
Feriendienst des FDGB (1985)
Siehe auch die Jahre 1953 1954 1956 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Der F. ist eine Einrichtung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) zur Vermittlung verbilligter Ferienreisen an Gewerkschaftsmitglieder.
1. Zur Entwicklung des F. Am 20. 3. 1947 gegründet (10 FDGB-Heime; 17.500 Reisen), hat sich der F. unter Einsatz erheblicher gewerkschaftseigener, staatlicher und betrieblicher Mittel zu einer großen Urlaubsorganisation entwickelt. Die Unterbringungsmöglichkeiten wurden insbesondere nach dem VIII. Parteitag der SED (1971) durch die Vergrößerung und den Neubau gewerkschaftseigener Heime, aber auch durch die Werbung von neuen Privatquartieren sehr erweitert. Ferner wurden in den 70er Jahren erhebliche Mittel aufgewendet, um die bestehenden Einrichtungen zu renovieren und zu modernisieren. Durch einen Beschluß des Politbüros des ZK der SED wurden 1972 auch 7 Interhotels (je eines in Obersdorf, Warnemünde, Saßnitz, Dresden, Potsdam sowie zwei in Schwerin) mit einem Teil ihrer Kapazität (50–80 v.H.) dem F. zur Verfügung gestellt. Durch Vereinbarungen mit Gewerkschaften anderer Staaten sollte auch die Zahl der Auslandsreisen im Rahmen des F. vermehrt werden; hierbei konnten allerdings kaum Fortschritte erreicht werden. Im Ergebnis dieser Bemühungen stieg die Bettenzahl in 10 Jahren im F. von 89.522 (1970) auf 126.101 (1980). Für den laufenden Fünfjahrplan 1981–1985 ist ein weiterer — wenn auch wesentlich verlangsamter — Ausbau des F. um 8.500–9.000 Betten vorgesehen. Einrichtungen mit 1900 Betten sollen modernisiert werden.
Die Finanzierung des F. erfolgt aus staatlichen Mitteln (Neuinvestitionen und Generalüberholungen der Unterkünfte; Verbilligung der Eisenbahnfahrten), aus dem Beitragsaufkommen des FDGB (laufender Unterhalt der Heime; Zuschüsse zu den Aufenthaltskosten), betrieblichen Fonds (Unterhalt der betriebseigenen bzw. vom Betrieb angemieteten Heime; Zuschüsse für Reisen von Familien mit mehr als 3 Kindern) und aus den vom Urlauber für die Ferienschecks zu entrichtenden Beträgen.
2. Zur Organisation des F. F. wird zentral von der Abteilung F. des Bundesvorstandes (BV) des FDGB geplant. Den Grundorganisationen (Betriebsgewerkschaftsorganisation [BGO]) werden die Ferienreisen entsprechend einem jährlich vom Sekretariat des BV des FDGB beschlossenen Kriterienkatalogs von den Kreisvorständen (KV) des FDGB zugeteilt. (Ausgenommen von dieser Regelung sind Auslandsreisen und Auslandsschiffsreisen, die auf Vorschlag der BGL von den KV direkt an die Interessierten vergeben werden.) Die BGO haben die Ferienreisen gegenüber den KV [S. 380]abzurechnen und die nichtverteilten Reisen rechtzeitig (spätestens 6 Wochen vor Reiseantritt) an diese zurückzugeben. Können Reisen aus Verschulden des Reisewilligen oder aus Gründen, die die Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) zu vertreten hat, nicht angetreten oder rechtzeitig zurückgegeben werden, ist ein Garantiebetrag (Preis des Ferienschecks abzgl. Verpflegungskostenanteil) zu entrichten.
Die Verteilung der Ferienreisen erfolgt durch die BGL. Sie wird dabei von ihrer Feriendienstkommission unterstützt. Bevorzugt werden sollen Werktätige, die Schichtarbeit leisten und/oder unter erschwerten Arbeitsbedingungen arbeiten, sowie Familien mit drei und mehr Kindern. Weitere Auswahlkriterien sind Gesellschaftliche Tätigkeit im Betrieb bzw. im Wohngebiet, allgemeiner Gesundheitszustand, Dauer der Mitgliedschaft im FDGB und die Zahl der bisher erhaltenen Reisen. Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich Gewerkschaftsmitglieder, die dem FDGB mindestens ein Jahr angehören (ausgenommen von dieser Voraussetzung sind Erwerbstätige, die erstmals eine Berufstätigkeit aufgenommen haben, und Lehrlinge) und die die satzungsgemäßen Beiträge entrichtet haben. Erwachsene Familienangehörige, die nicht Gewerkschaftsmitglied sind, können an den Reisen — das Vorhandensein entsprechender Plätze vorausgesetzt — ebenfalls teilnehmen, entrichten aber einen höheren Preis (Preisdifferenz bei 13tägigen Reisen der Kategorien 1–4: 80 Mark, sonst weniger). Die Preise der Reisen sind nach Ausstattung und gebotenem Service in 8 Kategorien unterteilt (die Kategorie 1 umfaßt die Interhotels und hat den höchsten Preis; die Kategorie 8 umfaßt Ein- und Mehrbettzimmer in mittlerer bis moderner Ausstattung bei Selbstverpflegung, diese Reisen sind für Gewerkschaftsmitglieder kostenlos, Nichtmitglieder zahlen 30 Mark). Weitere Abstufungen ergeben sich aus der Zahl der Betten pro Zimmer sowie nach dem Zeitpunkt der Reise (Saison, saisonnah, saisonfern). Die Preise in den Kategorien 4–7 richten sich außerdem nach der Höhe des Einkommens. Die Reisedauer ist auf 7, 10 oder 13 Tage festgelegt, wobei die 13tägigen Reisen überwiegen. Entsprechend unterschiedlich sind die Preise, die für einen Ferienscheck (Anrechtsschein für eine genau bezeichnete Unterkunft zu einem feststehenden Zeitpunkt für eine bestimmte Person) gezahlt werden müssen. Z.B. kostet ein 13tägiger Aufenthalt mit Vollpension für Gewerkschaftsmitglieder in der Kategorie 1 (Interhotel) 310 Mark, in der Kategorie 4 bei einem Einkommen unter 500 Mark: 50 Mark, bei einem Einkommen über 1250 Mark: 100 Mark. Mitreisende Kinder zahlen bei 13tägigen Reisen in der DDR grundsätzlich nur 30 Mark (Ausnahme: Kinder über 10 Jahren in Interhotels: 80 Mark). Da die Kosten für die An- und Abreise im Preis des Ferienschecks nicht enthalten sind, hat jedes Gewerkschaftsmitglied für sich und seine Familienangehörigen gegen Vorlage des Ferienschecks oder des Mitgliedsbuches des FDGB einmal jährlich einen satzungsmäßigen Anspruch auf eine um 33⅓ v.H. ermäßigte Reise mit der Deutschen Reichsbahn.
Die BGL und ihre F.-Kommission verteilen nach den gleichen Kriterien und unter Beachtung der bereits ausgegebenen Ferienschecks auch die Plätze in den betrieblichen Ferien- und Erholungsheimen. Sie sind darüber hinaus an der Beschickung und Betreuung der Betriebsferienlager (Feriengestaltung) maßgeblich beteiligt. Die Preise für Reisen in die betrieblichen Urlaubseinrichtungen werden zwischen Betriebsleiter und BGL vereinbart; sie orientieren sich an den Preisen der Ferienschecks. Die Finanzierung der betrieblichen Heime usw. erfolgt aus dem Kultur- und Sozialfonds. Um den Betriebsangehörigen mehr Abwechslung in den Reisezielen bieten zu können, werden die Heimplätze vielfach zwischen den Betrieben von Jahr zu Jahr ganz oder teilweise aufgrund vertraglicher Festlegungen ausgetauscht. Außerdem stellen die Betriebe von ihnen nicht genutzte Bettenplätze dem F. zur Verfügung. — Um das Angebot an Erholungsmöglichkeiten zu vergrößern, bemühen sich die örtlichen Räte im Staatsapparat, die Betriebe und die betrieblichen und regionalen FDGB-Leitungen seit Jahren um einen Ausbau der Naherholungsgebiete.
Der F. und die betrieblichen Ferienreisen machen noch immer das bei weitem größte Angebot an Urlaubsreisen in der DDR aus. Allerdings hat daneben die Zahl der Campingreisen ständig zugenommen (von 1,57 Mill. im Jahr 1973 auf 2,28 Mill. im Jahr 1982). Dagegen sind die vom Reisebüro der DDR Inland vermittelten Reisen von 203.978 (1970) auf 92.068 (1982) zurückgegangen (Tourismus). Die von diesem Reisebüro vermittelten Urlaubsreisen ins (vor allem sozialistische) Ausland stagnieren nach einem Anstieg in der ersten Hälfte der 70er Jahre bzw. sind nach der 1980 erfolgten Restriktion des Reiseverkehrs nach Polen rückläufig (unter den 1982 insges. vermittelten 809.335 Auslandsreisen waren 412.758 Urlaubsreisen). Auf diesem Hintergrund wird die unveränderte Bedeutung des F. einsichtig. Zwar gibt es noch immer Klagen über Unterbringung, Verpflegung, Eintönigkeit im Angebot usw., doch haben sich der FDGB und die Betriebe bemüht, durch Renovierungen den Komfort zu verbessern und auch das kulturelle Angebot zu vergrößern. Die Versuche, die Urlauber am Urlaubsort mit Agitation und Propaganda zu erreichen, sind seit jeher allerdings als Belästigung empfunden worden. Derartige Bestrebungen sind in jüngerer Zeit offensichtlich zurückgenommen worden (Harry Tisch, Vors. des FDGB, 1982 auf dem 7. FDGB-Kongreß: „Eine Bemerkung zur Urlaubsgestaltung. Da gibt es ein weit gefächertes Angebot in den Ferienheimen, doch sollten wir bei all den Aktivitäten nicht außer acht lassen, daß der Urlauber sich ganz so erholen soll, wie er es selbst gerne möchte. Wenn er laufen will, mag er laufen; aber möchte er schlafen, dann soll man ihn nicht stören.“)
3. Zahlen zum F. 1982 (in Klammern die Zahlen für 1971) verfügte der F. insgesamt über 129.539 (90.114) Bettenplätze. Seine eigenen 680 (650) Ferienheime stellten davon 48.630 (26.162); in den mit dem F. vertraglich verbundenen 106 (130) Betriebserholungsheimen waren es weitere 5.644 (4.469). Die Zahl der Bettenplätze in Hotels bzw. Interhotels stieg von 310 (1971) auf 2.383 [S. 381](1982). Die Zahl der Betten in Vertragshäusern ist leicht rückläufig: 29.766 (30.978), während sie in Privatquartieren stark angestiegen ist: 43.116 (29.195). Die Zahl der Urlaubsreisen im Rahmen des F. wird für 1982 mit 1.767.799 (1.179.636) angegeben. Der F. vermittelte weiter 14.435 (13.672) Reisen ins Ausland; 8.860 (8.054) Ausländer verbrachten im gleichen Zeitraum einen Urlaub in den Einrichtungen des FDGB. — Für die betrieblichen Erholungseinrichtungen neben dem F. ergeben sich für 1982 folgende Zahlen: 362.195 Übernachtungsplätze (Erholungsheime: 69.602; Schulungsheime: 10.950; Bungalows: 131.886; Wohnwagen, Zelte u.ä.: 106.125; vertraglich genutzte Privatquartiere: 43.632), von denen allerdings nur 73.201 (Erholungsheime: 48.227; Schulungsheime: 9.231; Bungalows: 15.743) ganzjährig zu nutzen waren. Die Zahl der Urlauber betrug 2.957.298.
Im Zeitraum zwischen seinem IX. und X. Kongreß (1977–1981; in Klammern die Zahlen für die Jahre 1972–1976) hat der FDGB 1152,6 Mill. Mark (814,7 Mill. Mark) für Urlaub und Erholung aufgewendet. In diesen Zahlen dürften jedoch die direkten staatlichen Zuschüsse enthalten sein. — 1976 wurden die durchschnittlichen Kosten je Ferienaufenthalt mit 222 Mark angegeben, von denen 34 Mark aus dem Staatshaushalt und 93 Mark vom FDGB aus Beitragsmitteln aufgebracht wurden, so daß auf das einzelne Mitglied im Durchschnitt pro Platz 95 Mark (= 43 v.H.) als Eigenbeteiligung verblieben. 1981 betrug der zentrale Zuschuß aus Mitteln des FDGB und des Staates je Erholungsaufenthalt 143 Mark; die von den Urlaubern gezahlten Beträge haben nur noch 32 v.H. der tatsächlichen Kosten gedeckt. 1982 soll dieser Anteil auf 28 v.H. zurückgegangen sein. Insgesamt hat der FDGB 1982 für Urlaub und Erholung 144,9 Mill. Mark aufgewendet.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 379–381
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