
Errungenschaften, Sozialistische (1985)
Siehe auch:
Als SE. werden die Maßnahmen bezeichnet, die seit 1945 in der SBZ/DDR z.T. zunächst mit Zustimmung der Bevölkerung durchgeführt wurden und zu einer nahezu vollständigen Umgestaltung aller politischen und gesellschaftlichen Lebensbereiche geführt haben. Im weiteren Sinne wird darunter der Aufbau einer sozialistischen Herrschafts- und Gesellschaftsordnung unter Führung der Partei der Arbeiterklasse, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), verstanden, in der die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft worden und ein neuer Typ sozialer Beziehungen entstanden sei (Lebensweise, sozialistische). Im engeren Sinne werden dazu vor allem die Bodenreform und seit 1960 die Einführung sozialistischer Produktionsverhältnisse auf dem Lande, die sozialistische Planwirtschaft, die Reformen des Schulwesens (Einheitliches sozialistisches Bildungssystem), der Universitäten und Hochschulen, des Justiz- und Gesundheitswesens und des Staatsapparates gezählt (Geschichte der DDR). Folge dieser umfassenden Neuordnung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse seien eine stetige Steigerung des materiellen Lebensstandards sowie eine quantitative und qualitative Ausweitung der Gesellschaftlichen ➝Konsumtion verbunden mit der Gewährleistung eines hohen Grades an sozialer Sicherheit. Da der Staat hohe Subventionen im sozialen und infrastrukturellen Bereich aufwende, komme der Bürger in den Genuß niedriger Wohnungsmieten und Verkehrstarife sowie u.a. der Leistungen eines für ihn nahezu kostenlosen Gesundheits- und Ausbildungswesens.
Im politisch-propagandistischen Sprachgebrauch der DDR ist in den letzten Jahren die allgemeine Formel von den SE. zugunsten konkreter Hinweise auf die Vorzüge der sozialistischen Gesellschaftsordnung (Sozialistische Grundrechte) in den Hintergrund getreten, da von der Bevölkerung vor allem die ihre sozialen Lebensbedingungen bestimmenden SE. überwiegend [S. 365]und gelegentlich vordergründig mit dem — höheren — Lebensstandard und dem Konsumgüterangebot in der Bundesrepublik Deutschland verglichen werden. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, z.B. dem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf Arbeit und der — freilich von wirtschaftlichen Sachzwängen geförderten — formal weitgehend realisierten Gleichberechtigung der Frauen, werden gegenwärtig die SE. von der Bevölkerung nicht in dem von der SED gewünschten Sinne, d.h. als gesellschaftlicher Fortschritt, gesehen, sondern bestenfalls als systemtypische Merkmale ihres Herrschaftssystems hingenommen. Der Hinweis auf die SE. ist jedoch nach wie vor Bestandteil der Abgrenzungspolitik der SED gegenüber der Bundesrepublik Deutschland. Zur Rechtfertigung dieser Politik werden sie daher von der SED-Propaganda auch weiterhin herangezogen (Abgrenzung).
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 364–365
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