DDR von A-Z, Band 1979

Gartenbau (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985


 

Der G. in der DDR ist ein Wirtschaftszweig der Land- und Nahrungsgüterwirtschaft mit den Produktionsrichtungen Gemüse- und Obstbau, Zierpflanzenbau, Anbau von Sonderkulturen, Gemüse- und Blumensamenbau, Baumschulen und Landschaftsgärtnerei. Die gegenwärtige Entwicklung des G., ist durch den schrittweisen Aufbau von Großproduktionsanlagen in sämtlichen Produktionsrichtungen gekennzeichnet. Infolgedessen bestehen z. Z. Betriebe bzw. Betriebsteile sehr unterschiedlicher Größe. Träger der Produktion sind die G.-Brigaden der LPG und VEG (Landwirtschaftliche Betriebsformen), die Gärtnerischen Produktionsgenossenschaften (GPG), die Volkseigenen Gartenbaubetriebe und der Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK). Vorrangige Aufgabe des G. ist die Versorgung der Bevölkerung mit Gemüse und Obst.

 

Im Durchschnitt der Jahre 1973–1977 wurden nach Angaben der DDR pro Kopf und Jahr durchschnittlich 62,6 kg Obst (einschließlich 18,8 kg Südfrüchte) sowie 89,6 kg Gemüse verzehrt. Diese Angaben werden durch die Produktions- und Einfuhrstatistik nicht bestätigt. Das Marktaufkommen aus eigener Erzeugung betrug 1975–1977 durchschnittlich 298.980 t Obst (17,7 kg pro Kopf) und 1,13 Mill. t Gemüse (66,8 kg pro Kopf). Das Marktaufkommen soll bis 1980 auf 0,6–0,65 Mill. t Obst und 1,5–1,6 Mill. t Gemüse angehoben werden. Gegenwärtig werden jährlich ca. 200.000 t Obst, 200.000 t Südfrüchte und ca. 110.000 t Gemüse (ohne Konserven und Säfte) importiert. Die Obst- und Gemüseimporte stammen zu über 80 v. H. aus den RGW-Staaten. Auch in Zukunft wird die DDR auf umfangreiche Importe angewiesen sein.

 

Die Übertragung der Produktion auf Großbetriebe hat zur Folge, daß der Anbau insbesondere der arbeitsaufwendigen Kulturen (Feingemüse, Beerenobst usw.) zurückgegangen ist. Seit 1970 werden infolgedessen die im VKSK zusammengeschlossenen Kleingärtner und Siedler (1978 rd. 890.000 Mitglieder) zur Obst- und Gemüseerzeugung für den Markt herangezogen.

 

Diese Marktbelieferung erreichte 1977 mit 82.160 t Obst rd. 29,7 v. H. des gesamten Marktaufkommens. Im Gemüseaufkommen sind die Kleingärtner und Siedler mit durchschnittlich 8–10 v. H. (1977 mit 127.598 t = 9 v. H.) beteiligt. Ihre Leistungen sollen künftig vor allem bei Obst und einigen Gemüsesorten erhöht werden.

 

Obstbau. Die Entwicklung der Obstproduktion verlief bisher wenig befriedigend. Die Einrichtung spezialisierter landwirtschaftlicher Großunternehmen führte zur Vernachlässigung der nicht veränderbaren, d. h. nicht konzentrierbaren Obstflächen. Die Obstanbaufläche ging von 1963 bis 1973 um rd. 15.000 ha zurück, weshalb der Ministerrat der DDR am 30. 8. 1973 grundsätzliche Maßnahmen zur Steigerung der Obst- und Gemüseproduktion beschloß. Es wird angestrebt, die Anbaufläche um rd. 30.000 ha zu erweitern, die in 5 geschlossenen Anbaugebieten eingerichtet werden sollen. Die jährlichen Pflanzleistungen betragen z. Z. 3.500–4.300 ha. Durch die gleichzeitige Beseitigung überalterter Anlagen und durch Betriebszusammenlegungen wurde erreicht, daß 1975 bereits 57 v. H. der gewerblichen Obstanbaufläche in Betrieben mit mehr als 100 ha Obstanbau konzentiert waren. Die von den Landwirtschafts- und G.-Betrieben bewirtschaftete Fläche umfaßte 1978 rd. 49.000 ha (Anteil der Erdbeeren rd. 4.200 ha), von denen rd. 15 v. H. bewässert werden können. Trotz des Intensivierungsprogramms entsprechen die Ertragsleistungen nicht den Erwartungen. So wird bei Äpfeln (rd. 60 v. H. der Obstanbaufläche) eine durchschnittliche Marktleistung von nur 4–5 t/ha erreicht. Auch die Erträge der Spezialbetriebe bleiben mit 10–11 t/ha bei Äpfeln erheblich hinter dem Ziel (13–15 t/ha) zurück.

 

Neben der angestrebten Intensivierung hat die Einrichtung der Großanlagen arbeitswirtschaftliche und pflanzenpathologische Vorzüge. Zur Senkung des Arbeitsaufwandes werden Baumpflanzmaschinen, Pflück- bzw. Erntemaschinen sowie Baumschnittgeräte entwickelt und eingesetzt.

 

Der Gemüsebau findet in Form der Freilandproduktion (ca. 62.000 ha LN) und in den Haus- und Kleingärten statt (ca. 40.000 ha LN), die jedoch gleichzeitig dem Zierpflanzenbau und dem Obstbau usw. dienen. In gleicher Weise werden 650 ha Gewächshauswirtschaften nur zu ca. 45 v. H. für die Produktion von Treibgemüse herangezogen, während der größere Anteil zur Anzucht von Pflanzen bzw. zur Blumenerzeugung dient. Die Saat- und Pflanzguterzeugung umfaßt z. Z. ein Produktionsprogramm von 216 Gemüse- und 1300 Blumensorten auf ca. 10.800 ha und ist ein traditioneller Exportzweig der DDR.

 

Das Sortiment umfaßte 1978 etwa 45 Gemüsearten in rd. 180 verschiedenen Sorten. Erzeugt werden vor allem Weißkohl, Möhren, Rotkohl und Pflückerbsen. Wie im Obstbau soll der bisher auf Selbstversorgung innerhalb der Bezirke ausgerichtete Gemüsebau künftig auf die Versorgungszentren oder ― sofern spezielle Standortansprüche bestehen ― auf die günstigsten natürlichen Standorte konzentriert werden. Die Neuerrichtung von Unterglasflächen (Anlagen mit mehreren ha Größe, die von Traktoren und Lkw befahren werden können) orientiert sich ausschließlich auf die Siedlungszentren. Die günstigsten Gebiete für den Freilandbau liegen um Halle, Dresden und Magdeburg sowie bei Potsdam, im Oderbruch, um Erfurt und Quedlinburg. Im Gegensatz zum Obstbau konnte die Gemüseanbaufläche 1977 zu [S. 436]98 v. H. bewässert werden. Die in der Erntestatistik ausgewiesenen Erträge lagen jedoch ― witterungsbedingt ― nur bei Grabgemüse, Möhren und Pflückbohnen über dem mehrjährigen Durchschnitt. Mit einer Ernte von über 1,4 Mill. t. wurden die für 1980 gestellten Ziele zu rd. 90 v. H. erreicht.

 

Die Konzentration des Obst- und Gemüseanbaus in Großbetrieben erfordert die horizontale Zusammenarbeit mehrerer Betriebe (GPG, LPG oder VEG) in kooperativen Abteilungen der Gemüse- und Obstproduktion, die in den ausgewiesenen Anbaugebieten gemeinsam mit den Kühl- und Lagereinrichtungen, den Verarbeitungs- und Handelsbetrieben zu vertikal organisierten Kooperationsverbänden zusammengeschlossen sind.

 

Die Vermarktung für Frischobst und Gemüse obliegt der Wirtschaftsvereinigung Obst, Gemüse und Speisekartoffeln, die seit dem 1. 4. 1973 nicht mehr dem Verband der Konsumgenossenschaften, sondern dem Ministerium für Handel und Versorgung (Binnenhandel) unterstellt ist. Die der Wirtschaftsvereinigung angeschlossenen Betriebe sind gehalten, mit den Erzeugerbetrieben feste Vertragsbeziehungen einzugehen, die im voraus das Sortiment, die Menge und den Zeitpunkt der Lieferungen festlegen. Die Handels- und Verarbeitungsbetriebe sind verpflichtet, Überproduktionen abzunehmen. Auf diese Weise soll versucht werden, die bisherigen Mängel der Vermarktung zu vermeiden. Sonderkulturen werden in der DDR in beträchtlichem Umfang angebaut. Unter ihnen nimmt der Anbau der Gewürz- und Heilpflanzen mit 5.500 ha die erste Stelle ein. Der Anbau ist in 50 Landwirtschaftsbetrieben, von denen 10 auf rd. 300 ha LN Arznei- und Gewürzdrogen anbauen, in den Bezirken Halle, Magdeburg, Erfurt und Potsdam konzentriert. Insgesamt werden jährlich von ca. 100 verschiedenen Pflanzenarten 8.000 t Kräuter und Drogen erzeugt. Für die Anbauplanung ist das Staatliche Drogenkontor in Leipzig verantwortlich. Der Ankauf der angebauten und der von der Bevölkerung gesammelten Pflanzen erfolgt über den VEB Drogenhof Gera, der in anderen Bezirken insgesamt 32 Annahme- und Beratungsstellen unterhält.

 

Die Tabakanbaufläche der DDR ist von 1961 bis 1971 um ca. 35 v. H. auf 3.500 ha zurückgegangen. Die Produktion deckt den Bedarf zu etwa 30 v. H. Durch Technisierung soll der hohe Handarbeitsaufwand gesenkt und der Tabakanbau erneut ausgedehnt werden.

 

In gleicher Weise soll der erst 1950 in die Produktion aufgenommene Hopfenbau von z. Z. 2.200 ha auf ca. 4.000 ha bis 1980 ausgedehnt werden. Am Anbau sind Betriebe in den Bezirken Erfurt, Magdeburg, Halle, Leipzig und Dresden beteiligt, dient Anbau, Forschung und Beratung durch den VEB Hopfen und Malz in Leipzig betreut werden. Mit Durchschnittserträgen von 12 dz/ha LN können z. Z. 60 v. H. des Bedarfs gedeckt werden. Durch die Anbauausdehnung soll die Selbstversorgung ab 1980 gesichert werden.

 

Flächenmäßig ist der Weinbau mit ca. 450 ha Rebfläche unerheblich. Bei einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch von ca. 5 I/Kopf und Jahr konnte mit einer Erzeugung von ca. 14.000 hl der Bedarf zu ca. 1,4 v. H. gedeckt werden. Annähernd 1 Mill. hl werden jährlich aus Bulgarien, Rumänien, Ungarn und der Sowjetunion, in kleinen Partien auch aus Jugoslawien. Frankreich, Algerien. Österreich und der Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Der Anbau erfolgt in GPG bzw. LPG, die in Winzergenossenschaften zusammengeschlossen sind bzw. in VEG. Er ist aufgrund der hohen Standortansprüche auf die Räume Freyburg/Unstrut (Winzergenossenschaft Freyburg, 400 Mitglieder, 260 ha Rebfläche) und Naumburg/Saale (VEB Bad Kösen, 60 ha) sowie auf das Elbtal (Winzergenossenschaft Meißen, rd. 100 ha und VEB Radebeul, rd. 80 ha) zwischen Meißen und Dresden beschränkt. Die Anbaufläche soll bis 1985 um rd. 200 ha ausgedehnt werden. Flächenmäßig ebenso unbedeutend ist der Anbau von Schnittblumen mit rd. 2.380 ha Freiland (1976) sowie rd. 380 ha (1976) bzw. 432 ha (1977) unter Glas bzw. Folien.

 

An der G.-Forschung sind u. a. folgende Institute der AdL beteiligt:

 

Institut für Gemüseproduktion in Großbeeren bei Berlin.

 

Institut für Obstforschung in Dresden-Pillnitz mit Außenstelle in Börthen,

 

Institut für Pflanzenschutzforschung in Kleinmachnow bei Berlin,

 

Institut für Züchtungsforschung in Quedlinburg (Abt. Naumburg).

 

Außerdem bestehen an der Humboldt-Universität Berlin (Ost) Forschungsbereiche für Zierpflanzenproduktion, Bodenfruchtbarkeit und Technik. An der Überführung der Forschungsergebnisse in die Praxis wirken mit:

 

die Zentralstelle für Sortenwesen in Nossen (Sachsen) und in Marquardt/Potsdam, der VEB Saatzucht Zierpflanzen mit 4 Betriebsteilen (Barth bei Stralsund, Dresden. Quedlinburg und Weixdorf bei Dresden) und das VEG Saatzucht Baumschulen Dresden mit 11 Betriebsteilen (Dresden-Tolkewitz, Ketzin, Berlin-Baumschulenweg, Magdeburg, Weimar, Leipzig, Gotha, Frankfurt/Oder, Leutersdorf, Blankenburg und Klein-Zetelvitz).

 

Die gärtnerische Berufsausbildung entspricht dem landwirtschaftlichen Ausbildungswesen. Lehr- und Versuchsgüter der AdL bestehen in Großbeeren und Tornau-Püsendorf, eine Ingenieurschule für G. besteht irr Werder (G.-Ingenieur). Die Hochschulausbildung findet an der Sektion G. der Humboldt-Universität Berlin (Ost) statt (Hochschulgartenbauingenieur).


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 435–436


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.