Friedensgefährdung (1985)
Siehe auch:
Der Alliierte Kontrollrat hatte in Art. III A III der Direktive 38 vom 12. 10. 1946 einen Straftatbestand gegen denjenigen aufgestellt, der „nach dem 8. 5. 1945 durch Propaganda für den Nationalsozialismus oder Militarismus oder durch Erfindung oder Verbreitung tendenziöser Gerüchte den Frieden des deutschen Volkes oder den Frieden der Welt gefährdet hat oder möglicherweise noch gefährdet“. In der strafrechtlichen Praxis der DDR-Justiz spielte diese Bestimmung bei der Verfolgung tatsächlicher oder angeblicher Gegner des politischen Systems eine große Rolle. Durch Beschluß des sowjetischen Ministerrates vom 19. 9. 1955 verlor die Direktive 38 neben allen anderen Gesetzen, Direktiven und Befehlen des Kontrollrates ihre Gültigkeit auf dem Territorium der DDR. Bis zum 1. 2. 1958 fand auf als strafwürdig empfundene Sachverhalte Art. 6 der Verfassung von 1949 Anwendung, der die sog. Boykott-, Kriegs- und Mordhetze unter Strafe stellte. Danach traten die Vorschriften des Strafrechtsergänzungsgesetzes in Kraft (Strafrecht). Seit dem 1. 8. 1968 fallen friedensgefährdende Handlungen unter die Aggressionsverbrechen im 1. Kapitel des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches.
Neben diesen Strafbestimmungen galt bis zu seiner Aufhebung durch das 2. Strafrechtsergänzungsgesetz am 5. 5. 1977 das Gesetz zum Schutze des Friedens (Friedensschutzgesetz) vom 15. 12. 1950 (GBl., S. 1199) formell weiter, das jedoch gegenüber dem neuen StGB keine zusätzlichen Straftatbestände normierte. Das Gesetz wurde in der strafrechtlichen Praxis nur sehr selten angewendet. Es behielt zunächst neben dem Strafgesetzbuch seine Geltung, weil es „von historischer Bedeutung ist und eine wesentliche Aussage über die Grundhaltung des ersten deutschen Friedensstaates in sich birgt“ (Neue Justiz, H. 6, 1967, S. 172).
Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 481
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