. EDV-Einsatzgebiete und -bereiche

 

 

Informationen über wirtschaftliche Tatbestände sind notwendig, um Entscheidungen treffen zu können. Partei- und Wirtschaftsführung der DDR sind daher bestrebt, mit Hilfe eines konzentrierten EDV-Einsatzes den Informationsprozeß und damit verbunden die Berichterstattung über den Planvollzug möglichst optimal zu gestalten. So werden EDVA in der DDR in nahezu sämtlichen volkswirtschaftlichen Bereichen eingesetzt: in Industrie, Bauwesen, Handel und Versorgung. Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, Verkehrswesen einschließlich Schiffahrt, in Wissenschaft und Technik sowie im Bildungswesen. Dabei zählen der Schwermaschinen- und Anlagenbau, der Bereich Elektrotechnik/Elektronik, die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (VVB Maschinelles Rechnen) sowie örtliche Staatsorgane zu den zahlenmäßig stärksten Nutzergruppen.

 

Die wichtigsten Aufgabenkomplexe sind: Rechnungsführung und Statistik, Lenkung und Kontrolle, Planung und Bilanzierung, technologische Produktionsvorbereitung und wissenschaftlich-technische Berechnungen.

 

[S. 247]Um einen möglichst effektiven EDV-Einsatz zu gewährleisten, sind insbesondere mit der Rahmenrichtlinie für die Jahresplanung der Betriebe und Kombinate, der Industrie und des Bauwesens sowie mit der Planungsordnung verschiedene vereinheitlichte und datenverarbeitungsgerechte Belege geschaffen worden.

 

 

8. Automatisierte Leitungssysteme (ALS)

 

 

Ein ALS stellt im weitesten Sinne ein rechnergestütztes Informationssystem dar. Es wird definiert „als ein Leitungssystem, in dem für die regelmäßige Lösung algorithmierbarer Informationsprozesse der Wirtschafts- und Produktionstätigkeit eines Betriebes“ die EDV und Erfahrungen anderer Wissenschaftsdisziplinen (z. B. Kybernetik; Operationsforschung) berücksichtigt werden.

 

In der DDR wird gegenwärtig an einem derartigen Konzept und dessen Einsatz in der Praxis auf der Grundlage der in der Arbeitsgruppe „Automatisierte Leitungssysteme“ des ESER gewonnenen Erfahrungen gearbeitet.

 

ALS umfassen einzelne Teilsysteme. Diese können nach einem bestimmten Merkmal ausgewählt werden, das den speziellen Zielen und Leitungsaufgaben entspricht. Jedes dieser Teilsysteme kann als ein für sich selbständiges System betrachtet werden. Es sind Gliederungsmöglichkeiten nach funktionellen Merkmalen (entsprechend der Funktion des Leitungssystems), nach Organisationsmerkmalen (entsprechend der Organisation des Leitungssystems) sowie nach anderen Merkmalen, wiez. B. nach technischen Mitteln oder Systemunterlagen, möglich. Vom VEB Kombinat Robotron sind vorgefertigte Programmiersysteme und Programmpakete (Typenelemente) entwickelt worden. Sie dienen der programmtechnischen Realisierung von ALS und sind u. a. gekennzeichnet durch: den Aufbau der Programme nach dem Modulprinzip, die Variabilität der Ein- und Ausgabedateien bezüglich der Datenträger, die Struktur der logischen Sätze und Parameter der Blöcke und Felder sowie durch eine Fehlerdiagnostik zur Unterstützung bei der Generierung und Erprobung der Anwenderprogramme.

 

Klaus Krakat


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 243–247


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.