DDR von A-Z, Band 1979

 

Landwirtschaft (1979)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1985

 

I. Die Bedeutung der Landwirtschaft für die Volkswirtschaft

 

 

Im Wirtschaftssystem der DDR ist der L. die Aufgabe gestellt, die Bevölkerung, soweit möglich, aus eigener Erzeugung mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Von Ausnahmen abgesehen (pflanzliche Produkte tropischer und mediterraner Herkunft), wird die DDR von der Wirtschaftsführung auf dem Ernährungssektor grundsätzlich als „autarkiebegabt“ bezeichnet. Während der Jahre 1973–1977 wurde in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verbrauchs und der Ernteerträge ein Selbstversorgungsgrad von 72–82 v. H. erreicht. Die Abhängigkeit von Nahrungsgüterimporten soll durch die Steigerung der pflanzlichen Produktion, die zugleich die Futtergrundlage für die tierische Produktion darstellt, verringert werden. Bezogen auf das Jahr 1975 wird bis zum Ablauf des Perspektivplanes 1976—1980 folgende Entwicklung der Agrarproduktion angestrebt:

 

 

Im vorausgegangenen Fünfjahrplan (1971–1975) überstieg die Leistung der tierischen Produktion — aufgrund umfangreicher Futtermittelimporte — die Planziele jährlich um bis zu 20 v. H., so daß die DDR z. B. bei Fleisch und Fleischprodukten zum Nettoexporteur auch für den EG-Markt wurde. Daher konnten die Zuwachsraten der tierischen Produktion für die Jahre 1976–1980 geringer angesetzt [S. 643]werden. Bedingt durch die trockenen Jahre 1975 und 1976 und den unvermindert ansteigenden Verbrauch der Bevölkerung sind 1977 vereinzelt Lücken in der Fleischversorgung aufgetreten (Lebensstandard).

 

Zu den Aufgaben der L. gehören weiterhin landeskulturelle Maßnahmen (Bodennutzung, Meliorationen) sowie der Ausbau der ländlichen Infrastruktur. Die L.-Betriebe sind ferner Träger sozialer und kultureller Einrichtungen im ländlichen Raum, dessen Entwicklung darauf abzielt, die zwischen Stadt und Land bestehenden Unterschiede abzubauen (Agrarpolitik), wie die Politik der Industrialisierung der Landwirtschaft darauf abzielt, die Arbeits- und Lebensbedingungen in diesem Bereich denen in anderen Volkswirtschaftszweigen anzugleichen.

 

Die Beziehungen der L. zu den direkt vor- bzw. nachgelagerten Wirtschaftszweigen werden im Rahmen des Agrar-Industrie-Komplexes (AIK) geregelt. Rund 86 v. H. der gesamten Agrarproduktion unterlagen 1976 der Weiterbe- und -Verarbeitung durch die Nahrungsgüterwirtschaft und Lebensmittelindustrie.

 

Die Bedeutung der L. für die Volkswirtschaft der DDR wird aus dem Umfang ihres Anteils am Produktionsaufwand und ihres Beitrages zum Sozialprodukt deutlich. Im Durchschnitt der Jahre 1973–1977 beanspruchte die L, 11,2 v. H. der Berufstätigen und 13,1 v. H. der Grundmittel (Produktionskapital ohne lebendes Inventar); sie verbrauchte 11,3 v. H. der Investitionen und trug mit 11,0 v. H. zur Entstehung des Nettoproduktes der DDR bei.

 

II. Produktionsgrundlagen

 

 

A. Nutz- und Ackerflächenverhältnisse

 

 

Vom Staatsgebiet der DDR sind ca. 58 v. H. landwirtschaftlich genutzte Fläche (LN) (Bundesrepublik Deutschland 54 v. H.). Da zugleich die Bevölkerungsdichte der DDR um ca. 37 v. H. unter der der Bundesrepublik liegt, steht in der DDR die 1,8fache Nahrungsfläche je Einwohner zur Verfügung.

 

 

Durch außerlandwirtschaftliche Inanspruchnahme hat die DDR zwischen 1950 und 1970 ca. 240.000 ha LN verloren. Zur Vermeidung unnötiger Bodenverluste wurde 1967 eine Bodennutzungsgebühr (bis zu 400.000 Mark/ha LN) eingeführt (Bodennutzung).

 

Gleichzeitig wurde ein umfangreiches Wiederurbarmachungs- und Rekultivierungsprogramm für Bergbauflächen eingeleitet. Im Zeitraum 1971—1978 wurden insgesamt 13.800 ha Abbaufläche rekultiviert, aus denen jedoch nur 4.500 ha LN gewonnen werden konnten. Zusätzlich wurden seit 1970 jährlich rd. 2.200 ha Öd- und Umland kultiviert.

 

Weitere Nutzflächen werden aus dem Umbruch von Wege- und Grabenflächen gewonnen, so daß der Umfang der LN seit 1972 mit durchschnittlich 6,29 Mill. ha konstant gehalten werden kann.

 

 

Die Trennung der DDR vom Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und die wiederholten Eingriffe in die Agrarstruktur (Bodenreform, Kollektivierung, Industrialisierung) beeinflußten das Nutzflächenverhältnis bis 1970 insofern, als der Ackeranteil ständig zugunsten des Dauergrünlandanteiles verringert wurde. Auf dem VIII. Parteitag der SED (1971) ist diese Entwicklung gestoppt worden. Seitdem sind mehr als 200.000 ha Grünland zu Ackerflächen umgebrochen und gleichzeitig die vor allem durch Sonderkulturen genutzte Fläche erweitert worden. 1975 entfielen 76 v. H. der Nutzfläche auf Acker- und 20 v. H. auf Grünland (Bundesrepublik 57 v. H. Acker- und 39 v. H. Grünland).

 

Ebenso wie das Nutzflächenverhältnis ist auch das Ackerflächenverhältnis in gegensätzlicher Weise verändert worden. Im Verhältnis zur Vorkriegszeit wurden die Getreide- und die Hackfruchtfläche verringert und — wegen des erweiterten Großviehbestandes — der Feldfutterbau ebenso wie das Dauergrünland (s. o.) erweitert. Dem Ziel der Selbstversorgung entsprechend erweiterte man den Anbau von Ölfrüchten und — in Abhängigkeit von den Hek[S. 644]tarerträgen — den Zuckerrübenanbau, während ― wegen der sich wandelnden Verzehrgewohnheiten ― der Kartoffel- und Hülsenfruchtanbau zurückgenommen wurden.

 

Die Ende der 60er Jahre einsetzende Industrialisierung der L. bewirkte (entgegen den Planauflagen) nicht nur die unerwünschte Grünlanderweiterung, sondern sie bewirkte vor allem, daß die auf die Pflanzenproduktion spezialisierten Betriebe den Speisekartoffelanbau, den Feldfutter- und den Zwischenfruchtbau vernachlässigten. Statt dessen neigten sie zum Anbau von Verkaufsprodukten, die ihnen ― im Gegensatz zur Rauhfutterproduktion ― einen gesicherten Preis garantierten. Um die Futterversorgung zu sichern, mußten die Ptlanzenbaubetriebe durch Planauflagen verpflichtet werden, den häufig defizitären Feldfutter- und Zwischenfruchtbau zu erweitern.

 

Die Eignung des Getreidebaus zur Mechanisierung und die seit 1972 verstärkt angewendeten Strohaufschlußverfahren zur Rauhfuttergewinnung haben zur Folge, daß der Getreideanbau ständig erweitert wird. Entsprechende Erträge bei den Hackfrüchten und im Futterbau vorausgesetzt, wird beim Getreide ein Ackerflächenanteil von rd. 60 v. H. (wie zur Vorkriegszeit) angestrebt. Das Vorkriegsniveau ist beim Wintergetreide mit rd. 1,9 Mill. ha bereits erreicht worden und soll zu Lasten des Sommergetreides (1977 rd. 625.000 ha LN) weiter ausgedehnt werden.

 

 

 

In den Ackerflächen sind für das Jahr 1977 neben rd. 1 61.000 ha Freilandgemüse auch etwa 12.000 ha AF der Saat- und Pflanzguterzeugung sowie Flächen für 1 zahlreiche Sonderkulturen enthalten, sofern diese nicht dem Gartenbau oder den rd. 40.000 ha LN umfassenden Haus- und Kleingärten, die ebenfalls zur Marktproduktion bei Obst und Gemüse usw. beitragen, zuzuordnen sind.

 

B. Die Viehbestände

 

 

Die nach 1945 durchgesetzten strukturellen Veränderungen, insbesondere die Auflösung der meisten Großbetriebe und die Einrichtungen zahlreicher kleiner Neubauernbetriebe, haben zur Aufstockung der Viehbestände geführt, die auch während der Kollektivierung und in der nachfolgenden Industrialisierung unverändert fortgeführt worden ist. Zwar haben die Eingriffe in die Betriebsstruktur wie auch witterungsbedingte Futterverknappungen zeitweilig Bestandsverminderungen zur Folge gehabt. Dies ist jedoch in den Folgejahren jeweils ausgeglichen bzw. überkompensiert worden.

 

 

Der Viehstapel der DDR ist im Verhältnis zur Bevölkerung relativ hoch. Trotz der damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile ist die Produktionspolitik primär auf einen hohen Viehbestand gerichtet. Die Leistung der Tiere — und damit die Wirtschaftlichkeit der Viehhaltung — wird zwar ständig verbessert, gilt jedoch grundsätzlich als nachgeordnetes Ziel.

 

C. Die Betriebs- und Arbeitskräftestruktur

 

 

Die landwirtschaftliche Betriebsstruktur ist Hauptziel und Gegenstand der Agrarpolitik der DDR. Die Einrichtung ständig neuer Landwirtschaftlicher [S. 645]Betriebsformen wie auch deren Erweiterung, Einschränkung oder Abschaffung sind jedoch mehr ein Indikator für den Grad der Vergesellschaftung der Produktionsmittel als das Ergebnis einer nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gestalteten Betriebsorgan isation.

 

Von den nach Abschluß der Kollektivierung (1960) bestehenden rd. 20.000 Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) unterschiedlichen Typs existierten 1975 noch 4.566. Im gleichen Zeitraum ist auch die Zahl der Volkseigenen Güter (VEG) von 669 auf 463 verringert worden. Während die von den VEG bewirtschaftete Fläche von rd. 396.000 ha auf 474.000 ha LN erweitert wurde, ist die von den LPG bewirtschaftete Fläche von rd. 5,41 Mill. ha auf 5,12 Mill. ha LN zurückgegangen. (Die Anzahl der Gärtnerischen Produktionsgenossenschaften [GPG] stieg von ursprünglich 298 auf 369 Betriebe im Jahr 1963, und nahm danach kontinuierlich bis auf 287 Betriebe im Jahr 1975 ab. Dessenungeachtet hat die von den GPG insgesamt bewirtschaftete Fläche regelmäßig von rd. 13.700 ha im Jahr 1960 bis 1975 auf rd. 24.800 ha LN zugenommen.)

 

Im Zuge der Einführung industriemäßiger Produktionsverfahren in die L. der DDR sind bis dahin bestehende Betriebsformen aufgelöst und durch völlig neue mit weitgehend spezialisierten Produktionsaufgaben ersetzt worden. Im Juni 1977 waren folgende Betriebe und Betriebsformen an der Agrarproduktion beteiligt:

 

1. Spezialisierte Betriebe der Pflanzenproduktion 114 Volkseigene Güter (VEG) Pflanzenproduktion 721 LPG Pflanzenproduktion

 

416 Kooperative Abteilungen Pflanzenproduktion

 

2. Spezialbetriebe zur Unterstützung der Pflanzen- und Tierproduktion

 

258 Agrochemische Zentren (ACZ) zur Durchführung der Mineraldüngung, der Pflanzenschutzarbeiten (sowie neuerdings zur Ausbringung organischer Dünger).

 

153 Kreisbetriebe für Landtechnik (KfL) zur vorbeugenden Instandhaltung und Instandsetzung der Agrartechnik.

 

15 VEB Organische Düngerstoffe mit 123 Betrieben und Betriebsteilen zur Aufarbeitung organischer Substanzen bzw. Humusgewinnung.

 

320 Trockenwerke zur Grüngut- und Hackfruchttrocknung sowie zum Aufschluß und nachfolgender Pelletierung von Stroh oder zur Ganzpflanzenpelletierung.

 

3. Spezialisierte Betriebe der Tierproduktion

 

31 Kombinate für Industrielle Mast (KIM) vorwiegend zur Geflügelfleisch- und Eierproduktion, 29 Volkseigene Güter (VEG) Tierproduktion

 

7 LPG Tierproduktion

 

328 ZBE Tierproduktion.

 

4. Darüber hinaus bestanden 2.960 nicht spezialisierte LPG Tierproduktion, deren Produktion noch weitere Zweige der Viehhaltung umfaßt.

 

Während die Betriebe der Pflanzenproduktion in der Größenordnung von durchschnittlich 5.000 bis 6.000 ha LN organisiert sind, arbeiten die noch nicht spezialisierten Betriebe der tierischen Produktion aufgrund der gegebenen Gebäudeverhältnisse in einer Vielzahl kleiner Ställe, so daß die statistisch ausgewiesene Betriebsstruktur von nur geringem Aussagewert über die Produktionsverhältnisse ist.

 

Die Veränderung der Agrarverfassung im allgemeinen und der Betriebsstruktur im besonderen haben sowohl den Arbeitskräftebesatz als auch die Struktur der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte beeinflußt. So war es den LPG-Mitgliedern während der 60er Jahre weitgehend verwehrt, die LPG bzw. die L. zu verlassen. Darüber hinaus wurden zusätzliche Arbeitskräfte den „Stützpunkten der Arbeiterklasse auf dem Lande“ zugewiesen (MAS, MTS bzw. KfL, ACZ usw.), so daß der AK-Besatz insgesamt höher liegt, als er unter bäuerlichen Bedingungen wäre. Die berufliche Beschränkung der LPG-Mitglieder hatte ferner zur Folge, daß die „bäuerliche“ Jugend entweder einen außerlandwirtschaftlichen Beruf ergriff, zumindest nicht Mitglied der LPG wurde. Eine zunehmende Überalterung der LPG-Mitglieder bzw. eine verstärkte Abnahme der LPG-Mitglieder nach 1970 war die Folge.

 

 

Durch hohe Leistungen in der Berufsausbildung konnte jedoch eine relativ günstige Altersstruktur der ldw. Arbeitskräfte aufrechterhalten werden. Die Anzahl der Berufstätigen, die jünger als 25 Jahre [S. 646]sind, hat trotz des Rückganges der Beschäftigten von 1966 bis 1975 um 9.300 zugenommen.

 

 

Mit der Auflösung der alten Sozialstruktur haben auch in der L. neue Strukturmerkmale Bedeutung erlangt. Als solche sind neben dem Ausbildungsstand (Landwirtschaftliche ➝Berufsausbildung) die Zugehörigkeit zu bestimmten Produktionsrichtungen (Spezialbetriebe), vor allem aber die Stellung innerhalb der errichteten Großbetriebe, von Bedeutung, die ihrerseits u. a. vom Qualifikationsniveau abhängt. Ein Vergleich der in den verschiedenen Aufgaben- und Arbeitsgebieten eingesetzten ständig beschäftigten Arbeitskräfte für die Jahre 1971 und 1974 zeigt, daß mit der Einführung industriemäßiger Produktionsverfahren der Anteil des Verwaltungs-, Leitungs- und Ausbildungspersonals absolut und relativ zunimmt, während der jenige der in der Produktionsphäre Beschäftigten insgesamt abnimmt. Diese Abnahme ist jedoch ausschließlich auf die Pflanzenproduktion beschränkt.

 

 

Im Jahr 1974 waren einschließlich des zugehörigen Personals für Technik, Transport, Werkstatt- und Reparaturwesen in der Pflanzenproduktion rd. 347.000 Arbeitskräfte (= 5,5 ständige Berufstätige/100 ha LN) beschäftigt, die jedoch nur 42,9 v. H. der insgesamt beschäftigten Arbeitskräfte ausmachen. Rechnet man den Aufwand für Leitung und Verwaltung (rd. 12 v. H.) anteilig hinzu, erforderte allein die Pflanzenproduktion 6,25 Arbeitskräfte / 100 ha LN.

 

Die Zunahme des Personals in der Viehwirtschaft und im Gartenbau wird mit der Erweiterung des Viehbestandes und mit der Ausdehnung des Obst- und Gemüsebaus erklärt.

 

D. Die Ausstattung der Landwirtschaft mit Produktionsmitteln

 

 

Die mit der Einführung industriemäßiger Produktionsverfahren vorgegebenen Ziele erforderten sowohl die verstärkte Verwendung ertragssteigernder Produktionsmittel, um höhere Erträge erzielen zu können, als auch den Einsatz arbeitssparender Technologien, d. h. eine steigende Kapitalausstattung der Arbeitskräfte und entsprechende Investitionen. Seit Abschluß der Kollektivierung (1960) hat der Einsatz dieser Mittel und Technologien ständig zugenommen.

 

 

1. Die Kapitalausstattung der Land- und Forstwirtschaft

 

 

Der Zuwachs an Investitionsgütern ist statistisch nur unzureichend nachzuweisen, weil ihre steigende Qualität und Leistungsfähigkeit aus der rein zah[S. 647]lenmäßigen Aufstellung nicht ersichtlich wird. Die Investitionsprozesse der Landtechnik vollziehen sich in etwa 10jährigem Abstand, wobei eine neue technische Generation gegenüber der vorhergehenden eine um etwa 100 v. H. höhere Leistung erbringen soll. Statistisch nimmt daher die Zahl der eingesetzten Maschinen ab, während die Kapazität der technischen Ausrüstung steigt. Als Indikator für die steigende Mechanisierung der Agrarproduktion ist die „energetische Basis“ am besten geeignet.

 

 

Obwohl also die Kapazität der eingesetzten Traktoren in 15 Jahren von 38,7 auf 129 PS je 100 ha LN gestiegen ist, nahm ihr Anteil an der PS-Ausstattung insgesamt ab, weil ein wachsender Anteil auf selbstfahrende Erntemaschinen und Transportfahrzeuge (Lkw) entfällt.

 

 

Von Ausnahmen abgesehen sind gegenwärtig sämtliche Arbeitsverfahren mechanisiert. Alle Ernteverfahren können mit Vollerntemaschinen durchgeführt werden. Die Erwartung, daß die industriemäßigen Verfahren zu Rationalisierungsvorteilen durch Senkung der Maschinenkapazität führen, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil sind die entwickelten bzw. eingesetzten Spezialmaschinen nur während der jeweiligen Saison ausgelastet; ihr Einsatz erfordert zusätzliche Transportkapazitäten und schafft zusätzliche Auslastungsprobleme. Der Transportaufwand und damit die Transportkapazität haben insbesondere durch die eingeführten Betriebsgrößen erheblich zugenommen.

 

In der tierischen Produktion werden jährlich für 2,0 bis 3,5 v. H. des Viehbestandes neue Ställe errichtet, was einer Nutzungsdauer der Gebäude von etwa 30 bis 50 Jahren entspricht. Da die Altgebäude nach Ablauf dieses Zeitraumes nur bedingt weiter verwendet werden können, ist eine Erhöhung des Gebäudekapitals anhand der in den Produktionsprozeß einbezogenen Stallgebäude schwer nachweisbar. Mit der Modernisierung von Altgebäuden ist in der DDR erst seit dem IX. Parteitag der SED (1976) in größerem Umfang begonnen worden. Zu diesem Zeitpunkt konnten rd. 90 v. H. der Milchkühe mit Hilfe von Melkanlagen gemolken werden. Andere arbeitsparende oder die Arbeit erleichternde Technologien (Stallmistung, Selbsttränken) waren seltener im Einsatz. Das Ziel, die tierische Produktion in industriemäßigen Anlagen zu betreiben, wird — auf den Gesamtviehbestand bezogen — 1980 durchschnittlich erst zu 20 v. H. verwirklicht sein.

 

 

 

Bezogen auf den Durchschnitt der Jahre 1966–1970 haben die jährlichen Investitionen bis 1977 um 31,5 v. H. und der Grundmittelbestand (Besatzkapital ohne Viehvermögen) um 54,7 v. H. zugenommen.

 

 

[S. 648]Die Höhe des Grundmittelbestandes und der Investitionen ist durch die Gestaltung der in der DDR geltenden Produktionsmittelpreise bestimmt. Gemessen am Preisniveau der Bundesrepublik Deutschland liegen die Preise der DDR für Maschinen und Fahrzeuge 1975 durchschnittlich um 10–15 v. H. niedriger, während die Gebäude und Stallausrüstungen um ein Mehrfaches teurer sind. Hieraus erklärt sich der hohe Anteil der Bauinvestitionen trotz der relativ geringen Bauleistung.

 

2. Der Einsatz ertragssteigernder Produktionsmittel. Der Sicherung eines hohen Selbstversorgungsgrades dienen alle Maßnahmen der Bodenverbesserung (Meliorationen) und der Bewässerung sowie vor allem die Düngung, der Pflanzenschutz und der Einsatz von Futterkonzentraten in der tierischen Produktion.

 

Der monetäre Wert der Meliorations- und Bewässerungseinrichtungen ist in den o. g. Investitionen bzw. Grundmitteln enthalten. Im Jahr 1975 galten 38 v. H. der LN als entwässerungs- und 68 v. H. als bewässerungsbedürftig. Zu diesem Zeitpunkt konnten 20,6 v. H. entwässert und 10,5 v. H. der LN bewässert, davon 4,0 v. H. beregnet werden. Bis 1980 soll die bewässerte Fläche 18,0 v. H. der LN (Beregnung auf 9,7 v. H.) erweitert werden.

 

Der Aufwand von Pflanzenschutz- und Düngemitteln hat ständig zugenommen, jedoch entfällt der überwiegende Anteil der Pflanzenschutzmittel auf Herbizide und wirkt damit vor allem arbeitssparend: In der Mineraldüngung wurde insbesondere der Stickstoff- und Phosphorsäureaufwand erhöht, der seit Ende der 60er Jahre über dem Aufwand der L. in der Bundesrepublik Deutschland liegt. Mit den übrigen Mineraldüngern sind die Böden der DDR traditionsgemäß gut versorgt, so daß der zu verzeichnende Verbrauchsrückgang unbedenklich ist. Der monetäre Wert des Mineraldüngeraufwandes wird mit durchschnittlich 240 Mark/ha LN für das Jahr 1977 angegeben. Mit weiteren 135 Mark/ha LN werden die organischen Düngestoffe bewertet. Für Pflanzenschutzmittel wurden 1975 rd. 313 Mill. Mark (= 67 Mark/ha AF) aufgewendet. Bis 1980 wird eine Zunahme auf 428 Mill. Mark (bei 4,8 Milli ha Acker = ca. 90 Mark/ha AF) erwartet.

 

 

Mit Hilfe der importierten Eiweißkonzentrate konnte die Mischfutterproduktion von 2,9 Mill. t (1970) auf 4,5 Mill. t (1975) erheblich gesteigert werden. Infolgedessen standen (unter Einbeziehung der Geflügelhaltung) 1975 mit 7,74 dt pro GV rd. 42,5 v. H. mehr Mischfutter zur Verfügung als im Jahr 1970 (5,43 dt/GV). Die Mischfutterproduktion soll bis 1980 auf 6,12 Mill. t erhöht werden.

 

III. Die Produktionsleistung der Landwirtschaft

 

 

A. Der naturale Ertrag

 

 

Der naturale Produktionsertrag wird in der Pflanzenproduktion bestimmt durch den Umfang der Erntefläche (s. o.) und durch den Ertrag pro Flächeneinheit. Nachfolgend ist die Entwicklung der Erträge für die wichtigsten Verkaufsfrüchte und Futterkulturen, die etwa 90 v. H. der LN umfassen, während des Zeitraums 1966–1977 angegeben. Die Summe aller pflanzlichen Erzeugnisse wird in dt Getreideeinheiten (dt GE/ha LN) als Bruttobodenproduktion ausgewiesen. (Der von der DDR für die Ermittlung der Bruttobodenproduktion verwendete GE-Schlüssel stimmt nicht mit dem in der Bundesrepublik verwendeten GE-Schlüssel überein, so daß die Ergebnisse der DDR nicht direkt mit denen der Bundesrepublik verglichen werden dürfen.

 

Die Produktionsergebnisse im Pflanzenbau müssen sowohl im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland als auch gemessen an den eigenen Zielen und am Produktionsaufwand als unbefriedigend angesehen werden. Von Ausnahmen (z. B. Wintergerste) abgesehen werden die Produktionsergebnisse der Bundesrepublik nicht erreicht. Die Verdopplung des Pflanzenschutzmittelaufwandes und die Erhöhung der Stickstoffgaben (s. o.) haben nicht zu einer entsprechenden Zunahme der Erträge geführt. Insbesondere sind die Hackfruchterträge der DDR gering, sie erreichen bei Kartoffeln und Zuckerrüben im Durchschnitt der Jahre 1971–1975 nicht die Vor[S. 649]kriegsergebnisse. (Im Durchschnitt der Jahre 1934–1938, der wegen der außerordentlich schlechten Ernte des Jahres 1934 auf niedrigem Niveau liegt, wurden im Gebiet der DDR durchschnittlich 173 dt Kartoffeln und 291 dt Zuckerrüben pro ha Erntefläche erzielt.)

 

 

Ein weiteres Problem ergibt sich für die DDR aus dem von Jahr zu Jahr stark schwankenden Hektarerträgen. Die Silomaiserträge lagen 1977 um 96,0 v. H. über denen des Jahres 1976. Die Kartoffelerträge sanken von 1974 bis 1975 auf 63,5 v. H. Die Zuckerrübenerträge des Jahres 1971 (243,2 dt/ha) lagen um rd. 25 v. H. unter denen der Jahre 1970 und 1972. Ertragsschwankungen sind in diesem Umfang und in dieser Häufigkeit vor dem Krieg im Gebiet der DDR nicht üblich gewesen. Da sie nicht vorhersehbar sind, belasten sie die auf langfristige Planvorgaben und genaue Planerfüllung verpflichtete Wirtschaftsleitung der DDR.

 

Die tierische Produktion ist abhängig vom Umfang des Viehbestands und von der durchschnittlichen Leistung der Tiere, wobei die Bestandsveränderungen zu berücksichtigen sind. Die DDR erreichte 1974 bei einem Besatz von 92,6 GV/100 ha LN ihren bisher höchsten Viehbestand. Die trockenen Erntejahre 1975 und 1976 führten insbesondere zu einer Verringerung der Rinderbestände, die bis 1978 nicht ausgeglichen werden konnte. Gleichzeitig sanken auch die Schlachtgewichte und das Durchschnittsgewicht der Tiere im Viehbestand, so daß das Aufkommen an Rind- und Kalbfleisch zunächst kaum ansteigen wird. Die Stagnation in der Rindfleischerzeugung wird durch weiterhin wachsende Schweine- und Geflügelbestände ausgeglichen, jedoch nimmt der Anteil des Rind- und Kalbfleisches an der Schlachtviehproduktion überproportional ab. Die insgesamt positive Bilanz der tierischen Produktion — wie sie sich aus dem Vergleich der Ergebnisse der Jahre 1966–1970 mit denen der Jahre 1971–1975 bzw. 1977 ergibt — beruht jedoch vorwiegend auf dem steigenden Einsatz hochwertiger Futtermittel, in dessen Folge die Milchleistung je Kuh bzw. die Legeleistung pro Henne um 12,8 bzw. 28,0 v. H. zugenommen hat. In gleicherweise ist das Schlachtviehaufkommen wesentlich stärker als der Viehbestand angestiegen.

 

B. Die monetäre Leistung

 

 

Die monetäre Produktionsleistung der L. ergibt sich aus der Summe der verkauften Produkte und den hierfür erzielten Preisen.

 

Die Erzeugerpreise der DDR sind in den vergangenen Jahren mehrfach angehoben worden. Bezogen auf das Jahr 1968 stieg der Index der Erzeugerpreise bis 1977 im Durchschnitt auf 116,5 v. H. (pflanzliche Produkte 106,4 v. H., tierische Produkte 119,6 v. H.). Die durchschnittlichen Verkaufserlöse betrugen 1977 pro dt bei Ölfrüchten 107,90 Mark, Braugerste 55,09 Mark, Roggen 40,55 Mark, Weizen 36,35 Mark, Kartoffeln 25,28 Mark und Zuckerrüben 8,40 Mark. Für tierische Produkte wurden je 100 kg bezahlt für Schlachtschweine 504,60 Mark, Schlachtgeflügel 494,80 Mark, sonstiges Schlachtvieh 515,50 Mark, Milch 83 Mark, gewaschene Wolle 5.937,10 Mark und für 100 Eier 32,20 Mark.

 

Die Relationen zwischen den Preisen für pflanzliche und tierische Produkte wie auch innerhalb dieser Produktgruppen sind nach marktwirtschaftlichem Verständnis nicht zu rechtfertigen. Die Preisfestsetzung erfolgt auf administrativem Wege (Agrarpolitik) und hat zur Voraussetzung, daß das Produktionsprogramm der Betriebe ebenfalls administrativ festgelegt wird (z. B. durch Trennung der Pflanzen- von der Tierproduktion, Spezialisierung der Betriebe auf bestimmte Produktionszweige oder Produkte usw.).

 

 

Die wachsende Produktionsleistung bei gleichzeiti[S. 650]ger Anhebung der Erzeugerpreise hat zu einem überproportionalen Anstieg der monetären Erzeugungsleistung geführt. Aus Gründen der Vergleichbarkeit sind die Angaben für das Bruttoprodukt der L. und Forst- und Holzwirtschaft sowie für den Produktionsmittelverbrauch und das Nettoprodukt nur für die Jahre 1968–197 5 angegeben:

 

 

Das Bruttoprodukt stieg im angegebenen Zeitraum um 61,4 v. H. Da jedoch gleichzeitig der Produktionsaufwand mehr als doppelt so stark (um 130,7 v. H.) zunahm, wuchs das bei den Erzeugern verbleibende Nettoprodukt nur um 7,5 v. H. Die steigenden Produktionskosten konnten von den Betrieben bzw. von der L. nur mit Hilfe der erhöhten Erzeugerpreise aufgebracht werden. Da jedoch die Verbraucherpreise auf relativ geringem Niveau festgeschrieben sind, waren umfangreiche Subventionen erforderlich.

 

Aus dem Staatshaushalt der DDR wurden „zur Aufrechterhaltung niedriger Verbraucherpreise“ für Nahrungsmittel während der Jahre 1966–1970 insgesamt 22,0 Mrd. Mark aufgewendet. Für den selben Zweck mußten in den folgenden 5 Jahren (197 1–1975) 32,6 Mrd. Mark, d. h. 48,2 v. H. mehr aufgebracht werden.

 

Christian Krebs


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1979: S. 642–650


 

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Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.