DDR von A-Z, Band 1985

Grenze, Innerdeutsche (1985)

 

 

Siehe auch:


 

Der Verlauf der G. (Länge ca. 1393 km) zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR bestimmt sich nach den Festlegungen des Londoner Protokolls (Protokoll über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung von Groß-Berlin vom 12. 9. 1944), soweit nicht hiervon später von den damaligen Besatzungsmächten örtliche Abweichungen vereinbart wurden.

 

Die im Londoner Protokoll festgelegte G. verläuft weitgehend entlang den bis 1945 bestehenden Landes- und Provinz-G.: von der Lübecker Bucht nach Süden bis an die Elbe, entlang den West-G. Mecklenburgs, Sachsen-Anhalts, der West- und Süd-G. Thüringens sowie der Süd-G. Sachsens bis zur deutsch-tschechoslowakischen G. ostwärts von Hof.

 

Das Gesetz über die Staatsgrenze der DDR (Grenzgesetz) vom 25. 3. 1982 (GBl. I, S. 197) faßt die grundlegenden Bestimmungen über das Hoheitsgebiet und die G. der DDR zusammen. Es enthält allgemeine Vorschriften zum Passieren der G. einschließlich des Transitverkehrs, umreißt die Verantwortung für den Schutz der G. und die Befugnisse der DDR-Grenztruppen und regelt letztlich die Zusammenarbeit mit Nachbarstaaten in G.-Angelegenheiten. Ergänzt wird das G.-Gesetz durch die Durchführungs-VO (G.-Verordnung) vom 25. 3. 1982 (GBl. I, S. 203) und die AO über die Ordnung in den G.-Gebieten und den Seegewässern (G.-Ordnung) vom 25. 3. 1982 (GBl. I, S. 208).

 

Auf der Seite der DDR sind an der G. umfangreiche Sperranlagen errichtet, die aus mehrfachem Stacheldraht, Minen, Gräben, Stolperdrähten, optischen und elektrischen Warnanlagen, Selbstschußanlagen, Wachtürmen, Erdbunkern, Beobachtungsständen, Lichtsperren und Hunde-Laufanlagen bestehen. Zur Überwachung dieser Anlagen und zur Kontrolle der G. sind die G.-Truppen der DDR sowie andere Schutz- und Sicherheitsorgane eingesetzt. Sie werden dabei unterstützt durch freiwillige Helfer (Grenztruppenhelfer), die die gleichen Befugnisse wie Hilfspolizisten besitzen (VO über die Zulassung und Tätigkeit freiwilliger Helfer zur Unterstützung der Deutschen Volkspolizei [DVP] und der Grenztruppen der DDR vom 16. 3. 1964, GBl. II, S. 241).

 

Jenseits der G. erstrecken sich die G.-Gebiete. Die G.-Gebiete unterliegen einer besonderen Ordnung, die im einzelnen in der G.-Ordnung vom 25. 3. 1982 niedergelegt ist. Die G.-Gebiete bestehen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland aus dem Schutzstreifen und der Sperrzone entlang eines Teiles der Küste aus einem Schutzstreifen und entlang der gesamten Küste aus der G.-Zone. Gegenüber Berlin (West) besteht das G.-Gebiet aus dem Schutzstreifen. Der Verlauf und die Tiefe der G.-Gebiete werden durch den Minister für Nationale Verteidigung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern bestimmt.

 

Personen, die in den G.-Gebieten wohnen oder sich dort vorübergehend aufhalten, sind besonders einschränkenden Genehmigungs-, Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen unterworfen. Angehörige der G.-Truppen und ihre freiwilligen Helfer sind befugt, unter bestimmten Voraussetzungen Personalien festzustellen, Personen und Sachen im G.-Gebiet zu durchsuchen, Grundstücke und Räume zu betreten, Personen in Gewahrsam zu nehmen, bei Widerstand „körperliche Einwirkungen“ vorzunehmen und auf der Grundlage von § 27 G.-Gesetz die Schußwaffe anzuwenden. (Bis zum 31. 12. 1983 wurden im Bereich der G. zwischen beiden deutschen [S. 574]Staaten 119 Todesfälle im Zusammenhang mit Gewaltakten von DDR-Grenzorganen registriert.)

 

Das Zelten und Übernachten im Schutzstreifen und in der Sperrzone ist prinzipiell verboten, in der G.-Zone nur auf festgelegten Plätzen und mit einer gültigen Zelterlaubnis gestattet.

 

 

 

Der Verkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR ist nur über die aus der vorstehenden Übersicht (siehe Seite 572 f.) ersichtlichen Übergänge möglich (Grenzübergangsstellen).

 

An der Ostseeküste der DDR ist die G. die Linie, die die Territorialgewässer vom offenen Meer oder von den Territorialgewässern der benachbarten bzw. der gegenüberliegenden Staaten abgrenzt. § 2 Abs. 3 Ziff. 5 G.-Gesetz beschreibt diese Staats-G. auf See (See-G.) als eine Linie, die so verläuft, daß sie an jedem Punkt von dem nächstgelegenen Punkt der Grundlinie um die Breite der Territorialgewässer entfernt ist. Die Grundlinie wird durch die Küstenlinie oder durch eine in Übereinstimmung mit den Normen des Völkerrechts gebildete gerade Linie bestimmt. Die Küstenlinie ist die Berührungslinie zwischen Land und Meer bei mittlerem Wasserstand. Die Territorialgewässer haben eine Breite von 3 Seemeilen. Soweit sie an die Territorialgewässer benachbarter bzw. gegenüberliegender Staaten angrenzen, ist der Verlauf der See-G. in völkerrechtlichen Verträgen festzulegen. Bis zum Abschluß solcher Verträge bildet die Mittellinie die See-G. der DDR.

 

Die friedliche Durchfahrt durch die Territorialgewässer der DDR ist ausländischen Wasserfahrzeugen gestattet, wenn die Durchfahrt nicht „den Frieden, die Sicherheit und Ordnung gefährdet sowie die Rechtsvorschriften und die entsprechenden völkerrechtlichen Verträge eingehalten werden“ (§ 14 G.-Gesetz). Das Stoppen, Ankern oder ein anderweitiger Aufenthalt ausländischer Wasserfahrzeuge in den Territorialgewässern ist im Rahmen des normalen Seeverkehrs gestattet (§ 13 Abs. 1 G.-Gesetz). Der Notaufenthalt in den Seegewässern der DDR wird ausländischen Wasserfahrzeugen bei Elementarereignissen, zur Ausführung unerläßlicher Reparaturen, zur Inanspruchnahme dringender medizinischer Hilfe und aus Gründen der Seenot oder eines Seeunfalles gewährt (§ 13 Abs. 2 G.-Gesetz). Beim Notaufenthalt sind die dafür festgelegten Seegebiete oder die für die zivile Schiffahrt freigegebenen Häfen anzulaufen. Deutschlandpolitik der SED; Innerdeutsche Beziehungen; Grenzkommission.


 

Fundstelle: DDR Handbuch. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln 1985: S. 573–574


 

Information

Dieser Lexikoneintrag stammt aus einer Serie von Handbüchern, die zwischen 1953 und 1985 in Westdeutschland vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (ab 1969 Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen) herausgegeben worden sind.

Der Lexikoneintrag spiegelt den westdeutschen Forschungsstand zum Thema sowie die offiziöse bundesdeutsche Sicht auf das Thema im Erscheinungszeitraum wider.

Ausführliche Informationen zu den Handbüchern finden Sie hier.