DDR von A-Z, Band 1985

Besatzungspolitik (1985)

 

 

Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979


 

Entsprechend den Vereinbarungen der Kriegskonferenzen der Alliierten und dem Potsdamer Abkommen sollte in Deutschland nach Kriegsende in den Fragen, die Deutschland als Ganzes betrafen, eine einheitliche B. betrieben werden. In ihren Besatzungszonen waren die Oberbefehlshaber der Vier Mächte jedoch allein verantwortlich, während nur einstimmig gefaßte Beschlüsse des Kontrollrates in allen Besatzungszonen Geltung erlangen konnten. Die Besatzungsmächte verfolgten indes in bezug auf Deutschland entsprechend ihrer jeweiligen politisch-sozialen Ordnung und ihrer außenpolitischen Interessenlage fundamental unterschiedliche Zielvorstellungen. Als Folge dieser deutschlandpolitischen Differenzen und der zunehmenden weltpolitischen Gegensätze und Spannungen zwischen den westlichen Siegermächten und der UdSSR („Kalter Krieg“) begann sich die Teilung Deutschlands abzuzeichnen.

 

In der SBZ bestand seit der deutschen Kapitulation eine Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) in Berlin-Karlshorst, die das politische und gesellschaftliche Leben in der SBZ weitgehend und direkt durch von ihr erlassene Befehle regelte. Sie wurde — begleitend zur Staatsgründung der DDR — im Jahr 1949 aufgelöst. Soweit ihre Aufgaben nicht Regierungsorganen der DDR übertragen wurden, bzw. mit der [S. 193]„Kontrolle der Durchführung der Potsdamer Beschlüsse und der anderen von den Vier Mächten gemeinsam getroffenen Entscheidungen über Deutschland“ in Zusammenhang standen, war nunmehr die nach der Auflösung der SMAD neugebildete Sowjetische Kontrollkommission (SKK) für die B. der Sowjetunion in der DDR verantwortlich. An die Stelle der SKK trat im Mai 1953 der „Hohe Kommissar der UdSSR in Deutschland“. Diese Institution wurde mit dem „Vertrag über die Beziehungen zwischen der DDR und der UdSSR“ vom 20. 9. 1955 aufgelöst. Dies bekräftigte eine entsprechende Note der UdSSR vom 25. 3. 1954, in der der DDR die volle staatliche Souveränität zugestanden worden war. Rechte und Pflichten aus bestehenden Vier-Mächte-Vereinbarungen, die sich die UdSSR weiter vorbehalten hatte, nehmen seitdem der sowjetische Botschafter in Berlin (Ost) und der Oberbefehlshaber der Gruppe Sowjetischer Streitkräfte in Deutschland (GSSD) wahr.

 

Da es dem Alliierten Kontrollrat nur in seltenen Fällen gelang, zu einstimmigen Beschlüssen zu kommen und da diese zudem von den Beteiligten unterschiedlich ausgelegt wurden, konnte die SMAD von 1945 an eine B. betreiben, die auf eine politische, ökonomische und sozialstrukturelle Umwandlung ihrer Besatzungszone und damit faktisch auf deren Angleichung an die Entwicklungen in den anderen Staaten des sich herausbildenden Ostblocks hinauslief. Hauptziele der sowjetischen B. waren die Sicherstellung von Reparationen, der Aufbau eines von der KPD bzw. SED beherrschten Verwaltungsapparates (Deutsche Wirtschaftskommission [DWK]), die Einleitung einer Boden- und Währungsreform, die Enteignung von privatem Industriebesitz und der Aufbau einer volksdemokratischen Wirtschaftsordnung zentralverwaltungswirtschaftlichen Typs (Geschichte der DDR). Die Durchführung dieser B. war weitgehend unabhängig von der Arbeit des Alliierten Kontrollrates, dessen faktische Auflösung am 20. 3. 1948 (Auszug der sowjetischen Vertreter) für die sowjetische B. ohne besondere Bedeutung war.

 

Für den Zeitraum von 1945 bis 1949, in dem die SMAD die eigentliche Regierungsgewalt ausübte und durch „Befehle“ das Leben in ihrer Zone bis in Einzelheiten bestimmte und kontrollierte, kann man von einer B. im engeren Sinne sprechen. B. gab es jedoch, wenn auch in weniger sichtbarer Form, bis 1955. Aber auch nach der Proklamierung der vollen Souveränität hat sich die UdSSR gegenüber der DDR u.a. im Truppenvertrag von 1957 Sonderrechte vorbehalten. Insbesondere die militärpolitischen und -wirtschaftlichen Entscheidungen unterliegen einer unmittelbaren sowjetischen Einflußnahme. Außenpolitik; Deutschlandpolitik der SED; Berlin.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 192–193


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

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