DDR von A-Z, Band 1979

Industrieabgabepreis (IAP) (1979)

 

 

Siehe auch:


 

Bis 1955 galt die Bezeichnung: Herstellerabgabepreis. Der IAP ist der Preis für Waren der Industriebetriebe bei Abgabe an die abnehmenden Betriebe der Industrie, des Bauwesens, der volkseigenen und genossenschaftlichen Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, des Verkehrs und des Handels. Die bei weitem größte Zahl der IAP wird durch die Dienststellen des Amtes für Preise als Festpreise festgelegt. Die Kalkulation der Preisvorschläge durch die Betriebe und die Berechnung der für das Wirtschaftsgebiet der DDR gültigen einheitlichen Festpreise durch die Preisbehörden erfolgen nach zentral festgelegten Kalkulationsschemata und Berechnungsverfahren.

 

Dabei wurde bis Mitte 1976 das folgende — inzwischen leicht veränderte — Grundschema angewandt (GBl. II, 1972, S. 775):

 

 

In dieser Rechnung bedeuten „Technologische Einzelkosten“ (heute „direkte technologische Kosten“ genannt) solche, die im Zusammenhang mit dem unmittelbaren Produktionsprozeß entstehen (z. B. Material- und Lohnkosten). Außerdem gehören dazu die Aufwendungen für die betriebliche Forschungs-, Entwicklungs- und Projektierungstätigkeit. Zu den technologischen Kosten rechnen auch jene, die unmittelbare Voraussetzung für die Aufnahme des Produktionsprozesses sind (z. B. bei den Baubetrieben die Kosten für die Bau- stelleneinrichtung). „Technologische Gemeinkosten“ (heute „indirekte technologische Kosten“ genannt) sind z. B. der Energieverbrauch für Beleuchtungs- und Heizzwecke im Werk, also Gemeinkosten, die durch den technologischen Arbeitsablauf bedingt sind. „Beschaffungskosten“ sind Kosten für die Organisation der Belieferung des Betriebes mit Material und Leistungen. Bei der Ermittlung der Abgabepreise ist aber nicht nur das Kalkulationsverfahren verbindlich vorgeschrieben, sondern auch in mehr oder minder detaillierter Weise die als solche behördlich anerkannten, zum Zwecke der Preisbildung kalkulationsfähigen Kostenelemente. Daher geht bei dem prinzipiell normativen Verfahren der Kostenrechnung und Preiskalkulation auch nicht der gesamte tatsächliche wertmäßige Güter- und Diensteverzehr zur Erstellung von Leistungen in die Planpreise ein. Um sowohl für die Betriebe einen stärkeren Anreiz zur Entwicklung neuer Erzeugnisse zu schaffen als auch um die langwierige Überprüfung der Kosten neuer Erzeugnisse für die staatlichen Instanzen zu erleichtern, werden seit Juli 1976 für neue bzw. weiterentwickelte Güter Preise nach dem sog. Preis-Leistungs-Verhältnis gebildet, d. h. in Relation zur Verbesserung der Gebrauchseigenschaften gegenüber Vergleichserzeugnissen. Dabei werden dem Hersteller 70 v. H. des Nutzenvorteils des neuen Erzeugnisses im Preis vergütet (= Gewinnvorteil), 30 v. H. gehen an den Verwender (= Verbilligung, bezogen auf den Gesamtnutzen des Erzeugnisses).

 

Mit einem derart strukturierten Preisbildungsverfahren erhoffen die Betriebsleitungen in der DDR die bessere Einordnung der neuen Güter in die bestehenden Sortimente erreichen sowie den neuen Preis seitens der staatlichen Preisorgane schneller und einfacher aus dem bisher bereits anerkannten Aufwand je Leistungseinheit von Vergleichserzeugnissen ableiten zu können. Dieses neue Verfahren erforderte eine entsprechende Anpassung der Kalkulationsmethoden, und zwar die Berücksichtigung des „Nutzenanteils des Herstellers“ im Kalkulationsschema. Nach der neuen Kalkulationsrichtlinie von 1976 gilt nunmehr das folgende Grundschema (GBl. I, 1976, S. 333):

 

[S. 519]

 

 

Für Produktionsmittel fallen im Prinzip Betriebspreis und IAP zusammen, da in der Regel keine produktgebundenen Abgaben (Steuern) oder produktgebundenen Preisstützungen zur Anwendung kommen. Bei Konsumgütern weisen dagegen IAP und Betriebspreis erhebliche Unterschiede auf, denn mit ihrer Preisgestaltung sollen produktions- und verbrauchslenkende Wirkungen, eine Angleichung der Nachfrage an begrenzte Angebotssituationen bzw. eine Berücksichtigung unterschiedlicher Gebrauchswerte bei substituierbaren Erzeugnissen erreicht werden.

 

Die Industriepreise für Konsumgüter (Einzelhandels-Verkaufspreise) sind in der Regel keine originäre, vom Betriebspreis her entwickelte Größe; sie werden vielmehr vom festgelegten Einzelhandelsverkaufspreis durch Abzug des Gesamthandelsrabatts gebildet. Nur so konnte bei der Industriepreisreform und der seitdem durchgeführten Preisbildung (Preissystem und Preispolitik) ein grundsätzlich konstantes Konsumgüterpreisniveau aufrechterhalten werden.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 518–519


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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