DDR von A-Z, Band 1985

Abweichung (1985)

 

 

Siehe auch:


 

Begriff zur Kennzeichnung ideologisch-theoretischer Ansichten sowie politischer Aktivitäten, die der herrschenden Interpretation des Marxismus-Leninismus bzw. der Parteilinie zuwiderlaufen.

 

Der Marxismus-Leninismus versteht sich als eine verbindliche Lehre und als ein verpflichtendes Programm. Seine Auslegung und Anwendung gemäß den sich wandelnden politischen Bedingungen und Zielsetzungen obliegen den Führungen der kommunistischen Parteien. Die jeweils gültige Fassung des Marxismus-Leninismus findet sich in Parteitags- und ZK-Beschlüssen, in Reden der Parteiführung sowie in autoritativen Lehr- und Handbüchern. Diese Texte bestimmen zugleich die Auslegung der Werke der „Klassiker“ des Marxismus-Leninismus: Marx, Engels, Lenin; bis zum XX. Parteitag der KPdSU (1956) wurden auch Stalin, bis zum Bruch zwischen der KPdSU und der KP Chinas Mao Tse-tung zu den „Klassikern“ gerechnet.

 

Der Marxismus-Leninismus und die jeweilige Programmatik der Partei binden nicht nur die Parteimitglieder, sondern alle Teile und Ebenen des politischen Systems. Nicht damit übereinstimmende, eigenständige theoretisch-ideologische Interpretationen bzw. politische Verhaltensweisen werden als A. gewertet. A. können „rechter“ (Revisionismus; Reformismus; Sozialdemokratismus) oder „linker“ (Dogmatismus; Maoismus; Trotzkismus; Sektierertum) Natur sein. Die Zurechnung der einzelnen konkreten A. zu der einen oder anderen „Richtung“ ist vielfach willkürlich und erfolgt nicht selten unter Gesichtspunkten aktueller politischer Opportunität. Üben „Abweichler“ nicht hinreichend Selbstkritik (Kritik und Selbstkritik), werden sie aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen und verlieren ihre politische bzw. berufliche Position. Demokratischer Zentralismus; Fraktion, Fraktionsbildung; Linie; Opposition und Widerstand; Rehabilitierungen; Subjektivismus.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 4


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.