
Flüchtlingsvermögen (1985)
Siehe auch die Jahre 1958 1959 1960 1962 1963 1965 1966 1969 1975 1979
Nach der VO zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. 7. 1952 (GBl., S. 615) und den dazu ergangenen Dienstanweisungen war das Vermögen von Personen, die die DDR verlassen haben, ohne die polizeilichen Meldevorschriften zu beachten, zu beschlagnahmen und in Volkseigentum zu überführen. Am 11. 6. 1953 (Neuer Kurs) wurde diese VO aufgehoben. Flüchtlingen, die in die DDR zurückkehrten, sollte das beschlagnahmte Vermögen zurückgegeben werden.
Durch die AO Nr. 2 vom 20. 8. 1958 (GBl. I, S. 644) über die Behandlung des Vermögens von Personen, die die DDR nach dem 10. 6. 1953 verlassen haben, wird das Vermögen dieser Flüchtlinge der Verwaltung eines staatlichen Treuhänders unterstellt. Der Treuhänder hat die beweglichen Vermögenswerte zu veräußern und den Erlös an die Staatskasse abzuführen. Die Eigentümerposition wird dadurch bis zur Bedeutungslosigkeit ausgehöhlt.
Den Abschluß der gegen F. gerichteten Enteignungsmaßnahmen bildete die VO über die Rechte und Pflichten des Verwalters des Vermögens von Eigentümern, die die DDR ungesetzlich verlassen haben, gegenüber Gläubigern in der DDR vom 11. 12. 1968 (GBl. II, 1969, S. 1). Diese VO dient nur ihrem Namen nach der Befriedigung privater Gläubiger. Tatsächlich sollte nach nicht veröffentlichten Richtlinien und Anweisungen des Finanzministers seit Anfang 1969 das gesamte F. neu erfaßt und nach einheitlichen Maßstäben geringer bewertet werden. Zugleich sollten durch überhöhte Steuern und sonstige öffentliche Abgaben staatliche Forderungen gegen das F. begründet werden.
Die staatliche Verwaltung soll nur dann aufgehoben werden, wenn der Berechtigte in die DDR zurückkehrt oder stirbt und sein Erbe in der DDR lebt. Die Rückgabe der beschlagnahmten Vermögenswerte ist in diesen Fällen jedoch häufig nicht mehr möglich, weil diese bereits veräußert worden sind.
In staatliche Zwangsverwaltung wird grundsätzlich auch das durch Erbfall erworbene Vermögen eines Flüchtlings genommen. Ist der Erbe bereits vor dem 1. 1. 1972 geflüchtet und daher nicht mehr Staatsbürger der DDR (Staatsbürgerschaft), wird das von ihm seit dem 16. 10. 1972 (z.B. durch Erbfall) erworbene Vermögen nicht mehr als F. beschlagnahmt (Amnestie). Aufgrund der VO zu Fragen der Staatsbürgerschaft der DDR vom 21. 6. 1982 (GBl. I, S. 418) gilt dies nach den bisherigen Erfahrungen auch für Flüchtlinge, die die DDR vor dem 1. 1. 1981 verlassen haben und nach dem Inkrafttreten dieser VO am 1. 7. 1982 geerbt haben.
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 420