Information (1979)
I. Informationsbegriff
Eine I. ist eine Abbildung objektiver Zusammenhänge der realen Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter bestimmten Bedingungen im Bewußtsein der Menschen. Sie bezeichnet mit anderen Worten eine Auskunft, Mitteilung, Belehrung, Benachrichtigung oder Unterrichtung über vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Erscheinungen. Eine I. soll möglichst umfassend, jedoch frei von unwesentlichen Aussagen, sowie genau sein und zum richtigen Zeitpunkt vorliegen. Wissenschaftliche Präzisierung erlangt der Begriff der I. vor allem im Rahmen der Kybernetik (I.-Theorie), zu deren Grundbegriffen er gerechnet werden muß. Darüber hinaus ist er auch für die L- und Dokumentationswissenschaft von Bedeutung.
Im Leitungs- und Planungssystem der DDR nehmen vor allem sog. ökonomische I. eine besondere Stellung ein. Man unterscheidet hier entsprechend ihrer Funktion: Plan-I., Berichts-L, unterrichtende I. sowie Direktiv- oder Weisungs-I. Plan-I. beziehen sich auf die Leitung und Planung zukünftiger Prozesse (Prognose-I., I. der Fünfjahr- und Jahresvolkswirtschaftsplanung, I. der eigenverantwortlichen kurz-, mittel- und langfristigen Planung). Berichts-I. beziehen sich auf vergangene bzw. sich gegenwärtig vollziehende Prozesse (z. B. statistische I., Analysen, operative Berichterstattungen usf.). Unterrichtende I. bilden die Grundlage für die Ausarbeitung von Plan-I. Für die Leitung stellen sie ein brauchbares Hilfsmittel bei der Entscheidungsfindung dar. Direktiv- oder Weisungs-I. tragen sowohl für einzelne Leitungsbereiche (Betriebe, Kombinate, Industriezweige usf.) als auch für einzelne konkrete Prozesse verbindlichen Charakter.
II. Informationstheorie (Nachrichtentheorie)
Die I.-Theorie ist eine mathematische Theorie, die sich mit den Gesetzen und Regelmäßigkeiten der Übermittlung und Verarbeitung von I. befaßt. I. sind vor allem unter 4 Aspekten zu betrachten. Zu unterscheiden ist zwischen dem nachrichtentechnischen (syntaktischen), dem semantischen, dem pragmatischen und dem sigmatischen Aspekt.
Der nachrichtentechnische Aspekt der I. ist dadurch zu charakterisieren, daß Nachrichten durch eine Auswahl von einem Sender über einen Empfänger (Rezeptor) zu einem Regler bzw. einem Effektor (ausführendes Organ des Reglers) zuverlässig und schnell weitergegeben werden. Dabei wird jede einzelne I.-Einheit als ein „bit“ bezeichnet. Ein „bit“ (von engl. binary digit: Binärstelle, Binärentscheidung, Binärziffer) ist das quantifizierte Maß für den I.-Gehalt.
Der syntaktische Aspekt der I. bezieht sich lediglich auf einzelne Nachrichten, Signale, Zeichen bzw. Zeichenmengen (Semiotik). Das materielle System, durch das Nachrichten laufen, wird als Kommunikationskanal bezeichnet. Kommunikationskanäle können in verschiedenen Formen erscheinen. Der Weg der Nachrichten bzw. Signale wird auch „Signalflußweg“ genannt. Dabei stehen die Übergangsfunktionen der einzelnen Nachrichten durch die einzelnen Abschnitte des Kommunikationskanals im Vordergrund der Betrachtung. Wenn in der I.-Übertragung eine Kürzung der Signalmenge möglich ist, ohne daß ein I.-Verlust eintritt, spricht man von „Redundanz“.
Die verschiedenen „Bedeutungen“ der Nachrichten, Signale oder Zeichen, ihr ihnen vom Sender und/oder Empfänger verliehener „Sinn“ werden als der semantische Aspekt der I. aufgefaßt.
Der pragmatische Aspekt der I. bezeichnet die Beziehungen zwischen den Nachrichten, Signalen oder Zeichen und den Sendern bzw. Empfängern.
Der sigmatische Aspekt der I. schließlich bezieht [S. 525]sich auf die Relationen zwischen Zeichen und dem, was diese bezeichnen.
I. sind nur im Zusammenhang mit informationellen Kopplungen zwischen (kybernetischen) Systemen verständlich. Insofern kann die I. auch als ein Teilgebiet der Kybernetik angesehen werden, die als eine Theorie dynamischer selbstregulierender Systeme auch die mit solchen Systemen verbundenen informationellen Prozesse untersucht.
Sowohl die I. als auch der I.-Begriff haben für zahlreiche angewandte Wissenschaften erhebliche Bedeutung erlangt: so für Psychologie und Pädagogik, Biologie (Neurophysiologie), Wirtschaftswissenschaften (kybernetische Planungsmethoden), Technik (Steuerungs- und Regelungstechnik, elektronische Datenverarbeitung und Automation).
In der DDR begann man sich seit Ende der 50er Jahre mit der I. bewußter als in der vorangegangenen Zeit auseinanderzusetzen (Kybernetik). Die I. hat seitdem auch hier für zahlreiche angewandte Wissenschaftsdisziplinen Bedeutung erlangt. Seit 1963 wurden aufgrund der durch den VI. Parteitag der SED eingeleiteten Reformen in zunehmendem Maße auch Erkenntnisse der I. berücksichtigt, um Leitungs- und Entscheidungsprobleme sowohl in Betrieben, Kombinaten und Industriezweigen als auch im Partei- und Staatsapparat zu lösen.
III. Informations- und Dokumentationswissenschaft
Probleme des I.-Wesens und der Dokumentation haben in den letzten Jahren aus folgenden Gründen an Bedeutung zugenommen:
1. Mit dem sprunghaften quantitativen Ansteigen von Forschung und Entwicklung nimmt die Zahl der in den Dokumentationen enthaltenen I. entsprechend schnell zu.
2. Sowohl die Spezialisierung von Wissenschaftsdisziplinen und die damit verbundene Interdependenz von Wissenschaften als auch die Etablierung neuer Wissenschaftsdisziplinen und -zweige erhöht nicht nur das I.-Bedürfnis, sondern führt zu einer steigenden Zuwachsrate der Veröffentlichungen.
3. Die Internationalisierung der Wissenschaften macht Maßnahmen erforderlich, die die Zugänglichkeit von Dokumentationen erleichtern und das I.-Bedürfnis befriedigen.
Die bisherigen traditionellen bibliothekarisch-bibliographischen Methoden und Mittel erwiesen sich als unzureichend, möglichst aktuelle, exakte, vollständige und gleichzeitig überschaubare I. zur Verfügung zu stellen. Die Entwicklung neuer Methoden für die Sammlung, Verarbeitung. Speicherung und Bereitstellung von I. wurde daher international als unbedingt notwendig erkannt, um die bestehenden Probleme zu lösen. In allen Industrieländern, gleich welcher Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, setzten daher umfangreiche Aktivitäten im Hinblick auf eine möglichst effektive Lösung des I.-Problems ein.
In der DDR wurde etwa ab 1966 zunächst die „Information und Dokumentation“ (ID.) als eine selbständige Disziplin entwickelt. Ziel dieser neuen Wissenschaft sollte es sein, nach modernsten Methoden eine Auswahl der Dokumentationen vorzunehmen und diese inhaltlich zu analysieren und zu klassifizieren. Die wachsende Bedeutung einer solchen Disziplin und die Anforderungen, die zunehmend an sie gestellt wurden, führten später zu umfangreichen Auseinandersetzungen um eine treffendere Begriffsbezeichnung und um einen genau abgegrenzten Untersuchungsgegenstand dieser Wissenschaft. 1968 wurde in der DDR der Begriff „Informations- und Dokumentationswissenschaft“ (IDw.) geprägt, der sich inzwischen gegenüber anderen Begriffsbezeichnungen durchgesetzt zu haben scheint. Die IDw. wird wie folgt definiert: Sie „ist eine Wissenschaftsdisziplin des Wissenschaftsgebietes Informationswissenschaft und damit eine klassengebundene Gesellschaftswissenschaft, deren Ziel in der Schaffung der wissenschaftlichen Grundlagen für die ständige Optimierung der Information und Dokumentation durch die kontinuierliche Bereitstellung von Erkenntnissen besteht:
über das Wesen, die Erscheinungsformen, Beziehungen sowie Struktur- und Bewegungsgesetze dokumentatistischer Informationen und des Bedarfs an dokumentatistischen Informationen sowie seinen Analysemethoden;
über die Möglichkeiten der ständigen Verbesserung der Methodik, Technik, Organisation, Effektivität, Wirtschaftlichkeit und Propagierung der Information und Dokumentation;
des Inhalts, der Methodik und Organisationsformen der Erziehung sowie Aus- und Weiterbildung von Informations- und Dokumentationskräften;
der Zusammenarbeit der Informations- und Dokumentationseinrichtungen untereinander und mit Einrichtungen anderer Arbeitsgebiete der Fachinformation und über die Geschichte der Information und Dokumentation.“
Neben der IDw. wurde die Verwendung der Wissenschaftsbezeichnung „Informationswissenschaft“ (Iw.) sowie „Informatik“ diskutiert, die ebenfalls Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden haben. Der Untersuchungsgegenstand der Iw. ist die Fachinformation, d. h. alle mit der gesellschaftlichen Arbeit verbundenen I.-Prozesse sowie die Fach-I. im Sinne von Nachricht als Gegenstand dieses I.-Prozesses. Als Informatik kann dagegen eine Komplexwissenschaft bezeichnet werden, die u. a. die IDw. und die Iw. in sich vereint.
Die Aufgaben der IDw. und damit auch jeglicher I.- und Dokumentationstätigkeit in der DDR sind in den Grundlinien bereits in der Zielfunktion entspre[S. 526]chend der Definition der IDw. enthalten. Dazu gehören insbesondere: Untersuchungen zur Gegenstandsbestimmung der IDw., Probleme der I.-Bedarfsermittlung, der I.-Speicherung, der I.-Verarbeitung, der I.-Recherche, der Thesaurusforschung, Kompatibilitätsprobleme, weiterhin Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der ID. sowie die Entwicklung und der Aufbau von I.-Systemen. Aktuelle Aufgaben auf dem Gebiet der ID. werden in den Plänen Wissenschaft und Technik als Bestandteile der Perspektiv- und Jahresplanung (Planung) berücksichtigt.
Eine zentrale Stellung bei der Durchführung dieser Aufgaben nimmt das Zentralinstitut für Information und Dokumentation (ZIID) ein. Das ZIID wurde im Jahre 1963 — beeinflußt durch die mit dem VI. Parteitag eingeleitete Wirtschaftsreform — aufgrund eines Ministerratsbeschlusses sowie einer anschließenden Anordnung gegründet. Seine Vorgänger waren die Ende 1950 gegründete Zentralstelle für wissenschaftliche Literatur (ZwL) sowie, nach deren Auflösung im Jahre 1957, das bereits 1955 ins Leben gerufene Institut für Dokumentation (IfD). Dem ZIID sind ca. 30 Zentrale Leitstellen für I. und Dokumentation (ZLID) bei zentralen Organen bzw. zentralen wissenschaftlichen Institutionen zugeordnet. Ihnen unterstehen wiederum ca. 150 Leitstellen für I. und Dokumentation (LID) in VVB, Kombinaten, Betrieben usw. Die LID haben neben der Durchführung eigenständiger Aufgaben anleitende und kontrollierende Funktionen gegenüber den in VEB-Instituten, Einrichtungen der Außenwirtschaft sowie des Binnenhandels und anderen Einrichtungen organisierten rd. 1000 I.-Stellen (IS). Organ der ZIID ist die Zeitschrift Informatik, früher ZIID-Zeitschrift (sie erschien 1977 im 24. Jahrgang).
Besondere Auswirkungen auf die gegenwärtige und zukünftige I.- und Dokumentationstätigkeit in der DDR hat insbesondere das im Juli 1971 von der XXV. Tagung des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) angenommene Komplexprogramm. Hauptziel soll es sein, im Bereich des RGW ein internationales System für wissenschaftliche und technische I. bis 1975 zu schaffen. Dieses System soll auf der Kooperation der nationalen Systeme der noch zu entwickelnden internationalen I.-Teilsysteme (z. B. Zweige und spezielle I.-Arten) sowie auf der Tätigkeit des von den RGW-Ländern gegründeten „Internationalen Zentrums für wissenschaftliche und technische Information“ mit Sitz in Moskau basieren. Im Zusammenhang mit diesen Entwicklungsarbeiten gewinnt insbesondere ein geplantes I.-System, welches die Komplexe „Wissenschaft“, „Technik“ und „Ökonomie“ umfaßt, an Bedeutung. Grundlage hierfür sollen die zu entwickelnden nationalen „Volkswirtschaftlichen Informationssysteme“ VIS) der einzelnen RGW-Länder sein.
Das IWT. Durch einen Ministerratsbeschluß im Jahr 1963 wurde in der DDR der Aufbau eines IWT festgelegt. Inzwischen ist das IWT das am weitesten entwickelte und durchorganisierte Teilsystem des VIS. Für das IWT sind weitere Subsysteme konzipiert worden, von denen einige bereits im Einsatz sind. Zu unterscheiden sind hierbei: IWT der Wirtschaftsbereiche und Wirtschaftszweige, der Kombinate und Betriebe sowie IWT ausgewählter Wissenschaftszweige. Als oberster Grundsatz gilt, daß das IWT — entsprechend den im Komplexprogramm festgelegten Entwicklungsaufgaben — als ein Bestandteil des im Aufbau befindlichen „Internationalen Systems für wissenschaftliche und technische Information“ (ISWTI) weiterzuentwickeln ist. Entsprechend der durchzusetzenden Rationalisierung der I.-Verarbeitungsprozesse ist der koordinierte Einsatz des „Einheitlichen Systems der elektronischen Rechentechnik“ (ESER) und des „Einheitlichen Mikrofilmsystems“ (EMS) geplant. Die mit dem Einsatz der EDV verbundene zunehmende Konzentration und Zentralisation des IWT wird daher zur Herausbildung von sog. I.-Zentren führen. Zugleich soll das Netz der I.-Stellen weiter ausgebaut werden, so daß in allen Bereichen und Ebenen der Volkswirtschaft eine effektive Versorgung der Anwender mit I. unter Nutzung der zentral von den I.-Zentren herausgebrachten I.-Leistungen gewährleistet ist. Parallel zu der geplanten Entwicklung des ISWTI werden auch in der DDR „Zweigorientierte Informationszentren“ (ZIZ) bzw. „Quellenorientierte Informationszentren“ (QIZ) mit weitgehend automatisierten Recherche-Systemen aus- bzw. aufgebaut.
Grundlage für den Aufbau der ZIZ sind Wirtschafts- und Wissenschaftszweige, wobei allgemein die ZIZ einen Wirtschaftszweig (Ministeriumsbereich) oder Wissenschaftszweig überdecken können. Dementsprechend sollen in allen Wirtschaftsbereichen der Volkswirtschaft der DDR (Industrie, Bauwesen, Verkehrswesen usw.) und für strukturbestimmende Wirtschaftszweige sowie für ausgewählte Wissenschaftszweige (wie Mathematik, Medizin usw.) ZIZ organisiert werden.
Grundlage für den Aufbau der QIZ sind dagegen ausgewählte Arbeiten von I.-Quellen. Als Kriterium wird hervorgehoben, daß der „Informationsfonds“ der QIZ außer der I.-Versorgungsfunktion noch weitere Funktionen zu erfüllen hat, die sich aus juristischen, wirtschaftspolitischen und weiteren Gesichtspunkten ergeben. QIZ werden gegenwärtig für die I.-Quellen „Forschungs- und Entwicklungsberichte“, „Patente“, „Standardisierung“ und „Metrologie“ (Maß- und Gewichtskunde) entwickelt. Aufgaben der ZIZ und QIZ innerhalb des IWT sind u. a.: Koordinierung und Organisation der ihnen zugewiesenen I.-Quellen. Speicherung der „Informationsnachweise“ und Komplettierung des „Informa[S. 527]tionsfonds“ über den Datenaustausch, Durchführung von retrospektiven Recherchen und der selektiven I.-Verbreitung sowie die Durchsetzung der einheitlichen Entwicklung des IWT entsprechend den festgelegten Grundlinien. Subsysteme des IWT sind bereits im Einsatz, und zwar u. a. für die Außenwirtschaft, die Bauwirtschaft, die Seewirtschaft, den Maschinenbau, den Schiffsbau, die Medizin sowie die Chemie.
Mit dem zunehmenden Übergang der automatisierten I.-Verarbeitung auf die ESER-Technik (Datenverarbeitung, Elektronische) seit etwa Mitte der 70er Jahre werden folgende Zielstellungen der LID und ZLID verwirklicht:
- Nutzung von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen der 3. Generation (z. B. Robotron 21, EDVA des ESER, u. a. EDVA EC 1040),
- umfassende Nutzung von Programmiersystemen des VEB Kombinat Robotron,
- verstärkte Berücksichtigung der Mikrofilmtechnik,
- Durchsetzung einer dezentralen I.-Erfassung und einer zentralen maschinellen I.-Verarbeitung.
Das ständig steigende I.-Aufkommen und die damit verbundenen umfangreichen Datenmengen sollen durch das vom VEB Kombinat Robotron entwickelte Programmiersystem AIDOS (Automatisiertes Informations- und Dokumentationssystem) bewältigt werden. AIDOS wird u. a. im IWT der DDR und im ISWTI der RGW-Länder eingesetzt. Es beinhaltet als Kernstück ein Datenbank-Betriebssystem, das in 2 Versionen zur Verfügung steht.
Mit der Zielstellung des IX. Parteitages der SED (1976), „wissenschaftliche Ergebnisse von hohem Niveau“ bis 1980 bereitzustellen, sind vor allem auch der I.-Verarbeitung innerhalb des IWT zahlreiche Aufgaben gestellt worden. Die Hauptrichtungen der Entwicklung von Wissenschaft und Technik umfassen „volkswirtschaftliche Komplexe“ wie zum Beispiel die Volkswirtschaftsplanung und RGW- Zielprogramme, die Konzeption zur Entwicklung von Naturwissenschaft und Technik im Zeitraum bis 1990 für spezielle Bereiche sowie die Konzeption für die langfristige Entwicklung der naturwissenschaftlichen und mathematischen Grundlagenforschung bis 1990. Parallel zu diesen gestellten Aufgaben ist geplant, die Kooperation des Wissenschaftlichen Informationszentrums der Akademie der Wissenschaften der DDR mit dem Allunionsinstitut für wissenschaftliche und technische Information bei der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (VINITI) zu intensivieren.
IV. Informationssysteme (IS) in der Wirtschaft der DDR
Durch den zentralistischen Aufbau des Staatsapparates und die Struktur des Leitungs- und Planungssystems in der DDR ist der I.-Bedarf der politischen Entscheidungsgremien von jeher größer als in vergleichbaren westlichen Industriestaaten gewesen. Mit Hilfe der EDV erhoffte man sich, ein leistungsfähiges IS entwickeln zu können, welches eine Schlüsselrolle im Planungssystem einnehmen sollte.
A. Das volkswirtschaftliche Informationssystem (VIS)
Bereits im November 1963 wurden mit einem Beschluß des Ministerrates „vorläufige“ Grundsätze über den Aufbau eines I.-Systems festgelegt. Es sollte im Zusammenhang mit leistungsfähigen Rechenanlagen die schnelle Übermittlung von Einzel- und Gesamtangaben für die Planung, für die operative Leitung, für die Kontrolle und Analyse des volkswirtschaftlichen Reproduktionsprozesses sicherstellen. Im Verlauf der weiteren Entwicklung, insbesondere ausgehend von den Beschlüssen des VII. Parteitages der SED (1967), sind die Diskussionen um den Aufbau eines VIS intensiviert worden. Dabei galt u. a. eine erfolgreiche einheitliche Primärdatenerfassung als wesentliche Voraussetzung für ein funktionables VIS. Im Jahr 1969 beschloß der Ministerrat die „Grundsätze und Maßnahmen für die Gestaltung des VIS“. Darin wurde die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (SZS) beauftragt, für den Planungszeitraum 1971–1975 eine Entwicklungskonzeption vorzulegen. Nach dem VIII. Parteitag der SED (1971) ist jedoch die Diskussion um den Aufbau eines VIS zunächst beendet worden.
[S. 528]
B. Betriebliche Informationssysteme (IS)
Die Entwicklung derartiger IS wurde erstmals anläßlich des VII. Parteitages der SED 1967 gefordert. Ziel sollte es sein, „Integrierte Systeme der Automatisierten Informationsverarbeitung (ISAIV)“ zu entwickeln. Ein ISAIV wurde als ein organisatorisch-technisches Hilfsmittel zur Durchsetzung wirtschaftlicher Zielsetzungen im Ökonomischen System des Sozialismus (ÖSS) bezeichnet. Als wichtige Hilfsmittel sollten EDVA sowie Verfahren der Operationsforschung zum Einsatz kommen.
Im weiteren Verlauf kamen auch andere Formen und Bezeichnungen für betriebliche IS ins Gespräch, so das „Betriebliche Informationssystem (BIS)“ oder das „Integrierte Leitungs- und Informationssystem (ILIS)“. Im ILIS ist eine entwickelte Form der integrierten Datenverarbeitung gesehen worden, „in welcher Leitungssystem und IS eines bestimmten Leitungssystems zweckmäßig zusammengeschlossen und weitgehend automatisiert sind“.
Seit dem VII. Parteitag der SED (1967) werden im Zuge einer verstärkten Adaption und Rezeption sowjetischer Erfahrungen und Erkenntnisse als neue Form eines IS sog. „Automatisierte Leitungssysteme (ALS)“ (auch: ASU = Abk. für awtomatisirowannaja sistema uprawlenija) in Anpassung an sowjetische Vorbilder für Betriebe entwickelt (Datenverarbeitung, Elektronische).
Bei der Entwicklung von ALS sind die bereits im Zusammenhang mit den ISAIV gewonnenen Erfahrungen inzwischen berücksichtigt worden.
Klaus Krakat
Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 524–528