DDR von A-Z, Band 1979

Genossenschaftsbauer (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985


 

Bezeichnung für die Mitglieder einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG). Mitglied einer LPG kann jedermann werden, „der das 16. Lebensjahr vollendet hat, das Statut der LPG anerkennt und bereit ist, ehrlich und gewissenhaft seine Pflicht als Mitglied zu erfüllen“. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist ein an den LPG-Vorstand gerichteter Aufnahmeantrag, dem die Mitgliederversammlung mit einfacher Mehrheit zustimmen muß. Infolgedessen sind die Genossenschaftsbauern nicht identisch mit der ursprünglichen bäuerlichen Bevölkerung in der DDR.

 

Bereits 1970 waren nur noch 56 v. H. der LPG-Mitglieder ehemalige Bauern bzw. Neubauern, während 44 v. H. sich aus Teilen der „Landintelligenz“, aus Landarbeitern, ehemaligen Industriearbeitern (rd. 140.000) und Handwerkern zusammensetzen. Darüber hinaus nimmt der Anteil der Genossenschaftsmitglieder an den ohnehin sinkenden Beschäftigten ab, so daß heute weniger als 50 v. H. der insgesamt in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten der ursprünglichen bäuerlichen Bevölkerung zuzurechnen sind.

 

 

Die Genossenschaftsmitglieder bilden in ihrer Gesamtheit als „Klasse der G.“ gemeinsam mit der „Arbeiterklasse“ die Grundklassen der sozialistischen Gesellschaft. Sie stehen im „Bündnis“ mit der Arbeiterklasse und unter der Führung durch die „Partei der Arbeiterklasse“ (SED). Die Klasse der G. soll im Laufe eines historischen Entwicklungsprozesses der Arbeiterklasse angenähert werden. Diesem Ziel dient insbesondere die Einführung industriemäßiger Produktionsver[S. 454]fahren, mit deren Hilfe auch industriemäßige Arbeits- und Lebensbedingungen für die landwirtschaftliche Bevölkerung geschaffen werden sollen.

 

Das Ziel der Annäherung der „Klasse der G.“ an die Arbeiterklasse ist untrennbar verbunden mit der Beseitigung sozialer Besonderheiten und Rechte, die beide Klassen bisher noch unterscheiden (genossenschaftliches Eigentum statt Volkseigentum, grundsätzliche Entscheidungsbefugnisse über die Produktionsgestaltung sowie über die Höhe und die Verwendung der Einkommen usw., Wahl der Betriebsleitung, partielle Privatproduktion usw. in den Genossenschaftsbetrieben). In den 1977 verabschiedeten Musterstatuten für die LPG Pflanzenproduktion bzw. Tierproduktion werden jedoch auch einzelne Rechte der Genossenschaftsmitglieder auf die in den LPG beschäftigten Arbeiter übertragen, um auf diese Weise eine Annäherung der Klassen innerhalb der Betriebe zu erreichen.

 

Im Jahr 1978 wurde erstmalig ein „Tag der Genossenschaftsbauern und der Arbeiter der sozialistischen Land- und Forstwirtschaft“ (18. 6.) begangen.

 

Die Höhe der durchschnittlichen Vergütung der LPG-Mitglieder soll auf das Niveau der in der Land- und Forstwirtschaft beschäftigten Arbeiter und Angestellten angehoben werden. (Für 1977 werden die Einkünfte der LPG-Mitglieder mit durchschnittlich 7.000 bis 9.000 Mark pro Jahr angegeben. Das Durchschnittseinkommen der Arbeiter und Angestellten betrug rd. 11.000 Mark.) Daneben können die Genossenschaftsmitglieder auf eine begrenzte Fläche (max. 10 ha) Bodenanteile in Höhe bis zu 50 Mark/ha erhalten. Weiterhin besteht die Möglichkeit für LPG-Mitglieder und für die Arbeiter, durch „persönliche Hauswirtschaft“ zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Agrarpolitik; Bündnispolitik; Landwirtschaftliche Betriebsformen; Sozialstruktur.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 453–454


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.