DDR von A-Z, Band 1979

Industriepreisreform (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1965 1966 1969 1975


 

Zur Überwindung der erheblichen Preisverzerrungen wurde in den Jahren 1964 bis 1967 als eine wichtige Maßnahme der Reformen des Neuen Ökonomischen Systems (NÖS) eine umfangreiche I. durchgeführt. Ihr waren 1963 die Grundmittelumbewertung, mit der das Anlagevermögen zu einheitlichen Preisen bewertet wurde, sowie darauf aufbauend eine Abschreibungsreform (Abschreibungen) vorausgegangen, um bei der Preisneufestsetzung sinnvollere Abschreibungen durchführen zu können.

 

Die I. erfolgte in 3 Stufen: Von der ersten Etappe vor 1964 wurden die Preise wichtiger Rohstoffe wie z. B. Kohle, Energie, Erze, Eisen, Stahl und chemische Grundstoffe mit einem Produktionsvolumen von 50 [S. 521]Mrd. Mark betroffen und um durchschnittlich 70 v. H. erhöht. In der zweiten Etappe von 1965 folgten für ein Produktionsvolumen von ebenfalls 50 Mrd. Mark Preisheraufsetzungen von durchschnittlich 40 v. H.; erfaßt wurden Erzeugnisse wie Holz, Papier, Pappe, Baustoffe, Kabel und Drähte, Chemieerzeugnisse. Anfang 1967 wurde schließlich die dritte Etappe abgeschlossen, die sich auf Fertigerzeugnisse — insbesondere Ausrüstungsgüter und Bauleistungen, aber auch Erzeugnisse der Leicht- sowie der Lebensmittelindustrie - bezog. Für ein Produktionsvolumen von rd. 100 Mrd. Mark ergab sich eine durchschnittliche Verteuerung von 4 v. H.

 

Entscheidend war bei der Preisreform eine Veränderung der betrieblichen Kalkulationsrichtlinien, nach der die zulässigen Gewinnsätze nur noch auf die Verarbeitungskosten (= betrieblicher Nettoproduktionswert) und nicht — wie vorher — auf die Summe aus Material- und Verarbeitungskosten bezogen werden durften. Damit wurde die Höhe des erzielten Gewinns ausschließlich von der betrieblichen Eigenleistung abhängig. Durch die Wahl dieser Bemessungsgrundlage wurde vermieden, daß sich der Einsatz teurer Materialien sowie die Erzeugung übermäßig materialintensiver Produkte für den Betrieb gewinnbringend auswirkten. Trotz der Verbesserungen zeigten die Preise jedoch noch immer erhebliche Mängel: Neben der Vernachlässigung des Kapitalzinses als Kostenfaktor bei der Preiskalkulation und der unvollkommenen Berücksichtigung der Knappheiten der Produktionsfaktoren wiesen die Preise insbesondere eine zu geringe Flexibilität auf, um kurzfristigen Nachfrageeinflüssen wirksam begegnen zu können. Zwar wurden Ende der 60er Jahre Maßnahmen zur Preisdynamisierung entwickelt (Preissystem und Preispolitik) und mit der Einführung des Fondsbezogenen Preises auch der notwendige Kapitalaufwand im Preis berücksichtigt. Der Erfolg dieser Verbesserungen blieb jedoch begrenzt, da mit der Rezentralisierung des Wirtschaftssystems zum Jahresende 1970 die ohnehin unvollkommenen Preisdynamisierungsinstrumente wieder aufgehoben und die Weiterführung des Übergangs zu fondsbezogenen Preisen — bis auf weiteres — abgebrochen worden ist. Damit gelten noch heute für einen großen Teil der Erzeugnisse die mit der I. geschaffenen Preise.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 520–521


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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