
Datenverarbeitung, Elektronische (EDV) (1985)
I. Entwicklung
Die Entwicklung der EDV in der DDR vollzog sich relativ schleppend. Sie war gekennzeichnet durch Hemmnisse und Rückschläge einerseits und durch verschiedene staatliche Förderungsmaßnahmen andererseits.
Für die DDR lassen sich aufgrund der bisherigen EDV-Entwicklung 4 Phasen unterscheiden:
- eine Begründungs- und Anlaufphase in den Jahren von 1950 bis 1962, in der die Entwicklung der Initiative einzelnen Institutionen überlassen war,
- eine Aufbauphase in den Jahren 1963–1969, in der Entwicklung und Produktion von Rechnern durch verschiedene staatliche Förderungsmaßnahmen gekennzeichnet waren und in die der Aufbau einer eigenen Datenverarbeitungsindustrie fiel,
- eine Qualifizierungsphase, in der ab 1969/70 nicht nur die Zusammenarbeit der Länder des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im Rahmen eines „Einheitlichen Systems der elektronischen Rechentechnik (ESER)“ begann, sondern ebenso ab 1972 Produktion und Einsatz von Rechnern der dritten Generation ihren Anfang nahmen,
- die Phase der Mikrorechentechnik, die ab etwa 1979 mit der Nutzung der Möglichkeiten der Mikroelektronik einsetzte.
Bereits im Jahr 1950 setzten an der TH Dresden die ersten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der EDV ein. Der erste Rechner wurde jedoch erst 1955 vorgestellt. Es handelte sich um den vom VEB Carl Zeiss Jena konstruierten Digitalrechner mit der Bezeichnung „Oprema“ (Optische Rechenmaschine), der als Zwillingsrechner konzipiert war. Er diente ausschließlich der Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der Technik.
Ausgehend von den Arbeiten an der TH Dresden wurde der programmgesteuerte Rechner „D 1“ 1956 fertiggestellt, der ebenso wie sein ab 1957 verfügbarer Nachfolger „D 2“ eine Gemeinschaftsproduktion des VEB Funkwerk Dresden und der TH Dresden war.
Im Jahr 1958 begann dann die Produktion des programmgesteuerten Rechenautomaten „ZRA 1“ (Zeiss Rechenautomat) im VEB Carl Zeiss Jena (Arbeitsgeschwindigkeit: 400–600 Einzeloperationen/Sekunde). Neben den bereits genannten Institutionen waren zu dieser Zeit auf dem Gebiet der Rechentechnik der im Jahr 1957 gegründete VEB Elektronische Rechenmaschinen (ELREMA) Karl-Marx-Stadt als sog. wissenschaftlicher Industriebetrieb, der im gleichen Jahr gegründete und der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik unterstellte VEB Maschinelles Rechnen sowie das 1960 gegründete Zentralinstitut für Automatisierung (ZIA) tätig.
Wirtschaft und Verwaltung standen zu dieser Zeit hauptsächlich halbautomatische Büromaschinen als technische Hilfsmittel zur Verfügung. Zum Teil wurden bereits Lochkartenrechner eingesetzt, deren Produktion 1960 im größeren Umfang anlief. Trotzdem blieb die Gesamtsituation hinsichtlich der Produktion und des Einsatzes von Lochkartenrechnern und elektronischen Rechenanlagen hinter den Erwartungen zurück. Es gab weder eine der Bedeutung der Rechentechnik gerecht werdende Konzeption der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit sowie der Produktion noch ausreichend Pläne für den Einsatz der vorhandenen Rechnerkapazitäten in Betrieben bzw. Rechenstationen. Unter dem Eindruck der unbefriedigenden Situation beschloß der Ministerrat der DDR zunächst im Juni 1963 ein „Programm zur Entwicklung der elektronischen Bauelemente und Geräte“, um eine dauerhafte Überwindung der auf dem Gebiet der Elektronik offenbar gewordenen Schwierigkeiten einzuleiten. Eine parallel hierzu einberufene Regierungskommission legte als Ergebnis ihrer Untersuchungen ein vom Ministerrat im Juli 1964 beschlossenes „Programm zur Entwicklung, Einführung und Durchsetzung der maschinellen Datenverarbeitung in der DDR in den Jahren 1964 bis 1970“ vor. In Ergänzung hierzu wurde weiterhin eine „Grundkonzeption zur Ent[S. 260]wicklung der elektronischen Industrie im Zeitraum des Perspektivplanes bis 1970“ festgelegt.
Erste Folge dieses Maßnahmenkomplexes war die Gründung der VVB Datenverarbeitung und Büromaschinen, in der 12 spezialisierte Fachbetriebe zusammengeschlossen wurden. Diese VVB ist dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik unterstellt worden und sollte als wissenschaftlich-technisches, ökonomisches und organisatorisches Führungszentrum der DDR für die Entwicklung der Datenverarbeitungstechnik tätig werden. Zur Unterstützung der VVB erfolgte die Gründung eines Instituts für Datenverarbeitung in Dresden (vormals ZIA). Seine Aufgabe war es vor allem, die Durchführung der mit den Ministerratsbeschlüssen festgelegten umfangreichen Maßnahmen zu überwachen. Entwicklungsarbeiten des VEB ELREMA und der Radeberger Rafena-Werke führten in den Jahren 1966–1967 zu der Fertigstellung des volltransistorisierten Rechners der 2. Generation „Robotron 300“ als Kernstück der maschinellen Datenverarbeitungstechnik in der DDR. Hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit entsprach der „R 300“ etwa der in den USA entwickelten „IBM 1400“.
Trotz dieser Weiterentwicklungen kam in der Wirtschaftspraxis vornehmlich noch immer nur mechanisierte DV zum Einsatz. Um dieses Mißverhältnis zu ändern, wurden entsprechend den Beschlüssen des VII. Parteitages der SED (1967) zunehmend in Betrieben und Kombinaten volkswirtschaftlich wichtiger Industriezweige Rechner des Typs „Robotron 300“ eingesetzt. Anfang 1968 waren jedoch erst 18 Rechenanlagen fertiggestellt und ausgeliefert. Bis zur Produktionseinstellung im Jahre 1972 belief sich die Gesamtzahl der hergestellten „R 300“ auf insgesamt 350.
Im Jahr 1969 beschlossen die Regierungen der RGW-Länder ein Abkommen über die arbeitsteilige Entwicklung, Produktion und Anwendung der EDV-Technik. Ziel war es, ein „einheitliches System elektronischer Rechentechnik (ESER)“ zu entwickeln, welches ein weitestgehend vereinheitlichtes System leistungsmäßig abgestufter, programmkompatibler elektronischer Rechner, dazugehöriger peripherer Geräte und Anwenderprogramme für die verschiedensten Einsatzgebiete vorsah. Zur gleichen Zeit wurde die Struktur der EDV-Industrie umorganisiert: Statt der bisherigen VVB Datenverarbeitungs- und Büromaschinen gründete man für den EDV-Bereich den VEB Kombinat Robotron Dresden. In diesem Kombinat faßte man vor allem die Betriebsstätten des VEB Rafena Radeberg zusammen. Die im Bereich der Büromaschinenindustrie bisher tätig gewesenen Betriebe vereinigte man unter dem ebenfalls neu gegründeten VEB Kombinat Zentronik Erfurt.
Aufgrund mehrjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im VEB Kombinat Robotron war die DDR im Jahr 1972 schließlich in der Lage, auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1972 eigene Rechnersysteme der 3. Generation vorzustellen.
Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1973 stellte die Datenverarbeitungsindustrie der DDR ihren ESER-Beitrag, die EDVA „EC 1040“ einschließlich Peripherie vor. Dieser Rechner bildete zwischen 1973 und 1979 den Kern des Produktionsprogramms von Robotron, und es zählte mit rd. 380.000 Operationen/s zu den Anlagen der mittleren Leistungsklasse. Wie es zu den Produktionsleistungen von Robotron offiziell hieß, waren in den zehn Jahren seines Bestehens zwischen 1969 und 1979 „mehr als 2.000 EDV-Anlagen, Prozeß- und Kleinrechner Anwendern im In- und Ausland übergeben“ worden, „darunter allein 200 Anlagen vom Typ EC 1040“. Der größte Teil der EC 1040-Produktion wurde in andere RGW-Länder, insbesondere in die Sowjetunion, exportiert.
Ab etwa Mitte der 70er Jahre wurden in den Betrieben des VEB Kombinat Zentronik zunehmend Bürocomputer, Datenerfassungsgeräte und Fakturierautomaten in das Produktionsprogramm übernommen. Um diese Zeit galt im RGW die Reihe 1 des ESER als abgeschlossen. Nachdem einige Modelle der Reihe 1 noch technisch verbessert worden waren, wandte man sich einer weiteren Vervollkommnung des ESER und der Vorbereitung der Produktion von 7 neuen Rechnermodellen der Reihe 2 zu. Gegenüber den Modellen der Reihe 1 weisen die Anlagen der Reihe 2 u.a. folgende Merkmale auf: virtuelles Speicherprinzip, Mikroprogrammkonzept, Blockmultiplexkanäle sowie geringerer Raum- und Energiebedarf. Die DDR stellte ihren neuen ESER-Rechner, die EDVA „EC 1055“, erstmals auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1978 vor. Bei diesem Rechner handelt es sich um eine Vielzweckanlage der mittleren Leistungsklasse mit einer Operationsgeschwindigkeit von 450.000 Operationen/s. Mit der Serienproduktion begann man noch im Herbst 1978. Bereits 1977 stand die Leipziger Frühjahrsmesse erstmals im Zeichen der Mikroelektronik. Auf der Grundlage erster staatlicher Entwicklungskonzepte war Robotron endlich in der Lage, erste von der Mikroelektronik geprägte Erzeugnisse vorzustellen.
Mit Beginn des Jahres 1978 präsentierte sich die EDV-Industrie mit einer neuen Produktionsstruktur: dem Kombinat Robotron waren nunmehr aufgrund von Beschlüssen des Zentralkomitees (ZK) der SED auch die Betriebe des Ende 1977 aufgelösten Kombinats Zentronik unterstellt worden. Ziel dieser Maßnahme sollte es sein, durch Konzentration von Forschung, Entwicklung, Produktion, Absatz und Service, die EDV- und Büromaschinenindustrie leistungsfähiger zu machen und der Mikroelektronik im Bereich der Rechentechnik zum Durchbruch zu verhelfen, um auf diese Weise [S. 261]das technologische Niveau zu heben, die Arbeitsproduktivität durch den Einsatz neuer Techniken zu erhöhen und den gegenüber führenden westlichen Industrieländern bestehenden Rückstand auf dem EDV-Sektor abzubauen.
Auf dem nunmehr eingeschlagenen Kurs der „Intensivierung durch Mikroelektronik“ gestalteten sich die weiteren Aktivitäten von Robotron: auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1978 wurde das Mikrorechnersystem „robotron K 1520“ vorgestellt. Der „K 1520“ ist sowohl für den Einbau in Anlagen und Geräten als Steuerrechner als auch für den Aufbau eigenständiger Rechner konzipiert. 1980 folgten dann weitere Neuvorstellungen. Hierzu zählten erste Erzeugnisse aus dem bereits einige Jahre zuvor angekündigten Konzept eines modularen Erzeugnisprogramms „Dezentrale Datentechnik“, und zwar u.a. ein Platzreservierungsterminal, Datenerfassungssysteme, der Bürocomputer „A 5.103“, der Mikrorechner „K 1620“ aus der Mikrorechnerfamilie „K 1600“ sowie die elektronische Schreibmaschine „S 6.001“. Bestimmte Erzeugnisse dieses neuen Programms sind in das System der Kleinrechner des RGW (SKR) übernommen worden. 1981 und 1982 wurde das Erzeugnisprogramm „Dezentrale Datentechnik“ um weitere neue Geräte und Anlagen ergänzt. Daneben ergänzte man ebenso das ESER-Erzeugnisprogramm: 1981 zeigte Robotron auf der Leipziger Frühjahrsmesse ein weiterentwickeltes EDV-System, die ESER 2-EDVA „EC 1055 M“ mit 480.000 Op./s, welche sich durch eine vergrößerte Leistungsbreite, mehr Komfort und größeren Anwendernutzen auszeichnet. Mit dem seit etwa 1980 bestehenden Erzeugnisangebot und seinen Anwenderlösungen ist Robotron zweifellos ein deutlicher Schritt nach vorn gelungen. Dennoch sind nicht nur intensivere Anstrengungen nötig, um den Bedarf an EDV-Erzeugnissen aus eigener Produktion im Lande zu decken, sondern auch, um das gesteckte Ziel realisieren zu können, Anschluß an die westliche Entwicklung zu finden.
II. Struktur der EDV-Industrie seit 1978
Den Beschlüssen der Partei- und Wirtschaftsführung folgend, sind zur Erzielung einer höheren Effektivität die Organisationsstruktur im Bereich des Ministeriums für Elektrotechnik/Elektronik verändert und im Zuge der hiermit verbundenen Maßnahmen neue Kombinate gebildet und dem Ministerium direkt unterstellt worden.
Nach der 1978 vollzogenen Umorganisation und verschiedenen, danach folgenden mehrfachen Veränderungen der Aufbauorganisation von Robotron, gehören gegenwärtig folgende VEB dem Kombinat an:
- Robotron-Zentrum für Forschung und Technik Dresden,
- Robotron-Rationalisierung Weimar,
- Robotron-Büromaschinenwerk Sömmerda,
- Robotron-Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt,
- Robotron-Optima Büromaschinenwerk Erfurt,
- Robotron-Elektronik Radeberg,
- Robotron-Elektronik Zella-Mehlis,
- Robotron-Meßelektronik „Otto Schön“ Dresden,
- Robotron-Secura-Werke Ost-Berlin,
- Robotron-Schreibmaschinenwerk Dresden,
- Robotron-Elektronik Dresden,
- Robotron-Elektronik Riesa,
- Robotron-Elektroschaltgeräte Auerbach,
- Robotron-Elektronik u. Zeichenanlagen Hoyerswerda,
- Robotron-Befehlsgeräte Leipzig,
- Robotron-Vertrieb Ost-Berlin, Dresden u. Erfurt,
- Robotron-Anlagenbau Leipzig,
- Robotron Export-Import Berlin-Ost, Volkseigener Außenhandelsbetrieb der DDR.
III. Die Produktion von EDV-Anlagen
Das Produktions- und Lieferprogramm der VEB Kombinat Robotron umfaßt folgende Erzeugnisse:
- Erzeugnisse der ESER, und zwar: EDVA EC 1055 u. EC 1055 M (Vielzweckanlagen, Operativ-Speicherkapazität von 16 M Bytes) sowie u.a. Magnetbandspeicher, Wechselplattenspeicher, Wechselplattensteuergeräte, Lochkartenleser, Drucker, Trommelzeichengeräte, Bildschirmsysteme, Multiplexsteuergeräte für Datenfernverarbeitung;
- Erzeugnisprogramm „Dezentrale Datentechnik“, und zwar: Kommerzielle Basisrechnersysteme, Modulare Bürocomputerreihen, Datenerfassungsgeräte, Textsysteme, Terminals u. OEM-Erzeugnisse sowie seit 1984 CAD/CAM-Systeme, Heimcomputer und Personalcomputer;
- mechanische, elektrische u. elektronische Schreibmaschinen;
- Zeichenanlagen u. Organisationstechnik und außerhalb der Rechen- u. Schreibtechnik:
- elektronische Meßtechnik (komplette Ausrüstungen von Meßlabors, Geräte zur Meß- und Prüftechnik u.a.);
- Richtfunktechnik;
- Unterhaltungselektronik (Stereo-Kompaktanlagen, HiFi-Stereo-Steuergeräte, Rundfunkgeräte u. Fernsehempfänger) sowie
- Befehlsgeräte, Stromversorgungsmodule u. Magnetköpfe.
IV. EDV-Software
Im Software-Bereich wurden für die ESER-Rechner verschiedene maschinenorientierte und problemorientierte Systemunterlagen entwickelt, die für die neuen Rechner auch ganz spezielle Anwendungslösungen beinhalten. Hierzu zählen u.a.:
- eine Software-Lösung für eine „komplexe Materialwirtschaft für Industrie und Handel“ auf der Grundlage des Basisrechnersystems A 6402 unter Einbeziehung von on-line-gekoppelten Bildschirmterminals;
- das mikrorechnergesteuerte Krebsbestrahlungs-Planungssystem „DOPSY“, ein interaktives System für die Strahlentherapie auf Basis des Mikrorechnersystems K 1630;
- das Geburtenüberwachungssystem „NATALI“ für eine mikrorechnergesteuerte Überwachung des Geburtsvorganges auf Basis des Bürocomputers A 5120;
- das Org- und Software-Paket „MARMEDO“ mit Möglichkeiten einer Röntgen- und EKG-Befundbeschreibung und einer rechnergesteuerten Terminkontrolle sowie
- das „Reservierungs- und Informationssystem für das Hotelwesen, AURIS 1600“ in drei Ausführungen, entweder auf Basis des Platzreservierungsterminals K 8927 oder auf Basis von Rechnern.
Daneben bietet Robotron spezielle Problemlösungen z.B. für Banken, Sparkassen, das Postwesen und Versicherungen, für das Bauwesen, die Erdölindustrie und die Landwirtschaft an.
V. EDV-Schulung
Nach der Neuorganisation von Robotron 1978 begann man mit der Vereinheitlichung des EDV-Schulungssystems. Inzwischen werden die einzelnen Lehrveranstaltungen in folgenden Betrieben durchgeführt:
- im Schulungszentrum des VEB Robotron-Anlagenbau Leipzig,
- im Direktionsbereich Schulung des VEB Robotron-Vertrieb Berlin (Ost),
- im Schulungsbereich des VEB Robotron-Vertrieb Dresden,
- im Bereich für Schulungsleistungen des VEB Robotron-Vertrieb Erfurt,
- im Schulungszentrum des VEB Robotron-Büromaschinenwerk Sömmerda,
- im Schulungszentrum Oelsnitz des VEB Robotron-Buchungsmaschinenwerk Karl-Marx-Stadt sowie
- im VEB Robotron-Optima Büromaschinenwerk Erfurt.
Das Schulungszentrum in Leipzig übt im Rahmen der Robotron-Schulungsleistungen eine Leitfunktion aus. Bereits im Herbst 1959 begann man in Leipzig als Institution des damaligen Industriezweigs Datenverarbeitung/Büromaschinen mit der EDV-Schulung. Verbindlich für alle diese Schulungseinrichtungen ist gegenwärtig ein Lehrgangssystem „zur modellbezogenen Weiterbildung von Fachkräften für die Anwendung und den Einsatz folgender Anlagen, Geräte und Systeme“: EDVA, Dezentrale Datentechnik, Kleinrechner, Programmierbare Kleinstrechner, Mikrorechner, Datenfernverarbeitungssysteme, Datenerfassungssysteme, Buchungs- u. Fakturierautomaten, Schreib-u. Organisationstechnik sowie Baugruppen. Die einzelnen Lehrgänge bestehen aus Vorträgen, Unterrichtsgesprächen und Praktika. Das nach dem Bausteinsystem angelegte Ausbildungsprogramm vermittelt nicht nur Kenntnisse über Hard- und Software, sondern gibt ebenso ausgewählten Führungskräften die Möglichkeit, an speziellen Schulungskursen auf der Grundlage festgelegter Weiterbildungsprogramme teilzunehmen.
Nach dem Schulungsprogramm für 1982 ergibt sich in der Regel eine getrennte Aufgabenteilung der einzelnen Schulungszentren nach Erzeugnissen. Die Arbeitsteilung zwischen den Schulungsorten gilt gegenwärtig als noch nicht genügend koordiniert.
VI. Organisationsformen beim Einsatz von EDVA
Unter Fortsetzung des bereits seit einigen Jahren festzustellenden Trends einer Zentralisierung der EDV-Kapazitäten in Rechenzentren sehen die Planungen bis 1980 und darüber hinaus folgende Organisationsformen der Nutzung von EDVA vor, von denen einige bereits realisiert worden sind:
- Gemeinschaftsrechenzentren für mehrere Betriebe oder Kombinate in den Fällen, in denen territoriale oder zweigliche Rationalisierungsmöglichkeiten diese Organisationsform zweckmäßig erscheinen lassen (Datenverarbeitungszentren mit kollektiver Nutzungsmöglichkeit von EDVA);
- bereichsbezogene Rechenzentren und Rechenbetriebe mit z.T. schon realisierten Formen kollektiver Nutzung auf der Basis von Teilhabersystemen;
- Dienstleistungsrechenzentren des seit Anfang 1980 bestehenden Volkseigenen Kombinats Datenverarbeitung in Berlin (Ost) mit seinen Datenverarbeitungszentren (VEB DVZ) in allen Bezirkshauptstädten der DDR, die bereits in Einzelfällen auf der Basis von Teilhabersystemen kollektiv genutzt werden;[S. 263]
- Rechenzentren mit Datenfernverarbeitungstechnik für die Abwicklung von Projekten im Teilnehmerbetrieb und ersten Ansätzen des Einsatzes von Mehrrechnersystemen (Beispiel: VEB Kombinat Robotron, Akademie der Wissenschaften der DDR);
- individuell genutzte Rechenzentren in größeren Betrieben, Kombinaten, der Akademie der Wissenschaften oder Universitäten, wo zu lösende Aufgaben diese Organisationsform der EDV erforderlich machen und eine Auslastung der Anlagen gegeben ist.
VII. EDV-Einsatzgebiete und -bereiche
Informationen über wirtschaftliche Tatbestände sind notwendig, um Entscheidungen treffen zu können. Partei- und Wirtschaftsführung der DDR sind daher bestrebt, mit Hilfe eines konzentrierten EDV-Einsatzes den Informationsprozeß und damit verbunden die Berichterstattung über den Planvollzug möglichst optimal zu gestalten. So werden EDVA in der DDR in nahezu sämtlichen volkswirtschaftlichen Bereichen eingesetzt: in Industrie, Bauwesen, Handel und Versorgung, Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, Verkehrswesen einschließlich Schiffahrt, in Wissenschaft und Technik sowie im Bildungswesen. Dabei zählen der Schwermaschinen- und Anlagenbau, der Bereich der Elektrotechnischen und elektronischen Industrie, die Staatliche Zentralverwaltung für Statistik (Rechnungsführung und Statistik) sowie örtliche Staatsorgane (Staatsapparat) zu den zahlenmäßig stärksten Nutzergruppen.
Die wichtigsten Aufgabenkomplexe sind: Rechnungsführung und Statistik, Lenkung und Kontrolle, Planung und Bilanzierung, technologische Produktionsvorbereitung und wissenschaftlich-technische Berechnungen.
Um einen möglichst effektiven EDV-Einsatz zu gewährleisten, sind verschiedene vereinheitlichte und datenverarbeitungsgerechte Belege geschaffen worden.
VIII. Rechnergestützte Informationssysteme
In der DDR sind verschiedene Ausprägungsformen rechnergestützter Informationssysteme entwickelt worden. Einige dieser Informationssysteme gibt es nicht mehr, entweder weil sie aus technischen und organisatorischen Gründen nicht in der geplanten Weise realisiert werden konnten, oder weil ihre Konzeption nicht im Einklang mit neu gesetzten ideologischen Leitlinien stand. Es handelte sich hierbei um folgende Informationssysteme:
– Operative Informationssysteme (1964/65), das volkswirtschaftliche Informationssystem (1965 bis 1971), integrierte Leitungs- und Informationssysteme (1967) sowie integrierte Systeme der automatisierten Informationsverarbeitung (1967 bis 1971).
Gegenwärtig sind folgende rechnergestützte Informationssysteme im Einsatz:
– Wissenschaftliche Informationssysteme, zu denen das Informationssystem Wissenschaft und Technik (IWT) sowie das System der gesellschaftswissenschaftlichen Information und Dokumentation zu zählen sind (Information, IV).
– Automatisierte Leitungssysteme:
Seit der auf dem VIII. Parteitag der SED (1971) beschlossenen veränderten ökonomischen Grundrichtung traten nunmehr an die Stelle der bisher eingesetzten „Integrierten Systeme der automatisierten Informationsverarbeitung (ISAIV)“ neue Konzepte nach sowjetischem Vorbild: die „Automatisierten Leitungssysteme (ALS)“. Ein ALS wird definiert als ein „Leitungssystem, in dem für die regelmäßige Lösung algorithmierbarer Informationsprozesse der Wirtschafts- und Produktionstätigkeit eines Betriebes“ die EDV und Erfahrungen anderer Wissenschaftsdisziplinen (z.B. Kybernetik, Operationsforschung) berücksichtigt werden. Im Zeitverlauf sind innerhalb des RGW verschiedene Typen von ALS entwickelt und eingesetzt worden. Hierbei handelt es sich u.a. um:
- Gesamt- oder Allgemeinstaatliche ALS,
- Industriezweigsysteme,
- Systeme zur Steuerung technologischer Prozesse (ALS Technische Prozesse [ALSTP]) sowie
- ALS eines Betriebes für die organisatorisch-ökonomische Tätigkeit.
Auf der Moskauer ESER II/SKR-Ausstellung Mitte 1979 stellte die DDR z.B. das Recherchesystem AIDOS (Information, V) als „Allgemeinstaatliches ALS“ vor.
ALS für Betriebe umfassen einzelne Teilsysteme. Diese können nach einem bestimmten Merkmal ausgewählt werden, das den speziellen Zielen und Leitungsaufgaben entspricht. Es sind Gliederungsmöglichkeiten nach funktionellen Merkmalen, nach Organisationsmerkmalen sowie nach anderen Merkmalen, wie z.B. nach technischen Mitteln oder Systemunterlagen, gegeben. Vom Kombinat Robotron sind Programmiersysteme und Programmpakete entwickelt worden, die u.a. auch für die programmtechnische Realisierung von ALS bestimmt sind.
– Leitungsinformationssysteme:
Obwohl einerseits noch immer Entwicklung und Einsatz betrieblicher ALS praktiziert werden, setzte andererseits bereits vor längerer Zeit ein Prozeß ein, der zu der Entwicklung alternativer Lösungsansätze bei der rechnergestützten Informationsverarbeitung und -bereitstellung z.B. in VEB und Kombinaten und mithin ebenso zu neuen Begriffsfassungen führte. So war in der EDV-Literatur der DDR u.a. von „Rechnergestützten Systemen zur Information der Leitung (RSIL)“ und auch von „Rechnergestützten automatisierten Informationssystemen (AIS)“ [S. 264]die Rede. Seit kurzem bietet Robotron Dresden für die Anwendung seiner Rechner das „Leitungsinformationssystem/Robotron (LIS/R)“ an, welches nach Robotron-Informationen den Aufbau eines „endnutzerorientierten Mensch-Maschine-Kommunikationssystems zur Rationalisierung der Leitungstätigkeit auf der Grundlage einer Datenbank als Informationsbasis, eines Datenbankauswertungssystems und separater Datenverarbeitungsprojekte“ gestatten soll.
Klaus Krakat
Literaturangaben
- Beispiele der POS-Nutzung im DOS/EC zur Vorbereitung für OS/EC-Anwender. Hrsg.: VEB Robotron Zentrum für Forschung und Technik. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1978. (Schriftenreihe Informationsverarbeitung.)
- Beiträge zur Informationsverarbeitung. Hrsg.: VEB Robotron Zentrum für Forschung und Technik, BSB 3. Leipzig: G. Teubner 1977. (Schriftenreihe Informationsverarbeitung.)
- Datenbankorganisation, in: rechentechnik/datenverarbeitung Nr. 7/1982 und Beiheft 2/1981. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1981 u. 1982.
- Erzeugnisprogramm „Dezentrale Datentechnik“, in: Neue Technik im Büro. Nr. 2/1981. Berlin (Ost): Technik 1981.
- ESER-EDVA EC 1055, in: Neue Technik im Büro, Nr. 2/1981. Berlin (Ost): Technik 1981.
- Funktionsprinzipien des ESER, Reihe 2. Hrsg. VEB Robotron Zentrum für Forschung und Technik. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1979. (Schriftenreihe Informationsverarbeitung.)
- Leitungsinformationssysteme, in: rechentechnik/datenverarbeitung, Nr. 4 u. 5/1982. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
- Schneider, Horst, u. Siegfried Köhli: Systematische Projektierung der Datenverarbeitung. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1980.
- Softwareentwicklung, in: rechentechnik/datenverarbeitung, edv aspekte Nr. 3/1982. Berlin (Ost): Die Wirtschaft 1982.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 259–264