Fondsbezogener Preis (1979)
Siehe auch die Jahre 1975 1985
Bei staatlicher Preisbildung ergibt sich das Problem, wie der Gewinnaufschlag zu kalkulieren ist, d. h. welcher Preistyp angewendet werden soll. Dabei sind grundsätzlich 3 Formen zu unterscheiden:
a) Beim lohnbezogenen Preistyp, der weitgehend der Marxschen Arbeitswertlehre entspricht, wird die Gewinnrate ausschließlich auf die Lohnkosten bezogen. Dieses Verfahren würde die Betriebe zu möglichst arbeitsintensiven Produktionen anregen und damit praktisch die produktivitätssteigernde Substitution von Arbeit durch Kapital verhindern.
b) Beim kostenbezogenen Preistyp wird der Gewinnsatz auf die Lohn- und Materialkosten (einschließlich Abschreibungen) bezogen. Hierbei ergibt sich die Tendenz der Betriebe, bei der Preiskalkulation und Preisbestätigung möglichst hohe Kosten nachzuweisen. Dieser Typ wurde grundsätzlich der Industriepreisreform zugrunde gelegt. Allerdings hat man dabei eine „gebrochene Preisbasis“ angewendet, bei der als Bezugsbasis für eine einheitliche Gewinnzurechnung auf Zweigebene die Selbstkosten und auf Erzeugnisstufe bei differenzierten Gewinnsätzen die Verarbeitungskosten ― d. h. die Selbstkosten abzüglich der Materialkosten ― gewählt worden sind. Der entscheidende Mangel dieses Preistyps liegt in der ungenügenden Berücksichtigung des Kapitalaufwands, da die Kapitalzinsen nicht berück[S. 404]sichtigt werden. Dies bewirkt eine Benachteiligung der kapitalintensiven Betriebe, denn sie erzielen nur eine geringe Kapitalrentabilität (= Gewinn je 1000 Mark Brutto-Anlagevermögen).
c) Diese Mängel werden beim fondsbezogenen Preistyp vermieden, da der Gewinnaufschlag ausschließlich auf das auf die Erzeugniseinheit entfallende „betriebsnotwendige Kapital“ bezogen wird. Dabei handelt es sich um den Gesamtwert der Produktionsanlagen und des Umlaufvermögens. Allerdings wird dieser in der Regel bei der Preisfestsetzung nicht voll anerkannt, vielmehr berücksichtigt man davon unter Ausschaltung ungenutzter oder stillgelegter Anlagen nur den beinahe zu optimaler Nutzung erforderlichen Kapitalaufwand, bemessen am tatsächlichen Kapitaleinsatz der besten Betriebe einer Erzeugnisgruppe.
Den FP. hat man in der DDR in den Jahren 1969 und 1970 tatsächlich für eine Reihe von Erzeugnisgruppen eingeführt. Er stellt insofern eine Ergänzung zur Produktionsfondsabgabe dar, als kapitalintensiven Betrieben erst bei Anwendung dieser Preisform für ihre Erzeugnisse die volle Zahlung der Produktionsfondsabgabe ermöglicht worden ist.
Mit dem FP. wurde der von Marx zur Charakterisierung der Preisbildung im Kapitalismus dargestellte „Produktionspreis“ ausdrücklich auch für die Preisbildung im Sozialismus akzeptiert. Dies kommt einer Anerkennung der Produktivität des Faktors Kapital gleich, die deutlich im Gegensatz zur Marxschen Arbeitswertlehre steht.
Der entscheidende Vorteil des FP. liegt nicht nur darin, daß den kapitalintensiven Betrieben die Erwirtschaftung von Investitionsmitteln erleichtert wird, sondern vor allem darin, daß er die ökonomischen Orientierungsmaßstäbe für gegenwärtige und künftige Investitionsentscheidungen verbessert. Denn bei Anwendung dieses Preistyps können die volkswirtschaftlichen Leistungen der verschiedenen Wirtschaftszweige über einen einheitlicheren Maßstab der Kapitalrentabilität miteinander verglichen werden. Als nachteilig erweist sich die Orientierung an den „besten“ Betrieben einer Branche, denn damit werden zwar das erreichte Leistungsniveau, aber gleichzeitig auch die möglichen, wenn auch vergleichsweise geringeren Fehler der Investitionspolitik dieser „Leitbetriebe“ zum Vorbild für die übrigen Betriebe. Weiterhin wirkt sich die Benachteiligung der aus technischen Gründen arbeitsintensiven Zweige negativ aus, da sie auch bei hoher Leistungsfähigkeit kaum Gewinne erwirtschaften können.
Angesichts dieser Nachteile ist eine veränderte Form des FP. — auch unter dem Begriff Ressourcenpreis bekannt — diskutiert worden. Bei diesem „gemischten“ Preistyp sollte der im Preis kalkulierte Gewinn zu je einem Teil am notwendigen Kapitalaufwand und am notwendigen Lohnaufwand bemessen werden (jeweils an den günstigsten Betrieben einer Erzeugnisgruppe orientiert). Dieser Berücksichtigung auch des notwendigen Arbeitseinsatzes bei der Gewinnkalkulation sollte eine Arbeitsfondsabgabe ― ähnlich der Produktionsfondsabgabe ― als staatliche Steuer auf den tatsächlichen Arbeitsaufwand gegenüberstehen. Mit dieser auf die Lohnsumme bezogenen Abgabe wollte man ohne stärkere Lohnanhebungen einen effizienteren Einsatz des Faktors Arbeit erreichen. Dieses Konzept wurde jedoch nach der Rezentralisierung von Ende 1970 nicht mehr in nennenswertem Umfang weiterverfolgt. Preissystem und Preispolitik.
Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 403–404